Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 01.07.2009
Aktenzeichen: 4 U 142/08
Rechtsgebiete: SGB III, AÜG, BGB, InsO, KO, AFG


Vorschriften:

SGB III § 37c
SGB III § 37c Abs. 1 S. 1
SGB III § 37c Abs. 2 S. 6 a.F.
SGB III §§ 183 ff.
SGB III § 187
SGB III § 187 S. 1
SGB III § 367
SGB III § 367 Abs. 1
AÜG § 3 Abs. 1
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 166 Abs. 1
BGB § 241 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 2
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 3
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 311 Abs. 1
BGB § 305 c
BGB § 320
InsO § 38
InsO § 55 Abs. 3
InsO § 94
InsO § 96 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 103 Abs. 1
InsO § 130
InsO § 130 Abs. 1
InsO § 130 Abs. 1 Nr. 2
KO § 55 Nr. 3
KO § 55 Nr. 3 S. 2
KO § 59 Abs. 1 Nr. 3 a
KO § 59 Abs. 2 S. 1
KO § 61 Abs. 1 Nr. 1
AFG § 141m
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das am 06.10.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 2 O 475/07 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 31.316 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 18.444 € seit dem 07.12.2004, auf weitere 1.392 € seit dem 15.12.2004, auf weitere 9.392 € seit dem 31.03.2005, auf weitere 1.044 € seit dem 29.08.2005 und auf weitere 1.044 € seit dem 18.10.2005 zu zahlen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtstreits tragen der Kläger 89 % und die Beklage 11 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht jeweils die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen

Gründe:

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der M... Gesellschaft für Arbeitsvermittlung GmbH (Insolvenzschuldnerin). Diese war bundesweit auf Grundlage zahlreicher mit der Beklagten geschlossener Verträge als sog. Personal-Service-Agentur tätig. Für in diesem Rahmen erbrachte Tätigkeiten der Insolvenzschuldnerin begehrt der Kläger Zahlung von sog. Fallpauschalen und Vermittlungsprämien.

Die Beklagte erteilte der Insolvenzschuldnerin am 05.02.2003 eine für die Dauer eines Jahres befristete Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Bl. 14 d.A.). Im Juni 2003 schlossen sodann die Beklagte und die Insolvenzschuldnerin insgesamt sechs gleichlautende Verträge "über die Einrichtung und den Betrieb einer Personal-Service-Agentur (PSA) auf der Grundlage des § 37c Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)". Aufgabe der Insolvenzschuldnerin war es, ausschließlich von der Beklagten vorgeschlagene Arbeitslose in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse einzustellen und für diese eine vermittlungsorientierte Arbeitnehmerüberlassung an andere Arbeitgeber durchzuführen. Dazu sollten die bei der Insolvenzschuldnerin angestellten Arbeitnehmer an andere Arbeitgeber mit dem Ziel überlassen werden, dass die Arbeitnehmer von diesen Arbeitgebern möglichst rasch in ein neues sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis übernommen werden.

Für diese Tätigkeit sollte die Insolvenzschuldnerin von der Beklagten ein Honorar erhalten, das aus einer monatlichen Fallpauschale und einer erfolgsbezogenen Integrations-/Vermittlungsprämie bestand. Die monatliche Fallpauschale sollte über einen Zeitraum von insgesamt 9 Monaten für jeden seitens der Insolvenzschuldnerin übernommenen Arbeitnehmer gezahlt werden und war degressiv gestaltet. Wegen der Einzelheiten dieser Verträge wird auf den exemplarisch von dem Kläger als Anlage K 3 eingereichten Vertrag vom 10.06.2003 (Bl. 15 ff. d.A.) Bezug genommen.

Diese Leistungen bot die Insolvenzschuldnerin der Beklagten im gesamten Bundesgebiet aufgrund von Vergabeverfahren an. Im Rahmen eines Vergabeverfahrens in B... fand am 24.03.2003 zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten, vertreten durch das Arbeitsamt B..., ein Vergabegespräch statt, dessen Inhalt protokolliert wurde. In diesem Protokoll heißt es u.a., dass es dem Bieter bekannt sei, dass die Fallpauschale nicht gewährt werden könne für volle Kalendermonate ohne Zahlung von Arbeitsentgelt. Wegen der Einzelheiten dieses Protokolls wird auf Bl. 194 f. d.A. Bezug genommen.

Am 23.01.2004 verlängerte die Beklagte die Erlaubnis für die Insolvenzschuldnerin zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Bl. 24 d.A.). Diese Erlaubnis widerrief die Beklagte mit unangefochtenem Bescheid vom 16.02.2004 und begründete dies u.a. damit, dass am gleichen Tage das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet worden sei und die Insolvenzschuldnerin daher nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit für die Ausübung der zuvor erlaubten Tätigkeit besitze. Wegen der Einzelheiten dieses Bescheides wird auf Bl. 25 f. d.A. Bezug genommen.

Die Insolvenzschuldnerin stellte der Beklagten gleichwohl unter dem 29.02./01.03.2004 Fallpauschalen für den Monat Februar 2004 von insgesamt 244.644 € in Rechnung. Wegen dieser Rechnungen wird auf Bl. 27 ff. d.A. Bezug genommen. Vermittlungsprämien für einen Zeitraum von März 2004 bis Oktober 2005 macht die Klägerin in Höhe von insgesamt 31.316 € geltend. Wegen der Einzelheiten der Rechnungen wird auf Bl. 33 ff., 47 ff. d.A. Bezug genommen.

Am 01.05.2004 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg - 67c IN 46/04 - das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Bl. 11 f. d.A.). Weil die Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin seit Januar 2004 kein Arbeitsentgelt mehr erhalten hatten, zahlte die Beklagte an diese Arbeitnehmer Insolvenzgeld in Höhe von insgesamt 500.273,47 €. Mit einem erststelligen Teilbetrag dieser Forderung in der Reihenfolge der als Anlage B 3 (Bl. 99 d.A.) eingereichten tabellarischen Aufstellung hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen die Klageforderung erklärt und zwar zunächst gegen die Vermittlungsprämien in der Reihenfolge der Spezifizierung in der Klageschrift, danach gegen die Forderung auf Zahlung von Fallpauschalen in der Reihenfolge ihrer Spezifizierung in der Klageschrift.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung erteilt, obwohl ihr bekannt gewesen sei, dass die Insolvenzschuldnerin bereits Ende 2002 völlig überschuldet gewesen sei, was er im Einzelnen ausführt.

