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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.04.2006
Aktenzeichen: 3 U 157/05
Rechtsgebiete: BGB, UStG


Vorschriften:

BGB § 123 Abs. 1 Fall 2
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 366 Abs. 1
BGB § 366 Abs. 2
BGB § 543 Abs. 1
BGB § 543 Abs. 3 Ziff. 1 a
BGB § 546
BGB § 566
UStG § 4 Ziff. 12 a
UStG § 9 Abs. 1
UStG § 14 Abs. 1 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 157/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 19.04.2006

Verkündet am 19.04.2006

in dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Bunge, die Richterin am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und den Richter am Oberlandesgericht Hüsgen

auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten, unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung und unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 27.06.2005 - 2 O 545/03 - abgeändert, soweit es die Beklagte zur Zahlung an die Klägerin verurteilt hat. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 25 % und die Beklagte 75 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei kann die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistungen in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des von ihr jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung rückständiger Mietbestandteile/Nutzungsentschädigungen aufgrund der Vermietung eines Restaurants und eines Biergartens sowie Räumung und Herausgabe der Mietobjekte aufgrund mehrerer Kündigungen.

Nachdem die Klägerin den Gaststättenbetrieb "..." der Beklagten verkauft hatte, vermietete sie ihr im Jahre 2002 bis zum Jahre 2012 auf der Gemarkung F... S... Flur 22, Flurstück 105 und 187, ...straße ... die Gaststätte "..." zum Betrieb eines Speiserestaurants mit zwei Terrassen und im Jahre 2003 mit gleicher Laufzeit wie der Restaurantmietvertrag einen auf der Gemarkung F... S... Flur 22, Flurstück 187 gelegenen Biergarten zum Betrieb eines Biergartens mit Schankwirtschaft, Kiosk und Bootsverleih. Beide Objekte hatte die Klägerin von ihrem Geschäftsführer, Herrn L..., gemietet, nachdem sie das Restaurantgrundstück wiederum zuvor gemäß Vertrag vom 23.03.1992 von der Stadtverwaltung F... gemietet hatte (vgl. Fortsetzungsvertrag vom 23.03.1992, Bl. 342 d. GA).

Die Klägerin und Herr L... verhandelten 2003 mit dem Eigentümer der das Restaurant beherbergenden Grundstücke über den Abschluss eines Grundstückskaufvertrages. Gemäß Vereinbarung zwischen den Prozessparteien und Herrn L... vom 25.08. und 01.09.2003 (vgl. Bl. 138 ff d. GA) sollte bei Abschluss eines Kaufvertrages zwischen dem Veräußerer und der Klägerin oder Herrn L... im Falle eines Grundstückserwerbes der Erwerber als Vermieter in beide Verträge eintreten und die Gesamtmiete für Restaurant und Biergarten fortan 2.000,00 € zuzüglich geschuldeter Mehrwertsteuer für beide Objekte betragen. Herr L... unterzeichnete am 10.09.2003 den notariellen Grundstückskaufvertrag.

Mit Hinweis auf die Verrechnung eines am 05.10.2003 erhaltenen Betrages von 2.300,00 € auf Kaufpreis- und Wassergeldforderungen (vgl. Schreiben der Klägerin vom 09.10.2003, Bl. 64 d. GA) und unter Anfechtung der Vereinbarungen vom 25.08. und 01.09.2003 erklärte die Klägerin gemäß Schreiben vom 04.11.2003 (vgl. Bl. 21 d. GA) die Kündigung der Mietverträge u.a. wegen Zahlungsverzugs, unpünktlicher Mietzahlungen und Vertrauenszerrüttung. Sie hat im Prozessverlauf zahlreiche weitere Kündigungen ausgesprochen, wegen Zahlungsverzugs, Vertrauenzerrüttung und unter Hinweis auf eine Strafanzeige der Beklagen gegen Herrn L... wegen des Verdachtes der Falschen Versicherung an Eides statt.

Die Klägerin hat für die Monate September 2002 bis April 2004 hinsichtlich des Restaurants rückständige Mehrwertsteueranteile auf Grundmiete und Betriebskostenvorschüsse beansprucht und für Oktober 2003 zusätzlich die Grundmiete und den Betriebskostenvorschuss. Für den Biergarten hat sie für das Jahr 2003 eine Restmiete von 803,60 € netto verlangt, sowie Mehrwertsteuer in Höhe von 960,00 €, und für die Monate Januar bis April 2004 monatlich 1.160,00 € Grundmiete nebst Mehrwertsteuer.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, aufgrund der Vereinbarungen vom 25.08. und 01.09.2003 sei nicht die Klägerin, sondern Herr L... Vermieter. Hinsichtlich der Restaurantmiete hat sie sich gegen die Pflicht zur Zahlung von Mehrwertsteuer gewandt, hinsichtlich der Grundmiete und des Betriebskostenvorschusses für Oktober 2003 Erfüllung eingewandt. Die Miete für den Biergarten für 2003 sei bezahlt, verrechnet und erlassen, Mehrwertsteuer sei nicht vereinbart gewesen. Ab Januar 2004 habe die monatliche Biergartenmiete 200,00 € betragen und sei bezahlt.

Die Kündigungen seien zum Teil schon nicht zugegangen, im Übrigen nicht wirksam und zudem fehlten Kündigungsgründe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf das angefochtene Urteil nebst Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin vom 07.07.2005 (Bl. 421 d. GA). Mit dem Urteil hat das Landgericht die Beklagte zur Räumung und Herausgabe an die Klägerin und in geringem Umfang und unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung an die Klägerin verurteilt. Das Vertrauensverhältnis sei zerrüttet. Zudem habe bei der Kündigung vom 04.11.2003 ein qualifizierter Zahlungsrückstand im Sinne des § 543 Abs. 3 Ziffer 1 a BGB bestanden.

