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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 14.10.2009
Aktenzeichen: 3 U 32/09
Rechtsgebiete: ZPO, AKB, VVG, VVG 2008


Vorschriften:

ZPO § 139
ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
AKB § 7 Nr. I Abs. 2
AKB § 7 Nr. V Abs. 4
VVG § 6 Abs. 3 a.F.
VVG § 6 Abs. 3 Satz 1 a.F.
VVG 2008 § 28
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 21. Januar 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 2 O 301/08 - einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Potsdam zurückverwiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Prozessparteien streiten im Kern darüber, ob die beklagte Versicherungsgesellschaft dem Kläger aus einer zwischen beiden vereinbarten Teilkaskoversicherung mit € 300,00 Selbstbehalt den Ersatz von Vermögensschäden schuldet, die er nach seinem Vorbringen deshalb erlitten hat, weil der versicherte Pkw des Typs VW Passat Variant mit dem amtlichen Kennzeichen ... in der Nacht vom 04. zum 05. Mai 2008 von seinem in der Nähe der klägerischen Wohnung belegenen Abstellplatz auf dem ... Damm/Ecke B...straße in B... gestohlen worden sei. Zur näheren Darstellung des Tatbestandes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Vom Landgericht Potsdam, das in der Vorinstanz entschieden hat, wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat die Zivilkammer ausgeführt, es bedürfe keiner Klärung, ob der Versicherungsfall in Gestalt des behaupteten Diebstahls tatsächlich eingetreten sei. Die Beklagte könne sich jedenfalls mit Erfolg auf Leistungsfreiheit berufen, weil dem Kläger eine Obliegenheitsverletzung zur Last falle: Er habe unstreitig zumindest objektiv falsche Angaben über die Anzahl der Schlüssel gemacht, die ihm beim Kauf des versicherten Fahrzeugs ausgehändigt wurden. Sein wechselnder Vortrag zum Auffinden des dritten Schlüssels sei nicht geeignet, die aus dem Gesetz folgende Vorsatzvermutung zu widerlegen. Ob der Kläger außerdem den Diebstahlzeitraum falsch angegeben habe, könne deshalb ebenfalls offen bleiben.

Das angefochtene Urteil, auf das auch wegen der Entscheidungsgründe im Einzelnen Bezug genommen wird, ist dem Kläger am 02. Februar 2009 (GA I 111) - zu Händen seines erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten - zugestellt worden. Er hat am 26. Februar 2009 (GA I 112) mit einem anwaltlichen Schriftsatz Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel mit einem am 27. März 2009 per Telekopie bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet (GA I 117 ff.).

Der Kläger ficht das landgerichtliche Urteil - unter Wiederholung und Vertiefung seiner bisherigen Darlegungen - in vollem Umfange seiner Beschwer an. Dazu trägt er insbesondere Folgendes vor:

Zu Unrecht habe die Eingangsinstanz - nach dem dortigen Verhandlungsverlauf zudem überraschend - die Leistungsfreiheit der Beklagten bejaht. Ihm, dem Kläger, falle keine Obliegenheitsverletzung zur Last. Er habe weder seinen Sachvortrag gewechselt noch vorsätzlich falsche Angaben gemacht. Am 05. Mai 2008, als der Diebstahl festgestellt worden sei, habe er sich in großer Aufregung befunden und alles richtig machen wollen. Keinesfalls sei von ihm der Beklagten gegenüber der 03. Mai 2008 als Schadenstag benannt worden; er habe nur auf deren Voreintragungen in dem Fragebogen vertraut und diese nicht weiter kontrolliert. Den Einwand verspäteter Abgabe des so genannten Werkstattschlüssels aus Plastik erhebe die Beklagte erstmals im vorliegenden Rechtsstreit. Dass dieser dritte - nicht allgemein übliche - Schlüssel existiere, sei ihm, dem Kläger, lediglich durch die Nachfrage der Beklagten bewusst geworden. Eine wortgleiche Sachverhaltsschilderung einerseits in der Klageschrift, die auf den Aktennotizen des Prozessbevollmächtigten beruhe, und andererseits - viele Monate nach dem Ereignis - in der mündlichen Verhandlung durch die Partei selbst aus dem Gedächtnis, dürfe das Landgericht nicht erwarten. Richtig sei sein - des Klägers - persönliches Vorbringen im erstinstanzlichen Termin, worin sich seine Wahrheitsliebe zeige. Dass er selbst den Werkstattschlüssel schon einmal benutzt habe, folge aus dem Parteigutachten der Beklagten nicht. Ein Ersatzfahrzeug habe er binnen weniger Tage angeschafft, weil er aus beruflichen Gründen auf einen Wagen angewiesen sei und - auch ohne die Versicherungsleistung - über ausreichende finanzielle Mittel hierfür verfügte.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil

a) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

aa) an ihn - den Kläger - € 11.438,49 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15. Juli 2008,

bb) ihn - den Kläger - von Ansprüchen der Rechtsanwälte M..., ..., aus der Rechnung Nr. 300008 vom 16. Juli 2008 freizustellen;

b) hilfsweise aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

a) die Berufung zurückzuweisen;

b) hilfsweise - im Falle der Aufhebung des angefochtenen Urteils - die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte verteidigt - ihr bisheriges Vorbringen ebenfalls wiederholend und vertiefend - das ihr günstige landgerichtliche Urteil. Dazu trägt sie insbesondere Folgendes vor:

Der Kläger sei unredlich. Ihm dürfe nicht geglaubt werden. Er habe durch unstreitig falsche Angaben zum Schadenszeitraum und zur Anzahl der ihm beim Kauf ausgehändigten Fahrzeugschlüssel seine vertragliche Aufklärungsobliegenheit verletzt. Der 03. Mai 2009 sei von ihm mehrfach - unzutreffend - als Schadenstag benannt worden. Warum der Kläger nicht vorsätzlich gehandelt haben soll, bleibe nach seinen Darlegungen offen. Es hätte sich ihm aufdrängen müssen, dass der gefundene Plastikschlüssel in direktem Zusammenhang zum Autodiebstahl stehe. Vom Kläger sei zu erwarten gewesen, dass er sie - die Beklagte - unaufgefordert davon informiere, beim Aufräumen habe sich offensichtlich ein weiterer Fahrzeugschlüssel angefunden. Das Verhalten des Klägers nach seiner schriftlichen Schadensmeldung spreche deutlich dafür, dass er die Existenz eines dritten Schlüssels habe verschweigen wollen. Eine Beweisaufnahme zum äußeren Bild des behaupteten Diebstahls sei vom Landgericht nur vorbehaltlich der klägerischen Stellungnahme im nachgelassenen Schriftsatz angekündigt worden. Dieser sei indes nicht geeignet gewesen, die Vorsatzvermutung zu widerlegen.

Im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz wurde die Sach- und Rechtslage eingehend erörtert. Der Senat hat den Kläger persönlich gehört; das Ergebnis ist im Protokoll der Sitzung vom 26. August 2009 festgehalten, worauf Bezug genommen wird (Abschrift GA I 161, 162 ff.). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte wird ergänzend auf die Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

A. Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). Auch in der Sache selbst hat das klägerische Rechtsmittel Erfolg. Es führt gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils einschließlich des diesem zugrundeliegenden Verfahrens und - entsprechend dem übereinstimmenden Hilfsantrag beider Prozessparteien - zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Potsdam als Eingangsinstanz. Ob dem Kläger als Versicherungsnehmer wegen des von ihm behaupteten Kfz-Diebstahls gegen die Beklagte als Fahrzeugversicherer ein Anspruch auf Ersatz des hier eingeklagten Vermögensschadens zusteht, kann der Senat gegenwärtig nicht abschließend beurteilen, weil das Verfahren des ersten Rechtszuges an einem wesentlichen Mangel leidet und keine ordnungsgemäße Grundlage für eine endgültige Entscheidung des Streitfalls durch das Berufungsgericht bietet, so dass nicht nur eine weitere Verhandlung der Sache erforderlich ist, sondern auch eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig. Die Zivilkammer hätte ausgehend von ihrem eigenen materiell-rechtlichen Standpunkt, auf den im Rahmen des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO abzustellen ist, ohne weitere Sachaufklärung keine zur vollständigen Leistungsfreiheit der Beklagten führende Obliegenheitsverletzung des Klägers bejahen dürfen. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Beim derzeitigen Sach- und Streitstand gibt es - entgegen der Auffassung des Landgerichts - keine hinreichend sichere Tatsachengrundlage für die Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 7 Nr. I Abs. 2 und Nr. V Abs. 4 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG a.F. wegen Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit seitens des Klägers nach dem Eintritt des Versicherungsfalles.

