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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 14.11.2007
Aktenzeichen: 3 U 27/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 387
BGB § 536a Abs. 2
BGB § 536a Abs. 2 Satz 1b)
BGB § 536c Abs. 2
BGB § 536c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1
BGB § 581 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 141 Abs. 1
ZPO § 447
ZPO § 448
ZPO § 533
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 27/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 14.11.2007

Verkündet am 14.11.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24.10.2007 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Bunge, den Richter am Oberlandesgericht Hüsgen und den Richter am Amtsgericht Hering

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 27.12.2006 - 4 O 216/06 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von den Beklagten rückständige Pachtbestandteile und Gerichtsvollzieherkosten.

Er verpachtete ihnen durch schriftlichen Pachtvertrag vom 14.09.2004 (K 1, 7 GA) näher bezeichnete Teilflächen und Baulichkeiten zum Betrieb eines Ladengeschäftes, eines Cafes und Bistros, einer Pension, eines Gartens sowie für Wohnzwecke ab dem 15.09.2004 bis zum 31.12.2005 für 1.200,00 € monatlich, wobei die Pachten im ersten Pachtjahr auf 800,00 € und im zweiten Pachtjahr auf 1.000,00 € herabgesetzt waren, sowie aufgrund einer Vereinbarung vom 30.03.2005 über eine nochmalige Herabsetzung für die Monate März bis Juni dieses Jahres auf 400,00 € (vgl. B 1, 59 GA).

Der Pachtvertrag verlängerte sich aufgrund einer Fortsetzungsklausel bis zum 31.12.2007. Der Kläger kündigte ihn durch Schreiben vom 07.04.2006 fristlos, gestützt auf einen Pachtrückstand von 4.981,59 € (vgl. K 5, 27 GA) und nochmals mit Schriftsatz vom 24.07.2006 wegen weiterer Pachtrückstände für Mai, Juni und Juli 2006 (vgl. 99 GA).

Er hat jeweils monatsbezogen für die Monate März bis Juni sowie September bis Dezember 2005 insgesamt 1.500,00 € rückständige Pacht beansprucht sowie unter anderem

für Januar 2006 600,00 €.

Februar 2006 1.000,00 €

März 2006 800,00 €

und für April 2006 1.000,00 €.

Die Beklagten haben behauptet, die Pachten für 2005 seien in streitgegenständlicher Höhe gestundet. Die Januar-Pacht sei wegen eines Heizungsausfalls um 50 % gemindert und die Pachten für Februar, März und April 2006 seien durch Aufrechnung mit einem Kostenerstattungsanspruch für die Heizungsreparatur in Höhe von insgesamt 2.532,03 € erloschen.

Hilfsweise haben sie die Aufrechnung erklärt mit einem Rückerstattungsanspruch für eine Zahlung von 338,51 €, die sie auf ein Forderungsschreiben des Klägers vom 26.04.2006 (B 5, Bl. 64 d. GA) an diesen unter Vorbehalt gezahlt hätten obgleich in diesem Schreiben Kosten nicht prüfbar abgerechnet seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf das angefochtene Urteil, mit dem das Landgericht die zuletzt noch streitgegenständlichen Klägerforderungen zugesprochen hat. Eine Stundungsabrede sei nicht feststellbar. Eine Pachtminderung habe auszuscheiden, da die Beklagten instandhaltungspflichtig seien und eine verzögerte Instandhaltung zu ihren Lasten wirke. Ein Aufwendungsersatzanspruch für die Heizungsreparaturkosten scheitere, soweit es sich hierbei nicht ohnehin um Instandhaltung handele, an einer fehlenden Fristsetzung nach § 536a Abs. 2 BGB. Ein Aufrechnungsanspruch der Beklagten wegen geleisteter Wasserkosten in Höhe von 338,51 € habe auszuscheiden, da dieser Betrag geschuldet und abgerechnet sei.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren im Umfang ihres Unterliegens weiter. Das Landgericht hätte den Zweitbeklagten, der seine Parteivernehmung als Beweis für die Stundungsabrede angeboten hatte, jedenfalls nach § 141 Abs. 1 ZPO anhören müssen. Es habe die Minderung zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, ein Kostenerstattungsanspruch für die Heizungsreparatur stünde auch ohne Nachfristsetzung den Beklagten zu, da der Kläger sich rigoros geweigert habe, die Heizungsanlage reparieren zu lassen, wie bereits erstinstanzlich vorgetragen. Schließlich erklären sie zweitinstanzlich die Aufrechnung gestützt auf einen Schadensersatzanspruch wegen Differenzkosten für einen erhöhten Stromverbrauch.

