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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 20.09.2006
Aktenzeichen: 3 U 221/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, ZVG


Vorschriften:

ZPO § 256 Abs. 2
ZPO § 286
BGB § 117 Abs. 1
BGB § 1124
ZVG § 20 Abs. 2
ZVG § 21
ZVG § 23
ZVG § 148
ZVG § 152
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 221/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 20.09.2006

Verkündet am 20.09.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23.08.2006 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Bunge, die Richterin am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und den Richter am Oberlandesgericht Hüsgen

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 14.11.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus - 4 O 467/04 - abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger keinen abwohnbaren Baukostenzuschuss in Höhe von 28.500,00 € auf das Objekt ...straße ... in C..., Flur 114, Flurstück 13/4, entgegenhalten kann.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung seinerseits Sicherzeit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt als Zwangsverwalter über ein Grundstück der Eheleute O..., ...straße ... in C..., die Feststellung, dass sich der Beklagte nicht auf einen abwohnbaren Baukostenzuschuss in Höhe von 28.500,00 € berufen kann. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 14.11.2005 Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Mietparteien hätten vertraglich eine Mietvorauszahlung in Höhe von 28.500,00 € vereinbart, die der Kläger gegen sich gelten lassen müsse. Der Beklagte sei nicht verpflichtet, Nachweise für getätigte Bauleistungen zu erbringen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag weiter. Er rügt Rechtsfehler des Landgerichts und meint, die Vereinbarungen des Mietvertrags müsse er nicht gegen sich gelten lassen. Es komme vielmehr darauf an, ob der Beklagte eine Werterhöhung des Grundstücks herbeigeführt habe. Dafür sei er jedoch darlegungsfällig geblieben. Außerdem behauptet der Kläger in zweiter Instanz, in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten habe sich herausgestellt, dass die Arbeiten in den Kellerräumen des Hauses ausschließlich durch Herrn O... selbst im Jahr 2004 durchgeführt worden seien.

Der Kläger beantragt nunmehr sinngemäß,

unter Abänderung des am 14.11.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Cottbus, Az. 4 O 467/04, festzustellen, dass der Beklagte sich ihm, dem Kläger gegenüber nicht auf einen auf das Objekt ...straße ... in C..., Flur 114, Flurstück 13/4, getätigten Baukostenzuschuss in Höhe von 28.500,00 € berufen kann.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil für zutreffend. Er behauptet, er habe zwei Räume im Keller des Hauses ...straße ... umgebaut. Bei dem einen Raum habe es sich vorher um einen unbewohnbaren Kohlenkeller gehandelt. Diesen habe er vollständig beräumen und säubern müssen. Sodann habe er den Fußboden ausgeglichen, Fußboden- und Wandfliesen aus Marmor eingebracht, eine Wand eingezogen sowie Badezimmerarmaturen angebracht. Auch der andere Raum sei erst durch seine Arbeiten bewohnbar gemacht worden.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen; hinsichtlich der behaupteten Arbeiten insbesondere auf Seite 5 des Schriftsatzes des Beklagten vom 05.04.2006.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A... O... und L... P.... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23.08.2006 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Beklagte kann sich gegenüber etwa bestehenden Ansprüchen des Klägers nicht auf die Leistung eines Baukostenzuschusses auf das Grundstück ...straße ... in C... an den Schuldner berufen.

Die Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere ist eine Leistungsklage auf Zahlung von Miete nicht vorrangig, weil damit nur ein geringer Teil des streitigen Betrages umfasst würde. Die Möglichkeit einer Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO bei einer Klage auf Leistung rückständiger Miete hindert nach ständiger Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, welcher der Senat folgt, ebenfalls die Zulässigkeit einer Feststellungsklage nicht, weil die Leistungsklage in diesem Fall einen anderen Anspruch betreffen würde und die Möglichkeit der Zwischenfeststellungsklage das Rechtsschutzinteresse für eine negative Feststellungsklage nicht entfallen lässt (vgl.: BGH, NZM 2002, 786 f).