Weiter hat der Kläger behauptet, dass die Insolvenzschuldnerin entsprechend den von ihr vorgelegten Abrechnungen über Fallpauschalen und Vermittlungsprämien Arbeitnehmer in sozialversicherungspflichtige Verhältnisse eingestellt und vermittelt habe. Er hat sich hierfür auf Vermittlungsbestätigungen sowie tabellarische Aufstellungen der angestellten Arbeitnehmer berufen, die er mit Schriftsatz vom 20.03.2008 als Anlagen K 7a, K 9a, K 10a, K 11a, K 12 a eingereicht hat und wegen deren Einzelheiten auf Bl. 126 ff. d.A. Bezug genommen wird.

Die Beklagte hat gerügt, dass die Klageforderung schon nicht schlüssig dargelegt sei. Sie meint, die von dem Kläger vorgelegten Rechnungen seien unsubstantiiert. Mit Ausnahme der Fälle K..., N..., M..., F..., G..., J..., Bo... und B... aus dem Anlagenkonvolut K 7 seien die Rechnungen auch nicht prüfbar.

Darüber hinaus hat sie mit detaillierten Ausführungen, ihre Entscheidung, der Insolvenzschuldnerin die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern zu erteilen, verteidigt.

Die Beklagte hat ferner die Einrede des nichterfüllten Vertrages erhoben und dies darauf gestützt, dass die Insolvenzschuldnerin ihrer Pflicht zur Lohnzahlung an die angestellten Arbeitnehmer im Februar 2004 unstreitig nicht nachgekommen sei. Sie meint, diese Pflicht stehe im Gegenseitigkeitsverhältnis zu ihrer Vergütungspflicht.

Auch Vermittlungsprämien schulde sie nicht. Etwaige Ansprüche der Insolvenzschuldnerin seien jedenfalls durch die erklärte Aufrechnung erloschen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, dass die Beklagte dem Anspruch auf Zahlung der Fallpauschalen für den Monat Februar 2004 die Einrede des nichterfüllten Vertrages entgegenhalten könne, weil die Insolvenzschuldnerin in diesem Monat keine Löhne an ihre Arbeitnehmer gezahlt habe. Damit habe die Insolvenzschuldnerin eine im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Vergütungspflicht der Beklagten stehende Hauptleistungspflicht verletzt. Die Insolvenzschuldnerin habe Arbeitslose in sozialversicherungspflichtige Verhältnisse einstellen müssen, wobei sich ihre Pflichten gemäß Punkt 7 des Vertrages nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) richteten. Nach § 3 Abs. 1 AÜG gehöre aber die Lohnzahlung zur Hauptpflicht. Werde nach dieser Bestimmung Arbeitsentgelt in einer gewissen Höhe nicht gezahlt, sei die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung zu versagen. Diese Erlaubnis sei aber ihrerseits Voraussetzung für den Vertrag über die Einrichtung der PSA gewesen.

Die Zahlungspflicht der Beklagten habe auch erst nach Ablauf eines Monats der Beschäftigung bei der Insolvenzschuldnerin begonnen und nicht bereits mit dem formalen Abschluss des jeweiligen Arbeitsvertrages. Auch aus diesem Grunde sei die Pflicht zur Zahlung der Fallpauschalen für die Insolvenzschuldnerin erkennbar davon abhängig gewesen, dass diese ihrerseits die Löhne an die Arbeitnehmer zahle.

Das Gegenseitigkeitsverhältnis dieser beiden Leistungspflichten ergebe sich daraus, dass die monatliche Fallpauschale für den Teil der Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin habe gezahlt werden sollen, der in der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung der Arbeitslosen bestanden habe. Die Fallpauschalen hätten monatlich und in Abhängigkeit von dem Bestand der jeweiligen Arbeitsverhältnisse gezahlt werden sollen. Auch die Höhe der Fallpauschale habe sich nach dem Umfang der Beschäftigung (Vollzeit/Teilzeit) gerichtet und orientierte sich damit unmittelbar an der Höhe des von der Insolvenzschuldnerin zu zahlenden Entgeltes.

Auch das Protokoll des Vergabegesprächs in B... vom 24.03.2003 (bl. 194 f. d.A.) stelle klar, dass die Fallpauschalen nur dann gezahlt würden, wenn die Insolvenzschuldnerin auch Arbeitsentgelt zahlen werde. Zwar sei dieses Protokoll nicht Gegenstand des Vertrages geworden, gleichwohl aber zur Auslegung des Vertrages heranzuziehen, weil aufgrund der bundesweiten Zusammenarbeit der Beklagten mit der Insolvenzschuldnerin dieser die Auffassung der Beklagten bekannt gewesen sei.

Diese vertragliche Regelung stelle auch keine überraschende Klausel im Sinne des § 305 c BGB dar.

Weiter hat das Landgericht erkannt, dass der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Vermittlungsprämien durch Aufrechnung der Beklagten erloschen sei. Der Aufrechnung stehe nicht das Aufrechnungsverbot nach §§ 96 Abs. 1 Nr. 3, 130 InsO entgegen. Die Beklagte habe die Möglichkeit der Aufrechnung nicht durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt, weil sie ihre Gegenforderung im Wege eines gesetzlichen Forderungsüberganges nach § 187 SGB III erworben habe. Die Zahlung des Insolvenzgeldes stelle ebenfalls keine anfechtbare Rechtshandlung dar, weil die Beklagte hierzu von Gesetzes wegen nach den §§ 183 ff. SGB III verpflichtet gewesen sei und diese Pflicht unabhängig von einer etwaigen Kenntnis einer Überschuldung der Insolvenzschuldnerin bestanden habe.

Gegen dieses dem Kläger am 08.10.2008 zugestellte (Bl. 306 d.A.) Urteil wendet er sich mit am 16.10.2008 (Bl. 308 f.) eingelegter und am 04.12.2008 (Bl. 316 ff. d.A.) begründeter Berufung.

Er rügt, dass das Landgericht nicht ohne einen entsprechenden Hinweis davon hätte ausgehen dürfen, dass sich die Insolvenzschuldnerin das Wissen ihrer in der Vergabeverhandlung vom 24.03.2003 aufgetretenen Mitarbeiter zurechnen lassen müsse. Dieses Gesprächsprotokoll könne im Übrigen nicht für die Auslegung der hier in Rede stehenden Verträge herangezogen werden, da es sich um unterschiedliche Vertragspartner handele. Zudem habe es eine Vielzahl von Verträgen gegeben, die ohne derartige Vorgespräche abgeschlossen worden seien.