Sie beantragen, nach einer teilweisen Klagerücknahme des Klägers in Höhe von 287,34 €, das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 27.12.2006 abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Er habe sich zu keinem Zeitpunkt geweigert, die Heizungsanlage reparieren zu lassen und sei zu keinem Zeitpunkt von den Beklagten hierzu aufgefordert worden. Der zweitinstanzlichen Aufrechnung wegen Differenzkosten und dem Beklagtenvorbringen hierzu tritt er entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze sowie auf sein Terminsprotokoll vom 24.10.2007.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagten in zuletzt noch geltend gemachtem Umfang einen Zahlungsanspruch aus § 581 Abs. 1 Satz 2 BGB.

1. Der Abschluss des Pachtvertrages und die Gebrauchsüberlassung für die streitgegenständlichen Zeiträume sind unstreitig.

2. Das Verteidigungsvorbringen greift nicht durch.

a) Ohne Erfolg bleiben die Ausführungen der Beklagten, die Parteien seien in einer mündlichen Vereinbarung Mitte September zu der Übereinkunft gelangt, "dass die Stundung in Höhe von 200,00 € weiter erfolgen sollte". Dem ist schon nicht zu entnehmen, dass die Pachtvereinbarung von nur 400,00 € entgegen dem Wortlaut der Vereinbarung vom 30.03.2005 andere als die dort genannten Monate März bis Juni erfasst hätte. Im Übrigen hat der Kläger mündliche Nebenabreden bestritten (98 GA) und einer Parteivernehmung des Zweitbeklagten widersprochen (99 GA).

Dessen Vernehmung nach § 447 ZPO hatte danach auszuscheiden und für eine Vernehmung nach § 448 ZPO fehlte die erforderliche Anfangswahrscheinlichkeit. Ein Verstoß gegen § 141 ZPO erscheint außerordentlich fern liegend, da die Parteien im Termin vor dem Landgericht am 11.12.2006 persönlich erschienen waren (vgl. 131 GA) und es ihnen frei stand, das Wort zu ergreifen (vgl. § 137 Abs. 4 ZPO). Davon abgesehen wäre nicht einmal die fehlende Anordnung des persönlichen Erscheinens einen Verfahrensfehler im Sinne des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 141 Rn. 3; Musielak-Stadler, ZPO, 5. Aufl., § 141 Rn. 7). Im Übrigen wäre die Stundung (§ 271 BGB) bis zur Besserung der Vermögensverhältnisse durch erhöhte Pachtgewinne mit Kündigung des Pachtverhältnisses ohnedies beendet.

b) Der Minderungseinwand (§ 536 BGB) hinsichtlich der Januar-Miete um 50 % (= 500,00 €) ist auch zweitinstanzlich unerheblich, § 536c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB. Dass die Beklagten zur Wahrung ihrer Rechte der Anzeigepflicht aus Abs. 2 Satz 1 der eben genannten Bestimmung nachgekommen wären, lässt sich nicht feststellen. Der Kläger hat in der Berufungserwiderung bestritten, von den Beklagten zu Reparaturarbeiten an der Heizung aufgefordert worden zu sein. Den Zugang der erstmals im Termin vor dem Senat am 24.10.2007 vorgelegten schriftlichen Mängelanzeigen hat er gleichfalls in Abrede gestellt. Darlegungs- und beweisbelastet für die Erfüllung ihrer Anzeigepflicht sind, wie im Termin erörtert, die Beklagten als Mieter (vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2001 - XII ZR 142/99, juris Tz. 19 m.w.N.; Schilling, in Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 536c Rn. 14). Diese haben weder den bestrittenen Zugang ihrer zweitinstanzlich zur Akte gereichten schriftlichen Mängelanzeigen unter Beweis gestellt, noch sonstige mündliche Mängelanzeigen gegenüber dem Kläger.

