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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 14.05.2008
Aktenzeichen: 3 U 57/07
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 57/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 14.05.2008

Verkündet am 14.05.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Bunge, den Richter am Oberlandesgericht Hüsgen und den Richter am Amtsgericht Cablitz

auf die mündliche Verhandlung vom 09.04.2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird in Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 12.01.2007 - 10 O 206/05 - das Vorbehaltsurteil des Landgerichts Potsdam vom 04.11.2005 für vorbehaltslos erklärt.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistungen in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils für den Kläger vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht dieser vor seiner Vollstreckung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche, unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der berufungsführende Kläger verlangt vom Beklagten die Rückzahlung eines Privatdarlehens.

Der Kläger, ein ehemaliger ärztlicher Arbeitskollege des Beklagten, übergab diesem zweimal 10.000,00 DM in bar (vgl. Terminsprotokoll 13.06.2006, Bl. 140 GA) und überwies ihm am 29.11.2000 40.000,00 DM (vgl. Anlage K 8, Bl. 266 GA). Der Beklagte, der behauptet hatte, der Kläger habe im November 2000 unaufgefordert 60.000,00 DM auf das Beklagtenkonto gezahlt (vgl. Bl. 19 GA), bestätigte dem Kläger schriftlich den Erhalt von 60.000,00 DM aus seinem Privatvermögen als zinslose Kreditleistung, die unbefristet sei (vgl. Anlage K 1, Bl. 6 GA).

Mit Schreiben vom 21.02.2005 (K 2, Bl. 7 GA) kündigte der Kläger das Darlehen.

Der Beklagte hat behauptet, das Darlehen in mehreren Teilbeträgen zurückgezahlt zu haben:

am 11.01.2001 15.000,00 DM,

am 01.02.2001 10.000,00 DM,

unmittelbar nach dem 03.08.2001 20.000,00 DM

und am 24.11.2001 15.000,00 DM.

Die Zahlung der letzten Rate sei in Gegenwart des Zeugen W... und der Zeugin R... erfolgt. Der Kläger habe das Geld nachgezählt und hierbei erklärt, dass "die Sache mit den geliehenen 60.000,00 DM und damit die Angelegenheit insgesamt erledigt sei" und die Quittierung zugesagt.

Nach Beweisaufnahme hierüber hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil, auf das der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist die Klage unter Aufhebung eines Vorbehaltsurteils abgewiesen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren uneingeschränkt weiter. Er beanstandet Beweiswürdigungsfehler des Landgerichts.

Er beantragt,

das Vorbehaltsurteil des Landgerichts Potsdam vom 24.11.2005 - 10 O 206/05 - unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 12.01.2007 für vorbehaltslos zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat Zeugenbeweis erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist er auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze und, insoweit auch wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme, auf das Terminsprotokoll vom 09.04.2008.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat Erfolg.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Darlehnsrückzahlung (§§ 488 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BGB) wie im Vorbehaltsurteil erkannt. Darlehensvereinbarung, Valutierung und Zugang der Kündigungserklärung vom 21.01.2005 sind unstreitig. Das Beklagtenvorbringen zum Fehlen einer Vereinbarung mit dem Kläger, der das Geld unaufgefordert auf sein Konto überwiesen habe, ist urkundlich widerlegt. Der Beklagte hat es wohl nicht weiter verfolgt, indem er in seinen späteren Schriftsätzen hierauf nicht mehr zurückgekommen ist.

Die Erfüllung (§ 362 BGB) seiner Darlehensrückzahlungspflicht lässt sich nicht feststellen. Dem Senat verbleiben im Ergebnis der Beweisaufnahme insoweit Zweifel, die zu Lasten des Beklagten wirken. Seine Einlassungen erscheinen in wichtigen Punkten unglaubhaft. Auch sind sie in maßgeblichen Aspekten nicht in Übereinstimmung zu bringen mit weiteren Zeugenbekundungen. Zudem bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Zeugen das von ihnen behauptete Geschehen am 24.11.2001 zutreffend wiedergegeben haben.

