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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.02.2005
Aktenzeichen: 4 U 129/04
Rechtsgebiete: BGB, ErbbauVO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 648
BGB § 885 Abs. 1 Satz 2
ErbbauVO § 5 Abs. 2
ZPO § 294 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 129/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 16.02.2005

Verkündet am 16.02.2005

in dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19.01.2005

durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das am 13.07.2004 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 12 O 250/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Verfügungsklägerin begehrt aufgrund eines Erdarbeiten beinhaltenden Bauvertrags aus Mai 2000 die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek wegen einer Schlussrechnungsforderung von 53.293,55 € nebst Zinsen und Kosten in einem Erbbaurechtsgrundbuch.

Das Landgericht hat die Verfügungsklage mangels Verfügungsgrunds und -anspruchs abgewiesen. Den gemäß § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vermutenden Verfügungsgrund habe die Verfügungsklägerin durch Zuwarten widerlegt, weil zwischen Erhebung der Werklohnklage und Beantragung der einstweiligen Verfügung ein Zeitraum von nahezu drei Jahren liege. Die Dauer und die Kosten des Hauptsacheprozesses seien angesichts der erkennbaren Beweisbedürftigkeit der Mangelfreiheit ihrer Leistungen auch bereits bei Klageeinreichung absehbar gewesen. Der aus § 648 BGB folgende Verfügungsanspruch hänge davon ab, dass die Werklohnforderung nicht von Mängelrechten aufgezehrt werde. Das habe die mangels Abnahme für die Mangelfreiheit beweisbelastete Verfügungsklägerin nicht glaubhaft zu machen vermocht.

Wegen der weiteren Feststellungen der Kammer wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Verfügungsklägerin gegen den Selbstwiderlegungseinwand namentlich unter Verweis auf die Kosten der Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren. Daneben rügt sie unter Bezugnahme auf die Hauptsacheakten, dass die Mängeleinreden der Verfügungsbeklagten sachlich unberechtigt seien. Hierzu führt die Verfügungsklägerin ergänzend aus, dass der beigebrachten eidesstattlichen Versicherung ihres Bauleiters ein höherer Beweiswert als der des Geschäftsführers der Verfügungsbeklagten zukomme. Dies gelte umso mehr, als sich dessen Erklärung weitgehend in Wertungen ohne fassbaren Tatsachenkern erschöpfe. Zusätzlich habe die Kammer bei ihrer Beweiswürdigung formelles und sachliches Recht verletzt, indem sie das Beweismaß und die Beweislast verkannt habe.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

in Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihrem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens im ersten Rechtszug.

Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens beigezogen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die Verfügungsklage ist nicht begründet.

1. Es kann auf sich beruhen, ob ein Sicherungsbedürfnis nach Vorschussanforderung in der Hauptsache gleichsam wiederaufgelebt ist, der Dringlichkeitsvermutung aus § 885 Abs. 1 Satz 2 BGB also nicht (mehr) der Selbstwiderlegungseinwand entgegensteht. Hierfür könnte zwar sprechen, dass ein Vorschuss zur Sachverständigenbeweiserhebung bei Klageerhebung in der Hauptsache jedenfalls nicht in einer Höhe erwarten war, die die Wirtschaftlichkeit der Rechtsverfolgung bei ungesicherter Zwangsvollstreckung nachhaltig in Frage stellt. Der Verfügungsklägerin können nämlich nicht ohne weiteres bessere Erkenntnismöglichkeiten als dem Landgericht unterstellt werden, das mit Beschluss vom 20.11.2003 einen Vorschuss von zunächst nicht mehr als 2.500,00 € für ausreichend erachtet hatte. Letztlich kann diese Frage deshalb dahinstehen, weil es an der Glaubhaftmachung eines Verfügungsanspruchs insoweit fehlt, als die Verfügungsklägerin eine Besicherung und damit auch eine Vormerkung für die Sicherungshypothek nur verlangen kann, soweit sie die ihrem Werklohnanspruch entsprechende Gegenleistung mangelfrei erbracht hat. Daher kann auch unentschieden bleiben, ob trotz einer Beschränkungsvereinbarung nach § 5 Abs. 2 ErbbauVO, die dem Erbbaurecht die Pfandrechtsfähigkeit ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers nimmt, wenigstens eine Vormerkung zur Sicherung des in dieser Weise potestativ bedingten Anspruchs auf dingliche Rechtsänderung eingetragen werden kann (vgl. OLG Köln, NJW 1968, 505 ff.).

2. a) Die Berufung zeigt keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an den Feststellungen des Landgerichts begründen könnten, die Mangelfreiheit der Bauleistungen der Verfügungsklägerin sei nicht überwiegend wahrscheinlich. Die Beweiswürdigung der Kammer ist mithin im zweiten Rechtszug bindend (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Davon abgesehen vermag sich der Senat auch im Rahmen einer eigenen Würdigung der beigebrachten Mittel der Glaubhaftmachung nicht davon zu überzeugen, dass mit Wahrscheinlichkeit ein sicherbarer Vergütungsanspruch der Verfügungsbeklagten verbleibt.

