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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 22.04.2009
Aktenzeichen: 3 U 74/08
Rechtsgebiete: AKB, VVG, ZPO, BGB


Vorschriften:

AKB § 7 Nr. 1 Abs. 2
AKB § 7 Nr. 5 Abs. 4
VVG § 6 Abs. 3 a.F.
VVG § 12 Abs. 3 a.F.
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 139
BGB § 280
BGB § 286
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 05. Mai 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 2 O 68/08 - einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels insoweit aufgehoben, wie die Vorinstanz die Klage auf Zahlung abgewiesen hat in Höhe von

1. € 8.050,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit und

2. weitere € 196,35 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.

II. Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Potsdam zurückverwiesen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Prozessparteien streiten darum, ob die Beklagte dem Kläger aus einer zwischen beiden vereinbarten Teilkaskoversicherung mit € 500,00 Selbstbehalt den Ersatz von Vermögensschäden schuldet, die er nach seinem Vorbringen deshalb erlitten hat, weil der versicherte Pkw des Typs BMW 530 d mit dem amtlichen Kennzeichen ... und der Fahrzeug-Identifizierungs-Nummer (FIN) ... in der Nacht vom 05. zum 06. Juni 2007 von einem Parkplatz vor seiner Wohnung in der ... Straße 69 in K. gestohlen worden sei. Das Auto war ursprünglich der ... Bank GmbH sicherungsübereignet, weil diese den Kauf des Wagens finanziert hat; in zweiter Instanz wurde vom Kläger unwidersprochen vorgetragen, dass das Darlehen seit dem 15. November 2007 vollständig getilgt ist. Zur näheren Darstellung des Tatbestandes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf das angefochtene Urteil vom 05. Mai 2008 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Vom Landgericht Potsdam, das in der Vorinstanz entschieden hat, wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat die Zivilkammer ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Diebstahl tatsächlich - wie behauptet - stattgefunden habe. Die Beklagte sei jedenfalls deshalb leistungsfrei, weil dem Kläger eine relevante Obliegenheitsverletzung zur Last falle; er habe die Vorschäden am Fahrzeug nicht vollständig angegeben. Das angefochtene Urteil, auf das auch wegen der Entscheidungsgründe im Einzelnen Bezug genommen wird, ist dem Kläger am 09. Mai 2008 (GA I 130) - zu Händen seiner erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten - zugestellt worden. Er hat am 28. Mai 2008 (GA I 138) mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel - nach antragsgemäßer Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 09. August 2008 (GA I 149) - mit einem am 08. August 2008 per Telekopie bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet (GA I 153 ff.).

Der Kläger ficht das landgerichtliche Urteil - unter Wiederholung und Vertiefung seiner bisherigen Darlegungen - nach einem Hinweis des Senats noch insoweit an, wie die Klage betreffend € 8.050,00 restlichen Wiederbeschaffungswert des Pkw, € 196,35 Sachverständigenkosten und € 837,52 vorgerichtliche Anwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, abgewiesen worden ist. Im Übrigen hat der Kläger die - anfänglich in vollem Umfange seiner Beschwer eingelegte - Berufung zurückgenommen. Er trägt insbesondere Folgendes vor:

Zu Unrecht habe die Eingangsinstanz eine Obliegenheitsverletzung bejaht. Insbesondere seien von ihm, dem Kläger, keine Vorschäden verschwiegen worden. Die Beschädigungen am Wagen, die die Sachverständigen Wo. und S. festgestellt hätten, seien im Zeitpunkt des Diebstahls nicht vorhanden gewesen. Eine weitere Substanziierung seines Vortrages zu negativen Tatsachen könne von ihm, dem Kläger, nicht verlangt werden. Gegenbeweislich habe er sich auf das Zeugnis von W. K. und A. W. berufen; dass Ersterer der Karosseriebauer sei, der den Vorschaden an Motorhaube und Stoßstange vollständig repariert habe, wisse die Beklagte aus dem Antwortschreiben vom 23. Juli 2007 (Kopie Anlage K3/GA I 12). Zu der Frage, ob ein einheitlicher Vorschaden vorliege, der nicht vollständig behoben worden sei, hätten sich die Sachverständigen der Beklagten nicht geäußert. Dass die Diebe die komplette Innenausstattung des Fahrzeugs nach dem Diebstahl ausgetauscht und die Fahrzeug-Identifizierungs-Nummer (FIN) geändert hätten, sei Beleg für Verkaufsabsichten der Täter. Anlässlich von Weiterveräußerungsversuchen habe das Auto schließlich am 05. Juli 2007 durch die Kreispolizeibehörde Paderborn sichergestellt werden können.