a) Dass der Kläger über die Anzahl der ihm beim Erwerb des versicherten Wagens ausgehändigten Schlüssel vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden. Die objektive Unrichtigkeit seiner ursprünglichen Erklärungen gegenüber der Beklagten reicht dafür nicht aus, was von der Eingangsinstanz keineswegs verkannt wurde. Auf die Vorsatzvermutung, die sich aus dem § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG a.F. ergibt, hat die Zivilkammer jedoch zu früh abgestellt.

aa) Legt man die materiell-rechtliche Auffassung des Landgerichts zugrunde, wonach sich der Versicherungsnehmer im Streitfall exkulpieren muss, so hätte sich die Vorinstanz keineswegs damit begnügen dürfen, in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auf die Unzulänglichkeit von - aus ihrer Sicht - wechselndem und widersprüchlichem Vortrag zum Auffinden des dritten Schlüssels in der Klageschrift einerseits und bei der persönlichen Anhörung der Klägers andererseits zu verweisen. Dies gilt hier nicht zuletzt deshalb, weil die Zivilkammer den Prozessparteien - ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2008 (GA I 85, 86) - eine Beweisaufnahme zum äußeren Bild des vom Kläger behaupteten Diebstahls und zu den durch die Beklagte eingewandten Obliegenheitsverletzungen in Aussicht gestellt hatte. Den bloßen Vorbehalt seiner noch ausstehenden Erwiderung auf die damals jüngsten Anwaltsschriftsätze der Beklagten konnte und musste der Kläger keinesfalls so verstehen, dass die für eine Beweisaufnahme erheblichen Tatsachen von ihm erst noch vorgetragen werden sollen. Vielmehr oblag es unter den hier gegebenen Umständen der Eingangsinstanz, im Rahmen von § 139 ZPO auf ihre Bedenken hinzuweisen, den in Erscheinung getretenen Widerspruch aufzuzeigen und den Kläger aufzufordern, sich dazu zu erklären. Dann hätte er bereits im ersten Rechtszug Gelegenheit zur Klarstellung gehabt, dass die Sachverhaltsschilderung in der Klageschrift insoweit auf einem Missverständnis seines Prozessbevollmächtigten beruht. Im Kern macht der Kläger jedoch nach wie vor geltend, er sei sich erst auf die konkrete Nachfrage durch die Beklagtenseite bewusst geworden ist, dass es einen dritten Fahrzeugschlüssel gibt. Sollte das Landgericht Zweifel gehabt haben, ob die Ehefrau des Klägers hierfür als Zeugin benannt wurde, hätte es nachfragen und gegebenenfalls auf die Erforderlichkeit eines entsprechenden Beweisangebotes aufmerksam machen müssen. Die Erörterung der Sach- und Rechtslage in der Eingangsinstanz bot dem Kläger auch keinen Anlass für die Annahme, dass er beweisfällig geblieben sein könne.

