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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 06.03.2002
Aktenzeichen: 3 U 78/01
Rechtsgebiete: SGB X, ZPO, BGB, AKB, BRAGO, EGBGB, GKG


Vorschriften:

SGB X § 1 Abs. 3
SGB X § 37
SGB X § 46 Abs. 2
SGB X § 116 Abs. 1
SGB X § 116
ZPO § 3
ZPO § 9
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 256
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 511 a
ZPO § 543 n. F.
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 208
BGB § 217
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 852
BGB § 852 Abs. 1
BGB § 852 Abs. 2
BGB § 254
BGB § 284
BGB § 286 a. F.
BGB § 288 a. F.
AKB § 10 Abs. 5
BRAGO § 118 Nr. 1
EGBGB § 1
GKG § 12 Abs. 1 Satz 1
GKG § 14 Abs. Satz 1
GKG § 17 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 78/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 06. März 2002

Verkündet am 06. März 2002

in dem Rechtsstreit

hat der 3, Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 06. Februar 2002 durch

den Richter am Oberlandesgericht Seifert als Vorsitzenden, den Richter am Oberlandesgericht Jalaß und den Richter am Landgericht Böhme

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19. April 2001 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus - Aktenzeichen: 6 O 427/00 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2. € 9.421,40 (18.426,66 DM) nebst 4 % Zinsen jährlich seit dem 30. November 2000 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 2. Schadensersatz zu leisten, soweit diese künftig aufgrund des Schadensereignisses vom 16. September 1995 an den Geschädigten G Z Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines gleichartigen Schadens des Geschädigten dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Beklagten an den Geschädigten zu leistende Schadensersatz beziehen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Beklagten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin zu 1. zu 3 % und der Beklagte zu 97 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2. hat der Beklagte zu tragen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Gegner zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die jeweilige Sicherheit kann durch eine schriftliche, selbstschuldnerische, unbedingte, unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft einer deutschen Großbank, Sparkasse oder Volksbank geleistet werden.

Die Beschwer des Beklagten übersteigt 20.000,00 €. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einer Verletzungshandlung des Beklagten gegenüber dem Versicherten der Klägerinnen G Z aus § 116 Abs. 1 SGB X übergegangenem Recht.

Die Klägerin zu 1. ist gesetzliche Krankenkasse des G Z, die Klägerin zu 2. dessen gesetzliche Pflegeversicherung.

Der Beklagte ist bei der N Versicherungs-AG (im Folgenden N) haftpflichtversichert.

Am 16. September 1995 erlitt G Z durch einen von dem Beklagten abgegebenen Schuss aus einem Luftgewehr eine offene Kopfverletzung mit inneren Hirnverletzungen, die zu einer teilweisen Lähmung des linksseitigen Armes und Beines führten. Der Versicherte befand sich in der Zeit vom 16. September bis 24. Oktober 1995 in stationärer Behandlung und anschließend bis zum 18. Dezember 1995 in einer Rehabilitationsklinik. Er lag fünf Tage im Koma, erlitt infolge der Verletzung eine Thrombose im Venenbereich. 1996 erkrankte er zusätzlich an einer Lungenembolie. In der Zeit vom 25. April bis 09. Mai 1996 wurde erneut ein stationärer Krankenhausaufenthalt erforderlich, im Rahmen dessen die offene Kopfwunde Z verschlossen wurde. G Z leidet auch weiterhin unter einer eingeschränkten Beweglichkeit des linken Armes und Beines bei irreversiblem Verlust der Feinmotorik des Armes.

Der Beklagte ist rechtskräftig durch Urteil des Landgerichts Cottbus zum Aktenzeichen zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 70,- DM verurteilt worden.

Aufgrund der Verletzungen ihres Versicherten wandte die Klägerin zu 1. Heilbehandlungskosten über 89.714,50 DM auf. Die Klägerin zu 2. zahlte an den Versicherten in der Zeit von März 1997 bis April 2000 einschließlich ein monatliches Pflegegeld von 400,- DM nach Pflegestufe 1, insgesamt für den vorgenannten Zeitraum 13.200,- DM. Wegen der erbrachten Leistungen im Einzelnen wird auf die Kopie der Rechnung vom 07. April 2000 (Blatt 55 d. A.) Bezug genommen. Darüber hinaus macht die Klägerin zu 2. weitere Pflegekosten der Stufe 1 von insgesamt 5.226,66 DM gemäß Rechnung vom 25. April 1997 (Blatt 54 d. A.) geltend. Die Beträge sind der Höhe nach unstreitig. Die Parteien streiten hinsichtlich der Ansprüche der Klägerin zu 2. allein über die Frage Verjährung.

