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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 01.11.2006
Aktenzeichen: 3 U 15/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 181
BGB § 426
BGB § 1922
BGB § 1967
ZPO § 531 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 15/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 01.11.2006

Verkündet am 01.11.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30.08.2006 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Bunge, die Richterin am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und den Richter am Oberlandesgericht Jalaß

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.12.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - Az. 6 O 171/05 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung seinerseits Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt aus abgetretenem Recht ihres Geschäftsführers (neben weiteren gesondert in Anspruch genommenen Personen) die Beklagte als Erbin ihres Ehemannes auf Gesamtschuldnerausgleich nach Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft für die Hauptschuldnerin A... GmbH in Anspruch.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 13.12.2005 Bezug genommen. Zu ergänzen ist, dass die Beklagte die Existenz der Klägerin bezweifelt, die Abtretung und den weiteren Sachvortrag der Klägerin bestritten hat. Außerdem hat sie sich darauf berufen, ihr Ehemann sei zum Zeitpunkt der angeblichen Bürgschaftsübernahme praktisch vermögenslos gewesen. Die Bürgschaftserklärung sei ihm allenfalls untergeschoben worden, eine Begebung an die Bank habe jedenfalls nicht stattgefunden. Außerdem hat die Beklagte bezweifelt, ob der Kläger überhaupt als Bürge in Anspruch genommen worden ist.

Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender Substanziierung abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens weiter. Sie rügt, das Landgericht habe ein Überraschungsurteil gefällt, weil sie nach dem Hinweis in der letzten Sitzung davon habe ausgehen können, dass ein Auflagenbeschluss verkündet würde. Sie überreicht nunmehr mehrere Darlehensverträge zwischen der Hauptschuldnerin und der ... ...bank und meint dazu, die Vorlegung sei wegen des Verstoßes des Landgerichts gegen die Hinweispflicht nicht verspätet. Das Bestreiten der Beklagten sei überdies wahrheitswidrig. Außerdem ist die Klägerin der Ansicht, sie habe bereits in erster Instanz schlüssig vorgetragen. Eine weitere Darlegungs- und Beweislast treffe nicht sie, sondern die Beklagtenseite für die behauptete Erfüllung.

Mit Schriftsatz vom 07.08.2006 hat der nunmehrige Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Beweisantritt weiter vorgetragen und Abschriften von Unterlagen der ... ...bank vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des genannten Schriftsatzes Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam die Beklagte zu verurteilen, an sie 57.293,64 € nebst 5 % Jahreszinsen ab dem 29.06.1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und vertritt die Ansicht, es liege bereits keine ordnungsgemäße Berufung vor, weil die Begründung unzureichend sei. Im Übrigen sei der klägerische Vortrag nach wie vor unschlüssig. Insbesondere zur Valutierung fehle ausreichendes Vorbringen. Die in erster Instanz gegebenen Hinweise hält die Beklagte für ausreichend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen ihr abgetretenen Anspruch des Zedenten auf Gesamtschuldnerausgleich gem. § 426 in Verb. mit §§ 1922, 1967 BGB gegen die Beklagte.

Allerdings kann aufgrund des im Verfahren 3 U 14/06 eingeholten Handelsregisterauszuges des Amtsgerichts Charlottenburg (HRB 68227 B) festgestellt werden, dass die Klägerin existiert und der Zedent als deren Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist, so dass der Wirksamkeit einer Abtretung nichts entgegenstünde. Es fehlt allerdings an einer abtretbaren Forderung.