bb) Ergänzend weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass es - unter Berücksichtigung der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2006 - IV ZR 252/05, VersR 2007, 389 = BGH-Rp 2007, 289 m. Anm. v. Prölss, VersR 2008, 673; ferner Römer in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 6 Rdn. 19 und 113) - weitaus näher liegt, die Kenntnis des Klägers von der Existenz des dritten Schlüssels als Teil des objektiven Tatbestandes der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit anzusehen, für den der Versicherer die Beweislast trägt. Denn erst wenn feststeht, dass der Versicherungsnehmer zunächst von den mitzuteilenden Umständen gewusst hat, wird - bei unvollständigen Angaben - sein vorsätzliches Handeln vermutet, so dass er sich exkulpieren muss. Deshalb hat zwar der Versicherungsnehmer darzulegen und erforderlichenfalls nachzuweisen, dass er die - ursprünglich vorhandene Kenntnis - im maßgeblichen Zeitpunkt wieder verloren hatte. Im Streitfall wendet der Kläger aber ein, ihm sei beim Kauf des versicherten Wagens nicht bewusst geworden, dass er - außer den beiden allgemein üblichen Schlüsseln - einen so genannten Werkstattschlüssel aus Plastik erhalten habe. Das ist - jedenfalls unter den hier gegeben Umständen - nicht ohne Weiteres von Hand zu weisen. Auch die Beklagte, die - senatsbekannt - in großem Umfange als Autoversicherer tätig ist, musste einen Gutachter zu Rate ziehen, um die Vollzähligkeit des Kfz-Schlüsselsatzes zu prüfen. Sie wurde - nach ihrem eigenen Vorbringen - erst vom Sachverständigen W... darauf hingewiesen, dass ein kompletter Schlüsselsatz für den streitgegenständlichen Wagentyp aus drei schließungsgleichen Original-Fahrzeugschlüsseln besteht. Um der Beklagten die Möglichkeit zu geben, den ihr obliegenden Beweis zu führen, wird der Kläger jedoch zu den Einzelheiten des Fahrzeugerwerbs, der sich in seiner Sphäre zugetragen hat, detaillierte Ausführungen machen müssen. Eine Verpflichtung des Klägers, ohne äußeren Anlass nach ihm unbekannten Kfz-Schlüsseln zu suchen und die Beklagte über das Auffinden von Schlüsseln in seinem Haushalt zu informieren, die sich nicht zuordnen lassen, ist dagegen zu verneinen.

b) Die Frage, ob dem Kläger wegen falscher Angaben betreffend den Schadenszeitraum eine vorsätzliche Verletzung seiner vertraglichen Aufklärungsobliegenheit zur Last fällt, hat das Landgericht - aus seiner Sicht völlig zu Recht - unbeantwortet gelassen. Auch insoweit bedarf es allerdings gegebenenfalls einer Beweisaufnahme. Dass der Kläger den richtigen Schadenstag kannte und die Angaben vom 20. Mai 2008 sowohl im Fragebogen (Kopie Anlage K5/GA I 12) als auch im Unterlagen-Übergabeprotokoll (Kopie Anlage K6/GA I 17) unzutreffend sind, steht zwischen den Parteien außer Streit. Ein bloßer Irrtum des Klägers hinsichtlich des Datums würde zwar vorsätzliches Handeln ausschließen, müsste von ihm aber anhand von Tatsachen im Einzelnen dargelegt und bewiesen werden. Schon entsprechender Sachvortrag fehlt derzeit. Falschangaben zum Schadenszeitpunkt sind jedenfalls generell geeignet, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden. Gleichwohl könnte nach dem Vorbringen des Klägers keine Leistungsfreiheit der Beklagten gegeben sein. Denn gemäß der wohl ganz herrschender Meinung, der sich der Senat in ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat, besteht für den Versicherungsnehmer keine Aufklärungsobliegenheit mehr, die er verletzen kann, wenn dem Versicherer die erfragten Umstände beim Eingang des Formulars schon positiv bekannt sind (vgl. Römer aaO, § 6 Rdn. 20, m.w.N.). Das wäre der Fall, wenn der Kläger, wie er unter Beweisangebot behauptet, bereits bei seiner ersten - fernmündlichen - Schadensmeldung den richtigen Zeitraum, in dem sich der Versicherungsfall ereignet haben soll, benannt hätte. Auf die Frage, welcher Tag bei der Beklagten in der elektronischen Schadensakte vermerkt wurde, kommt es demgegenüber nicht maßgeblich an. Ihr Mitarbeiter B... E... bliebe allerdings gegenbeweislich als Zeuge zu vernehmen, wenn die Ehefrau des Klägers hauptbeweislich als Zeugin dazu gehört wird, welcher Schadenstag von Letzterem telefonisch angegeben wurde. Solange sie nur zu seinen Bekundungen aussagt, erscheint eine Beweisaufnahme unbedenklich, weil es sich insoweit nicht um eine so genannte Lauschzeugin handelt, die heimlich fremde Telefongespräche mitgehört hat.

