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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 07.04.2004
Aktenzeichen: 4 U 134/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, VOB/B


Vorschriften:

BGB § 151 S. 1 1. Alt.
BGB § 398 S. 2
BGB § 404
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 649 S. 2
ZPO § 529
ZPO § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
VOB/B § 8 Nr. 6
VOB/B § 16 Nr. 1 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 134/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 07.04.2004

Verkündet am 07.04.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2004 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.07.2003 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten aus abgetretenem Recht auf der Grundlage des zwischen dem Zedenten - Herrn L... als Inhaber der Firma F... - und den Beklagten geschlossenen "Hausvertrages" die Begleichung einer Abschlagsrechnung in Höhe von 10 % des Festpreises für "Einbau der Heizung/Sanitär". Die Klägerin geht von einem durch Nachtrag korrigierten Festpreis von 159.520,51 € aus und gelangt so zu einer Hauptforderung in Höhe von 15.952,05 €.

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

In § 7 Abs. 4 des unter Einbeziehung der VOB/B geschlossenen Hausbauvertrages vom 06.11.2001 (Bl. 4 ff, 5 R GA) heißt es für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Vertrages u.a.:

"Fertig gestellte Gewerke sind nach Maßgabe des Zahlungsplanes zu vergüten, ohne dass es bei der abschließenden Abrechnung (Schlussrechnung) eines gesonderten Nachweises der tatsächlich entstandenen Kosten bedarf. Vor dem Hintergrund des pauschalierten Festpreises und der gewerksbezogenen pauschalisierten Zahlungsraten bedarf es insbesondere nicht einer Offenlegung der Kalkulation durch den AN. Eine zu erstellende Schlussrechnung hat die erbrachten Leistungen und die dafür vorgesehenen Zahlungsraten auszuweisen, um Prüffähigkeit zu erlangen."

Das Landgericht ist unter Berücksichtigung des § 151 S. 1 1. Alt. BGB von einer wirksamen Abtretung an die Klägerin als Zessionarin ausgegangen, hat die Klage aber - wegen fehlender Fälligkeit der Hauptforderung - als derzeit unbegründet abgewiesen.

Den Vortrag der Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 04.07.2003 zu einer Rechnung des Zedenten vom 23.09.2002 hat das Landgerichts als unsubstanziiert angesehen. Zudem könne - so das Landgericht weiter - eine solche Rechnung vom 23.09.2002 ohnehin keine Rechtswirkung zugunsten der Klägerin entfalten, weil nach deren eigenem Vortrag die Arbeiten "Heizung/Sanitär" zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht abgeschlossen gewesen seien.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter, nunmehr konkret gestützt auf eine neue, von der Klägerin auf der Grundlage der Abtretung selbst erstellte, Rechnung vom 20.10.2003 über die 10. Rate aus dem Hausbauvertrag (Bl. 115 GA).

Die Klägerin behauptet, sie habe die der 10. Rate aus dem Hausbauvertrag zugrunde liegenden Heizungs- und Sanitärinstallationsarbeiten vollständig erbracht.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 21.07.2003 verkündeten Urteils des Landgerichts Potsdam, Geschäftszeichen 2 O 20/03, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 15.952,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.11.2002 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie behaupten, die Klägerin habe in die rechte Doppelhaushälfte eine nicht funktionierende Heizung und in die linke Doppelhaushälfte gar keine Heizung eingebaut. Die Arbeiten seien dann erst durch die von den Beklagten beauftragte Firma Sch... GmbH fertiggestellt worden.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 25.02.2004 auf den Gesichtspunkt der Schlussrechnungsreife hingewiesen. In dem nachgelassenen Schriftsatz vom 17.03.2004 hat die Klägerin mit näheren Ausführungen unter Bezugnahme auf beigefügte Fotos die Auffassung vertreten, der Senat dürfte nicht "von Amts wegen" Schlussrechnungsreife annehmen, weil die Leistung der Zedentin nicht vollständig erbracht sei. Dies ergebe sich auch aus der Behauptung der Beklagten zu den unvollständigen Heizungs- und Sanitärarbeiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die - zulässige - Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Entscheidung beruht nicht auf einer Rechtsverletzung; nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Klageforderung nicht fällig ist. Dies gilt sowohl für eine Forderung aus §§ 631 Abs. 1, 398 S. 2 BGB, 16 Nr. 1 Abs. 1 S. 1 VOB/B in Verbindung mit dem Hausbauvertrag vom 06.11.2001, als auch für eine solche gemäß §§ 649 S. 2 BGB, 8 Nr. 6 VOB/B im Falle eines vorzeitig beendeten Vertrages.

Der neue Vortrag der Klägerin - also die Vorlage der eigenen Rechnung für den 10. Bauabschnitt auf Basis der Abtretung - ist gemäß § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO zuzulassen. Die Klägerin durfte davon ausgehen, dass ihr Vortrag im nachgelassenen Schriftsatz vom 04.07.2003 als Reaktion auf den Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2003 genügte.

Der geltend gemachte Anspruch ist jedoch in Ermangelung einer Schlussrechnung (vgl. § 14 VOB/B) unter dem Gesichtspunkt der Schlussrechnungsfähigkeit nicht fällig.

Der Senat schließt sich der überzeugenden höchstrichterlichen Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur an, derzufolge die gerichtliche Geltendmachung von Abschlagszahlungen ausgeschlossen ist, wenn das Vertragsverhältnis beendet ist, sei es durch Fertigstellung oder auch nur durch endgültige Einstellung der Arbeiten durch den Unternehmer. Dann nämlich ist die Leistung des Auftragnehmers (hier also des Zedenten) schlussrechnungsfähig (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. A. 2002, Rn 1228 m.w.N.; BGH BauR 1987, 453; BGH BauR 1991, 81 ff, 82 ).