Es erscheint dem Senat lebensfremd, dass der Beklagte einen Bargeldbetrag von 15.000,00 DM, von dem er nicht einmal angeben konnte, ob er dessen Übergabe dem Kläger angekündigt hatte oder ohne Vorankündigung und insoweit überraschend vornehmen wollte, für geraume Zeit ungesichert und weitgehend unbeaufsichtigt in Krankenhausräumlichkeiten gelassen haben will, die dem Zutritt des dortigen Personals offen standen und insoweit einer verhältnismäßig problem- und risikolosen Entwendung preisgegeben wären. Abgesehen von einem Verbleib eines Betrages in dieser Größenordnung in solchen Bereichen, die dem Zutritt Dritter offen standen, konnte der Beklagte auch auf Nachfrage des Senats nicht plausibel herleiten, warum er von der Vorbereitung einer Quittung über die Darlehensrückzahlung abgesehen hatte, obwohl er, wie er dem Senat gegenüber eingeräumt hatte, auf Bitten des Klägers die streitgegenständliche Quittung über die Hingabe des Darlehens (K 1, 6 GA) auf seinen eigenen Computer erstellt hatte. Mit diesem deutlich hervortretendem Bedürfnis des Klägers nach einer beweiskräftigen Dokumentation der Darlehensgegebenheiten ist das vom Beklagten als seinerzeit sehr gut geschilderte Verhältnis der Parteien jedenfalls nicht dahin in Übereinstimmung zu bringen, dass dies die Wichtigkeit und Bedeutung einer Dokumentation über das Darlehen über immerhin 60.000 DM in den Hintergrund habe treten lassen.

Auch stehen die Angaben des Beklagten, ein Termin bei dem Zeugen W... sei für 17:00 Uhr beabsichtigt gewesen und der Kläger habe diesen Zeugen im Laufe des Nachmittages telefonisch über ein späteres Eintreffen unterrichtet, nicht im Einklang mit den Angaben des Zeugen W.... Dieser hat insoweit bekundet, nach seiner Erinnerung sei keine feste Zeit vereinbart gewesen. Vielmehr habe er dem Kläger gesagt, die Parteien und die Zeugin R... hätten jederzeit vorbei kommen können, da er sich das ganze Wochenende freigehalten habe. Auch an ein konkretes Telefonat über eine geänderte Abstimmung des Termins hatte er keine Erinnerung.

Den Bekundungen der Zeugin R..., der Ehefrau des Beklagten, vermag der Senat gleichfalls nicht zu folgen. Die Zeugin war sich, anders als der Beklagte, relativ sicher, dass dem Kläger die Zahlung der letzten Rate angekündigt worden sein sollte. Bei dieser Sachlage ist indessen so nicht nachzuvollziehen, warum die Ankündigung dann ohne jede nähere Festlegung zu Ort und Zeit der Zahlung erfolgt wäre und wieso weder die Geldübergabe noch die Zeitknappheit des Klägers als in Aussicht genommenem Zahlungsempfänger während der gesamten der angeblichen Übergabe vorhergehenden nahezu 12-stündigen gemeinsamen Anwesenheit der Parteien und der Zeugin im Krankenhaus B... nicht angesprochen worden wäre.