Mit Schreiben vom 10. Mai 1996 meldete die Klägerin zu 1. unter dem Briefkopf "A Hauptverwaltung, Abteilung Ersatzleistungen" (im Folgenden A) bei dem Beklagten Schadensersatzansprüche aus gesetzlichem Forderungsübergang nach § 116 SGB X an. Wegen des Inhaltes des Schreibens im Einzelnen wird auf dessen Kopie (Blatt 7 d. A.) Bezug genommen. Unter anderem wurde der Beklagte mit dem Schreiben aufgefordert, mitzuteilen, ob und gegebenenfalls bei wem er haftpflichtversichert sei und ob er den Schadensersatzanspruch der A anerkenne. Der Beklagte erklärte: "Der Schadensersatzanspruch wird von mir anerkannt."

Unter Bezugnahme auf ein Schreiben vom 12. Februar 1997 machte die Klägerin zu 1. mit Schreiben vom 25. April 1997 gegenüber der Haftpflichtversicherung des Beklagten Heilbehandlungskosten gemäß Rechnung vom selben Tag über 82.498,82 DM geltend. Die N sagte mit Schreiben vom 12. Mai 1997 (Blatt 13 d. A.) unter Hinweis auf das Teilungsabkommen eine Zahlung von 13.500,- DM zu, wies weitergehende Ansprüche aber zurück. Mit Schreiben vom 03. Juni 1998 (Blatt 14 d. A.) forderte die Klägerin zu 1. die N zum Ausgleich der "überlassenen Schadensersatzrechnungen" auf und bat für den Fall, dass die N auch weiterhin von der Unbegründetheit ihrer weitergehenden Ansprüche ausgehe, um Darlegung ihres Rechtsstandpunktes. Die N antwortete hierauf mit Schreiben vom 23. Juni 1998 (Blatt 15 d. A.). Mit Schreiben vom 11. und 12. November 1998 (Blatt 16 f. und 18 f. d. A.) forderte die Klägerin zu 1. die N zur Begleichung "beider Ersatzkostenrechnungen" bis zum 27. November 1998 auf. Mit Schreiben vom 25. November 1998 (Blatt 20 d. A.) sagte die N die erneute Prüfung des Schadensfalles zu. Mit Schreiben vom 11. Mai 1999 (Blatt 21 d. A.) erinnerte die Klägerin zu 1. die N an die zugesagte Prüfung, worauf diese mit Schreiben vom 18. Mai 1999 (Blatt 22 d. A.) mitteilte, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien, sie", die N, von selbst auf die Sache zurückkommen werde. Mit Schreiben vom 23. August 1999 (Blatt 24 d. A.) erinnerte die Klägerin zu 1. an die zugesagte Stellungnahme. Hierauf teilte die N mit Schreiben vom 08. September 1999 (Blatt 25 d. A.) mit, dass sie sich unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Verletzten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht mit einer Quote von 25 % an den den Betrag aus dem Teilungsabkommen übersteigenden Aufwendungen beteiligen wolle. - Mit Schreiben vom 09. September 1999 (Blatt 26 d. A.) wies die Klägerin zu 1. dieses Angebot zurück und forderte die N zur Begleichung der Schadensersatzrechnungen vom 25. April 1997 bis zum 27. September 1999 auf. Mit Schreiben vom 20. September 1999 (Blatt 28 d. A.) erklärte sich die N bereit, die im Schreiben vom 08. September 1999 angebotene Quote auf 1/3 zu erhöhen, woraufhin die Klägerin zu 1. mit Schreiben vom 23. September 1999 (Blatt 31 d. A.) wiederum die Zahlung des ungekürzten Betrages aus den Schadensersatzrechnungen forderte. Mit Schreiben vom 05. Oktober 1999 teilte die N der A mit, dass sie auch weiterhin von einem Mitverschulden des Versicherungsnehmers der A ausgehe. Mit Schreiben vom 23. März 2000 (Blatt 30 d. A.) erklärte die N sich zum Ausgleich eines Betrages von 34.499,41 DM (50 % des nach Abzug des aufgrund des Teilungsabkommens gezahlten Betrages von 13.500,- DM) bereit. Mit Schreiben vom 02. Mai 2000 (Blatt 36 d. A.) - nunmehr erstmals im Anschriftenfeld mit dem Zusatz "Pflegekasse" - teilte die N mit, dass sie die Ansprüche aus der Pflegeversicherung ungeachtet der