Der Antrag des Klägers war weiterhin dahin auszulegen, dass er die Unwirksamkeit eines Baukostenzuschusses als Vorausverfügung ihm gegenüber in seiner Funktion als Zwangsverwalter festgestellt wissen will. Der Schuldner macht mit dem Einwand der Leistung eines Baukostenzuschusses nämlich keine Aufrechnung geltend, sondern er beruft sich auf eine Vorausverfügung, die ausnahmsweise dem Zwangsverwalter gegenüber wirksam ist. Um die Feststellung des Nichtbestehens einer solchen Vorausverfügung geht es dem Kläger mit seinem Antrag. Der Senat konnte diesen deshalb entsprechend auslegen.

Die Wirksamkeit einer Vorausverfügung dem Kläger als Zwangsverwalter gegenüber beurteilt sich grundsätzlich nach § 1124 BGB in Verbindung mit §§ 148, 152, 20 Abs. 2, 21, 23 ZVG. Vorausverfügungen gegenüber der Miete sind dem Zwangsverwalter gegenüber nur in den Grenzen des § 1124 BGB wirksam. Gibt der Mieter dem Vermieter zur Schaffung, Erweiterung oder Instandsetzung von Räumen einen abwohnbaren Baukostenzuschuss, so ist dieser auf die laufende Mietzinszahlung anzurechnen. Darin liegt zugleich eine Vorausverfügung über die Miete. Dieser Sonderfall eines Baukostenzuschusses ist dem Zwangsverwalter gegenüber jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam. Insbesondere muss der als Baukostenzuschuss genannte Betrag tatsächlich geflossen sein, d.h. eine Zahlung oder Leistung muss zur Erstellung, zum Ausbau oder zur Instandsetzung von Räumen bestimmt gewesen und tatsächlich verwendet worden sein. Außerdem muss sich die Zuwendung werterhöhend auf das Grundstück ausgewirkt haben. Die Verpflichtung zur Leistung muss in Verbindung mit einem Mietvertrag festgelegt worden sein, wobei es keinen Unterschied macht, ob der Mietvertrag zeitlich der Leistung vorausgeht oder nicht (BGHZ 15, 296/304 f; BGHZ 37, 346/350; Bub/Treier/Bartz, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VIII, Rz. 148, 125; Bamberger/Roth, BGB, § 1124 Rz. 9; Stüber, ZVG, 18. Aufl., § 57 b Anmerkung VII.5 mit § 152 Anmerkung XII.12; Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 57 bis 57 d, Rz. 25). Die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche Voraussetzungen eines Baukostenzuschusses trägt derjenige, der sich auf einen Baukostenzuschuss beruft (alle zuvor Zitierten). Der Senat folgt dieser Ansicht mit dem IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, der in einer Entscheidung vom 13.6.2002 (NJW-RR 2002, 1304) ausgeführt hat, abweichende Ansichten in der Literatur seien überholt. Die Sonderstellung des Mieters, der einen Baukostenzuschuss geleistet habe, beruhe unter Berücksichtigung von Treu und Glauben darauf, dass er durch tatsächlich erbrachte Leistungen aus seinem Vermögen den Sachwert erhöht habe.

Im vorliegenden Fall geht der Senat nach Durchführung der Beweisaufnahme allerdings davon aus, dass es bereits an einem Mietverhältnis fehlt. Der Vertrag zwischen dem Beklagten und den Eheleuten O... vom 15.02.2002 ist als Scheingeschäft nichtig, § 117 Abs. 1 BGB. Zweck eines Mietvertrages ist die Einräumung des Besitzes an der Mietsache zum Gebrauch durch den Mieter. Die Vernehmung der Zeugen sowie die Anhörung des Beklagten haben aber ergeben, dass der Beklagte die Räume im Haus der Schuldner O... nicht genutzt hat und nicht nutzen wollte. Vielmehr haben die Eheleute O... die Räume weiter zu eigenen Zwecken benutzt.