Aus der pauschalen Bezugnahme auf die Hauptsacheakten ergibt sich nicht mehr, als dass die Mängelfreiheit der Bauleistungen von dem Ergebnis einer Sachverständigenbeweisaufnahme abhängt. Ihnen lässt sich insbesondere nicht entnehmen, dass die Mängelrügen der Verfügungsbeklagten lediglich vorgeschoben sind. Das Landgericht hat deren Mängelbehauptungen zumindest genügend Substanz beigemessen, um auf ihrer Grundlage eine umfangreiche Beweiserhebung durch Sachverständigen anzuordnen. Das ist nicht zu beanstanden und wird auch von der Berufung nicht in Zweifel gezogen. Dem Ergebnis der Beweisaufnahme lässt sich auch unter Berücksichtigung des im einstweiligen Verfügungsverfahren abgesenkten Beweismaßes nicht belastbar vorgreifen. Der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Beklagten kommt dabei nicht von vorn herein ein geringerer Beweiswert als derjenigen des Bauleiters der Klägerin zu. Allein die formale Parteistellung des Geschäftsführers der Verfügungsbeklagten führt nicht zu einer Schmälerung ihres Beweiswerts (siehe auch § 294 Abs. 1 ZPO). Darüber hinaus verkennt die Berufung, dass die eidesstattliche Versicherung auf das Tatsachenvorbringen der Verfügungsbeklagten in der Klageerwiderung bezogen ist, wie deren Geschäftsführer zu Protokoll vom 01.07.2004 ergänzend versichert hat. Dieses Verteidigungsvorbringen bleibt in seinem tatsächlichen Gehalt jedenfalls nicht hinter den Angriffsmitteln der Verfügungklägerin zurück. Die Mängeleinreden der Verfügungsbeklagten sind zudem teilweise durch Privatgutachten unterlegt. Auch hierbei handelt es sich um ein gemäß § 294 Abs. 1 ZPO zulässiges Mittel zur Glaubhaftmachung.

b) Ferner hat die Kammer bei ihrer Würdigung der liquiden Beweismittel auch nicht das zugrunde zu legende Beweismaß verkannt. Die Formulierung Seite 10, 3. Absatz der Urteilsgründe ("...steht weder fest...") muss im Zusammenhang der vorstehenden und folgenden Ausführungen gelesen werden, in denen durchweg von Glaubhaftmachung die Rede ist. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht die mit der Glaubhaftmachung verbundene Absenkung des Beweismaßes auf überwiegende Wahrscheinlichkeit übersehen hat.

Nach diesem Beweismaß hat das Landgericht schließlich auch eine Abnahme für nicht glaubhaft erachtet, so dass die hinsichtlich der Mängelfreiheit bestehende Nichterweislichkeit zu Lasten der Verfügungsklägerin geht. Mit dem Gericht der Hauptsache geht der Senat davon aus, dass die Verfügungsbeklagte die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen nicht als im wesentlichen vertragsgemäß gebilligt hat; jedenfalls ist das Gegenteil nicht im oben genannten Sinne glaubhaft gemacht. Eine ausdrückliche Abnahme lässt sich der eidesstattlichen Versicherung des Bauleiters der Verfügungsklägerin nicht entnehmen. Die insbesondere auf Seiten 2 und 6 dieser Versicherung wiedergegebenen Erklärungen des Geschäftsführers der Verfügungsbeklagten betrafen nur Teilleistungen. Der Erklärungswert einer Abnahme kann ihnen schon deshalb nicht beigemessen werden, weil die Verfügungsklägerin zu diesem Zeitpunkt ersichtlich selbst noch nicht von einer Fertigstellung des Werks ausging. Für eine Billigungserklärung nach Kündigung des Bauvertrags, also hinsichtlich der bis zu diesem Zeitpunkt erbrachten Leistungen, bestehen ebenfalls keine zureichenden Anhaltspunkte. Aber auch eine konkludente Abnahme durch Ingebrauchnahme der bis zur Kündigung erbrachten Bauleistungen scheidet entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin aus, weil ihre Arbeiten integraler Bestandteil des umfassenden Bauvorhabens Wasserskianlage waren. In der Inbetriebnahme der Anlage als solcher, die auch auf Bauleistungen anderer Unternehmer fußte, kann daher nicht ohne weiteres die Billigung sämtlicher Teilleistungen gesehen werden. Davon abgesehen setzt eine stillschweigende Abnahme durch Ingebrauchnahme regelmäßig voraus, dass nicht gleichzeitig oder zeitnah Mängel gerügt werden, die zur Verneinung der Abnahmereife führen, wenn ihr Vorliegen unterstellt wird. Auf den Umstand, ob der Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten die Abnahme zudem ausdrücklich verweigert hat, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Bei dieser Sachlage obliegt der Verfügungsklägerin die Glaubhaftmachungslast auch insoweit, als die Höhe des durch die Verfügungsbeklagte einbehaltenen Betrags im Streit steht (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, BauR 2003, 578 ff.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Das Urteil ist unanfechtbar und damit rechtskräftig (§ 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.764,52 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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