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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 02.09.2009
Aktenzeichen: 4 U 15/09
Rechtsgebiete: InsO, SGB III, BGB, AÜG


Vorschriften:

InsO § 96 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 129 ff.
InsO § 95
InsO § 103 Abs. 1
SGB III § 187
SGB III § 37 c
SGB III § 37c Abs. 1 S. 1
BGB § 320
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 166 Abs. 1
AÜG § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - das am 9. Januar 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin - 3 O 374/07 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 76.908 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 30.972 € seit dem 02.03.2004, auf weitere 16.008 € seit dem 17.05.2004, auf weitere 12.876 € seit dem 23.07.2005, auf weitere 3.480 € seit dem 10.01.2005 und auf weitere 13.572 € seit dem 31.01.2006 zu zahlen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtstreits tragen der Kläger 91 % und die Beklage 9 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht jeweils die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der M... GmbH (Insolvenzschuldnerin). Diese war bundesweit auf Grundlage zahlreicher mit der Beklagten geschlossener Verträge als sog. Personal-Service-Agentur tätig. Für in diesem Rahmen erbrachte Tätigkeiten der Insolvenzschuldnerin begehrt der Kläger Zahlung von sog. Fallpauschalen und Vermittlungsprämien.

Die Beklagte erteilte der Insolvenzschuldnerin am 05.02.2003 eine für die Dauer eines Jahres befristete Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Bl. 15 d.A.). Im Juni und August 2003 schlossen sodann die Beklagte und die Insolvenzschuldnerin insgesamt zehn gleichlautende Verträge für zehn sogenannte Lose, die jeweils als "Vertrag über die Einrichtung und den Betrieb einer Personal-Service-Agentur (PSA) auf der Grundlage des § 37c Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)" überschrieben waren. Aufgabe der Insolvenzschuldnerin war es, ausschließlich von der Beklagten vorgeschlagene Arbeitslose in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse einzustellen und für diese eine vermittlungsorientierte Arbeitnehmerüberlassung an andere Arbeitgeber durchzuführen. Dazu sollten die bei der Insolvenzschuldnerin angestellten Arbeitnehmer an andere Arbeitgeber mit dem Ziel überlassen werden, dass die Arbeitnehmer von diesen Arbeitgebern möglichst rasch in ein neues sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis übernommen werden.

Für diese Tätigkeit sollte die Insolvenzschuldnerin von der Beklagten ein Honorar erhalten, das aus einer monatlichen Fallpauschale und einer erfolgsbezogenen Integrations-/Vermittlungsprämie bestand. Die monatliche Fallpauschale sollte über einen Zeitraum von insgesamt 9 Monaten für jeden seitens der Insolvenzschuldnerin übernommenen Arbeitnehmer gezahlt werden und war degressiv gestaltet. Wegen der Einzelheiten dieser Verträge wird auf den exemplarisch von dem Kläger als Anlage K 3 eingereichten Vertrag vom 08.08.2003 (Bl. 16 ff. d.A.) Bezug genommen.

Diese Leistungen bot die Insolvenzschuldnerin der Beklagten im gesamten Bundesgebiet aufgrund von Vergabeverfahren an. Im Rahmen eines Vergabeverfahrens in B... fand am 24.03.2003 zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten, vertreten durch das Arbeitsamt B..., ein Vergabegespräch statt, dessen Inhalt protokolliert wurde. In diesem Protokoll heißt es u.a., dass es dem Bieter bekannt sei, dass die Fallpauschale nicht gewährt werden könne für volle Kalendermonate ohne Zahlung von Arbeitsentgelt. Wegen der Einzelheiten dieses Protokolls wird auf Bl. 197 f. d.A. Bezug genommen.

Des Weiteren hat die Insolvenzschuldnerin gemäß Punkt 10 des PSA-Vertrages zur Erfüllung ihrer Berichtspflichten von der Beklagten ein Merkblatt erhalten, auf dessen S. 18 der gleiche Hinweis enthalten ist, wie in dem Vergabegespräch vom 24.03.2003 in B....