Mit ihren selbständigen Berufungen verfolgen die Parteien ihre erstinstanzlichen Anträge weiter, soweit sie unterlegen sind. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und stützt ihr Räumungsverlangen - insoweit zur Abwehr der Beklagtenberufung - auf weitere Kündigungen im Prozessverlauf.

Die Klägerin beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 27.06.2005 - 2 O 545/03 - die Beklagte zu verurteilen, über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus an sie weitere 13.311,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszins aus 14.172,50 € seit dem 30.03.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

und darüber hinaus,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 27.06.2005 - 2 O 545/03 - die Klage abzuweisen. Insoweit beantragt die Klägerin, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze sowie auf sein Terminsprotokoll vom 15.03.2006.

II.

Von den statthaften und zulässigen Berufungen hat nur diejenige der Beklagten hinsichtlich ihrer Zahlungsverurteilung Erfolg.

Das nach Ansicht der Klägerin in ihrem Tatbestandsberichtigungsantrag vom 07.07.2005 als im erstinstanzlichen Urteil besonders aufzuführende Vorbringen und Bestreiten war in ihren Schriftsätzen, auf die das Ausgangsurteil verwiesen hat, enthalten und der Senat hat es, da die erstinstanzlichen Terminsprotokolle für ein Fallenlassen nichts hergeben, schon daher zur Kenntnis genommen.

Die Klage ist - unabhängig von der Vermieterstellung des Herrn L... - zulässig, denn die Klägerin klagt jedenfalls in gewillkürter Prozessstandschaft. Eine Ermächtigung der Klägerin durch Herrn L... vom 12.10.2004 befindet sich als Anlage K 11 bei der Akte (Bl. 165 d. GA). Ein schutzwürdiges Eigeninteresse der Klägerin am Prozess ergibt sich schon aus der Klärungsbedürftigkeit ihrer Vermieterstellung.

1. Die Klägerin hat keine fälligen Ansprüche auf Mietzahlung (§ 535 Abs. 2 BGB) gegen die Beklagte.

a) Die Klägerin legt ihrer Zahlungsklage zunächst 3.848,00 € Mehrwertsteueranteile auf Grundmieten und auf Betriebskostenvorschüsse für das Restaurant bis einschließlich September 2003 zugrunde, wie sich ihren Zahlenangaben in der Klage entnehmen lässt (vgl. Bl. 3, Anlage K 3, Bl. 23 d. GA):

 MonateKlageforderungendavon MwSt. f. Grundmietedavon MWSt. für BKV
Sep 02360,00320,0040,00
Okt 02320,00280,0040,00
Nov 02320,00280,0040,00
Dez 02320,00280,0040,00
Jan 03320,00280,0040,00
Feb 03320,00280,0040,00
Mrz 03320,00280,0040,00
Apr 03368,00320,0048,00
Mai 03368,00320,0048,00
Jun 03368,00320,0048,00
Jul 03368,00320,0048,00
Aug 0348,00 48,00
Sep 0348,00 48,00
Summe3.848,00 

Verrechnet man die eingeräumte á-conto-Zahlung von 1.500,00 € gemäß § 366 Abs. 2 BGB auf die ältesten Rückstände, so verbleibt für Januar 2003 ein ungetilgter Rest in Höhe von 140,00 DM für die Mehrwehrtsteuer auf die Grundmiete. Bei ungetilgten Beträgen in den Folgemonaten errechnet sich mithin ein Mehrwertsteuerrückstand für Restaurantmiete mit Betriebskostenvorschuss bis einschließlich September 2003 in Höhe von 2.348,00 €, über die der Senat zu entscheiden hat.

Insoweit lassen sich teilweise Bestand und im Übrigen Fälligkeit der Forderungen nicht feststellen.

(1) Im Umfang von 368,00 € (2 x 40 € + 6 x 48 €) handelt es sich um Mehrwertsteueranteile für Betriebskostenvorschüsse für die Monate Februar bis September 2003. Diese Klageforderungen sind erloschen. Die Vermieterin kann für die Vergangenheit keine Vorauszahlung auf die Nebenkosten mehr verlangen, wenn - wie hier - bereits Abrechnungsreife vorliegt (vgl. BGH-Urteil vom 04.10.2000 - XII ZR 44/98, NZM 2001, 234, 236 a.E.; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rn. 511 m.w.N.). Die Abrechnungsreife ist unstreitig.

Soweit die Klägerin meint, sie könne einen entsprechenden, anteiligen Abrechnungssaldo aufgrund der Nebenkostenabrechnung vom 24.02.2005 beanspruchen (vgl. Anlage K 16, Bl. 317 d. GA), unterliegt sie einem mehrfachen Rechtsirrtum: Die Betriebskosten sind schon nicht ordnungsgemäß abgerechnet. Es fehlt bereits eine vereinbarungsgemäße Aufteilung in nachvollziehbare Abrechnungsperioden, hier jährliche Zwölfmonatszeiträume. Die Betriebskosten sind überdies in den maßgeblichen Abrechnungsperioden einheitlich abzurechnen und nicht getrennt nach Wasserkosten und sonstigen Betriebskosten. Darüber hinaus ist ein nachvollziehbarer Verteilungsschlüssel nicht dargetan, obwohl die Klägerin nach allen insoweit in Betracht kommenden Mietverträgen bis Ende 2003 einen Büroraum im Restaurantobjekt selbst genutzt hat.

(2) Im Übrigen und hinsichtlich der verbleibenden Mehrwertsteueranteile auf die Grundmieten lassen sich, selbst bei Entstehen und Fortbestand der Mehrwertsteuerforderungen, jedenfalls deren Fälligkeiten nicht feststellen.