strittigen Haftungsfrage für verjährt halte. Mit Schreiben vom 16. Mai 2000 (Blatt 37 d. A.) teilte die Klägerin zu 1. ihre insoweit abweichende Rechtsauffassung mit. Mit Schreiben vom 24. Mai 2000 (Blatt 39 d. A.) sagte die N zu, die Einrede der Verjährung nicht zu erheben, soweit diese noch nicht eingetreten sei und bat zugleich um Übersendung der Rechnung wegen der Fahrtkosten über 5.226,66 DM nebst der Unterlagen, aus denen sich die Tätigkeit der Klägerin zu 1. zugleich für die Pflegekasse ergeben sollte. Mit Schreiben vom 14. Juni 2000 (Blatt 40 d. A.) übersandte die Klägerin zu 1. die Unterlagen. Mit Schreiben vom 27. Juni 2000 bot die N unter Aufrechterhaltung ihrer Auffassung, dass die Ansprüche der Pflegekasse verjährt seien, eine Beteiligung von 50 % an den entstandenen und künftig noch entstehenden Kosten an.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. Oktober 2000 forderten die Klägerinnen die N auf, die Rechnungen der Kranken- und der Pflegekasse der A in voller Höhe binnen zehn Tagen zu begleichen. Die N überwies am 25. Oktober 2000 einen weiteren Betrag von 44.857,44 DM auf die restlichen Heilbehandlungskosten, nachdem sie mit Schreiben vom 23. Oktober 2000 (Blatt 43 d. A.) erklärt hatte, an ihrem Standpunkt der Verjährung der Ansprüche der Pflegekasse festzuhalten. In Höhe dieses Gegenstandswertes berechnete der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 26. Oktober 2000 Gebühren in Höhe von 1.216,61 DM. Wegen des geltend gemachten Anspruchs der Höhe nach wird auf die Kopie der Kostenrechnung (Blatt 45 f. d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin zu 2. hat vorgetragen: Mit dem Schreiben vom 25. April 1997 sei nicht nur die Rechnung über die Heilbehandlungskosten, sondern auch diejenige über die Pflegekosten der N übersandt worden. Die Parteien hätten in der Folgezeit zu den Ansprüchen sowohl der Kranken- als auch der Pflegekasse verhandelt, so dass der Eintritt der Verjährung gehemmt worden sei. Die Krankenkasse der A handele darüber hinaus kraft Gesetzes stets zugleich für die Pflegekasse.

Die Klägerinnen haben beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 2. 18.426,66 DM nebst 9,26 % Zinsen ab dem 30. November 2000 zu zahlen;

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin zu 2. Schadensersatz zu leisten, soweit diese künftig aufgrund des Schadensereignisses vom 16. September 1995 an den Geschädigten G Z Sozialleistungen zu erbringen habe, die der Behebung eines gleichartigen Schadens des Geschädigten dienten und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Beklagten an den Geschädigten zu leistende Schadensersatz bezögen;

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 1. 1.216,61 DM nebst 9,26 % ab dem, 30. November 2000 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich den Ansprüchen der Klägerin zu 2. die Einrede der Verjährung entgegengehalten. Weiter hat er ausgeführt: Sein Anerkenntnis habe die Verjährung hinsichtlich der Kosten der Pflegekasse nicht unterbrechen können, weil es nicht gegenüber der Klägerin zu 2. abgegeben worden sei. Die Verjährung der Ansprüche sei zwischenzeitlich eingetreten, nachdem auch seinem Haftpflichtversicherer gegenüber die Pflegekassenansprüche verspätet - erstmals mit Schreiben vom 07. April 2000 - geltend gemacht worden seien.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 19. April 2001, auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, den Beklagten mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruches antragsgemäß verurteilt.