Ferner verweist er auf ein Urteil des Oberlandesgerichts München vom 19.03.2009 und auf zwei Urteile des Oberlandesgerichts Naumburg vom 17.09.2008, die darauf erkannt hätten, dass die Lohnzahlungspflicht an die Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin keine Hauptpflicht gewesen und diese auch nicht vereinbart worden sei. Ein Hinweis auf Vergabeprotokolle reiche hierfür nicht aus. Auch habe es das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO für anwendbar befunden. Dies habe das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem ebenfalls zur Akte gereichten Hinweisbeschluss vom 07.10.2008 ebenso gesehen.

Aus der vereinbarten Verpflichtung, die von der Beklagten zugewiesenen Arbeitslosen in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse im Sinne des AÜG zu übernehmen, ergebe sich keine im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Pflicht der Beklagten, die Fallpauschalen zu zahlen, stehende Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin. Es gebe mit Ausnahme der Insolvenzgeldzahlung keine gesetzliche Verpflichtung der Beklagten, bei bestehenden Arbeitsverhältnissen die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers zu sichern bzw. bei Nichtzahlung anstelle des Arbeitgebers die Lohnzahlungen zu übernehmen. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten ein eigenes, womöglich einklagbares Recht auf Lohnzahlung an die Arbeitnehmer habe eingeräumt werden sollen.

Dies mache deutlich, dass die Lohnzahlungspflicht an die PSA-Beschäftigten lediglich eine Nebenleistungspflicht gewesen sei. Der Bundesgerichtshof habe für den Bereich des AÜG im Übrigen entschieden, dass der Ausgleich der Sozialversicherungsbeiträge nicht im Synallagma zum Vergütungsanspruch des Verleihers stehe.

Zudem dienten die geschuldeten Fallpauschalen nicht der Lohnzahlung durch die Insolvenzschuldnerin. Vielmehr ergebe sich aus Punkt 9 der PSA-Verträge, der § 37c Abs. 2 S. 6 SGB III a.F. umsetze, dass die Fallpauschalen einzig dazu dienten, günstigere Angebote bei der Arbeitnehmerüberlassung machen zu können, mithin der Subventionierung der Arbeitnehmerüberlassung. Auch zu den Nachweispflichten nach Punkt 10 der PSA-Verträge habe nicht der Nachweis über den Ausgleich der Lohnforderungen gehört.

Aus dem AÜG ergebe sich ferner nicht, dass die Lohnzahlung Hauptleistungspflicht sei. Dort seien - wie auch in dem in Bezug genommenen Tarifvertrag - lediglich die Rahmenbedingungen geregelt.

Schließlich stehe einer Aufrechnung das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO entgegen. Die Aufrechnungslage habe frühestens mit dem Anspruchsübergang nach § 187 SGB III entstehen können, d.h. mit dem Antrag auf Insolvenzgeld. Sämtliche Anträge seien aber erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden, von der die Beklagte unmittelbar Kenntnis gehabt habe. Die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO lägen also vor. Zwar sei die Beklagte Anspruchsinhaberin geworden. Diese Ansprüche könne sie jedoch nur als Insolvenzforderungen zur Tabelle anmelden. Die Zulassung einer Aufrechnung bevorzuge die Beklagte entgegen dem Gesetzeszweck des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO gegenüber den übrigen Gläubigern.

Der Beklagten sei die Überschuldungssituation der Insolvenzschuldnerin sowohl bei Erteilung als auch bei Verlängerung der Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung bekannt gewesen. An der Überschuldung habe auch der Forderungsverzicht der Muttergesellschaft nichts ändern können, weil dieser nur bedingt gewesen sei. Auch aus diesem Grunde könne die Insolvenzmasse nicht verkürzt werden. Die Beklagte habe auch insoweit die Aufrechnungslage in anfechtbarer Weise herbeigeführt.

Der Kläger beantragt,

das am 06.10.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 2 O 475/07 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 275.960 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 244.644 € seit dem 31.03.2004, auf weitere 18.444 € seit dem 07.12.2004, auf weitere 1.392 € seit dem 15.12.2004, auf weitere 9.392 € seit dem 31.03.2005, auf weitere 1.044 € seit dem 29.08.2005 und auf weitere 1.044 € seit dem 18.10.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Ausführungen. In diesem Zusammenhang trägt sie ergänzend vor, dass der Zweck des § 37c SGB III nicht darin bestehe, die PSA zu fördern, sondern Arbeitslose in Beschäftigung zu bringen. Des Weiteren führt sie ein Merkblatt ein, das die Insolvenzschuldnerin - was von dem Kläger nicht in Abrede gestellt wird - gemäß Punkt 10 des PSA-Vertrages zur Erfüllung ihrer Berichtspflichten erhalten habe, auf dessen S. 18 der gleiche Hinweis enthalten ist, wie in dem Vergabegespräch vom 24.03.2003 in B.... Wegen der Einzelheiten dieses Merkblattes wird auf Bl. 380 ff. d.A. Bezug genommen.

Die vom Kläger angeführten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Naumburg berücksichtigten nicht, dass die Hauptpflicht der Insolvenzschuldnerin gewesen sei, die ihr zugewiesenen Arbeitslosen in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis einzustellen, das den Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unterliege. Damit seien die Pflichten aus dem AÜG zugleich auch in das Pflichtenprogramm der Insolvenzschuldnerin aufgenommen worden.

Weiter meint sie, dass nach Widerruf der Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung, keine Vermittlungsprämien mehr hätten entstehen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf deren zur Akte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie hat jedoch nur im Hinblick auf die begehrten Vermittlungsprämien Erfolg. Hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung der Fallpauschalen ist die Berufung unbegründet.

1. Der Kläger kann einen Anspruch der Insolvenzschuldnerin auf Zahlung der Fallpauschalen für den Monat Februar 2004 nach § 103 Abs. 1 InsO nicht durchsetzen, weil er nicht Erfüllung des zwischen den Parteien geschlossenen PSA-Vertrages gewählt hat und der Vertrag von beiden Parteien noch nicht erfüllt ist.

Gemäß § 103 Abs. 1 InsO verlieren noch nicht erfüllte im Gegenseitigkeitsverhältnis zu einander stehende vertragliche Ansprüche mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens - wegen der beiderseitigen Nichterfüllungseinreden der Vertragspartner nach § 320 BGB - ihre Durchsetzbarkeit (grundlegend dazu BGH, Urteil vom 25.04.2002 - IX ZR 313/99 - Rn. 24 zit. nach juris = BGHZ 150, 353, 359).

a) Die Insolvenzschuldnerin und die Beklagte haben unstreitig Verträge geschlossen, aus deren Punkt 9 sich ein Anspruch der Insolvenzschuldnerin gegen die Beklagte auf Zahlung der Fallpauschalen ergibt. Das Bestehen dieses Anspruchs für den Monat Februar 2004 hat der Kläger spätestens mit der Vorlage der Anlage K 6a und den Listen der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer hinreichend substantiiert und schlüssig vorgetragen. Die Beklagte, die selbst der Insolvenzschuldnerin die einzustellenden Arbeitnehmer zugewiesen hat, ist durch die tabellarische Aufstellung des Klägers in Verbindung mit den eingereichten Rechnungen in die Lage versetzt, die Rechnungen und den damit verbundenen Tatsachenvortrag zu prüfen. Da der Umstand der Zuweisung und Einstellung der Arbeitnehmer bei der Insolvenzschuldnerin überdies eine in ihr Wissen gestellte Tatsache darstellt, darf sie sich zudem nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken (§ 138 Abs. 4 ZPO).