2. Für das weitere Verfahren gibt der Senat ferner Folgendes zu bedenken: Die Prozessparteien gehen zwar übereinstimmend davon aus, dass der Versicherungsvertrag noch am 31. Dezember 2007 abgeschlossen worden ist. Den vom Kläger als Anlage zur Klageschrift in Kopie eingereichten Unterlagen lässt sich dies aber nicht ohne Weiteres entnehmen. Insbesondere ist in dem Schreiben der Beklagten vom 31. Dezember 2007 (Kopie Anlage K2/GA I 9) lediglich von einem Versicherungsangebot beziehungsweise von einem Antrag die Rede, der durch den Kläger in einem vorfrankierten Umschlag zurückgeschickt werden soll. Auf Versicherungsfälle, die - wie hier nach den klägerischen Behauptungen - im Jahre 2008 eingetreten sind, findet die bis zum 31. Dezember 2007 geltende alte Fassung des Versicherungsvertragsgesetzes nur dann Anwendung, wenn das Versicherungsverhältnis an sich bis zum Inkrafttreten der VVG-Novelle am 01. Januar 2008 entstanden war (sog. Altverträge gemäß Art. 1 Abs. 1 und 2 EGVVG 2008). Die Regelung des Art. 1 Abs. 3 EGVVG 2008, wonach der Versicherer seine Allgemeinen Versicherungsbedingungen bis zum 01. Januar 2009 mit Wirkung zu diesem Tag ändern kann, gilt ebenfalls allein für Altverträge und ermöglicht es nicht, im Jahre 2008 Versicherungsverhältnisse zu begründen, für die - durch Bezugnahme aus noch nicht aktualisierten Allgemeinen Versicherungsbedingungen auf Vorschriften der früheren Fassung des Versicherungsvertragsgesetzes - Regelungen getroffen werden, die seit dem Inkrafttreten der VVG-Novelle nicht mehr zulässig sind. Das gilt hier speziell mit Blick auf die Neuregelung der Verletzung von vertraglichen Obliegenheiten durch § 28 VVG 2008, von der nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden darf (§ 32 Satz 1 VVG 2008). Einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz bedurfte es in diesem Zusammenhang nicht, weil der Entscheidung des Senats das bisherige - übereinstimmende - Verständnis der Parteien zugrunde liegt, die obigen Erörterungen gegebenenfalls für die grobe Fahrlässigkeit entsprechend gelten (vgl. dazu Prölss aaO) sowie eine weitere - umfangreiche und aufwändige - Beweisaufnahme dadurch keinesfalls entbehrlich wird. In der wiedereröffneten Eingangsinstanz besteht für die Parteien auch Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag.

B. Wird das angefochtene Urteil - wie im Streitfall - auf die Berufung vom Rechtsmittelgericht aufgehoben und die Sache an die Eingangsinstanz zurückverwiesen, so bleibt dessen abschließendem Urteil auch die Entscheidung über die Kosten des zweiten Rechtszugs vorbehalten (vgl. dazu Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., § 97 Rdn. 6; Saenger/Gierl, ZPO, 2. Aufl., § 97 Rdn. 14; Schumann/Kramer, Die Berufung in Zivilsachen, 6. Aufl., Rdn. 621; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 538 Rdn. 58, m.w.N.). Der Senat kann darüber nicht befinden, weil bei Erlass des Berufungsurteils noch offen ist, wie der Zivilprozess im Endergebnis ausgehen wird. Letzteres allein ist jedoch für die Kostenentscheidung maßgeblich. § 97 Abs. 1 ZPO findet keine Anwendung, weil das Rechtsmittel des Berufungsführers nicht erfolglos geblieben ist.

C. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO. Er ist mit Blick auf § 775 Nr. 1 und § 776 Satz 1 ZPO erforderlich, obwohl die instanzabschließende Entscheidung des zweiten Rechtszuges selbst keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat (vgl. dazu Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 538 Rdn. 59, m.w.N.). Allerdings kann deswegen auf Anordnungen zur Abwendungsbefugnis gemäß § 711 ZPO verzichtet werden. Unabhängig davon hätten solche im Streitfall nach § 713 ZPO zu unterbleiben, weil die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Berufungsurteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen (§ 543 Abs. 1 ZPO sowie § 26 Nr. 8 EGZPO).

D. Die Revision wird vom Senat nicht zugelassen, weil es an den gesetzlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG fehlt. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht. Das Berufungsurteil beruht im Wesentlichen auf der Rechtsanwendung im vorliegenden Einzelfall und auf der Würdigung von dessen tatsächlichen Umständen. Eine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung oder zu Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte ist nicht ersichtlich.

E. Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug beträgt € 11.438,49 (§ 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 und § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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