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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 31.05.2006
Aktenzeichen: 3 W 5/06
Rechtsgebiete: ZPO, HWiG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2
ZPO §§ 567 ff
ZPO § 114
HWiG § 5 Abs. 2
BGB § 312 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

3 W 5/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Prozesskostenhilfe-Verfahren

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Bunge, die Richterin am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und den Richter am Oberlandesgericht Hüsgen

am 31.05.2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 07.12.2005 - Az.: 8 O 382/05 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die gemäß §§ 127 Abs. 2, 567 ff ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat der Antragstellerin im Ergebnis zu Recht wegen fehlender Erfolgsaussicht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung versagt, § 114 ZPO. Die von der Antragstellerin angestrebte Klage ist auf der Grundlage des bisherigen Sachvortrags unbegründet.

Zwar vermag der Senat der Begründung der angefochtenen Entscheidung unter dem Gliederungspunkt 1. nicht in jeder Hinsicht zu folgen, jedoch treffen jedenfalls die Ausführungen zur fehlenden Kausalität der Haustürsituation für den Abschluss des Darlehensvertrags vom 06.05.1997, welche die Ablehnung der Prozesskostenhilfe rechtfertigen, zu.

Insbesondere hält der Senat das HWiG in der vom Landgericht richtig bezeichneten Fassung für grundsätzlich anwendbar. Wie der Bundesgerichtshof in Folge der "Heininger - Entscheidung" des EuGH (Rs C 481/99, WM 2001, 2434 ff) wiederholt entschieden hat, verbietet es die nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften gebotene richtlinienkonforme Auslegung, das Widerrufsrecht gemäß dem HWiG auf Personalkredite, die dem VerbrKreditG a.F. unterfallen, grundsätzlich nicht anzuwenden (BGHZ 150, 248/258; WM 2004, 1579/1580; ZIP 2004, 1404; Urteil vom 25.04.2006 zum Az.: XI ZR 193/04). Es kommt demnach im Einzelfall für die Anwendung des § 5 Abs. 2 HWiG/ § 312 a BGB darauf an, ob das VerbrKreditG im konkreten Fall ein gleich weit reichendes Widerrufsrecht einräumt. Ist das ursprünglich bestehende Widerrufsrecht nach dem VerbrKredit G bereits - etwa wegen Nichtausübung - erloschen, kommt der Widerruf nach dem HWiG weiter in Betracht. So liegt der Fall hier, denn die Antragstellerin hat das ihr zustehende Widerrufsrecht nicht innerhalb der gesetzlichen Frist ausgeübt.

Des weiteren hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, die Belehrung nach dem VerbrKreditG könne eine ordnungsgemäße Belehrung zu einem Widerrufsrecht nach dem HWiG in keinem Fall ersetzen (BGH WM 2003, 61/63; 2004, 172/176; BGHZ 159, 280/287; Urteil vom 25.04.2006, Az.: XI ZR 193/04).

Wenn das Landgericht - ggf. auch nur für bestimmte Personalkredite - eine abweichende Rechtsansicht vertritt, was es im Grundsatz nicht verkannt hat, hätte es jedenfalls im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage und wegen der Notwendigkeit der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung Prozesskostenhilfe bewilligen müssen.

Dasselbe gilt für die vom Landgericht mit guten Gründen vertretene Ansicht, wonach die der Antragstellerin erteilte Belehrung trotz des enthaltenen Zusatzes im Hinblick auf das verbundene Geschäft wirksam erteilt worden war, so dass ein Widerruf schon wegen Nichteinhaltung der Frist unwirksam wäre. Auch diese Frage ist aber sehr umstritten und bedarf der höchstrichterlichen Klärung. So hat bislang der II. Zivilsenat des BGH die Ansicht vertreten, jeder Zusatz zur Belehrung sei verboten und mache die Belehrung unwirksam (BGH WM 2004, 1527/1528). Demgegenüber hat der nunmehr für derartige Rechtsstreitigkeiten allein zuständige XI. Zivilsenat erkennen lassen, dass er zutreffende Zusätze möglicherweise für unschädlich erachtet (zuletzt: Entscheidung vom 25.04.2006 Az.: XI ZR 193/04). Die grundsätzlich bedeutsame Frage ist demnach durch den BGH noch nicht abschließend geklärt worden.

Auf eine treuwidrige Ausübung des Widerrufs könnte sich die Antragsgegnerin allerdings nicht berufen, wenn sich die Belehrung als unwirksam erweist. Angesichts der Bedeutung eines ordnungsgemäßen Hinweises kann der Kreditgeber kein schützenswertes Vertrauen auf die Nichtausübung des Widerrufs für sich in Anspruch nehmen, wenn er den Verbraucher nicht ordnungsgemäß belehrt hat (BGH WM 2003, 1240).