Die Ausführungen zur wirksamen Übernahme einer Bürgschaft durch den inzwischen verstorbenen Ehemann der Beklagten (§ 765 BGB) sind bereits unzureichend. Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Ehemann der Beklagten, Herr R... W..., die schriftliche Bürgschaftserklärung vom 09.12.1993 unterschrieben hat. Der Vortrag zur Annahme durch die ... ...bank ist jedoch angesichts der Behauptung der Beklagten, die Bürgschaft sei durch unrichtige Angaben erschlichen und der Bank nicht zur Verfügung gestellt worden, unzureichend. Denn die Klägerin beruft sich insoweit einerseits auf Erklärungen der ... ...bank, die aus einem Zeitraum vor Unterzeichnung der Bürgschaft stammen oder die andererseits nicht eindeutig sind. Soweit Darlehensverträge zwischen der ... ...bank und der Hauptschuldnerin vorgelegt worden sind, wird überwiegend auf ein Schreiben der Bank vom 03.12.1993 Bezug genommen. Darin ist als haftende Sicherheit u. a. die unbeschränkte selbstschuldnerische Bürgschaft des Ehemanns der Beklagten benannt. Zum Zeitpunkt dieses Schreibens lag jedoch eine entsprechende schriftliche Bürgschaftserklärung des Beklagten noch gar nicht vor. Aus dem Schreiben ergibt sich somit nur, dass eine entsprechende Sicherheit zwischen der Hauptschuldnerin und ihrer Bank vereinbart gewesen ist, nicht jedoch, dass diese Bürgschaft auch bereits existierte und dass es sich um die hier vorgelegte handelt. Soweit die ... ...bank in einem Schreiben vom 09.06.1994 zu einem Darlehen aus Mitteln des ERPAufbauprogramms Ausführungen macht, ist als Sicherheit zwar u. a auch eine Bürgschaft des Herrn W... genannt, aus dem Schreiben ergibt sich jedoch ebenfalls nicht hinreichend deutlich, ob eine solche Bürgschaftserklärung bereits abgegeben worden war oder nicht. Das Schreiben der ... ...bank vom 13.11.1995 an die Hauptschuldnerin listet zwar u. a. als Sicherheit für eine Bürgschaft von Herrn G... We... u. a. eine Bürgschaft des Herrn W... auf. Diese wird aber zum einen nicht mit einem konkreten Datum bezeichnet, zum anderen enthält das Schreiben den Zusatz "ohne Hinterlegung", der zumindest darauf hindeuten könnte, dass der Bank diese Bürgschaftserklärung nicht vorliegt. Denn im Eingangssatz bezieht sich die Bank auf Kreditsicherheiten, welche "in unserem Hause hinterlegt sind", so dass sich der nachfolgende Zusatz "ohne Hinterlegung", im vorgenannten Sinne verstehen lassen könnte. Danach belegt der Vortrag der Klägerin die Tatsache, dass die Bürgschaftserklärung des Ehemannes der Beklagten der Bank auch zugegangen und von dieser angenommen worden ist, nicht. Ebenso fehlt es an einem entsprechenden Beweisantritt. Soweit erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 15.08.2005 Beweis durch Vernehmung des Zeugen S... angeboten worden ist, bezieht sich dies lediglich auf die Behauptung, es habe vor Erteilung der Bürgschaft eine Besprechung hierüber gegeben. Dass die Bürgschaften tatsächlich abgegeben und der Bank übergeben worden sind, wird nicht in das Wissen des benannten Zeugen gestellt. Auch im Berufungsverfahren ist hierfür kein Beweis angetreten worden.

Außerdem fehlt es auch an der Schlüssigkeit des Klägervortrages im Hinblick auf die Valutierung der Hauptforderungen und hinsichtlich des Fortbestandes dieser Forderungen, so dass auch unklar bleibt, aus welcher Hauptforderung bei Kündigung seitens der Bank welche Restforderung bestand, wofür der Zedent in Anspruch genommen wurde und wofür in der Folge die Beklagte in Mithaftung genommen wird. Die bereits in erster Instanz vorgelegten Belege ergeben zwar Anzeichen dafür, dass eine Hauptschuld bestanden hat und der Zedent hierfür aus einer Bürgschaft oder einer Grundschuld in Anspruch genommen worden ist. Nach Bestreiten der Beklagten reichen diese Anzeichen jedoch nicht aus, um konkreten Vortrag der Klägerin zu Entstehen und Bestand der Hauptforderung zu ersetzen.

Das Bestreiten der Beklagten ist zulässig. Sie selbst hat keine Kenntnisse über Vorgänge in der Hauptschuldnerin und kann daher prozessual zulässig mit Nichtwissen bestreiten. Ob ihr verstorbener Ehemann an der Hauptschuldnerin derart beteiligt war, dass er entsprechende Kenntnisse hatte, ist ohne Belang.