Der Beklagte hat bei seiner Anhörung angegeben, er habe die Räume zum Zweck der Unterbringung von Familienbesuch hergerichtet und angemietet. Seine Verwandten hätten den -vertraglich zu den Mieträumen gehörenden - Wintergarten, der in die Wohnung der Eheleute O... integriert ist, mit diesen gemeinschaftlich genutzt. Dies sei aufgrund des freundschaftlichen Verhältnisses kein Problem gewesen. Ähnliches hat zwar zunächst auch der Zeuge O... ausgesagt. Auf mehrfache Nachfrage hat er jedoch bekundet, keinen einzigen Besucher des Beklagten je gesehen zu haben. Darüber hinaus hat er angegeben, die Räume zumindest gelegentlich für eigene Zwecke genutzt zu haben. So ist seine Mutter bzw. Schwiegermutter, die pflegebedürftig war, über mehrere Monate in den Räumen im Kellergeschoss des Hauses untergebracht gewesen. Der Zeuge P... hat als Mieter des Obergeschosses des Hauses bekundet, er wisse nur von der Nutzung der Kellerräume für die Mutter oder Schwiegermutter des Zeugen O....

Daraus ergibt sich für den Senat gemäß § 286 ZPO der deutliche Gesamteindruck, dass der Beklagte die Räume im Kellergeschoss des Hauses ...straße ... weder je genutzt hat noch nutzen wollte. Rechtlich kann zwar die Überlassung zur Mitnutzung mietvertraglich vereinbart werden. Auch steht es dem Mieter frei, ob er die Mietsache überhaupt nutzt. Im vorliegenden Fall hat der Senat jedoch aufgrund der erkennbar gewordenen Gesamtumstände keinen Zweifel daran, dass der angebliche Mietvertrag nur im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Zeugen O... und lediglich zum Schein abgeschlossen worden ist.

Allerdings hält es der Senat für durchaus denkbar, dass der Beklagte tatsächlich maßgeblich am Ausbau der Räume im Kellergeschoss beteiligt war und möglicherweise auch nicht unerhebliche Geldbeträge dazu beigesteuert hat. Dies hat der Zeuge O... ohne erkennbaren Widerspruch bestätigt. Die Aussage des Zeugen P... hat keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben. Anlass zu Zweifeln besteht jedoch, da der Beklagte nicht nur keinerlei Belege vorlegen kann, sondern auch keine nachvollziehbaren Angaben dazu gemacht hat, wo er welche Gegenstände (etwa zum Ausbau des Bades) erworben haben will. Geht man zu seinen Gunsten davon aus, dass der Beklagte Leistungen zum Ausbau erbracht hat, bleibt weiterhin zweifelhaft, ob er dafür vom Zeugen O... einen Ausgleich erhalten sollte. Welche Abrede darüber tatsächlich getroffen worden ist, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. Diese Frage kann jedoch offen bleiben. Denn keinesfalls ist seine Leistung als abwohnbarer Baukostenzuschuss vereinbart gewesen. Es ist keine Verpflichtung des Beklagten zur Erbringung entsprechender Ausbauleistungen gerade in Verbindung mit einem Mietvertrag festgelegt worden. Dies ist aber zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Baukostenzuschusses. Da kein wirksamer Mietvertrag geschlossen worden ist, fehlt es an dem notwendigen Zusammenhang der Leistung des Beklagten mit einem solchen Vertragsverhältnis.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Da der Antrag des Klägers nicht die Feststellung des Bestehens eines Mietverhältnisses umfasst, ist er auch insoweit nicht unterlegen. Die begehrte Feststellung, der Beklagte könne ihm keinen abwohnbaren Baukostenzuschuss entgegenhalten, hat sich in vollem Umfang bestätigt. Deshalb hat der Beklagte die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Bundesgerichtshofes. Die Entscheidung des Senats befindet sich im Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung und beruht im Wesentlichen auf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 28.500,00 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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