Die Pflicht des Mieters zur Zahlung des Umsatzsteuerbeitrages entsteht nur, wenn der Vertrag eine ausdrückliche dahingehende Vereinbarung enthält und soweit der Vermieter tatsächlich umsatzsteuerpflichtig ist (vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rn. 398 m.w.N.). Die Klägerin ist, weil Mieteinkünfte im Rahmen des § 4 Ziffer 12 a UStG umsatzsteuerfrei sind, nur dann umsatzsteuerpflichtig, wenn sie gemäß § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung verzichtet (für die Umsatzsteuer optiert) hat. Ein Vermieter kann als Unternehmer auf die Steuerbefreiung eines Grundstücksumsatzes verzichten, indem er ihn als steuerpflichtig behandelt. Dies geschieht regelmäßig dadurch, dass er die Lieferung des Grundstücks dem Leistungsempfänger unter gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnung stellt oder in seiner Steueranmeldung als steuerpflichtig behandelt (vgl. BFH, Urteil vom 01.12.1994 - VR 126/92 JURIS; Schmid, NZM 1999, 292).

Der Vortrag der Klägerin, durch Abschluss des Mietvertrags vom 11.08.2002 (vgl. Anlage K 1, Bl. 6 ff d. GA) - in Gestalt einer Dauerrechnung - die eben erwähnte erste Optionsvariante, d.h. die Lieferung unter Ausweis der Mehrwertsteuer, bereits ausgeübt zu haben, ist unschlüssig. Unabhängig davon, dass nach dem zunächst maßgeblichen Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 28.06.2002 - IV B 7-S-7280-151/02 = NJW 2002, 2452 - ein nach dem 30.06.2002 geschlossener Vertrag die Anforderungen des § 14 Abs. 1 a UStG erfüllte, wenn er die Steuernummer des leistenden Unternehmers enthielt und nur unter diesen Voraussetzungen ein Vertrag gemäß Abschnitt 183 Abs. 2 der Umsatzsteuerrichtlinie als Rechnung angesehen werden konnte und erst spätere Umsatzsteuerrichtlinien die Anforderungen an das Vorliegen einer Steuernummer für Dauerrechnungen gelockert haben, hat der Mietvertrag vom 11.08.2002 die geltend gemachte Mehrwertsteuer nicht ordnungsgemäß ausgewiesen. Für eine ordnungsgemäße Berechnung, und damit jedenfalls auch für die Fälligkeit der Umsatzsteuer, ist ihr betragsmäßiger Ausweis unverzichtbar (vgl. BGH-Urteil vom 28.07.2004 - XII ZR 292/02 = NJW-RR 2004, 1452). Die Anlage K 3 (vgl. Bl. 23 d. GA) weist 360,00 € Mehrwertsteuer monatlich aus. Dieser Betrag deckt sich, wie im Termin erörtert, mit keiner der für Januar bis September 2003 zu beurteilenden Forderungen.

b) Für Oktober 2003 beansprucht die Klägerin an Restaurantmiete 2.668,00 € (2.000,00 € netto Grundmiete sowie 320,00 € Mehrwertsteuer hierauf und 300,00 € Be-triebskostenvorschuss, sowie zugehörige 48,00 € Mehrwertsteuer). Keine der Positionen ist begründet.

(1) Die Nettogrundmiete beträgt gemäß Ziffer 10 der Vereinbarung vom 25.08.2003 ab dem 01.10.2003 nur noch 1.800,00 € und ist durch Erfüllung erloschen (§§ 362, 366 BGB).

aa) Nach den Vereinbarungen vom 25.08. und 01.09.2003 beträgt bei Abschluss eines Grundstückskaufvertrages zwischen der Klägerin oder Herrn L... und dem Grundstückseigentümer Herrn W... die Miete ab dem 01.10.2003 für Restaurant und Biergarten insgesamt 2.000,00 € netto monatlich, davon für das Restaurant 1.800,00 €. Die Höhe der in Ziffer 10 der Vereinbarung vom 25.08.2003 (vgl. Bl. 198 d. GA) angestrebten Änderungen der Nettogrundmieten ist unstreitig. Ihr Zeitpunkt ergibt sich aus derselben Ziffer sowie insbesondere aus der Ergänzungsvereinbarung vom 01.09.2003, namentlich aus deren Ziffern 1, 5 und 7 (vgl. Bl. 199 d. GA), §§ 133, 157 BGB.

Bereits der Wortlaut der Vertragstexte legt diese Auslegung nahe. Die Ziffer 10 nennt den 01.10.2003 ausdrücklich als Stichtag. Die Ergänzung vom 01.09.2003 geht in Ziffer 5 von der Fortgeltung der bisherigen Verträge aus und ordnet lediglich eine Änderung des Vermieterrubrums an, also keine Neuvornahme der Verträge.

Gegen die Auffassung der Klägerin, entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut habe eine Änderung der Vermieterstellung nicht durch Rubrumswechsel, sondern erst durch Neuabschluss der Mietverträge stattfinden sollen, spricht weiter, dass dies zu einer unnötigen und gerade im kaufmännischen Bereich fern liegenden Verzögerung und Vervielfachung der Geschäftsvorgänge geführt hätte.