Der streitgegenständliche Wagen sei vom Zeugen A. W. am 03. Juni 2007 gegen 0:00 Uhr auf dem Privatparkplatz des Anwesens ... Straße 69 in K. abgestellt worden. Als der Zeuge am 05. Juni 2007 gegen 21:30 Uhr an der Haustür einen Pizzaboten bezahlt und dabei in Richtung des Autos geblickt habe, sei der Pkw noch vorhanden gewesen. Am 06. Juni 2007 gegen 6:00 Uhr habe A. W. dann feststellen müssen, dass das Fahrzeug nicht mehr auf dem Parkplatz gestanden habe. Es könne ausgeschlossen werden, dass eine berechtigte Person den Wagen genutzt habe. Die abweichende Angabe zum Abstellzeitpunkt in der Schadensanzeige vom 12. Juni 2007 (Kopie Anlage K2/GA I 7) beruhe darauf, dass der Zeuge wegen der Fahrzeugentwendung aufgeregt gewesen sei und sich deshalb bei der Zeitangabe geirrt habe. Der Verkaufserlös sei von der Beklagten - entgegen ihrer Ankündigung im Schreiben vom 22. August 2007 (Kopie Anlage K4/GA I 13 f.) - erst aufgrund des Anwaltsschreibens vom 09. November 2007 (Anlage K7/GA I 27 f.) an die ...-Bank GmbH überwiesen worden. Die anwaltliche Kostennote vom 15. Januar 2008 (Kopie Anlage K11/GA I 170) habe die Rechtsschutzversicherung bezahlt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

a) das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn - den Kläger - zu zahlen

aa) € 8.050,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit,

bb) weitere € 196,35 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit und

cc) weitere € 837,52 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit;

b) hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht Potsdam zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

a) die Berufung des Klägers kostenpflichtig zurückzuweisen;

b) hilfsweise - im Falle der Aufhebung des angefochtenen Urteils - die Sache an das Landgericht Potsdam zurückzuverweisen.

Die Beklagte verteidigt - ihr bisheriges Vorbringen ebenfalls wiederholend und vertiefend - das ihr günstige landgerichtliche Urteil. Dazu trägt sie insbesondere Folgendes vor:

Zu Recht habe die Zivilkammer die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen vorsätzlicher Falschangaben des Klägers über Vorschäden bejaht. Nach wie vor fehlten konkrete Angaben dazu, wann welche Schäden eingetreten seien. Nachprüfbare Rechnungen für die vollständige und fachgerechte Beseitigung der Vorschäden habe der beweisbelastete Kläger nicht beigebracht. Mit der Auskehrung des Verkaufserlöses sei sie, die Beklagte, nicht in Verzug gekommen. Der Kläger hätte auf das Schreiben vom 22. August 2007 (Kopie Anlage K4/GA I 13 f.) betreffend die Frage seiner Rücknahmebereitschaft reagieren müssen. Im Übrigen sei der Vortrag des Klägers zum Abstellort des Wagens widersprüchlich. Ein Diebstahl des versicherten Fahrzeugs habe nicht stattgefunden.

Ergänzend wird zur Darstellung der Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie der bisherigen Prozessgeschichte auf die vorbereitenden Schriftsätze beider Seiten nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen. Zu Informationszwecken hat der Senat die Akten des bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld geführten Ermittlungsverfahrens 42 Js 233/08 beigezogen, das aus dem zunächst von der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main eingeleiteten Ermittlungsverfahren 3220 Js 210633/08 = 9300 UJs 212162/07 hervorgegangen ist. Hinweise sind den Parteien mit Verfügung vom 30. Januar 2009 (Leseabschrift GA II 182 f.) erteilt worden.

Entscheidungsgründe:

A. Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). Auch in der Sache selbst hat sie - ganz überwiegend - Erfolg. Sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils einschließlich des ihm zugrundeliegenden Verfahrens, wie die Zivilkammer die Klage auf Zahlung von € 8.050,00 betreffend den restlichen Wiederbeschaffungswert des Personenkraftwagens und € 196,35 betreffend vorgerichtliche Sachverständigenkosten - jeweils nebst Zinsen - abgewiesen hat. Über diese beiden Positionen hätte das Landgericht nicht entscheiden dürfen, ohne zuvor die von den Prozessparteien angebotenen Beweise zu erheben. Betreffend die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers in Höhe von € 837,52 ist sein Rechtsschutzbegehren dagegen zutreffend abgewiesen worden. Die Abweisung der Klage wegen der € 87,03 Zinsschaden nimmt der Kläger hin. Da das Verfahren des ersten Rechtszuges an einem wesentlichen Mangel leidet, aufgrund dessen eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, macht der Senat - entsprechend dem übereinstimmenden Hilfsantrag der Parteien (GA II 189 und 196) - von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an das Landgericht Potsdam zurückzuverweisen, soweit sie weiterer Verhandlung bedarf (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Beim derzeitigen Sach- und Streitstand kann - entgegen der Auffassung der Zivilkammer - die Leistungsfreiheit der Beklagten gemäß § 7 Nr. I Abs. 2 und Nr. V Abs. 4 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG a.F. wegen der Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit durch den Kläger nicht bejaht werden.