Am 23.01.2004 verlängerte die Beklagte die Erlaubnis für die Insolvenzschuldnerin zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Bl. 25 d.A.). Diese Erlaubnis widerrief die Beklagte mit unangefochtenem Bescheid vom 16.02.2004 und begründete dies u.a. damit, dass am gleichen Tage das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet worden sei und die Insolvenzschuldnerin daher nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit für die Ausübung der zuvor erlaubten Tätigkeit besitze. Wegen der Einzelheiten dieses Bescheides wird auf Bl. 26 f. d.A. Bezug genommen.

Die Insolvenzschuldnerin stellte der Beklagten gleichwohl unter dem 02.02., 10.03. und 13.05.2004 Fallpauschalen für die Monate Januar und Februar 2004 in Höhe von insgesamt 788.220 € in Rechnung, die der Kläger mit einer Überzahlung seitens der Beklagten für das Los 9 i.H.v. 1.392 € verrechnete, so dass ein Betrag von 786.828 € verblieb. Wegen dieser Rechnungen wird auf Bl. 28 ff., 32 ff. und 42 d.A. Bezug genommen. Vermittlungsprämien stellte die Insolvenzschuldnerin in Höhe von insgesamt 81.084 € in Rechnung, worauf die Beklagte lediglich 4.176 € leistete, so dass der Kläger insoweit noch 76.908 € geltend macht. Wegen der Einzelheiten der Rechnungen wird auf Bl. 43 ff., 49 ff., 56 ff., 66 ff., 69 ff. d.A. Bezug genommen.

Am 01.05.2004 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg - 67c IN 46/04 - das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Bl. 11 f. d.A.). Weil die Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin seit Januar 2004 kein Arbeitsentgelt mehr erhalten hatten, zahlte die Beklagte an diese Arbeitnehmer Insolvenzgeld in Höhe von insgesamt 988.928,16 €. Mit einem erststelligen Teilbetrag dieser Forderung in der Reihenfolge der als Anlage B 3 (Bl. 140 ff. d.A.) eingereichten tabellarischen Aufstellung hat die Beklagte - nach den Feststellungen des Landgerichts - die Hauptaufrechnung gegen die Klageforderung erklärt und zwar zunächst gegen die Vermittlungsprämien in der Reihenfolge der Spezifizierung in der Klageschrift, danach gegen die Forderung auf Zahlung von Fallpauschalen in der Reihenfolge ihrer Spezifizierung in der Klageschrift.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung erteilt, obwohl ihr bekannt gewesen sei, dass die Insolvenzschuldnerin bereits Ende 2002 völlig überschuldet gewesen sei, was er im Einzelnen ausführt.

Weiter hat der Kläger behauptet, dass die Insolvenzschuldnerin entsprechend den von ihr vorgelegten Abrechnungen über Fallpauschalen und Vermittlungsprämien Arbeitnehmer in sozialversicherungspflichtige Verhältnisse eingestellt und vermittelt habe. Er hat sich hierfür auf Vermittlungsbestätigungen sowie tabellarische Aufstellungen der angestellten Arbeitnehmer berufen, die er mit Schriftsatz vom 30.06.2008 (Bl. 172 ff. d.A.) als Anlagen K 6a bis 6d, K 7a bis 7k, K 9a bis 9 f, K 10a bis 10g, K 11a bis 11k, K 12a bis 12c und K 13a bis 13 l eingereicht hat und wegen deren Einzelheiten auf die Anlagenbände I und II Bezug genommen wird.

Die Beklagte hat gerügt, dass die Klageforderung schon nicht schlüssig dargelegt sei. Sie meint, die von dem Kläger vorgelegten Rechnungen seien unsubstantiiert und nicht prüfbar.

Darüber hinaus hat sie mit detaillierten Ausführungen ihre Entscheidung, der Insolvenzschuldnerin die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern zu erteilen, verteidigt.

Die Beklagte hat schließlich die Einrede des nichterfüllten Vertrages erhoben und dies darauf gestützt, dass die Insolvenzschuldnerin ihrer Pflicht zur Lohnzahlung an die angestellten Arbeitnehmer im Januar und Februar 2004 unstreitig nicht nachgekommen sei. Sie meint, diese Pflicht stehe im Gegenseitigkeitsverhältnis zu ihrer Vergütungspflicht. Das gelte auch für die Vermittlungsprämien. Soweit es sich darüber hinaus um Teilbeträge aus der zweiten Tranche handele, die erst nach Widerruf der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung fällig geworden seien, seien diese Beträge auch aus diesem Grunde nicht geschuldet, denn die Vermittlungsprämie setze das "Nochbestehen" eines wirksamen PSA-Vertrages voraus.