Im Übrigen waren die Bekundungen der Zeugin zur Geldübergabe und der angeblichen Zusage einer Quittung inhaltlich außerordentlich dürftig, verarmt und beschränkt auf ein zur Bestätigung der Beweisfrage erforderliches Minimalgeschehen. Die Zeugin, die ihre Antworten auf Nachfragen zu weiteren Details der Geldübergabe und zu Reaktionen der dabei Anwesenden nur zögernd und tastend erarbeitete, war nicht imstande, ihre Bekundungen zur angeblichen Zahlung einer letzten Rate stimmig in weitere Details oder in passende emotionale Begleiterlebnisse oder Komplikationserlebnisse aufzufächern. Diesem Antwortverhalten der Zeugin misst der Senat auch deswegen besondere Bedeutung bei, weil es im auffälligen Gegensatz steht zu der Art und Weise, wie die Zeugin Angaben zu ihrer Person oder anderen zum unmittelbaren Beweisthema ferner liegenden Umständen gemacht hat. Verglichen mit der Art, in der die Zeugin dem Senat ihre Sicherheit darüber vermitteln wollte, dass der Kläger im Jahre 2001 über ein Handy verfügte, erscheint ihre tastende, zögernde, verarmte und dürftige Aussage zum beweiserheblichen Kerngeschehen geradezu wesensfremd.

Hinzu tritt ihre Stellung als Ehefrau des Beklagten, in dessen Lager sie steht, wobei dem Senat durchaus bewusst ist, dass kein allgemeiner Erfahrungssatz existiert, nach dem Eheleute als Zeugen in Zivilprozessen regelmäßig dazu neigen ihre Aussagen zu Gunsten ihres Ehepartners zu gestalten.

Auch hinsichtlich der Bekundungen des Zeugen W... verbleiben dem Senat erhebliche Zweifel an einer zutreffenden Wiedergabe des Geschehens am 21.11.2001. Der Zeuge hat sich im Laufe seiner Vernehmung in unauflösliche Widersprüche verstrickt darüber, von wem die beweisgegenständliche Äußerung, dass die Sache mit den geliehenen 60.000,00 DM erledigt sei, tatsächlich stammen soll. Während er in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 09.08.2005 (vgl. Ablichtung 38 GA), die er im Anschluss an ein Telefonat mit dem Beklagten fertigte, angegeben hatte, der Kläger habe den Empfang sinngemäß mit den Worten quittiert: "Damit wäre die Sache mit den 60.000,00 erledigt.", hat er auf die diesbezügliche Nachfrage des Beklagtenvertreters bekundet, der Beklagte habe gesagt, dass sich das jetzt mit den 60.000,00 DM erledigt hätte; diese Bekundung hat der Zeuge auch mit einer klaren und unmissverständlichen Geste zu dem neben dem fragenden Rechtsanwalt sitzenden Beklagten untermauert. Erst auf Vorhalt dieses Widerspruchs mit dem ihm in der Ladung mitgeteilten Beweisthema, auf das er sich zuvor zur Beantwortung der Fragen nach Äußerungen bei der Geldübergabe bezogen hatte, und konfrontiert mit dem Widerspruch zu seiner eigenen schriftlichen eidesstattlichen Erklärung erklärte er, sich geirrt zu haben und gab sodann als Grund hierfür - wenig überzeugend - eine Verwirrung an, die in einer früheren Phase seiner Vernehmung entstanden sei und fortan unverändert angedauert habe.

Im Übrigen war auch dieser Zeuge außerstande, seine zum unmittelbarem Beweisthema verarmten und eingeschränkten Bekundungen mit erwartbaren Einzelheiten anzureichern, wie etwa einer Reaktion des Klägers auf die behauptete Übergabe des Geldes oder ein Antwortverhalten des Beklagten, als dieser sich wegen einer angeblichen noch zu erteilenden Quittung vertrösten ließ. Auch kann der Senat im Hinblick auf das im Zuge der Vernehmung des Zeugen W... deutlich hervorgetretene Zerwürfnis zwischen diesem und dem Kläger, als seinem ehemaligen Vermieter, Zweifel an einer Unvoreingenommenheit dieses Zeugen nicht ausschließen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da ihre Entscheidung von keiner Beantwortung einer höchstrichterlich bisher noch nicht entschiedenen Frage abhängt. Sie gibt auch keine Veranlassung, in den berührten Rechtsgebieten neue Leitsätze aufzustellen, Gesetzeslücken zu füllen oder von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abzuweichen. Im Übrigen beruht die Beweiswürdigung auf den Umständen des Einzelfalles.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.677,31 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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