Den Anspruch der Insolvenzschuldnerin auf Zahlung der Fallpauschalen hat die Beklagte nicht erfüllt.

b) Umgekehrt hat die Beklagte aus diesen PSA-Verträgen gegen die Insolvenzschuldnerin einen von dieser bezogen auf den Monat Februar 2004 nicht erfüllten Anspruch auf Zahlung der Arbeitsentgelte an die von der Beklagten zugewiesenen Arbeitnehmer, der im Gegenseitigkeitsverhältnis zu dem Anspruch der Insolvenzschuldnerin auf Zahlung der Fallpauschalen steht.

Dass es sich bei der Lohnzahlungspflicht an die Arbeitnehmer der Personal-Service-Agentur um eine im Synallagma zu der Vergütungspflicht der Beklagten stehende Pflicht handelt, folgt zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der PSA-Verträge. Jedoch ergibt die Auslegung dieser Verträge gemäß §§ 133, 157 BGB, dass die Pflicht der Beklagten, die Fallpauschalen zu zahlen, davon abhängen sollte, dass die Insolvenzschuldnerin auch die Löhne an ihre Arbeitnehmer zahlt.

aa) Nach dem Wortlaut der PSA-Verträge war die Insolvenzschuldnerin gegenüber der Beklagten lediglich verpflichtet, mit den zugewiesenen Arbeitslosen sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse einzugehen (Nr. 7 der PSA-Verträge). Soweit die Beklagte meint, schon aus dem Umstand, dass diese Arbeitsverhältnisse den Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unterliegen sollten, folge, dass auch ihr gegenüber die Lohnzahlungspflicht der Insolvenzschuldnerin bestanden habe, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

Die von der Beklagten zitierten Normen des AÜG (§§ 3 und 5 AÜG) enthalten lediglich Bestimmungen über die Versagung und den Widerruf der Erlaubnis nach diesem Gesetz. Aus diesen Regelungen kann aber nicht geschlossen werden, dass es sich bei der Lohnzahlung an die Arbeitnehmer um eine Pflicht gerade gegenüber der Beklagten handelt. Diese hat vielmehr die Möglichkeit - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - die Erlaubnis nach dem AÜG zu widerrufen. Der Widerruf der Erlaubnis nach dem AÜG zieht zudem nach den Bestimmungen in Nr. 14 der PSA-Verträge automatisch die Beendigung der Verträge nach sich. Mit dem Verweis auf das AÜG geht es mithin in erster Linie darum, die dortigen Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Personal-Service-Agentur zum Vertragsinhalt zu machen und Voraussetzungen für die Wirksamkeit des jeweiligen PSA-Vertrages zu begründen.

bb) Hierbei kann die Auslegung der PSA-Verträge jedoch nicht stehen bleiben. Diese ergibt vielmehr, dass es der Beklagten, entgegen der Meinung des Klägers, der insbesondere das Oberlandesgericht Naumburg (so in den Urteilen vom 17.09.2008 - 5 U 72/08 - und - 5 U 90/08 -) gefolgt ist, nicht an einem eigenen rechtlichen Interesse fehlt, einen eigenen Anspruch auf Lohnzahlung an die Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin zu erwerben.

aaa) Für die Annahme solch eines eigenen Interesses kann freilich nicht allein darauf abgestellt werden, dass die Beklagte von eigenen Pflichten zu Entgeltersatzleistungen befreit werden wollte. Abgesehen davon, dass dieser Zweck bereits mit der Einstellung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse erreicht worden ist, muss es sich nämlich bei den zugewiesenen Arbeitslosen nicht einmal um solche gehandelt haben, die Anspruch auf Lohnersatzleistungen haben, da das Gesetz den Begriff des Arbeitslosen nicht an den Bezug von Lohnersatzleistungen knüpft (Peters-Gagel, SGB III, 34. Ergänzungslieferung, 2009, § 37c Rn. 20, zit. nach beck-online, str.).

bbb) Die Beklagte ist allerdings nach § 37 c SGB III nicht nur im eigenen Interesse tätig geworden, sondern hatte einen gesetzlichen Auftrag auch im öffentlichen Interesse zu erfüllen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Einrichtung einer Personal-Service-Agentur nach § 37c Abs. 1 S. 1 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung durch die Beklagte sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund ist entscheidend, dass sich das Interesse der Beklagten an einem eigenen Anspruch auf Lohnzahlung an die der Insolvenzschuldnerin zugewiesenen Arbeitnehmer aus dem mit den geschlossenen PSA-Verträgen verfolgten Sinn und Zweck ergibt.

Die Fallpauschalen haben Subventionscharakter. Mit den Fallpauschalen beteiligt sich die Beklagte an den Lohnkosten der Personal-Service-Agentur und schafft dadurch einen Anreiz, Arbeitslose einzustellen (so ausdrücklich Lange in: Peters-Gagel, SGB III, 34. Ergänzungslieferung 2009, § 37c Rn. 16 m.N., zit. nach beck-online). Damit ist auch klar, dass nicht die Personal-Service-Agenturen als solche, sondern die Beschäftigung der Arbeitnehmer in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen gefördert und mit der Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin zu den Lohnzahlungen verbundenen Folgen abgemildert werden sollten. Die Fallpauschalen sollten mithin in einem nicht unerheblichen Maße dazu beitragen, der Personal-Service-Agentur gerade die Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer zu ermöglichen.

Der Zusammenhang zwischen den im PSA-Vertrag übernommenen Rechten und Pflichten mit diesem Subventionsgedanken kommt in verschiedenen Regelungen des Vertrages zum Ausdruck. So heißt es in Nr. 14 des PSA-Vertrages, dass zu Unrecht gewährte Förderleistungen des Arbeitsamtes von der Personal-Service-Agentur zu erstatten sind. Da aber in Nr. 9 des Vertrages des weiteren geregelt ist, dass die Gewährung weiterer (also über das vereinbarte Honorar für die PSA-Tätigkeit hinausgehender) Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung (z.B. Lohnkostenzuschüsse) nicht möglich sind, ist zweierlei klar gestellt: Zum einen bezieht sich der Erstattungsanspruch nach Nr. 14 des Vertrages auf das an die Personal-Service-Agentur gezahlte Honorar, mithin gerade auf die Fallpauschalen und nicht auf andere Förderleistungen. Zum anderen ist damit deutlich gemacht, dass beide Parteien auch von dem Subventionscharakter der von der Beklagten geschuldeten Vergütung ausgegangen sind.