Etwaige Ansprüche der Insolvenzschuldnerin seien aber jedenfalls durch die erklärte Aufrechnung erloschen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die im vollen Umfang entstandenen Ansprüche der Insolvenzschuldnerin durch Aufrechnung erloschen seien. Die Aufrechnung sei insbesondere nicht nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unwirksam, weil die Antragstellung seitens der Arbeitnehmer integraler Bestandteil der öffentlich-rechtlichen Regelung von Lohnansprüchen im Fall der Arbeitgeberinsolvenz und keine der Anfechtung unterliegende - zivilrechtliche - Rechtshandlung sei.

Nach Nr. 9 der Verträge habe ein Anspruch auf Bezahlung der Fallpauschalen für die Monate Januar und Februar 2004 in Höhe von insgesamt 786.828 € bestanden. Diese Forderung sei nicht davon anhängig, dass die Insolvenzschuldnerin die Lohnansprüche der Arbeitnehmer erfülle. Die Lohnzahlungspflicht stehe nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Pflicht der Beklagten, die Fallpauschalen zu entrichten. Das Landgericht zitiert hierfür die Ausführungen des Oberlandesgerichts Naumburg in den beiden von dem Kläger zur Akte gereichten Urteilen vom 17.09.2008 (Az.: 5 U 90/08 = Bl. 361 ff. d.A.; Az.: 5 U 72/08 = Bl. 371 ff. d.A.). Danach sei ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis im Vertrag nicht ausdrücklich vorgesehen. Auch im Wege der Auslegung ergebe sich solche ein Gegenseitigkeitsverhältnis nicht. Die Insolvenzschuldnerin sei lediglich verpflichtet gewesen, die ihr zugewiesenen Arbeitnehmer in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse einzustellen. Die Pflichten aus den solchermaßen begründenden Beschäftigungsverhältnissen träfen nur die Parteien des Arbeitsvertrages.

Es habe auch kein wirtschaftliches oder rechtliches Interesse der Beklagten bestanden, einen eigenen Anspruch auf Lohnzahlung an die Arbeitnehmer zu erhalten. Der Zweck, Befreiung von eigenen Pflichten zu Entgeltersatzleistungen zu erlangen, sei bereits mit der Übernahme in die sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse erfüllt gewesen.

Ebenso wenig deuteten Höhe und Ausgestaltung der Fallpauschalen darauf hin, dass damit auch die Lohnzahlungen der Insolvenzschuldnerin an die Arbeitnehmer hätten erreicht werden sollen. Gegen eine solche Annahme spreche insbesondere die Degression der Pauschale.

Die Zahlung der Löhne sei auch nicht der einzige finanzielle Aufwand der Insolvenzschuldnerin gewesen. So habe sie neben ihren arbeitsvertraglichen Pflichten zahlreiche weitere kostenträchtige Aufgaben zu erfüllen (Vorhaltung der Organisation). Zudem sei aus dem letzten Absatz der Nr. 9 der Verträge herzuleiten, dass die Fallpauschale nicht als Lohnkostenzuschuss gedacht gewesen sei.

Auch aus dem Verhandlungsprotokoll über die Vergabegespräche in B... folge nichts für die Argumentation der Beklagten. Eine derartige Regelung sei nicht in den Vertrag übernommen worden. Der Wortlaut des Protokolls deute auch nicht darauf hin, dass es insoweit ein einvernehmliches Ergebnis von Verhandlungen wiedergebe. Es gehe vielmehr um die Mitteilung einseitiger Vorstellungen der Beklagten, die in den Vertrag keinen Eingang gefunden hätten. Werde ein derart wichtiger Punkt nicht in den Vertrag übernommen, nötige dies nicht etwa zu der Schlussfolgerung, dass er bei Vertragsschluss übersehen worden sei; es liege ebenso nahe, dass man bei endgültiger Einigung wieder anderen Sinnes geworden sei als noch in den vorangegangenen Verhandlungen.