c) Für die Aufrechnung mit Ersatzvornahmekosten wegen der Heizungsreparatur gilt im Ergebnis das Gleiche. Der Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten aus § 536a Abs. 2 Satz 1 BGB erfordert Verzug des Vermieters und damit eine auf Mängelbeseitigung gerichtete Mahnung der Mieter (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., § 536a Rn. 15, 12). Auch für die bestrittenen Verzugsvoraussetzungen sind die Beklagten darlegungs- und beweisbelastet und beweisfällig geblieben.

d) Das Vorbringen zur Hilfsaufrechnung der Beklagten in Höhe von 338,51 € für ausgeglichene Abwasserkosten ist nicht nachzuvollziehen. Die Beklagten waren nach § 5 Abs. 4 Satz 3 Pachtvertrag (11 GA) hinsichtlich der Wasserversorgung und nach Abs. 5 hinsichtlich der Abwasserentsorgung verpflichtet, die an sie weitergeleiteten jeweiligen Endabrechnungen zur Wasserversorgung in voller Höhe und zur Abwasserversorgung im Verhältnis von 80 : 20 zu tragen. Die von den Beklagten selbst als Anlage B6 eingereichte Rechnung des Trink- und Abwasserzweckverbandes L... bezieht sich auf das Trinkwasser und war daher in voller Höhe zu begleichen (vergleiche Blatt 65 GA).

e) Die erstmals zweitinstanzlich erhobene Aufrechnungserklärung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von Differenzkosten wegen erhöhten Stromverbrauchs ist unzulässig, § 533 ZPO. Weder hat der Kläger eingewilligt noch ist sie sachdienlich. Die Beklagten haben es bereits verabsäumt, den Teil der Hauptforderung anzugeben, gegen den sich die Aufrechnungserklärung richten soll. Überdies fehlt es an der in § 387 BGB vorausgesetzten Gleichartigkeit, da die von den Beklagten erstmals zweitinstanzlich eingeführten Ansprüche des Stromversorgungsunternehmens gegen sie bloß eine Zahlungspflicht der Beklagten begründen und ein daraus abgeleiteter Schadensersatzanspruch allenfalls auf Befreiung (vgl. § 257 BGB) gerichtet wäre. Im Übrigen scheiterte die Gegenforderung ebenfalls an der bereits oben erörterten unterlassenen Anzeige, § 536c Abs. 2 BGB.

3. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da ihre Entscheidung von keiner Beantwortung einer höchstrichterlich bisher noch unentschiedenen Frage abhängt. Sie gibt auch keine Veranlassung, in den berührten Rechtsgebieten neue Leitsätze aufzustellen, Gesetzeslücken zu füllen oder von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abzuweichen.

Der Gebührenstreitwert für die zweite Instanz beträgt bis zur teilweisen Klagerücknahme 4752,91 €, sodann 4465,57 €. Der Gebührenstreitwert für das landgerichtliche Verfahren wird in Abänderung des Beschlusses vom 16.01.2007 nach § 63 Abs. 3 S. 1 GKG festgesetzt auf 24.068,24 € bis zum 13.11.2006, sodann auf 9.668,24 €. Die Aufrechnung mit Ersatzansprüchen für die Heizungsreparatur in Höhe von 2532,93 € gegen die Pachten für Februar bis April 2006 erfolgte als Hauptaufrechnung (vgl. S. 44 GA), und nicht als Hilfsaufrechnung, wie dies für eine Streitwertaddition nach § 45 Abs. 3 GKG erforderlich wäre.

Richter am Amtsgericht Hering ist ortsabwesend und an der Unterschriftsleistung gehindert.

Ende der Entscheidung

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