a) Insbesondere hätte das Landgericht eine Obliegenheitsverletzung des Klägers durch das Verschweigen von Vorschäden nicht ohne vorherige Beweisaufnahme annehmen dürfen. Ob die entsprechenden Angaben in der Schadensanzeige vom 12. Juni 2007 (Kopie GA I 59, 63) und in der ergänzenden Erklärung vom 23. Juli 2007 (Kopie GA I 71) unrichtig sind, ist zwischen den Prozessparteien streitig. Die Beklagte hat Beweis angeboten durch die sachverständigen Zeugen G. Wo. und W. S. (GA I 39); der Kläger beruft sich gegenbeweislich auf das Zeugnis des Karosseriebauers W. K. und seines Sohnes A. W. (GA I 109). Das Landgericht hätte diese Beweisangebote nicht übergehen dürfen. Stattdessen nach Grundsätzen der Lebenserfahrung zu beurteilen, was Diebe mit einem entwendeten Pkw üblicherweise binnen weniger Wochen anstellen, ist prozessual unzulässig und verletzt den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Nach seinem Vorbringen haben die Täter eine ganz erhebliche kriminelle Energie aufgewandt, um den Wagen durch den Austausch der kompletten Innenausstattung und die Änderung der Fahrzeug-Identifizierungs-Nummer (FIN) verkaufsfähig zu machen. Bei dem Sachverständigenbericht des Ingenieurbüros Wo. vom 20. August 2007 (Kopie GA I 75 ff.) handelt es sich lediglich um ein kurzes, standardisiertes Privatgutachten, das nicht erkennen lässt, ob bei seiner Erstellung die schriftlichen Äußerungen des Klägers vom 23. Juli 2007 (Kopie GA I 71) bekannt waren. Sofern die Eingangsinstanz substanziiertes Bestreiten des Klägers für erforderlich hielt, was jedenfalls unter den im Streitfall gegebenen Umständen nicht verlangt werden kann, wenn der Vorschaden von einem dem Sohn des Klägers bekannten Karosseriebauer ohne Kauf und Austausch von Bauteilen ausgebessert wurde, hätte sie ihm zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen müssen (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

b) Eine relevante Verletzung anderer vertraglicher Obliegenheiten durch den Kläger, die das Landgericht - aus seiner Sicht zu Recht - nicht geprüft hat, kann auf der gegenwärtigen Tatsachengrundlage ebenfalls nicht bejaht werden.

aa) Unrichtige Angaben zur Laufleistung des versicherten Fahrzeuges werden in der obergerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig erst dann als erheblich angesehen, wenn es sich um eine Abweichung von mindestens 1.000 Kilometern handelt und diese oberhalb von 10 % der Gesamtfahrleistung liegt (vgl. OLG Celle, Urt. v. 12.06.2008 - 8 U 44/ 07, OLG-Rp 2008, 560 = NJW-RR 2008, 1478, juris-Rdn. 12; ferner dazu OLG Hamm, Urt. v. 09.10.1995 - 6 U 103/95, MDR 1996, 473; OLG Köln, Urt. v. 24.07.2001 - 9 U 121/00, Schaden-Praxis 2001, 424, juris-Rdn. 16; OLG Saarbrücken, Urt. v. 09.01.2008 - 5 U 281/07, ZfSch 2008, 277 = VersR 2008, 1528, juris-Rdn. 47). Im Streitfall beträgt die Differenz lediglich rund 3 %; der Kläger hat in dem Schadensformular vom 12. Juni 2007 (Kopie GA I 62) " ca. 93 - 94.000 km " angegeben und nach dem Vorbringen der Beklagten soll der Wert von 96.391 km zutreffend sein.