Der Anspruch auf Fallpauschalen sei indes durch Aufrechnung erloschen. Auf die Beklagte seien die von ihr durch Zahlung des Insolvenzgeldes in Höhe von 988.928,16 € erfüllten Arbeitsentgeltansprüche gemäß § 187 SGB III noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch die entsprechenden Anträge der betroffenen Arbeitnehmer auf Zahlung von Insolvenzgeld übergegangen. Die Aufrechnung sei nicht nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unwirksam, weil die Aufrechnungslage nicht durch eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne der §§ 129 ff. InsO entstanden sei. Der Begriff der Rechtshandlung sei zivilrechtlich zu verstehen. Unverzichtbare Komponente sei eine Willensbetätigung. Daran fehle es hier, weil das Schicksal der Lohnansprüche von Arbeitnehmern in der Insolvenz des Arbeitgebers insgesamt öffentlich-rechtlich geregelt sei. Der Anspruch auf Insolvenzgeld bestehe unabhängig vom Willen und unabhängig von einer Rechtshandlung. Zwar bedürfe es zur Geltendmachung dieses Anspruchs einer Antragstellung. Diese sei aber nicht isoliert anfechtbar, da ihr keine eigenständige Bedeutung zukomme. Der Antrag sei nur Auslöser für die Prüfung der zuständigen Behörden, ob die gesetzlichen Voraussetzung des Anspruchs auf Insolvenzgeld vorlägen.

In vergleichbaren Fällen habe dies die höchstrichterliche Rechtsprechung ähnlich gesehen. Das Landgericht hat sich hierfür auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 16.10.2008 (Az.: VII B 17/08) sowie des Bundessozialgerichts vom 15.12.1994 (ZIP 1995, 396 ff.) berufen, die es im Einzelnen referiert. Anknüpfungspunkt für die rechtliche Beurteilung sei auch nach diesen Entscheidungen nicht die Antragstellung als willentliche Rechtshandlung der Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin, sondern die in § 187 SGB III angeordnete cessio legis.

Die Unzulässigkeit der Aufrechnung könne auch nicht damit begründet werden, die Beklagte habe die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung zu einem Zeitpunkt erteilt bzw. verlängert, zu dem die Insolvenzschuldnerin bereits für die Beklagte erkennbar überschuldet gewesen sei. Die Erteilung einer beantragten Genehmigung in einem Verwaltungsverfahren sei ebenfalls keine anfechtbare Rechtshandlung. Außerdem habe die Beklagte hierdurch nicht eine Sicherung oder Befriedigung im Sinne der §§ 130 ff. InsO erlangt. Der Zeitpunkt der Überschuldung sowie deren Erkennbarkeit seien daher unerheblich.

Der Anspruch auf Vermittlungsprämien sei ebenfalls durch die Aufrechnung erloschen. Diese Vermittlungsprämien habe die Insolvenzschuldnerin zwar verdient. Der Anspruch umfasse insbesondere nicht lediglich die bis zur Vertragsbeendigung am 16.02.2004 entstandenen Prämien, sondern auch die erst nach diesem Zeitpunkt fällig gewordenen zweiten Tranchen. Dies ergebe sich unmittelbar aus Nr. 4 des Vertrages. Diese Klausel differenziere nicht danach, ob die Laufzeit des Vertrages durch Zeitablauf oder gemäß Nr. 14 des Vertrages durch Kündigung oder durch Wegfall der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung ende. Anspruchsbegründend sei vielmehr die Vermittlung des Abreitnehmers. Dass die weitere Bedingung des mindestens sechsmonatigen Verbleibs in der vermittelten Beschäftigung erst nach Beendigung des Vertrags eingetreten sei, habe daher keine Auswirkungen auf den Anspruch der Insolvenzschuldnerin. Die Aufrechnung erfasse deshalb die Vermittlungsprämien, soweit sich die Ansprüche auf Prämienzahlung und die übergegangen Ansprüche auf Arbeitsentgelt bereits im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung aufrechenbar gegenüber gestanden hätten. Aus § 95 InsO ergebe sich ferner, dass die Aufrechnung aber auch zulässig sei, soweit sie die erst nach Eröffnung der Insolvenz fällig gewordene zweite Tranche betreffe. Bei aufschiebend bedingten Ansprüchen könne die Aufrechnung auch noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen. Sie sei nur ausgeschlossen, wenn die Forderung, gegen die aufgerechnet werden solle, unbedingt und fällig werde, bevor die Aufrechnung erfolgen könne. Hier aber habe die Aufrechenbarkeit nach § 187 SGB III ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden. Die Wirkung der Aufrechnung sei jeweils mit Fälligkeit der zweiten Tranche einer Vermittlungsprämie eingetreten. Der in der Literatur vertretenen Gegenauffassung, wonach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO erweiternd ab Bedingungseintritt auch in dem Fall anzuwenden sei, dass zunächst lediglich die Forderung der Masse bedingt gewesen sei, sei der Bundesgerichtshof entgegengetreten (BGHZ 160, 1).