Soweit der Kläger meint, dass mit der Subventionierung lediglich die Vermittlung der Arbeitnehmer an andere Arbeitgeber gefördert werden sollte, indem die Insolvenzschuldnerin ihre Arbeitnehmer zu besonders günstigen Konditionen an Entleiher überlassen konnte, handelt es sich dabei nur um eine Reflexwirkung der Beteiligung der Beklagten an den Lohnkosten. Wie bereits dargelegt, soll mit den Fallpauschalen in erster Linie ein Anreiz für die Personal-Service-Agentur geschaffen werden, überhaupt zugewiesene Arbeitslose einzustellen (Reipen, BB 2003, 787, 788; Lange in: Peters-Gagel, a.a.O.). Eine Pflicht dazu besteht mangels Kontrahierungszwangs für die Personal-Service-Agentur nämlich nicht (vgl. u.a. Bolay/Eisenreich/Isele, Die neue Arbeitsförderung, 2. Aufl., 2005, Rn. 99). Aufgrund des bereits mit der Anstellung von Arbeitslosen verbundenen wirtschaftlichen Risikos, Lohn zahlen zu müssen, ohne die Arbeitnehmer an Entleiher vermitteln zu können, wird ein Privatunternehmen nicht bereit sein, ohne Beteiligung an den Lohnkosten als Personal-Service-Agentur tätig zu werden. Im Ergebnis mag dies auch dazu führen, dass sie für ihre Vermittlung an Entleiher geringere Vermittlungsprovisionen als ihre Konkurrenz verlangen kann. Dies wird aber durch die Beteiligung an den Lohnkosten überhaupt erst möglich.

Das damit aus der Aufgabe der Beklagten im Rahmen des § 37 c SGB III und dem Subventionscharakter der an die Personal-Service-Agentur zu zahlenden Fallpauschalen folgende Ziel konnte die Beklagte aber nur durch die Begründung einer gerade ihr gegenüber bestehenden Verpflichtung der Personal-Service-Agentur, die als Lohnkostenbeteiligung gedachten Fallpauschalen zweckentsprechend zur Zahlung der Löhne an ihre Arbeitnehmer zu verwenden, erreichen.

Vor diesem Hintergrund kann der PSA-Vertrag von einem redlichen Vertragspartner auch aus objektiver Sicht nur so verstanden werden, dass die mit der Zahlung der Fallspauschalen gewährten öffentlichen Subventionen gerade von der Erfüllung der Lohnzahlungsverpflichtung an die Arbeitnehmer abhängen sollten.

ccc) Überdies ist die Insolvenzschuldnerin in dem Vergabegespräch in B... vom 24.03.2003 auf den hier dargelegten Subventionszweck hingewiesen worden, in dem die Beklagte klargestellt hat, dass die Fallpauschalen nur bei Lohnzahlungen an die zugewiesenen Arbeitnehmer gewährt werden können. Der Kläger kann sich insoweit nicht darauf zurückziehen, dass dieses Vergabegespräch andere Verhandlungspartner betroffen habe. Vertragspartner sind in B... ebenso wie im vorliegenden Fall die Insolvenzschuldnerin einerseits und die Beklagte andererseits geworden. Insbesondere ist nach dem eigenen Vortrag des Klägers auch in B... der PSA-Vertrag mit der Beklagten geschlossen worden. Auf Seiten der Beklagten handelte es sich zwar um eine örtliche Arbeitsagentur. Die Beklagte ist jedoch eine bundesunmittelbare Körperschaft nach § 367 Abs. 1 SGB III, deren örtliche Agenturen keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen. Dies galt auch schon nach § 367 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung, lediglich mit dem Unterschied, dass die bundesumittelbare rechtsfähige Körperschaft damals noch als Bundesanstalt für Arbeit bezeichnet wurde.

Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wissenszurechnung bei juristischen Personen muss sich die Insolvenzschuldnerin die Kenntnis aus diesem Vergabegespräch zurechnen lassen. Danach soll, wer mit einer juristischen Person einen Vertrag eingeht, deren Kenntnisse wegen arbeitsteiliger Handlungsweisen bei verschiedenen Personen oder Abteilungen aufgespalten sind, nicht schlechter gestellt werden, als wenn er es nur mit einer einzigen natürlichen Person zu tun hätte. Handelt es sich daher um "typischerweise aktenmäßig festgehaltenes" Wissen gilt als Wissensvertreter jeder, der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei angefallenen Informationen zur Kenntnis zu nehmen sowie gegebenenfalls weiterzuleiten. Er braucht dabei weder zum rechtsgeschäftlichen Vertreter noch zum "Wissensverteter" ausdrücklich bestellt zu sein. Der Geschäftsherr muss sich nur dieses "Wissensvertreters" im rechtsgeschäftlichen Verkehr wie eines Vertreters bedienen, so dass bei rein interner Beratung des Geschäftsherrn die sinngemäße Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB ausscheidet (so der BGH bereits zuvor im Urteil vom 24.01.1992 - V ZR 262/90 - Rn. 11, zit. nach juris; ferner im Urteil vom 02.02.1996 - V ZR 239/94 - Rn. 20, zit. nach juris). Es kommt mithin nicht entscheidend darauf an, dass der Wissensvertreter eigenverantwortlich handelt, vielmehr auf die Verfügbarkeit derjenigen Informationen, die "typischerweise aktenmäßig festgehalten" werden (BGH, Urteil vom 02.02.1996 - V ZR 239/94 - Rn. 20, zit. nach juris).

Nach diesen Grundsätzen ist der Insolvenzschuldnerin in sinngemäßer Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB das Wissen des für sie am Vergabegespräch in B... vom 24.03.2003 Beteiligten zuzurechnen.

Zum einen hat sich die Insolvenzschuldnerin des Gesprächsteilnehmers, ganz gleich ob dieser Geschäftsführer war oder nicht, wie eines Vertreters bedient. Davon, dass der Teilnehmer an dem Vergabegespräch nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen war, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant diese Aufgabe in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei angefallenen Informationen zur Kenntnis zu nehmen sowie gegebenenfalls weiterzuleiten, kann ausgegangen werden.