Ein gewillkürter Vermieterwechsel durch dreiseitige Parteivereinbarung ist problemlos möglich (vgl Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblich Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl. Rn. 1279 mwN) und lag hier im ersichtlichen Interesse der Beklagten. Deren vertragsrechtliche Position als Untermieterin der Klägerin war abhängig vom Fortbestand des Mietverhältnisses zwischen der Klägerin und Herrn L... sowie vom Fortbestand des Mietverhältnisses zwischen Herrn L... und dem Grundstückseigentümer. Das Interesse der Beklagten, die Anzahl der ihr ein Besitzrecht vermittelnden Zwischenmietverhältnisse zu minimieren, liegt auf der Hand und besteht im Übrigen im Wesentlichen unabhängig vom dinglichen Vollzug eines Grundstückskaufvertrages.

Im Übrigen ist die Ziffer 5 der Vereinbarung vom 01.09.2003 jünger und ersetzt schon nach allgemeinen Regeln die ältere Ziffer 9 aus der Vereinbarung vom 25.08.2003.

Neben Wortlaut, Interessenlage und Entstehungsgeschichte stützt sodann auch der systematische Regelungszusammenhang, insbesondere mit den Ziffern 1, 2 und 7 der Vereinbarung vom 01.09.2003 nachhaltig die Auslegung der Beklagten. Gemäß den Ziffern 1 und 2 der letztgenannten Vereinbarung hingen Vermieterwechsel und namentlich die Mietzinsneuregelung in Ziffer 10 der Vereinbarung vom 25.08.2003 lediglich vom Abschluss eines Grundstückskaufvertrages ab. Der schon am 25.08.2003 in Ziffer 10 vereinbarte Änderungszeitpunkt, nämlich der 01.10.2003, war nur auf diese Weise verlässlich sicherzustellen. Dass der grundbuchliche Vollzug eines am 25.08. oder 01.09.2003 erst noch bevorstehenden Grundstückskaufvertrages bereits zum 01.10.2003 vorliegen würde, war nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht anzunehmen, sondern in hohem Maße unwahrscheinlich.

Ferner spricht die die Ziffer 9 der Vereinbarung vom 25.08.2003 ersetzende Vereinbarung vom 01.09.2003 in Ziffer 2 auch ausdrücklich nicht mehr von einem Eigentumserwerb, sondern nur noch vom Abschluss eines Grundstückskaufvertrages.

Ein grundbuchlicher Vollzug des Kaufvertrages war im Verhältnis der Parteien überdies auch insoweit unmaßgeblich, als zwischen den Vereinbarungsparteien, anders als etwa im Falle des § 566 BGB, keine Sachlage bestand, bei der durch Veräußerung des Vermieters an einen Dritten dieser anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten hätte eintreten können. Die Beklagte war Untermieterin der Klägerin, die die Mietobjekte ihrerseits von Herr L... gemietet hatte, der gleichfalls kein Grundstückseigentümer war. Damit stand im Verhältnis der Beklagten keine Veräußerung eines Grundstückes durch ihre bisherige Vermieterin an einen Dritten bevor.

Zudem haben die Vertragsparteien vom 25.08./01.09.2003 auch tatbestandlich - ganz ähnlich wie bei einem Maklervertrag - auf die Einwirkungen der Beklagten oder ihres Ehemannes auf die Abschlussbereitschaft des Grundstücksverkäufers und auf die Förderung des von Herrn L... oder der Klägerin angestrebten Grundstückskaufvertrages abgestellt. Tatbestandlich erfasst sind in Nr. 1 und Nr. 2 der Ergänzung vom 01.09.2003 zum Einen das Tätigwerden der Beklagten und ihres Ehemannes gegenüber dem Grundstückseigentümer und die Geheimhaltung dessen Verkaufsabsicht gegenüber Dritten auf der einen Seite, sowie der Abschluss eines Grundstückskaufvertrages zwischen Herrn W... als Grundstücksveräußerer und entweder der Klägerin oder Herrn L... als Käufer auf der anderen Seite. Weitergehende Tatbestandsvoraussetzungen lassen sich, namentlich auch im Hinblick auf Nr. 7 der Ergänzung vom 01.09.2003, nicht ausmachen. Die Beklagte und ihr Ehemann sollten lediglich, maklerähnlich, die Abschlussbereitschaft des Verkäufers zugunsten von Herrn L... oder der Klägerin fördern oder aufrechterhalten, zum Einen durch Abstandnehmen von eigenen Kaufbemühungen und zum Anderen durch die Geheimhaltung der Vertragsabschlussgelegenheit gegenüber Dritten. Wie bei einem Maklervertrag kommt es danach lediglich auf den wirksamen Abschluss eines Hauptvertrages an, nicht hingegen auf dessen dinglichen Vollzug. Dies wird besonders deutlich in Ziffer 7 der Vereinbarung vom 01.09.2003, die insoweit erkennbar die gerade im Maklerbereich typische Umgehungsmöglichkeit des Maklerkunden ausschließen soll.

bb) Die Vereinbarungen vom 25.08. und 01.09.2003 sind entgegen der Ansicht der Klägerin wirksam.

Sittenwidrigkeitsbedenken (§ 138 BGB) bestehen insoweit nicht. Der Beklagten und ihrem Ehemann stand es frei, eine Vergütung zu vereinbaren, für den Fall des Abschlusses eines Hauptvertrages, zumal und nachdem sie die Abschlussbereitschaft des Verkäufers gegenüber dem Käufer durch die Aufgabe eigener Kaufbemühungen und durch die Geheimhaltung der Vertragsabschlussgelegenheit gegenüber Dritten zugunsten der Klägerin und Herrn L... entsprechend gefördert hatten. Die Vergütung bestand hier in der Herabsetzung und niedrigeren Neuordnung der Mieten für Restaurant und Biergarten. Soweit die Beklagte oder ihr Ehemann zu ihren Gunsten auf Erwerbschancen verzichten, die sich aus der grundsätzlichen Verkaufsbereitschaft des Grundstücksveräußerers ergeben, sei es durch Verzicht auf den Abschluss eines gewinnbringenden Eigenerwerbs oder durch Verzicht auf eine lukrative Weitervermittlung der Kaufgelegenheit, so begegnet eine Kapitalisierung dieses Verhaltens keinen grundsätzlichen Bedenken. Selbst negative Bietabkommen (Pactum de non licitando) sind nicht generell sittenwidrig, sondern allenfalls in eng begrenzten Versteigerungszusammenhängen mit Schädigungsabsicht zugunsten weiterer Gläubiger oder bei kartellrechtlichen Hintergründen. Dergleichen liegt hier nicht vor.