Schließlich hat das Landgericht noch ausgeführt, dass sich aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 19.02.2008 (Bl. 107 d.A.) sowie der Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.09.2008 (Bl. 278 d.A.) ergebe, dass diese ausdrücklich die "Prinzipalaufrechnung" erklärt habe.

Gegen dieses - dem Kläger am 14.01.2009 zugestellte (Bl. 417 d.A.) - Urteil wendet er sich mit am 10.02.2009 (Bl. 420 f.) eingelegter und am 13.03.2009 (Bl. 429 ff. d.A.) begründeter Berufung.

Er rügt, das Landgericht habe verkannt, dass die Aufrechnung der Beklagten nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unwirksam sei. Das Schicksal der Lohnansprüche der Arbeitnehmer in der Insolvenz des Arbeitgebers sei nicht insgesamt öffentlich-rechtlich geregelt. Der zivilrechtliche Charakter des Anspruchs auf Arbeitsentgelt bleibe auch in der Insolvenz erhalten. Ferner sei der Insolvenzgeldantrag für das Entstehen des Anspruchs konstitutive Voraussetzung. Es handele sich um einen Grundsatz des allgemeinen Verwaltungs- und des Sozialrechts (§ 19 SGB IV i.V.m. § 189 SGB III). Der Antrag sei aber auch ohnedies eine Rechtshandlung im Sinne von § 129 InsO. Es handele sich um eine einseitige Willenserklärung.

Die von dem Landgericht herangezogenen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs und des Bundessozialgerichts seien hier nicht einschlägig. Im Übrigen zitiert der Kläger einen Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Az.: 10 U 26/08 = Bl. 292 ff. d.A.) und begründet mit den dort aufgeführten Argumenten die Unzulässigkeit der Aufrechnung.

Ferner beruft sich der Kläger auf weitere oberlandesgerichtliche Entscheidungen, die seine Auffassung stützen. Soweit allerdings das OLG Celle entschieden habe, dass dem Anspruch auf Zahlung von Fallpauschalen die Einrede des § 320 BGB entgegenstehe und dies damit begründet habe, dass in Nr. 9 der PSA-Verträge die Höhe der Fallpauschalen in Abhängigkeit davon, ob der Arbeitnehmer in Vollzeit oder Teilzeit beschäftigt sei, unterschiedlich geregelt werde, überzeuge dies nicht. Das OLG Celle stelle nur auf die Vorstellungen der Beklagten ab.

Der Kläger beantragt,

das am 09.01.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin - 3 O 374/07 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 863.736 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 274.572 € seit dem 29.02.2004, auf weitere 30.972 € seit dem 02.03.2004, auf weitere 510.864 € seit dem 31.03.2004, auf weitere 16.008 € seit dem 17.05.2004, auf weitere 12.876 € seit dem 23.07.2005, auf weitere 3.480 € seit dem 10.01.2005 und weitere 13.572 € seit dem 31.01.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es die Wirksamkeit der Aufrechnung bejaht hat, und wiederholt sowie vertieft dazu ihre erstinstanzlichen Ausführungen. Ergänzend führt sie an, dass die Annahme einer anfechtbaren Rechtshandlung in dem Antrag auf Insolvenzgeld dazu führe, dass der Rechtsgrund für die Insolvenzgeldzahlung wegfiele, so dass die jeweiligen Arbeitnehmer regelmäßig unter Bereicherungsgesichtspunkten das an sie gezahlte Insolvenzgeld zurückzahlen müssten. Zudem gehe zwar der Arbeitsentgeltanspruch mit Antragstellung auf die Beklagte über. Dies betreffe aber nur das Stammrecht. Der Übergang sei durch die Leistung der Bundesanstalt aufschiebend bedingt. Werde nicht geleistet, falle der Anspruch an den Arbeitnehmer zurück. Die Aufrechnungslage trete daher erst mit Zahlung des Insolvenzgeldes ein.