Zum anderen handelt es sich bei dem Inhalt des Vergabegesprächs auch um "typischerweise aktenmäßig festgehaltenes" Wissen, weil ein Gesprächsprotokoll gefertigt und der Insolvenzschuldnerin unstreitig zur Verfügung gestellt worden ist.

ddd) Bei dieser Sachlage bedurfte es auch keiner ausdrücklichen Erwähnung dieser Bedingung mehr in den später geschlossenen PSA-Verträgen. Die Schlussfolgerung des Klägers - gestützt auf die bereits zitierten Entscheidungen des OLG Naumburg -, der Wortlaut des Protokolls deute nicht auf ein einvernehmliches Ergebnis von Verhandlungen hin, sondern stelle vielmehr lediglich die Mitteilung einer einseitigen Vorstellung der Beklagten dar und habe auch deshalb keine Bedeutung für die Auslegung des Vertrages, weil die fehlende Aufnahme eines derart wichtigen Punktes in den Vertrag zu der Schlussfolgerung führe, dass man bei der endgültigen Einigung wieder anderen Sinnes als noch in den vorangegangenen Verhandlungen geworden sei, ist keineswegs zwingend.

Diese Argumentation übersieht, dass die Beklagte mit dem Hinweis in dem Vergabeprotokoll klargestellt hat, wie die bundeseinheitlich abzuschließenden PSA-Verträge mit Rücksicht auf den gesetzgeberischen Auftrag in § 37c SGB III sowie den hier dargelegten und dem Vertrag immanenten Subventionszweck zu verstehen sind. Die sich aus dem Zweck des PSA-Vertrages ergebende, in dem Vergabeprotokoll vom 24.04.2003 lediglich klargestellte Verknüpfung zwischen der Zahlung der Fallpauschalen und den Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin ist daher bei der Auslegung auch ohne eine ausdrückliche Erwähnung im Vertragstext zu berücksichtigen.

Entgegen der Auffassung des Klägers sind derartige Konstruktionen dem Zivilrecht auch nicht fremd. So ist beispielsweise in der höchstrichterlichen Rechsprechung sowie in der Lehre seit langem anerkannt, dass Leasingverträgen der Grundsatz der Vollamortisation vertragsimmanent ist, ohne dass dies in dem Leasingvertrag ausdrücklich erwähnt zu werden braucht.

Bereits deshalb kann aus einer fehlenden ausdrücklichen Bestimmung nicht darauf geschlossen werden, die Klägerin sei im Laufe der Verhandlungen anderen Sinnes geworden. Überdies handelte es sich bei den PSA-Verträgen um vorformulierte Vertragsbedingungen für unstreitig bundesweit wortgleich abgeschlossene und noch zu schließende PSA-Verträge, die ohnehin nicht im Einzelnen zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt worden sind. Vielmehr stand das Gegenseitigkeitsverhältnis der Pflicht zur Zahlung der Fallpauschalen zu den Lohnzahlungspflichten der Insolvenzschuldnerin wegen des erkennbar im öffentlichen Interesse stehenden Subventionszwecks der Fallpauschalen gar nicht zur Disposition der Beklagten. Nichts anders hat die Beklagte aber mit der protokollierten Mitteilung in dem Vergabegespräch deutlich gemacht.

Der Text des Vergabeprotokolls vom 24.03.2003 deutet auch nicht auf eine nur einseitig gebliebene Vorstellung der Beklagten hin, denn dort heißt es, dass es dem Bieter bekannt sei, dass die Fallpauschale nicht gewährt werden könne, wenn das Arbeitsentgelt nicht gezahlt werde. Es ist weder vorgetragen noch gibt es sonst Anhaltspunkte dafür, dass die Insolvenzschuldnerin dem in der Folgezeit widersprochen hätte.

Ein Auslegungsvertrauen der Insolvenzschuldnerin dahin, dass die Beklagte wegen der fehlenden Aufnahme einer entsprechenden ausdrücklichen Vertragsklausel in den Vertrag von der Annahme eines Gegenseitigkeitsverhältnisses Abstand nehmen wollte, konnte aus Sicht eines redlichen Vertragspartners aus all diesen Gründen nicht entstehen. Darüber hinaus hat die Beklagte in allen mit der Insolvenzschuldnerin eingegangenen Vertragsbeziehungen zusätzlich in ihrem Merkblatt "Web-Anwendung für das Berichtswesen/die Dokumentation nach Ziffer 10 des PSA-Vertrages, für das Controlling sowie die Evaluation des neuen arbeitsmarktpolitischen Instruments" darauf hingewiesen (Bl. 397 d.A.), dass sie an ihrer Lesart des Vertrages festhält. Dort heißt es ausdrücklich: "Sie wurden in den Verhandlungsgesprächen mit Ihrem Arbeitsamt darauf hingewiesen, dass die Fallpauschale für volle Kalendermonate ohne Zahlung von Arbeitsentgelt nicht gewährt werden kann."

Dabei kann dahinstehen, ob dieses Merkblatt Vertragsinhalt geworden ist. Es belegt immerhin, dass die Beklagte für die Insolvenzschuldnerin erkennbar an ihrer Lesart der PSA-Verträge festgehalten hat.

2. Der Kläger kann aber von der Beklagten die Zahlung der Vermittlungsprämien aufgrund des jeweiligen PSA-Vertrages i.V.m. §§ 241 Abs. 1, 311 Abs. 1 BGB i.H.v. 31.316 € verlangen.

a) Der Kläger hat hinreichend substantiiert dargelegt, welche Arbeitnehmer von der Insolvenzschuldnerin zu welchen Zeitpunkten dauerhaft in andere Arbeitsverhältnisse vermittelt worden sind. Durch die Vorlage der Anlagen K 7a, 9a, 10a, 11a und 12 a sind die Anspruchsvoraussetzung schlüssig und hinreichend substantiiert dargelegt, und nachgewiesen. Auf die Darlegungen unter II. 1. a) der Gründe wird Bezug genommen.

b) Dafür, dass auch die Zahlung der Vermittlungsprämien - wie die Fallpauschalen - von den Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer durch die Insolvenzschuldnerin abhing, fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt. Bei diesem Entgelt steht nicht der Subventionscharakter im Vordergrund, vielmehr handelt es sich um eine Vergütung für die erfolgreiche Vermittlung von Arbeitnehmern in dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse, mithin um eine Art Provision.

c) Es ist auch unerheblich, dass der zwischen den Parteien geschlossene PSA-Vertrag seit der Bekanntgabe des Bescheides über den Widerruf der Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung vom 16.02.2004 unwirksam ist, denn sämtliche von dem Kläger aufgeführten Vermittlungen stammen aus der Zeit vor dem Widerruf der Erlaubnis nach dem AÜG.