Der Anfechtungseinwand (§§ 123, 142 BGB) greift nicht durch. Eine Bestimmung des Herr L... zur Abgabe einer Willenserklärung durch widerrechtliche Drohung lässt sich nicht feststellen. Der Behauptung der Klägerin, als weiteres Druckmittel sei die Androhung der Nichtzahlung der letzten Kaufpreisrate benutzt worden (vgl. Bl. 580 d. GA), ist die Beklagte entgegengetreten (vgl. Bl. 759 d. GA). Den von der Klägerin in Bezug genommenen Beweisangeboten Zeugnis Rechtsanwalt H... ist nicht nachzugehen. In das Wissen dieses Zeugen hat die Klägerin lediglich gestellt, der Ehemann der Beklagten habe nach Unterzeichnung der Vereinbarung vom 01.09.2003 gegenüber dem Zeugen geäußert, dass bei Nichtunterzeichnung die fällige Restkaufpreisrate nicht gezahlt worden wäre (vgl. Bl. 259, 260 d. GA). Diese beweisbewehrte Äußerung kann als wahr unterstellt werden. Für eine widerrechtliche Drohung i.S.d. § 123 Abs. 1 Fall 2 BGB gibt sie nichts her. Eine Äußerung nach Abschluss eines Vertrages kann für dessen Abschluss nicht kausal sein.

Darauf, dass die Anfechtungsvoraussetzungen für die Vereinbarungen vom 25.08./01.09.2003 schon im Hinblick auf die Einbeziehung und umfangreiche Mitwirkung zweier Rechtsanwälte und Notare fern liegend und der Einwand voraussichtlich nicht durchgreift, hat der Senat im Übrigen bereits im Termin hingewiesen.

Eine Täuschungsanfechtung oder Nötigungsanfechtung insoweit greift nicht durch. Das Vorbringen auf S. 67 GA, die Mietherabsetzung sei sittenwidrig erzwungen, genügt nicht ansatzweise.

Auch das Vorbringen der Klägerin, der Zeuge P... habe gegenüber dem Verkäufer ein um 20.000,00 € höheres Kaufangebot als Herr L... oder die Klägerin abgegeben, um auf diese Weise die Kaufverhandlungen des Klägers zu durchkreuzen, dringt nicht durch. Die Beklagte hat entgegen der Ansicht der Klägerin auf Seite 4 ihrer Klageerwiderung (Bl. 48 d. GA) nicht eingeräumt, das Kaufpreisangebot gegenüber dem Veräußerer abgegeben zu haben, um die Kaufbemühungen der Klägerin oder des Herrn L... zu durchkreuzen.

Ebenfalls unzureichend ist das Vorbringen der Klägerin, der Zeuge P... habe den von ihm angebotenen Kaufvertrag mangels eigener Liquidität nicht durchzuführen vermocht. Der Hinweis auf fehlende eigene Liquidität vermag schon deswegen nicht zu überzeugen, weil diese durchaus von Freunden, Bekannten oder interessierten Dritten bereitgestellt werden kann, wie der Geschäftsführer der Klägerin selbst im Hinblick auf sein Vermögensverzeichnis vom 07.04.2003 und seine Unterzeichnung des Kaufvertrages vom 10.09.2003 dem Senat erläutert hat. Im Übrigen kann, davon abgesehen, dass die Behauptung einer Vermögenslosigkeit des Zeugen P... ohne greifbare Anhaltspunkte ins Blaue hinein erfolgt und beweislos geblieben ist, der Abschluss eines Grundstückskaufvertrages auch ohne das erforderliche Eigenkapital häufig schon im Hinblick auf die damit eröffneten möglichen Weiterveräußerungsgewinne, etwa durch Abtretung der Grundstückserwerbsansprüche, wirtschaftlich sinnvoll sein. Ähnliches gilt für eine gewinnbringende Weitergabe der Kaufgelegenheit.

cc) Der nach alledem noch in Betracht kommende und mit Ermächtigung des Herrn L... geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der Nettogrundmiete in Höhe von 1.800,00 € ist erloschen (§§ 362, 366 BGB). Die Zahlung der Beklagten vom 05.10.2003 in Höhe von 2.300,00 € ist zwischen den Parteien unstreitig.

Sie ist gem. § 366 Abs. 1 BGB auf die zu diesem Zeitpunkt fälligen Mieten mit einem Gesamtbetrag von 2.000,00 € für das Restaurant und den Biergarten sowie das Wassergeld in Höhe von 300,00 € für das Restaurant anzurechnen. Die allein dem Schuldner zustehende Tilgungsbestimmung kann dieser auch stillschweigend treffen, z. B. durch Zahlung gerade des Betrages einer Schuldsumme oder des unstreitigen Teils einer Forderung (vgl. Palandt/ Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 366 Rn. 4 m.w.N.). Hier ergibt sich aus Höhe, Rhythmus und Modus der Zahlung klar und deutlich die Tilgungsbestimmung auf die Mietverbindlichkeiten für Oktober 2003. Die Höhe entspricht gerade dem Betrag, der aufgrund der Vereinbarung vom 25.08./01.09.2003 sowie der unverändert fortgeltenden Wassergeldvereinbarung Anfang Oktober 2003 fällig geworden war. Die Zahlung erfolgt in dem gleichen zeitlichen Abstand und Rhythmus, wie die vorherigen Mietzahlungen und ebenso wie diese durch Aushändigung eines entsprechenden Barbetrages an Herrn L....