Zwar habe nach der Mehrheitsmeinung ("schuldrechtliche" Theorie) die Insolvenzanfechtung nicht die Nichtigkeit der Rechtshandlung zur Folge. Doch begründe die Anfechtung einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr des Objektes der Anfechtung. Das Anfechtungsrecht gehe, soweit man von der Anfechtbarkeit des Antrages ausgehe, auf die Masse und damit auf den Insolvenzverwalter über. Dieser habe aber unter keinem Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung von Insolvenzgeld. Dies aber zeige, dass die Antragstellung nicht die anfechtbare Rechtshandlung sein könne.

Im Übrigen sei das angefochtene Urteil aber fehlerhaft. Ein Anspruch auf Zahlung der Fallpauschalen bestehe nicht, denn diese Pflicht der Beklagten stehe im Synallagma zu der Pflicht der Insolvenzschuldnerin, an die ihr zugewiesenen Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen. In diesem Zusammenhang rügt die Beklagte, dass das Landgericht die Regelungen des AÜG nicht hinreichend gewürdigt habe. Ignoriert worden sei, dass die Beschäftigungsverhältnisse, die die Insolvenzschuldnerin mit den ihr zugewiesenen Arbeitnehmern einzugehen vertraglich gegenüber der Beklagten verpflichtet war, gemäß Nr. 7 Abs. 1 der PSA-Verträge den Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zu entsprechen hatten. Nur das Beschäftigungsverhältnis, in dem das Arbeitsentgelt auch gezahlt werde, entspreche den Regeln des AÜG. Diese Hauptpflicht aus dem AÜG sei auch in den Vertrag transponiert worden. Ein Verstoß gegen diese Pflicht werde nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 in Verbindung mit § 5 AÜG mit dem Widerruf der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung sanktioniert. Durch die Einbeziehung dieser Bestimmung in den Vertrag werde aber die Erfüllung der Lohnforderung der Leiharbeitnehmer zur synallagmatischen Hauptpflicht der Personal-Service-Agentur.

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie hat jedoch nur im Hinblick auf die begehrten Vermittlungsprämien Erfolg. Hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung der Fallpauschalen ist das Rechtsmittel unbegründet.

1. Der Kläger kann einen Anspruch der Insolvenzschuldnerin auf Zahlung der Fallpauschalen für die Monate Januar und Februar 2004 nach § 103 Abs. 1 InsO nicht durchsetzen, weil er nicht Erfüllung des zwischen den Parteien geschlossenen PSA-Vertrages gewählt hat und der Vertrag von beiden Parteien noch nicht erfüllt ist.

Gemäß § 103 Abs. 1 InsO verlieren noch nicht erfüllte im Gegenseitigkeitsverhältnis zu einander stehende vertragliche Ansprüche mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens - wegen der beiderseitigen Nichterfüllungseinreden der Vertragspartner nach § 320 BGB - ihre Durchsetzbarkeit (grundlegend dazu BGH, Urteil vom 25.04.2002 - IX ZR 313/99 - Rn. 24 zit. nach juris = BGHZ 150, 353, 359).

a) Die Insolvenzschuldnerin und die Beklagte haben unstreitig Verträge geschlossen, aus deren Punkt 9 sich ein Anspruch der Insolvenzschuldnerin gegen die Beklagte auf Zahlung der Fallpauschalen ergibt. Das Bestehen dieses Anspruchs für die Monate Januar und Februar 2004 hat der Kläger spätestens mit der Vorlage der Anlagen K 6a bis 6d, K 7a bis 7k und K 8 und den darin u.a. enthaltenen Listen der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer hinreichend substantiiert und schlüssig vorgetragen. Die Beklagte, die selbst der Insolvenzschuldnerin die einzustellenden Arbeitnehmer zugewiesen hat, ist durch die tabellarische Aufstellung des Klägers in Verbindung mit den eingereichten Rechnungen in die Lage versetzt, die Rechnungen und den damit verbundenen Tatsachenvortrag zu prüfen. Da der Umstand der Zuweisung und Einstellung der Arbeitnehmer bei der Insolvenzschuldnerin überdies eine in ihr Wissen gestellte Tatsache darstellt, darf sie sich zudem nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken (§ 138 Abs. 4 ZPO).