bb) Ohne Zweifel können Falschangaben zum Zeitpunkt des Abstellens des Wagens eine bedeutsame Obliegenheitsverletzung beinhalten. Auch insoweit ist jedoch im Rahmen der Relevanzprüfung auf die Verhältnismäßigkeit zu achten. In der Rechtsprechung wurde die Leistungsfreiheit des Versicherers beispielsweise bejaht bei einer Differenz von acht Tagen (vgl. LG Paderborn, Urt. v. 13.12. 2004 - 4 O 431/04, Schaden-Praxis 2005, 345). Im Streitfall verbleibt indes ein Unterschied von nur zweieinhalb Stunden. Nach den Angaben des Zeugen A. W. im Schadensformular (Kopie GA I 59) wurde der Pkw am 05. Juni 2007 um 24 Uhr abgestellt. Gemäß den Bekundungen bei der Polizei ist das Fahrzeug zwar schon am 03. Juni 2007 gegen 00:00 Uhr geparkt, aber noch am 05. Juni 2007 gegen 21:30 Uhr auf seinem Stellplatz gesehen worden (GA I 67). Nach Aufforderung durch den Senat, sich diesbezüglich zu erklären, hat der Kläger vorgetragen, dass die Angaben gegenüber der Polizei richtig seien, und die Abweichung in der Schadensanzeige damit erklärt, dass sich sein Sohn geirrt habe, weil er wegen der Fahrzeugentwendung aufgeregt gewesen sei. Trifft dies zu, was die Beklagte in statthafter Weise mit Nichtwissen bestreitet (GA II 211) und wozu der Kläger seinen Sohn A. W. als Zeugen benannt hat (GA II 204, 205), ist unter den hier gegebenen Umständen eine relevante Obliegenheitsverletzung zu verneinen.

2. Dass die Klage in der Eingangsinstanz schon aus einem anderen Grunde nicht ohne weiteres hätte zugesprochen werden können, rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Denn insoweit hätte die Zivilkammer ebenfalls gemäß § 139 ZPO rechtliche Hinweise erteilen und auf eine vollständige Erklärung des Klägers zu den erheblichen Tatsachen mit entsprechenden Beweisangeboten hinwirken müssen. Da auch der Eintritt des Versicherungsfalles zwischen den Prozessparteien streitig ist, obliegt es dem Kläger als Versicherungsnehmer, zumindest solche Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, die nach ihrem äußeren Bild mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Wegnahme der versicherten Sache gegen seinen Willen schließen lassen; dazu gehört bei Kfz-Diebstählen, dass der Wagen zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt wurde, wo er später überraschend nicht mehr aufgefunden werden konnte (vgl. hierzu Römer in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 49 Rdn. 17 und 20). Eine entsprechende - zusammenhängende - Darstellung des Klägers mit zugehörigem Beweisantritt fehlte ursprünglich. Dass bei der Polizei ein Kfz-Diebstahl angezeigt wurde und die Beklagte später in den Besitz des Wagens gelangt ist, reicht für sich allein nicht, um den Eintritt des Versicherungsfalles zu bejahen. Der Senat hat den erforderlichen Hinweis im Abschn. 3 b) ee) der Verfügung vom 30. Januar 2009 gegeben (Leseabschrift GA II 182R). Das ergänzende Vorbringen des Klägers im Anwaltsschriftsatz vom 09. März 2009 (GA II 204, 205 f.) genügt als Grundlage für eine Beweisaufnahme.

3. Hinsichtlich der beiden Positionen, die der Kläger neben dem restlichen Wiederbeschaffungswert des Wagens nach wie vor geltend macht, verhält es sich wie folgt:

a) § 13 Abs. 8 Satz 2 der hier von den Parteien vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung - AKB - (Kopie GA I 47, 55R) steht unter den im Streitfall gegebenen Umständen der Geltendmachung von Aufwendungen für die Einholung eines vorgerichtlichen Gutachtens keineswegs entgegen. Die in der Fahrzeugversicherung - ebenso wie andere Sachfolgeschäden - aufgrund besonderer Regelungen in den neueren Versicherungsbedingungen im Allgemeinen nicht mehr mitversicherten Sachverständigenkosten können nach der wohl herrschenden Meinung, der sich der Senat anschließt, gemäß § 280 i.V.m. § 286 BGB erstattungsfähig sein, wenn der Versicherer vor ihrem Anfall in Schuldnerverzug geraten ist (vgl. dazu Jacobsen in Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 2. Aufl., AKB § 13 Rdn. 61; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., AKB § 13 Rdn. 24). Das trifft hier zu. Denn die Beklagte hatte dem Kläger bereits mit Schreiben vom 22. August 2007 (Kopie Anlage K4/GA I 13 f.) die Entschädigungsleistung verweigert und ihn gemäß § 12 Abs. 3 VVG a.F. auf den Klageweg verwiesen. Darin liegt eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung, die eine Mahnung für den Verzugseintritt entbehrlich macht (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Ob der Kläger im Falle seines Obsiegens auch einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hätte, der im Abschn. 3 b) ff) der Verfügung vom 30. Januar 2009 (Leseabschrift GA II 182, 183) in Erwägung gezogen wird, kann deshalb dahinstehen. Da es sich nur um eine Nebenforderung handelt, war ein gesonderter Hinweis des Senats nicht erforderlich (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