Im Übrigen geht, wie die Klägerin verkennt, das Leistungsbestimmungsrecht selbst dann, wenn der Schuldner es nicht ausübt, keineswegs auf den Gläubiger über; vielmehr gilt in diesem Fall § 366 Abs. 2 BGB. Die von der Klägerin angemaßte Verrechnungsbefugnis in ihrem Schreiben vom 09.10.2003 (vgl. Bl. 64 d. GA) ist daher rechtlich nicht zu begründen. Zudem beruht auch die gesetzliche Tilgungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB nur auf dem vermuteten, vernünftigen Parteiwillen und ist unanwendbar, wo sie ausnahmsweise zu Ergebnissen führt, die mit den berechtigten Interessen der Beteiligten offenbar unvereinbar sind (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 366 Rn. 7 m.w.N.). Eine Tilgungsreihenfolge, die den Bestand eines auf Jahrzehnte angelegten Mietverhältnisses gefährdet hätte, widerspricht klar jedem vernünftigen Parteiwillen.

(2) Die Klage bleibt hinsichtlich des Mehrwertsteueranteils auf die Restaurantgrundmiete für Oktober 2003 erfolglos. Aufgrund der Vereinbarungen vom 25.08. und 01.09.2003 (vgl. Bl. 198 bis 204 d. GA) ist auf Vermieterseite Herr L... in die Mietverträge eingetreten. Dessen Umsatzsteuerpflicht hat die Klägerin schon nicht behauptet.

(3) Der Anspruch auf Bevorschussung der Betriebskosten ist mit Abrechnungsreife untergegangen, wie oben erörtert und worauf bereits das Landgericht hingewiesen hat.

c) Für November 2003 beansprucht die Klägerin, die insoweit eine Zahlung der Beklagten von 2.300,00 € eingeräumt hat (vgl. Bl. 3 d. GA), noch restliche Mehrwertsteuer in Höhe von 368,00 €, wovon 320,00 € auf die Grundmiete und 48,00 € auf den Betriebskostenvorschuss von 300,00 € entfallen. Ein fälliger Zahlungsanspruch des Herrn L... lässt sich, wie bereits erörtert, nicht feststellen.

d) Für Dezember 2003 verlangt die Klägerin, die auf Seite 3 der Klageschrift (Bl. 3 d. GA) für diesen Monat die Zahlung der Beklagten in Höhe von 2.300,00 € eingeräumt hat, noch restliche Mehrwertsteuer in Höhe von 368,00 €. Dies ergibt sich aus der Fortführung ihres unvollständigen Rechenwerkes in der Klagebegründung zur Herleitung ihrer dortigen Klageforderung über 7.515,60 €:

 Restforderung September 2003/Biergarten 20034.111,60 €
Oktober 20032.668,00 €
Mehrwertsteuer November 2003368,00 €
Mehrwertsteuer Dezember 2003368,00 €
Summe7.515,60 €

Ein fälliger Zahlungsanspruch des Herrn L... lässt sich nicht feststellen, wie bereits zuvor erörtert. Der Klagevortrag ist überdies unschlüssig insoweit, als die Klägerin den offenen Restbetrag von 368,00 € für Dezember 2003 doppelt ansetzt, nämlich gleichfalls zur Herleitung der weiteren Klageforderung von 6.656,90 € im Schriftsatz vom 20.04.2004 (vgl. Bl. 65 d. GA).

e) Die Klägerin verlangt für 2003 eine restliche Biergartenmiete in Höhe von 1.763,60 €, wovon 803,60 € restliche Nettogrundmiete darstellen und 960,00 € restliche Mehrwertsteuer auf 6.000,00 €. Diese Ansprüche bestehen nicht mehr.

Davon abgesehen, dass die Vereinbarung vom 24.04.2003 für dieses Jahr (vgl. Bl. 28 d. GA) keine Mehrwertsteuervereinbarung enthält und diese darüber hinaus schon mangels ordnungsgemäßer Berechnung und ohne Ausweis jedenfalls auch nicht fällig hätte werden können, ist die Absprache vom 24.04. ohnedies überholt durch die Vereinbarungen vom 25.08./01.09.2003. Die dortigen Parteien haben in Kenntnis der Abrechnungssituation (vgl. Bl. 63, 205 d. GA) eine Biergartenmiete ab dem 01.10.2003 in Höhe von 200,00 € monatlich netto vereinbart.

Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob über die verrechneten 5.196,40 € hinaus die Nettogrundmiete getilgt und ein restlicher Mehrwertsteueranteil auf 6.000,00 € noch offen war, kommt es damit schon nicht mehr an. Die Regelung in Ziffer 10 der Vereinbarung vom 25.08.2003 ist insoweit erkennbar abschließend.

f) Restliche Mietforderungen in Höhe von weiteren 6.656,90 € für die Zeiträume Dezember 2003 bis April 2004 bestehen nicht.

(1) Für Dezember 2003 beansprucht die Klägerin gemäß ihrem Schriftsatz vom 20.04.2004 restliche Dezembermiete (Mehrwertsteuer) für das Restaurant in Höhe von 368,00 €. Die Klageabweisungsgründe insoweit sind bereits oben erörtert.