Gegen dieses dem Beklagten am 26. April 2001 zugestellte Urteil richtet sich die bei dem Oberlandesgericht am 28. Mai 2001 eingelegte und innerhalb der antragsgemäß verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 30. Juli 2001 begründete Berufung.

Er ficht das landgerichtliche Urteil - unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens - in vollem Umfange an. Im Einzelnen trägt er folgendes vor:

Eine sachgerechte Auslegung des von ihm mit der Rückantwort vom 20. Mai 1996 abgegebenen Anerkenntnisses ergebe, dass er allein die auf die Klägerin zu 1. übergegangenen. Ansprüche habe anerkennen wollen, weil sich aus dem Anschreiben vom 10. Mai 1996 ergebe, dass nur die Klägerin zu 1. als Krankenkasse der A die auf sie übergegangenen Ansprüche geltend gemacht habe. Auch aus der gesetzlich angeordneten Zuordnung der Pflegekassen zu den Krankenkassen ergebe sich nichts anderes, weil die Struktur von Kranken- und Pflegeversicherung dem Verbraucher unbekannt sei. Die Ansprüche der Klägerin zu 2. seien erstmalig mit Schreiben vom 07. April 2000 gegenüber seinem Haftpflichtversicherer und damit nach Eintritt der Verjährung am 17. September 1998 geltend gemacht worden.

Der Anspruch der Klägerin zu 1. sei nicht schlüssig dargelegt worden. Er, der Beklagte, bestreite, dass die Klägerin zu 1. die Kostenrechnung ihres Rechtsanwaltes tatsächlich beglichen habe. Eine Rechnungslegung sei gegenüber der "N" erfolgt, die nicht sein Haftpflichtversicherer sei. Weder er noch die N seien durch die Klägerin zu 1. wegen der ihr zustehenden Ansprüche ordnungsgemäß in Verzug gesetzt worden. Der Anspruch auf vollständige Begleichung der Heilbehandlungskosten habe zum Zeitpunkt des anwaltlichen Schreibens nicht mehr im Streit gestanden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 19. April 2001 - 6 O 427/00 - abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Klägerin zu 1. führt aus: Die Berufung hinsichtlich der geltend gemachten Gebührenerstattung sei bereits unzulässig, weil der Beschwerdewert nicht erreicht werde. Der Gebührenanspruch ihres Rechtsanwaltes bemesse sich nach dem Wert des Betrages, den der Haftpflichtversicherer des Beklagten auf das anwaltliche Schreiben hin an sie ausgekehrt habe. Die Adressierung der Gebührenrechnung an die "N" reiche aus, weil sich die N in der Korrespondenz mit ihr stets selbst so bezeichnet habe. Bei der N sei stets nur der Sachbearbeiter d J für die Abwicklung zuständig gewesen. Die N habe zu keinem Zeitpunkt zweifelsfrei die volle Haftung hinsichtlich der Ansprüche der Klägerin zu 1. anerkannt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

a) Die Berufung ist zulässig. Der Beklagte hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Der Zulässigkeit der Berufung des Beklagten gegen den der Klägerin zu 1. zuerkannten Anspruch ist nicht mangels Erreichens des Beschwerdewertes unzulässig, weil gemäß § 511 a ZPO bei Berufung gegen mehrere Streitgenossen ein einheitlicher Beschwerdegegenstand geschaffen wird, der als solcher zu bewerten ist. Es ist daher unschädlich, wenn die gegen einen Streitgenossen geltend gemachte Einzelforderung die Berufungssumme nicht erreicht (Zöller, Zivilprozessordnung, 22. Auflage 2001, § 511 a Rdnr. 18).

b) Wegen der durch die Klägerin zu 2. geltend gemachten Ansprüche ist die Berufung unbegründet. Der Klägerin zu 2. steht die Erstattung der der Höhe nach unstreitigen Beträge aus gesetzlichem Forderungsübergang gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 116 SGB X, 37 SGB XI zu.

Die Ansprüche der Klägerin zu 2. sind nicht verjährt.