b) Die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers in Höhe von € 837,52 muss die Beklage indes selbst unter Verzugsgesichtspunkten nicht ausgleichen. Denn es lässt sich schon nicht feststellen, dass sie mit der Auskehrung des Verwertungserlöses an die ... Bank GmbH in Schuldnerverzug geraten ist. Durch das anwaltliche Schreiben vom 09. November 2007 (Kopie Anlage K7/GA I 27 f.) hatte der Kläger der Beklagten eine Zahlungsfrist bis zum 20. November 2007 setzen lassen. Geleistet hat die Beklagte - nach dem eigenen Vorbringen des Klägers (GA I 162, 165) - spätestens zum 15. November 2007. Sie konnte den Verwertungserlös seinerzeit jedenfalls mit schuldbefreiender Wirkung an die ... Bank GmbH überweisen; ob der Kläger berechtigt war, Leistung an sich zu verlangen, bedarf angesichts dessen keiner Klärung. Zu einem früheren Zeitpunkt ist die Beklagte auch nicht durch eine so genannte Selbstmahnung in Schuldnerverzug geraten. Bei einer solchen greift zwar § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB ein; sie setzt aber voraus, dass der Schuldner die alsbaldige Leistung, insbesondere zu einem bestimmten Termin, ankündigt und damit einer Mahnung durch den Gläubiger zuvorkommt (vgl. dazu BGH, Urt. v. 17.12.1996 - X ZR 74/95, NJW-RR 1997, 622 = LM BGB § 284 Nr. 44a, juris-Rdn. 13; Urt. v. 16.01.2008 - VIII ZR 222/06, NJW 2008, 1218 = BGH-Rp 2008, 424, juris-Rdn. 16; ferner Jauernig/Vollkommer, BGB, 10. Aufl., § 286 Rdn. 30; jurisPK-BGB/Alpmann, 4. Aufl., § 286 Rdn. 33; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 286 Rdn. 25). Das Schreiben der Beklagten vom 22. August 2007 (Kopie Anlage K4/GA I 13 f.) beinhaltet lediglich die Ankündigung der Veräußerung des Wagens mit Erklärungsfristsetzung für den Kläger. Nichts anderes gilt im Übrigen für das Schreiben der Beklagten vom 17. September 2007 (Kopie GA I 92), dessen Zugang der Kläger bestreitet (GA I 107, 110).

B. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz bleibt in Fällen der Zurückverweisung der Sache durch das Rechtsmittelgericht dem abschließenden Urteil der Zivilkammer vorbehalten (vgl. hierzu Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., § 97 Rdn. 6; Saenger/Gierl, ZPO, 2. Aufl., § 97 Rdn. 14; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 538 Rdn. 58, m.w.N.). Der Senat kann darüber nicht befinden, weil bei dem Erlass des Berufungsurteils noch offen ist, wie der Prozess im Endergebnis ausgehen wird. Letzteres allein ist für die Kostenentscheidung maßgeblich. Da diese prinzipiell - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - einheitlich zu ergehen hat, darf auch hinsichtlich der auf die teilweise Rücknahme der Berufung und auf die partielle Zurückweisung des Rechtsmittels entfallenden Kosten keine separate Entscheidung ergehen.

C. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO. Er ist mit Blick auf § 775 Nr. 1 und § 776 Satz 1 ZPO erforderlich, obwohl die instanzabschließende Entscheidung des zweiten Rechtszuges selbst keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat (vgl. hierzu Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 538 Rdn. 59, m.w.N.). Allerdings kann deswegen auf Anordnungen zur Abwendungsbefugnis gemäß § 711 ZPO verzichtet werden. Unabhängig davon hätten sie im Streitfall nach § 713 ZPO zu unterbleiben, weil die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Berufungsurteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen (§ 543 Abs. 1 ZPO sowie § 26 Nr. 8 EGZPO).

D. Die Revision wird vom Senat nicht zugelassen, weil es an den gesetzlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG fehlt. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht. Das Berufungsurteil beruht im Wesentlichen auf einer Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalles. Eine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung oder zu Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte ist nicht ersichtlich.

E. Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz beträgt bis € 10.000,00 (§ 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 39 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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