d) Der Anspruch auf Zahlung der Vermittlungsprämien ist schließlich nicht durch die von der Klägerin hilfsweise erklärte Aufrechnung mit den auf sie durch die Zahlung von Insolvenzgeld übergegangenen Ansprüchen der Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin auf ihr Arbeitsentgelt erloschen. Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung ist nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig.

aa) Nach § 94 InsO kann zwar auch noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Aufrechnung erklärt werden, wenn die Aufrechnungslage vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Dies ist hier der Fall. Die Beklagte hat zu den in der von ihr eingereichten Anlage B 3 (Bl. 99 ff. d.A.) im Einzelnen angegebenen Zeitpunkten an die dort namentlich genannten Arbeitnehmer auf die dort ebenfalls aufgeführten Anträge die ebenfalls in dieser Anlage näher bezeichneten Zahlungen erbracht. Sämtliche Anträge sind unstreitig vor dem 01.05.2004 und damit vor Insolvenzeröffnung gestellt worden. Die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt sind auch nach § 187 S. 1 SGB III zum Zeitpunkt der Antragsstellung, mithin ebenfalls vor Verfahrenseröffnung auf die Beklagte übergegangen (vgl. Peters-Gagel, SGB III, 34. Ergänzungslieferung, 2009, § 187 Rn. 5; BAG, Urteil vom 04.06.1977 - 5 AZR 663/75 - zit. nach juris).

bb) Die Beklagte hat diese Aufrechnungsmöglichkeit aber durch eine anfechtbare Rechtshandlung nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO erlangt, weshalb ihr gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO eine erfolgreiche Aufrechnung versagt bleibt. Nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, wenn sie einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

aaa) Die Beklagte ist einfache Insolvenzgläubigerin. Dies folgt aus § 55 Abs. 3 InsO, wonach sie die auf sie nach § 187 S. 1 SGB III übergegangenen Arbeitsentgeltansprüche lediglich als Insolvenzgläubigerin geltend machen kann.

bbb) Die Anträge der Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin auf Insolvenzgeld sind jeweils Rechtshandlungen im Sinne von § 130 Abs. 1 InsO.

(1) Der anfechtungsrechtliche Begriff der Rechtshandlung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im weitesten Sinne zu verstehen und soll jedes Handeln erfassen, das rechtliche Wirkungen auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann. Erfasst sind mithin rechtsgeschäftsähnliche Handlungen oder Realakte, denen das Gesetz Rechtsfolgen beimisst (BGH NZI 2007, 158; WM 2004, 666; MüKoInsO/Kirchhoff, 2. Aufl. 2008, § 129 Rn. 7, zit. nach beck-online; Gottwald, Handbuch des Insolvenzrechts, 3. Aufl., 2006, § 46 Rn. 19, zit. nach beck-online). Die Antragstellung der Arbeitnehmer ist solch ein Realakt im Sinne einer willentlichen Handlung, die u.a. die rechtlichen Wirkungen des § 187 S. 1 SGB III auslöst und die Aufrechnungslage herbeiführt. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Anträge weder von der Beklagten noch von der Insolvenzschuldnerin gestellt wurden, weil es für die Insolvenzanfechtung unerheblich ist, wer die anzufechtende Rechtshandlung vorgenommen hat. Anfechtbar sind auch Rechtshandlungen Dritter (RegE InsO 1992, BT-Drs. 12/2443, S. 157; MüKoInsO/Kirchhoff, 2. Aufl., 2008, § 129 Rn. 35, zit. nach beck-online).

(2) Soweit die Beklagte unter Berufung auf eine Entscheidung des Landgerichts Neuruppin (Urteil vom 09.01.2009 - 3 O 374/07 - Rn. 29, zit. nach juris) meint, dass es an einer willentlichen Rechtshandlung, d.h. an einer willensgesteuerten Rechtshandlung fehle, ist dieser Sichtweise nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass das Schicksal der Lohnansprüche der Arbeitnehmer in der Insolvenz öffentlich-rechtlich geregelt ist und der Anspruch auf Insolvenzgeld unabhängig von einem hierauf gerichteten Willen und unabhängig von einer Rechtshandlung besteht. Ohne Antragstellung erhält der Arbeitnehmer jedoch kein Insolvenzgeld. Der Anspruch auf Zahlung von Insolvenzgeld setzt daher die Antragstellung als willensgesteuerte Handlung des Berechtigten voraus. Ohne eine solche Antragstellung würde dem Berechtigten kein Insolvenzgeld gezahlt und ohne Antragstellung gäbe es auch keinen Forderungsübergang nach § 187 S. 1 SGB III, mithin keine Aufrechnungslage zugunsten der Bundesanstalt für Arbeit.

(3) Soweit die Beklagte des weiteren mit dem Landgericht Neuruppin auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 16.10.2008 (Az.: VII B 17/08, zit. nach juris) verweist, wo ausgeführt wird, dass der dort zur Aufrechnung gestellte Anspruch des Finanzamts allein auf der Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen beruhe und deshalb keine anfechtbare Rechtshandlung gegeben sei, ist damit zugleich auch der entscheidende Unterschied zu dem hier zu beurteilenden Fall angesprochen. In dem der Entscheidung des Bundesfinanzhofs zugrundeliegenden Sachverhalt ist im Insolvenzverfahren eines Steuerpflichtigen eine Umsatzsteuerfestsetzung wegen Uneinbringlichkeit einer vor der Insolvenzeröffnung begründeten Forderung berichtigt worden. Dadurch ist dem steuerpflichtigen Insolvenzschuldner ein Erstattungsanspruch entstanden. Gegen diesen Erstattungsanspruch hat das Finanzamt mit einer Umsatzsteuerforderung aus einem vorangegangenen Veranlagungszeitraum aufgerechnet. Für diese Aufrechnung bedurfte es in der Tat keiner willensgesteuerten Handlung in Gestalt einer Antragstellung, denn die Gegenforderung des Finanzamtes - die Umsatzsteuerforderung aus einem vorangegangen Veranlagungszeitraum - bestand kraft Gesetzes und bedurfte auch keiner Antragstellung. Der Antrag des Insolvenzschuldners bzw. des Insolvenzverwalters auf Umsatzsteuerberichtigung wegen eines erst im Insolvenzverfahrens eingetretenen Umstandes (Uneinbringlichkeit einer Forderung) ist aber schon deshalb keine anfechtbare Rechtshandlung, weil hier durch nicht die Masse geschmälert, sondern vergrößert wird. Geschmälert ist die Masse durch die Uneinbringlichkeit der Forderung. Es handelt sich in dem vom Bundesfinanzhof entschiedenden Fall mithin um eine gänzlich andere Situation.