Für Januar bis März 2004 beansprucht die Klägerin je restliche Restaurantmiete in Höhe von 368,00 €, und zwar jeweils 320,00 € Mehrwertsteuer auf eine Restaurantmiete von 2.000,00 € und 48,00 € Mehrwertsteuer auf einen Betriebskostenvorschuss von 300,00 €.

Die Restaurantgrundmiete netto beträgt, wie bereits oben erörtert, ab dem 01.10.2003 nur noch 1.800,00 €. Ein darauf entfallender Mehrwertsteueranteil ist, wie bereits oben erörtert, mangels feststellbarer Mehrwertsteuerpflicht des Herrn L... und mangels ordnungsgemäßen Ausweises jedenfalls nicht fällig. Das Gleiche gilt für den Mehrwertsteueranteil in Höhe von 48,00 € auf den Betriebskostenvorschuss von 300,00 €.

Für April 2004 beansprucht die Klägerin, gestützt auf den Restaurantvertrag, insgesamt 544,40 €, und zwar 320,00 € als restliche Mehrwertsteuer auf die Restaurantgrundmiete in Höhe von 2.000,00 €, 152,00 € als erhöhten Betriebskostenvorschuss sowie 72,40 € als Mehrwertsteuer auf den erhöhten Betriebskostenvorschuss von nunmehr insgesamt 452,50 €. Die Klage bleibt auch insoweit erfolglos.

Die Beklagte ist der Berechtigung der Erhöhung der Vorauszahlung um 152,00 € entgegengetreten. Die Voraussetzungen einer einseitigen Erhöhung des Betriebskostenvorschusses liegen nicht vor. Eine einseitige Erhöhung des Betriebskostenvorschusses durch den Vermieter ist erst nach einer ordnungsgemäßen Abrechnung möglich (vgl. Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 9. Aufl., Rn. 3097). Daran fehlt es aus den bereits oben erörterten Gründen.

Wegen der unzutreffend angesetzten Grundmiete für das Restaurant im April 2004 sowie wegen der fehlenden Feststellbarkeit eines Mehrwertsteuerzahlungsanspruches verweist der Senat auf seine obigen Ausführungen.

(2) Die Klägerin verlangt schließlich noch für Januar bis April 2004 monatlich jeweils 1.160,00 €, und zwar 1.000,00 € als Nettogrundmiete für den Biergarten und 160,00 € als Mehrwertsteueranteil hierauf. Der Anspruch ist unbegründet.

Die Nettogrundmiete für den Biergarten beträgt ab dem 01.10.2003 monatlich 200,00 €. Sie ist, zusammen mit der Nettogrundmiete für das Restaurant, durch Zahlung erloschen. Die Zahlung der Beklagten in Höhe von monatlich 2.300,00 € auf die jeweiligen monatlichen Mietverbindlichkeiten ist unstreitig.

Hinsichtlich des verbleibenden Mehrwertsteueranteils verweist der Senat auf seine obigen Ausführungen.

g) Die Klägerin hat, wie in dem Termin vor dem Senat im Einzelnen erörtert, entgegen ihrem Vorbringen in ihrer Berufungsbegründung vom 04.10.2005 auch erstinstanzlich keine Mietforderungen nach April 2004 hilfsweise zur Begründung ihres Zahlungsbegehrens herangezogen. Sie hat ein etwaiges Hilfsvorbringen im Termin vor dem Senat auf dessen Nachfrage zudem auch ausdrücklich nicht mehr geltend gemacht.

2. Die weitergehende Berufung der Beklagten bleibt erfolglos.

Sie ist gemäß § 546 BGB zur Räumung und Herausgabe des Restaurants und des Biergartens verpflichtet.

Die Klägerin kann das Räumungsverlangen auch in gewillkürter Prozessstandschaft geltend machen. Gemäß der Ermächtigung vom 12.10.2004 (vgl. Anlage K11, Bl. 165 d.GA.) darf sie auf Leistung an sich klagen. Der Senat hegt auch insoweit keine durchgreifenden Bedenken, denn der eingeklagte Räumungsanspruch des Vermieters aus § 546 BGB ist übertragbar (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Aufl. § 546 Rn. 24).

Die Kündigung durch Schriftsatz vom 12.11.2004 wegen Verschaffung von Vollstreckungsunterlagen und Strafanzeige wegen falscher eidlicher Versicherung (vgl. Bl. 278 d. GA) greift durch.

a) Die Kündigungserklärung ist wirksam. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat die Kündigung hier zugleich in deren Namen und in dem des Herrn L... erklärt und ist durch die Klägerin auch für ihn jedenfalls im Weg der Unterermächtigung hierzu bevollmächtigt gewesen. Dies ergibt sich aus der Ermächtigungserklärung vom 12.10.2004.

Auch Prozesserklärungen sind als materiell-rechtliche Erklärungen wirksam, wenn unzweifelhaft - wie hier - erkennbar ist, dass der Räumungsklage oder einem sonstigen prozessualen Schriftsatz auch eine entsprechende materiell-rechtliche Bedeutung zukommen soll (BGH, Urteil vom 02.11.1988 - VIII ZR 7/88 = NJW-RR 1989, 77).

b) Ein Kündigungsgrund wegen erheblicher Vertragsverletzungen im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB liegt vor. Die Erstattung einer Strafanzeige durch die Mieterin gegen den Vermieter kann, wie im Termin erörtert, einen schwerwiegenden Verstoß gegen die mietvertraglichen Pflichten darstellen, der eine fristlose Kündigung des Mietvertrags rechtfertigt (vgl. BVerfG, NZM 2002, 61). Dies gilt namentlich, wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht gewahrt wird (Schmidt-Futterer-Blanck, Mietrecht, 8. Aufl., § 543 Rn. 179).