Allein tragfähig sind demgegenüber die Ausführungen im angefochtenen Beschluss auf Seiten 14 ff zu Ziffer 2 b, welche die Antragstellerin in der Beschwerdeinstanz auch nicht ausdrücklich angegriffen hat. Auf der Grundlage insoweit gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die zutreffend wiedergegeben ist (s. auch: BGHZ 131, 385/392; BGH NJW 2004, 59), ist im konkreten Fall eine Kausalität der Haustürsituation im Sinne eines Bestimmens zum Vertrag nicht ausreichend dargelegt worden. Eine Vermutung zu Gunsten der Antragstellerin greift angesichts des zeitlichen Abstandes von mehr als zwei Monaten zwischen dem ersten Besuch des Vermittlers, bei dem die Antragstellerin den Entschluss hinsichtlich einer durch Kredit zu finanzierenden Anlageentscheidung fasste, eines Abstands von knapp zwei Monaten zwischen der Abgabe der Beitrittserklärung zur Grundbesitz-BeteiligungsGesellschaft und ihrer Unterzeichnung des Darlehensvertrags nicht ein. Tatsächliche Anhaltspunkte für ein gleichwohl vorliegendes Andauern der Überrumpelungssituation hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. So ist nicht einmal ersichtlich, dass sie etwa zuvor bereits einen Darlehensantrag unterschrieben hätte, auf Grund dessen sie sich für bereits gebunden erachtete. Demgegenüber hat das Landgericht zu ihrem Nachteil zutreffend berücksichtigt, dass sie immerhin über die Widerrufsmöglichkeit nach dem VerbrKreditG zutreffend belehrt worden war. Außerdem war ihr eine, wenn auch möglicherweise nicht ausreichende Erklärung zum Widerruf nach dem HWiG hinsichtlich des Darlehensvertrags erteilt worden. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin in der Beschwerdeinstanz mit der Anlage B 5 eine Erklärung vorgelegt, wonach die Antragstellerin im Hinblick auf den Fondsbeitritt wirksam über ihr Widerrufsrecht nach dem HWiG belehrt worden war. Im Rahmen der Würdigung des der Antragstellerin obliegenden Nachweises der Kausalität der Haustürsituation für den Abschluss des Darlehensvertrags wirken sich diese Umstände zu Lasten der Antragstellerin aus. Ihr musste auch bei nicht wirksamer Belehrung zum Darlehensvertrag durch die ihr zugegangenen Belehrungen immerhin weitaus deutlicher als einem Verbraucher, dem gar keine Belehrung über Widerrufsrechte zugegangen ist, vor Augen stehen, dass es möglicherweise bei der spontan getroffenen Anlageentscheidung nicht bleiben musste. Sie hatte daher nicht nur Gelegenheit, sondern auch Anlass, sich anderweit vor Abschluss des Darlehensvertrags beraten zu lassen. Ihre Entschließungsfreiheit war nicht beeinträchtigt. Angesichts dieser Umstände hat sie schon ihrer Darlegungslast zur Kausalität nicht genügt.

Die Frage, ob die Unterzeichnung des Zweiten Darlehensvertrags, der gegenüber dem ersten völlig selbständig sein und nicht nur eine "Verlängerung" im Sinne einer Abschnittsfinanzierung darstellen dürfte, ein Widerrufsrecht insgesamt entfallen ließe, kann demnach unentschieden bleiben.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss zu den Gliederungsziffern I 3. und 4. sowie II bis IV Bezug genommen. Den Ausführungen unter I 3. ist hinzuzufügen, dass die vom Landgericht vertretene Rechtsansicht inzwischen ausdrücklich vom XI. Zivilsenat des BGH geteilt wird, während der II. Zivilsenat des BGH seine entgegen stehende Meinung aufgegeben hat (Entscheidungen vom 25.04.2006 zum Az.: XI ZR 193/04 und 29/05), so dass im Hinblick auf diese Frage die Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedenfalls jetzt nicht mehr geboten ist.

Der tatsächliche Vortrag der Antragstellerin lässt auch unter dem Gesichtspunkt der noch unveröffentlichten Entscheidung des XI. Zivilsenats des BGH vom 16.05.2006, Az.: XI ZR 6/04, keinen Schluss auf das Bestehen eines Anspruchs auf Schadensersatz zu.

Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet, § 127 Abs. 4 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor.

Ende der Entscheidung

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