In zweiter Instanz hat die Klägerin zwar innerhalb der Berufungsbegründungsfrist mehrere Darlehensverträge betreffend die Hauptschuldnerin belegt, ihr Vortrag bleibt gleichwohl unklar. Es kommt nicht nur darauf an, dass solche Verträge abgeschlossen worden sind. Auf Gesamtschuldnerausgleich haftet die Beklagte als Erbin nur, wenn der Zedent für (eine) diese(r) Forderungen auch als Bürge in Anspruch genommen worden ist. Dies bleibt aber zweifelhaft. In dem Kündigungsschreiben der ... ...bank vom 30.12.1997 werden drei Konten benannt, auf denen Rückstände aufgelaufen sein sollen. Nur zu zweien dieser Kontonummern finden sich korrespondierende Darlehensverträge. Die übrigen Verträge haben Kontonummern, die in dem Kündigungsschreiben nicht aufgelistet sind. Zur Valutierung fehlt auch in der Berufungsbegründung vom 08.02.2006 jeglicher Vortrag. Wann welcher Betrag in welcher Weise aufgrund welchen Darlehensvertrages der Hauptschuldnerin zur Verfügung gestellt worden sein soll, ist damit völlig offen geblieben. Der erstinstanzliche Beweisantritt im Schriftsatz vom 01.11.2005 zum pauschal behaupteten Bestehen einer Schuld in Höhe von über 3,7 Mio. DM per 30.12.1997 "aus dem Kreditverhältnis" durch Benennung des Zeugen E... ersetzt keinen schlüssigen Vortrag zur Valutierung bestimmter Darlehen.

Ob das Landgericht gegen seine Hinweispflicht verstoßen hat, kann offen bleiben. Spätestens in seinem angefochtenen Urteil hat es eindeutig die Klageabweisung darauf gestützt, dass zur Auskehr eines bestimmten Darlehens schlüssiger Sachvortrag fehlte und dass die bloße Mitteilung eines Saldos durch die Bank nicht ausreichen. Diese Ausführungen sind klar und verständlich. Die Klägerin hätte deshalb spätestens innerhalb der Berufungsbegründungsfrist Ausführungen dazu machen müssen, wann der Hauptschuldnerin seitens der Bank welcher Betrag aufgrund welchen Darlehensvertrages zur Verfügung gestellt worden ist. Für den Fall, dass die vorausgegangenen Hinweise des Landgerichts nicht als ausreichend erachtet worden wären, wäre insoweit neuer Vortrag in der Berufungsinstanz gem. § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen gewesen. Diese Frage stellt sich jedoch nicht, weil auch in zweiter Instanz entsprechender Sachvortrag der Klägerseite fehlt. Weitere Hinweise des Senates dazu waren aufgrund der klaren Ausführungen des Landgerichts ebenfalls nicht erforderlich.

Im Übrigen wäre ein Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich auch verjährt. Durch die Einreichung des Mahnbescheidsantrags am 31.12.2004 hätte die Verjährung zwar rechtzeitig gehemmt werden können (§ 204 Abs. 1 Nr. 3; § 204 Abs. 2 BGB) - und zwar ungeachtet der Fristen, die jeweils bis zur Einzahlung der Vorschüsse verstrichen sind -, jedoch setzt die Hemmung voraus, dass der Antrag vom Berechtigten stammt. Die Geltendmachung durch einen Nichtberechtigten hemmt die Verjährung nicht. Die Berechtigung muss spätestens im Zeitpunkt der Zustellung vorliegen. Ein späterer Rechtserwerb oder eine Genehmigung haben keine Rückwirkung (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. A., § 204 Rz. 9 ff m.w.N.). Dass die Klägerin bereits bei Zustellung des Mahnbescheids die Forderung durch Abtretung erworben hatte, ist nicht schlüssig dargelegt worden. Nachdem die Beklagte die Abtretung bestritten hat, hat die Klägerin zwar die Abtretungsurkunde im Original vorgelegt, jedoch die Ansicht vertreten, auf den Zeitpunkt der Abtretung komme es nicht an. Die private Urkunde begründet zwar die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit, jedoch gilt dies nur im Verhältnis zwischen den Vertragspartnern. Außerdem nimmt die Angabe eines Datums an dieser Wirkung nicht teil. Das in einer Urkunde angegebene Datum beweist lediglich, dass es angegeben, nicht aber, dass es richtig angegeben ist (BGHZ 109, 244 - juris: Rz. 11; Baumbach/Hartmann, ZPO, 64.A., § 416 Rz. 8).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen gem. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht. Die Entscheidung beruht im Wesentlichen auf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 57.293,64 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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