Über die Kündigung ist dabei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Neben dem Verhalten des Angezeigten ist zu prüfen, ob die Anzeige im Rahmen der Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte oder in Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten erfolgt ist oder zur Wahrung eigener Interessen.

In Anwendung dieser Grundsätze fehlt es an der Verhältnismäßigkeit insbesondere dann, wenn der Anzeigenerstatter nicht zur Wahrung eigener Interessen handelt, sondern um dem Angezeigten einen Schaden zuzufügen (vgl. Schmidt-Futterer-Blanck, Mietrecht, 8. Aufl., § 543 Rn. 181). Hierzu gehören diejenigen Fälle, in denen der Anzeigende eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit seines Vertragspartners, von der er selbst nicht betroffen ist, zum Anlass einer Anzeige nimmt. Der Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit liegt in diesen Fällen im denunziatorischen Charakter der Anzeige. Maßgeblich ist, ob die Anzeige nach den Gesamtumständen angemessen ist. Eine fristlose Kündigung ist in derartigen Fällen möglich, wenn die Anzeige aus Böswilligkeit oder aus nichtigem Anlass erstattet worden ist oder wenn ein Vertragspartner ohne hinreichenden Anlass gegen den anderen Vertragspartner bei den Behörden agiert.

So liegt es hier. Das von der Beklagten zur Anzeige gebrachte Fehlverhalten des Herrn L... bei dessen Abgabe eines Vermögensverzeichnisses (§ 807 ZPO) am 07.04.2003 betraf keines der streitgegenständlichen Mietverhältnisse. Die Beklagte war von der Angabe des Herrn L... im Vermögensverzeichnis, etwa derjenigen arbeitslos zu sein, selbst nicht nachteilig betroffen, mag sie sie auch für falsch gehalten haben. Die Erstattung der Anzeige durch die Beklagte lässt sich - auch nach den Erörterungen im Termin am 15.03.2006 vor dem Senat - nicht als kündigungsausschließender Ausdruck staatsbürgerlicher Verantwortung ansehen, wie beispielsweise eine Anzeige wegen des Verdachts von Kindesmissbrauch (vgl. LG Wiesbaden, WuM 1995, 707) oder vergleichbar schwerwiegender Rechtsgutsverletzungen.

Hinzu tritt, dass die Anzeige auf der gezielten Verwertung einer Information beruht, auf die grundsätzlich nur ein Zwangsvollstreckungsgläubiger unter engen Voraussetzungen Zugriff hat, nicht hingegen Dritte (vgl. §§ 915 ff ZPO), wie hier die Beklagte.

Herr L... hatte zu einem derartigen Verhalten der Beklagten auch keinen Anlass gegeben, namentlich nicht in vergleichbarer Weise auf mietfremden Gebieten bei Behörden heimlich gegen die Beklagte agiert, um sie denunziatorisch zu schädigen. Persönliche Spannungen zwischen ihr oder ihrem Ehemann und Herrn L..., ihre Investitionen in die Mietobjekte oder Meinungsunterschiede bei der rechtlichen Beurteilung der Mietverhältnisse sowie auch etwaig daran anknüpfende Strafanzeigen rechtfertigen bei weitem kein derartiges denzunziatorisches auf Schädigung zielendes Agieren der Beklagten auf mietfremden Gebieten unter Ausnutzung regelmäßig unzugänglicher und geschützter Informationen über den Vermieter gegen ihn, das das der Vermieter hinzunehmen oder gar erst noch abzumahnen hätte.

c) Dass die Kündigung durch Schriftsatz vom 12.11.2004 verfristet wäre, weil Herr L... von der Anzeige der Beklagten vom 27.06.2004 bereits für eine verwirkungsbegründende Dauer Kenntnis gehabt hätte, lässt sich nicht feststellen. Dahingehenden Vortrag hat die Beklagte auch im Rahmen der Erörterung im Termin vor dem Senat am 15.03.2006 nicht erhoben.

Der Schriftsatzwechsel nach Schluss der mündlichen Verhandlung betrifft keine bisher unerörterten Gesichtspunkte und gibt den Senat keine Veranlassung, die Verhandlung wieder zu eröffnen.

3. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da die Entscheidung von keiner Beantwortung einer höchstrichterlich bisher noch unentschiedenen Frage abhängt. Sie gibt auch keine Veranlassung, in den berührten Rechtsgebieten neue Leitsätze aufzustellen, Gesetzeslücken zu füllen oder von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abzuweichen.

Der Streitwert wird für beide Instanzen, für die erste Instanz insoweit in Abänderung des Beschlusses vom 27.06.2005, auf 55.932,50 € festgesetzt. Der Zahlungsanspruch ist mit insgesamt 14.172,50 € beziffert. Der Gebührenstreitwert für die Räumungsbegehren beträgt 41.760,00 € (12 x 3.480,00 €). Bei Räumungsklagen ist gemäß § 16 Abs. 2 GKG a.F. für die erste Instanz und nach § 41 Abs. 2 GKG für die zweite Instanz grundsätzlich das für die Dauer eines Jahres zu entrichtende Entgelt maßgeblich, einschließlich streitiger Mehrwertsteuer und ohne gesondert abzurechnender Nebenkosten (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 2 GKG). Anzusetzen waren daher die monatlich von der Klägerin insoweit beanspruchten Bruttomieten für Restaurant (2.320,00 €) und Biergarten (1.160,00 €).

Der Streitwert für Räumungsklagen richtet sich nach dem tatsächlich geforderten Mietzins. Ob die Preisvereinbarung gültig ist oder sonstige Einwendungen des Mieters gegen die Höhe der Forderung durchgreifen, spielt für die Bemessung des Streitwerts keine Rolle (Fischer in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VIII, Rn. 226 m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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