Gemäß § 852 Abs. 1 BGB verjähren Ansprüche auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung drei Jahre nach Kenntniserlangung vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen.

Der Lauf der Verjährung nach dem Schadensereignis vom 16. September 1995 ist durch das Anerkenntnis des Beklagten vom 20. Mai 1996 gemäß § 208 BGB unterbrochen worden. Die Klägerin zu 1. hatte durch Schreiben vom 10. Mai 1996 Schadensersatzansprüche aus dem Ereignis vom 16. September 1995 unter ihrer Parteibezeichnung geltend gemacht, ohne eine Einschränkung auf bestimmte Schadensersatzforderungen vorzunehmen. Der Beklagte hat seinerseits die Erklärung ohne jede Beschränkung hinsichtlich des Umfangs der von ihm anerkannten Schadenersatzansprüche abgegeben.

Mit Eintritt des Schadenserfolges entstand für den Verletzten der Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten und zugleich neben dem Anspruch auf Erstattung der Heilbehandlungskosten ein Anspruch auf Zahlung eines Pflegegeldes nach § 37 SGB XI. Im Falle des Bestehens eines Sozialversicherungsverhältnisses geht dieser Anspruch gemäß § 116 Abs. 1 SGB X kraft Gesetzes zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses auf den Sozialversicherungsträger über (BGH NJW-RR 1999, 1114 f., 1115 m. w. Nw.).

Das Anerkenntnis nach § 208 BGB ist Wissens-, nicht Willenserklärung und unterliegt als geschäftsähnliche Handlung der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB (Staudinger/Peters, a. a. O. Rdnr. 7 u. 11). Der Schuldner muss mit Erklärungsbewusstsein handeln und die Erklärung im Hinblick auf die Forderung des Gläubigers abgeben. Dem Erklärenden bleibt es unbenommen, die Reichweite seines Anerkenntnisses zu beschränken.

Bei sachgerechter Auslegung der Erklärung des Beklagten hat dieser mit dem Anerkenntnis alle aus dem Schadensereignis sich ergebenden Schadensersatzansprüche, die auf die Sozialversicherungsträger übergegangen sind, anerkennen wollen. Nachdem mit Eintritt des Schadensereignisses die Schadensersatzansprüche sowohl hinsichtlich der Heilbehandlungskosten als auch der Pflegekosten dem Grunde nach entstanden waren, bestand für den Beklagten kein Grund, eine auf die Erstattung der Heilbehandlungskosten beschränkte Anerkennung im Sinne des § 208 BGB abzugeben. Der Beklagte handelte mit dem entsprechenden Erklärungsbewusstsein. Ihm musste insbesondere vor dem Hintergrund seiner beruflichen Tätigkeit als Mitarbeiter einer Versicherungsgesellschaft die Bedeutung der von ihm abgegebenen Erklärung bewusst gewesen sein.

Es genügte, dass der Beklagte die Erklärung allein gegenüber der Klägerin zu 1. abgab. Gemäß § 1 Abs. 3 SGB XI ist die Pflegekasse Trägerin der sozialen Pflegeversicherung. Zwar sind gemäß § 46 Abs. 2 SGB XI die Pflegekassen rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Gemäß § 1 Abs. 3 SGB XI werden die Aufgaben der Pflegekassen stets durch die Krankenkassen wahrgenommen. Die Organe der Krankenkassen sind gleichzeitig im Wege der Organleihe Organe der Pflegeversicherung (Udsching, Kommentar zum SGB XI, § 46 Rdnr. 6). Die Klägerin zu 1. war daher kraft Gesetzes befugt, das ihr gegenüber abgegebene Anerkenntnis sowohl als gesetzliche Krankenkasse als auch als Pflegekasse entgegenzunehmen.