Der Gesichtspunkt der fehlenden Schlussrechnung bei Schlussrechnungsreife ist - anders als der Aspekt der fehlenden Prüffähigkeit einer vorliegenden Schlussrechnung - auch nicht etwa nur dann zu beachten, wenn sich der Beklagte im Einzelfall darauf beruft.

Die Schlussrechnungreife ergibt sich daraus, dass die Leistung der Zedentin in den wesentlichen Teilen - nämlich von geringfügigen Abschlussarbeiten abgesehen - erbracht ist. Dafür spricht schon, dass das Objekt seit geraumer Zeit bewohnt wird.

Dass - wie auch aus den dem Schriftsatz vom 17.03.2004 beigefügten Fotos ersichtlich ist - der Außenputz fehlt und die Elektroinstallation außen noch nicht vollständig erstellt ist, ändert nichts daran, dass das Objekt von seiner Funktionsfähigkeit her nahezu vollständig und insgesamt im wesentlichen - von rein optischen Abschlussarbeiten abgesehen - fertiggestellt ist. Dass auch die Parteien des Hausbauvertrages den Außenputzarbeiten und der Elektroinstallation außen nur eine geringfügige Bedeutung beigemessen haben, zeigt sich daran, dass diese Arbeiten - im Gegensatz etwa zu "Verlegung Elektro" und "Innenputzarbeiten" - nicht Gegenstand der Ratenzahlungsvereinbarung waren.

Der fast vollständige Fertigstellungsgrad führt im Übrigen auch deshalb zur Schlussrechnungsreife, weil den Umständen nach nicht mehr damit zu rechnen ist, dass der Unternehmer die geringfügigen Restarbeiten noch ausführt (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2000, 231 f). Die Arbeiten sollten vertragsgemäß bereits im Jahr 2002 abgeschlossen werden. Am 23.09.2002 haben die Beklagten mit dem Zedenten - offensichtlich wegen dessen Liquiditätsproblemen - vereinbart, dass die Beklagten Vorauszahlungen an die Subunternehmer leisten sollten. Dass unter Berücksichtigung dessen nunmehr im Jahr 2004 der Zedent noch bereit und in der Lage sein sollte, die Restarbeiten auszuführen, erscheint lebensfremd. Dies gilt um so mehr, als nach dem Prozessverlauf selbst die Klägerin zumindest erhebliche Schwierigkeiten hat, mit dem Zedenten erfolgreich in Kontakt zu treten.

Soweit sich die Klägerin für die ihrer Ansicht nach fehlende Schlussrechnungsreife auf den Vortrag der Beklagten zu den von der Klägerin nicht vollständig ausgeführten Heizungs- und Sanitärarbeiten beruft, kann auch dies keinen Erfolg haben. Diese Arbeiten sind nach dem Vortrag der Beklagten inzwischen fortgeführt und abgeschlossen worden, wenn auch von einer "Fremdfirma". Sie können daher gar nicht mehr von dem Zedenten erbracht werden, so dass es auf die Heizungs- und Sanitärarbeiten für die Frage der Schlussrechnungsfähigkeit nicht ankommen kann. Im Übrigen spricht auch deshalb wenig dafür, dass sich die Klägerin den Vortrag der Beklagten hilfsweise zu Eigen machen will, weil auf der Grundlage des Beklagtenvortrages nicht einmal die Voraussetzung für die Zahlung der 10. Rate ("Einbau Heizung/Sanitär") vorlägen und die Klageforderung dann schon deshalb nicht fällig wäre.

Ginge man von einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages aus, wäre auch nach § 7 des Hausbauvertrages - die Wirksamkeit der oben zitierten Klausel unterstellt - eine Schlussrechnung erforderlich. § 7 des Vertrages statuiert gegenüber den Kriterien der Rechtsprechung zur Abrechnung bei vorzeitig beendetem Pauschalpreisvertrag geringere Anforderungen an eine Schlussrechnung. Auch diese vertragliche Regelung setzt damit aber die Existenz einer Schlussrechnung für die Fälligkeit eines Vergütungsanspruches voraus.

Der Aspekt der Schlussrechnungsreife ist der Klägerin als Zessionarin gegenüber gemäß § 404 BGB genauso zu berücksichtigen, wie es gegenüber dem Zedenten als dem Vertragspartner der Beklagten der Fall wäre.

Der Begriff "Einwendungen" in § 404 BGB ist im denkbar weitesten Sinne zu verstehen (vgl. etwa BAG DB 1994, 2295 ff, 2997). Dieser Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass sich die Rechtslage des Schuldners durch die Abtretung nicht verschlechtern darf. Deshalb sind auch "Einwendungen" zu berücksichtigen, deren Tatbestandsvoraussetzungen zwar zum Zeitpunkt der Abtretung noch nicht vorlagen, die aber ihrem Rechtsgrund nach zu diesem Zeitpunkt in dem Vertrag angelegt waren und sich - so wie hier - erst aus der Weiterentwicklung des Schuldverhältnisses ergeben haben (BGH NJW-RR 1989, 1207 f, 1208 m.w.N.; vgl. zum Ganzen auch Staudinger-Busche, 1999, § 404 Rn 10 f m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren: 15.952,05 €

Ende der Entscheidung

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