(4) Auch soweit des Bundessozialgericht in einer Hilfsbegründung zu § 55 Nr. 3 KO entschieden hat, dass der Übergang der Lohnforderung auf die Bundesanstalt für Arbeit weder auf einer Rechtsabtretung noch auf einer Befriedigung des Arbeitnehmers durch die Beklagte beruht habe, sondern nach § 141m AFG allein darauf, dass Konkursausfallgeld beantragt worden sei und die Beklagte gesetzlich zur Zahlung des Konkursausfallgeldes verpflichtet gewesen sei (BSG, Urteil vom 15.12.1994 - 12 RK 69/93 - Rn. 25, zit. nach juris), rekurriert es damit ausdrücklich auf die Ausnahmebestimmung des § 55 Nr. 3 S. 2 KO, wonach die Aufrechnung im Konkurs zulässig war, wenn der Erwerber zur Übernahme der Forderung oder zu Befriedigung des Gläubigers verpflichtet war und zu der Zeit, als er die Verpflichtung einging, weder von der Zahlungseinstellung noch von dem Eröffnungsantrag Kenntnis hatte. Eine dieser Ausnahmebestimmung vergleichbare Bestimmung enthält die InsO aber gerade nicht mehr. Zudem hatte sich das Bundessozialgericht nicht mit der Auslegung des Rechtsbegriffs der (anfechtbaren) Rechtshandlung auseinander zu setzen.

ccc) Die Herbeiführung der Aufrechnungslage ermöglichte eine die übrigen Gläubiger benachteiligende Befriedigung der Beklagten, denn die Beklagte erlangte durch die Antragstellung eine Gegenforderung zu Lasten der Insolvenzmasse, die ohne Aufrechnungslage die Insolvenzmasse sonst nicht zu schmälern vermocht hätte.

ddd) Die Beklagte wusste zudem zur Zeit der Antragstellungen auf Insolvenzgeld von dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin. Dies ergibt sich bereits aus ihrem Widerruf der Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung vom 16.02.2004, den die Beklagte maßgeblich auch auf diesen Umstand gestützt hat. Sämtliche hier relevanten Insolvenzgeldanträge sind nach dem 16.02.2004 gestellt worden.

eee) Dem danach anzunehmenden Aufrechnungsverbot steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte die Forderung ohne eigenes Zutun erworben hat. Dies wird nach dem Wortlaut der §§ 96 Abs. 1 Nr. 3, 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht vorausgesetzt. Zweck dieser Vorschriften ist es, eine möglichst gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger zu erreichen und ungerechtfertige Vorteile auszugleichen, die jemand in der Krise des Insolvenzschuldners erlangt. Dies wird durch eine einfache Kontrollüberlegung bestätigt. Die Arbeitnehmer hätten ohne die gesetzliche Möglichkeit der Zahlung von Insolvenzgeld ihre Forderungen auf Arbeitsentgelt nur zur Insolvenztabelle anmelden können. Die Lohnforderungen der Arbeitnehmer sind entgegen der Bestimmung in dem nicht mehr geltenden § 59 Abs. 1 Nr. 3 a KO keine Masseschulden mehr, sondern einfache Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO. Es leuchtet nicht ein, warum die übrigen Insolvenzgläubiger nur wegen des Umstandes, dass die Forderungen der Arbeitnehmer auf die Beklagte übergegangen sind, nunmehr benachteiligt werden sollten. Auch die Konkursordnung sah deshalb bereits eine Rückstufung der übergegangenen Forderungen nach §§ 59 Abs. 2 S. 1, 61 Abs. 1 Nr. 1 KO vor.

Dass die Beklagte deshalb in Fällen der Zahlung von Insolvenzgeld fast regelmäßig die auf sie übergegangenen Forderungen auf Arbeitsentgelt nicht aufrechnen, sondern nur als einfache Insolvenzgläubigerin zur Tabelle anmelden kann und damit überwiegend mit den auf sie übergangenen Forderungen ausfallen wird, ist letztlich lediglich die Konsequenz des Wegfalls der in der Konkursordnung noch enthaltenen Privilegierung der Ansprüche der Arbeitnehmer und in gewissem Maße auch der damaligen Bundesanstalt für Arbeit, die wegen der nach Zahlung des Konkursausfallgeldes auf sie übergegangenen Arbeitsentgeltansprüche gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO noch vorrangig befriedigt wurde.

Gerade auch der Wegfall dieser Privilegierungen mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung sowie das Fehlen einer dem § 55 Nr. 3 S. 2 KO entsprechenden Vorschrift machen deutlich, dass unter Geltung der Insolvenzordnung eine Aufrechnung des Bundesagentur für Arbeit mit den auf die übergegangenen Insolvenzgeldansprüchen in der hier relevanten Fallkonstellation unzulässig ist.

3. Die Kläger hat ferner einen Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 2 BGB. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 03.12.2004, eingegangen beim Kläger am 07.12.2004, jegliche weitere Zahlungen ernsthaft und endgültig verweigert, indem sie sich darauf berufen hat, dass ein Anspruch auf Vergütung nur bei Zahlungen von Arbeitsentgelt bestehe. Sie ist daher mit den zuvor in Rechnung gestellten Vermittlungsprämien spätestens am 07.12.2004 in Verzug geraten. In Bezug auf die nachfolgend in Rechnung gestellten Vermittlungsprämien ist Verzug spätestens mit Fälligkeit eingetreten.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO

5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO

6. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Deutung der Antragstellung der Arbeitnehmer auf Zahlung von Insolvenzgeld als anfechtbare Rechtshandlung im Sinne von § 130 Abs. 1 InsO grundsätzliche Bedeutung hat. Weder die Rechtsprechung noch das Schrifttum haben sich mit dieser Frage bisher auseinandergesetzt. Diese Frage wird erst jetzt aufgrund zahlreicher gleichgelagerter Fälle im gesamten Bundesgebiet von Landgerichten oder Oberlandesgerichten mit unterschiedlichen Sichtweisen erörtert.

7. Der Streitwert wird auf 275.960 € festgesetzt. Der Wert der Hilfsaufrechnung ist nicht gemäß § 45 Abs. 3 GKG werterhöhend zu berücksichtigen, da insoweit keine gemäß § 322 Abs. 2 ZPO der Rechtskraft fähige Entscheidung ergangen ist. Der Senat hat lediglich über die Zulässigkeit der Aufrechnung entschieden.

Ende der Entscheidung

Zurück