Soweit nämlich § 208 BGB die Unterbrechung der Verjährung davon abhängig macht, dass der Verpflichtete das Verhalten, aus dem sein Bewusstsein von dem Bestehen der Forderung unzweideutig hervorgeht, dem Berechtigten gegenüber erkennen lässt, bedarf es dazu nicht eines Anerkenntnisses des Anspruchs durch unmittelbare Erklärung gegenüber der jeweiligen Gläubigerin (BGH LM § 208 Nr. 1, Bl. 678). Bei dem Anerkenntnis im Sinne des § 208 BGB handelt es sich nicht um eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Vielmehr genügt jedes zur Kenntnisnahme des Berechtigten bestimmte und geeignete Verhalten, das klar und unzweideutig das Bewusstsein des Schuldners von dem Bestehen der Schuld bezeugt. Die Erklärung muss nicht unmittelbar gegenüber dem Gläubiger abgegeben werden; es genügt, dass diese gegenüber einem Dritten abgegeben wird, soweit jener im Einverständnis mit dem Berechtigten handelt und der Verpflichtete nicht zu erkennen gegeben hat, dass er ein Anerkenntnis diesem Berechtigten gegenüber nicht abzugeben gewillt ist (BGH a. a. O.; Peters in J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Bearbeitung 2001, § 208 Rdnr. 15).

So ist es auch im vorliegenden Rechtsstreit. Das Schreiben der Klägerin zu 1. vom 10. Mai 1996 betrifft sämtliche aus dem Schadensereignis vom 16. September 1995 resultierenden Ersatzansprüche sozialversicherungsrechtlicher Natur aus übergegangenem Recht gemäß § 116 SGB X. Die Ansprüche der Klägerin zu 2. aufgrund der erbrachten Pflegegeldzahlungen der Pflegestufe 1 sind sachlich kongruent und bereits im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses auf diese übergegangen (vgl. BGHNJW-RR 1999, 1114 f. zu §§ 53 ff. SGB V a. F. m. w.N.). Es kommt daher nur auf die Verhältnisse der Klägerin als Zessionarin hinsichtlich der Voraussetzungen einer Verjährung an. Die personenidentische Hauptabteilung HA 1, Abt. Ersatzleistungen, hat für beide Klägerinnen die Verhandlungen mit der Haftpflichtversicherung des Beklagten geführt. Das Schreiben vom 10. Mai 1996 teilt dasselbe Schicksal. Wie die Rückantwort des Beklagten vom 20. Mai 1996 betrifft es beide Klägerinnen. Bei Abgabe der Erklärung musste der im Versicherungswesen versierte Beklagte davon ausgehen, dass sein Anerkenntnis auch Ansprüche der körperschaftlich identischen Pflegeversicherung umfasst. Schließlich war die - in der Öffentlichkeit zuvor stark diskutierte - Pflegeversicherung erst kurz zuvor, am 1. Januar 1995, in Kraft getreten.

Zum Zugang haben die Parteien des Beklagtenanerkenntnisses vom 20. Mai 1996 nicht vorgetragen. Unter Berücksichtigung üblicher Postlaufzeiten von zwei Tagen ist von einem Zugang am 22. Mai 1996 auszugehen, so dass gemäß § 217 BGB die Verjährung ab dem 23. Mai 1996 neu zu laufen begann.

Der Eintritt der Verjährung in der Folgezeit ist für unterschiedliche Zeiträume gemäß § 852 BGB gehemmt gewesen. Gemäß § 852 Abs. 2 BGB wird der Lauf der Verjährung gehemmt, solange zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger Verhandlungen schweben und nicht der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen endgültig und ernsthaft verweigert (Palandt/Thomas, Bürgerliches Gesetzbuch, 60. Auflage 2001, § 852 Rdnr. 19). Soweit der Ersatzberechtigte die Verhandlungen einschlafen lässt, z. B. durch Schweigen auf das Anerbieten, die Verhandlungen abzuschließen, so gelten diese als zu dem Zeitpunkt beendet, in der der nächste Schritt nach Treu und Glauben zu erwarten gewesen wäre (Palandt/Thomas, a. a. O.).

Die Verhandlungen zwischen der Klägerin zu 1. und der N bewirkten auch eine Hemmung der Verjährung der Ansprüche der Klägerin zu 2. Das durch den Beklagten abgegebenen Anerkenntnis bindet auch seine Haftpflichtversicherung. Dieser verhandelt nämlich gemäß § 10 Abs. 5 AKB für seine Versicherungsnehmer und damit im Rahmen des von diesem abgegebenen Anerkenntnisses. Das Anerkenntnis des Versicherungsnehmers muss sich der Versicherer im Verhältnis zum Verletzten zurechnen lassen (BGH NJW 1982, 996 f., 998).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze waren die Verhandlungen zwischen der Haftpflichtversicherung des Beklagten sowie der Klägerin zu 1. - und damit auch für die Klägerin zu 2. - allein in der Zeit zwischen dem 22. Mai 1995 und 10. Mai 1996 mit 352 Tagen, für die Zeit zwischen dem 23. Juni 1998 und dem 11. November 1998 mit 108 Tagen, in der Zeit zwischen dem 25. November 1998 und dem 11. Mai 1999 mit 165 Tagen, zwischen dem 15. Mai 1999 und dem 23. August 1999 mit 98 Tagen, zwischen dem 05. Oktober 1999 und dem 23. März 2000 mit 168 Tagen und zwischen dem 27. Juni 2000 und dem 16. Oktober 2000 mit 110 Tagen unterbrochen. Die Summe der vorgenannten Unterbrechungszeiträume ergibt 2 Jahre und 271 Tage. Dabei ist bei der Berechnung noch nicht berücksichtigt, dass die Verhandlungen erst zu dem Zeitpunkt als beendet gelten, zu dem nach Treu und Glauben der nächste Schritt zu erwarten gewesen wäre. Die wirksame Erhebung der Klage am 13. November 2000 hat die Verjährung endgültig zu Gunsten der Klägerinnen unterbrochen.

c) Der Klägerin zu 2. steht darüber hinaus der Feststellungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 37 SGB XI, 116 Abs. 1 SGB X zu. Das Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO folgt aus dem Umstand, dass die Schadensentwicklung vor dem Hintergrund der Verletzungen des Versicherten noch nicht abgeschlossen ist und der Eintritt der Verjährung der klägerischen Ansprüche drohte.

d) Die Klage war hingegen abzuweisen, soweit die Klägerin zu 1. die Erstattung der Kosten für ihren Anwalt begehrt. Ein Anspruch aus Verzug gemäß §§ 284, 286 BGB a. F. auf Erstattung der Kosten der Rechtsverfolgung ist gegen den Beklagten nicht gegeben. Insoweit darf der Beklagte gebührenrechtlich nicht schlechter gestellt werden, als solchen Fällen, in denen eine Geschäftsgebühr gegen ihn nach § 118 Nr. 1 BRAGO wegen des anschließenden gerichtlichen Verfahrens ebenfalls nicht erhoben werden könnte (§ 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO). Obergrenze für eine Ersatzpflicht sind wegen § 254 BGB die Sätze der BRAGO (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl. Rdnr. 9 m.w.N.).

e) Die Klage war schließlich abzuweisen, soweit die Klägerin zu 2. mit der Klage einen weitergehenden Zinsanspruch als den bis zum 30. April 2000 geltenden gesetzlichen von 4 %, § 288 BGB a. F., verfolgt, weil der Anspruch jedenfalls vor dem 30. April 2000 fällig geworden ist, der erhöhte Zinsanspruch auf der Grundlage des Basiszinses der Europäischen Zentralbank für Forderungen geltend gemacht werden kann, die erst nach dem 1. Mai 2000 fällig geworden sind (Art. 229 § 1 EGBGB; Palandt/Heinrichs, a.a.O, Rdnr. 1 zu § 288).

II.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gemäß § 543 ZPO n. F. war die Revision nicht zuzulassen, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n. F.) und es einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht bedarf (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n. F.). In der Beurteilung des Anerkenntnisses des Beklagten weicht der Senat nicht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab.

III.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren beträgt gemäß § 3 ZPO i. V. m. §§ 12 Abs. 1 Satz 1 und 14 Abs. Satz 1 GKG für den Antrag der Klägerin zu 1. € 622,04 (1.216,61 DM), für den Zahlungsantrag der Klägerin zu 2. € 9.421,40 (18.426,66 DM) und für den Feststellungsantrag gemäß §§ 3, 9 ZPO, 17 Abs. 2 Satz 2 GKG € 5.890,08 (11.520,- DM; 400,- DM Pflegegeld der Stufe 1x12 Monate x 3 Jahre, hiervon 80 %), insgesamt mithin €15.933,53 (31.163,27 DM).

Ende der Entscheidung

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