Den Anspruch der Insolvenzschuldnerin auf Zahlung der Fallpauschalen hat die Beklagte nicht erfüllt.

b) Umgekehrt hat die Beklagte aus diesen PSA-Verträgen gegen die Insolvenzschuldnerin einen von dieser bezogen auf die Monate Januar und Februar 2004 nicht erfüllten Anspruch auf Zahlung der Arbeitsentgelte an die von der Beklagten zugewiesenen Arbeitnehmer, der im Gegenseitigkeitsverhältnis zu dem Anspruch der Insolvenzschuldnerin auf Zahlung der Fallpauschalen steht.

Dass es sich bei der Lohnzahlungspflicht an die Arbeitnehmer der Personal-Service-Agentur um eine im Synallagma zu der Vergütungspflicht der Beklagten stehende Pflicht handelt, folgt zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der PSA-Verträge. Jedoch ergibt die Auslegung dieser Verträge gemäß §§ 133, 157 BGB, dass die Pflicht der Beklagten, die Fallpauschalen zu zahlen, davon abhängen sollte, dass die Insolvenzschuldnerin auch die Löhne an ihre Arbeitnehmer zahlt.

aa) Nach dem Wortlaut der PSA-Verträge war die Insolvenzschuldnerin gegenüber der Beklagten lediglich verpflichtet, mit den zugewiesenen Arbeitslosen sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse einzugehen (Nr. 7 der PSA-Verträge). Soweit die Beklagte meint, schon aus dem Umstand, dass diese Arbeitsverhältnisse den Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unterliegen sollten, folge, dass auch ihr gegenüber die Lohnzahlungspflicht der Insolvenzschuldnerin bestanden habe, vermag der Senat sich dem indes nicht anzuschließen.

Die von der Beklagten zitierten Normen des AÜG (§§ 3 und 5 AÜG) enthalten lediglich Bestimmungen über die Versagung und den Widerruf der Erlaubnis nach diesem Gesetz. Aus diesen Regelungen kann aber nicht geschlossen werden, dass es sich bei der Lohnzahlung an die Arbeitnehmer um eine Pflicht gerade gegenüber der Beklagten handelt. Diese hat vielmehr die Möglichkeit, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, die Erlaubnis nach dem AÜG zu widerrufen. Der Widerruf der Erlaubnis nach dem AÜG zieht zudem nach den Bestimmungen in Nr. 14 der PSA-Verträge automatisch die Beendigung der Verträge nach sich. Mit dem Verweis auf das AÜG geht es mithin in erster Linie darum, die dortigen Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Personal-Service-Agentur zum Vertragsinhalt zu machen und Voraussetzungen für die Wirksamkeit des jeweiligen PSA-Vertrages zu begründen.

bb) Hierbei kann die Auslegung der PSA-Verträge jedoch nicht stehen bleiben. Diese ergibt vielmehr, dass es der Beklagten, entgegen der Meinung des Klägers, der insbesondere das Oberlandesgericht Naumburg (so in den Urteilen vom 17.09.2008 - 5 U 72/08 - und - 5 U 90/08 -; ferner wortgleich: KG, Urteil vom 26.03.2009 22 U 152/08 -) gefolgt ist, nicht an einem eigenen rechtlichen Interesse fehlt, einen eigenen Anspruch auf Lohnzahlung an die Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin zu erwerben.

aaa) Für die Annahme solch eines eigenen Interesses kann freilich nicht allein darauf abgestellt werden, dass die Beklagte von eigenen Pflichten zu Entgeltersatzleistungen befreit werden wollte. Abgesehen davon, dass dieser Zweck bereits mit der Einstellung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse erreicht worden ist, muss es sich nämlich bei den zugewiesenen Arbeitslosen nicht einmal um solche gehandelt haben, die Anspruch auf Lohnersatzleistungen haben, da das Gesetz den Begriff des Arbeitslosen nicht an den Bezug von Lohnersatzleistungen knüpft (Lange in: Peters-Gagel, SGB III, 34. Ergänzungslieferung, 2009, § 37c Rn. 20, zit. nach beck-online, str.).

bbb) Die Beklagte ist allerdings nach § 37 c SGB III nicht nur im eigenen Interesse tätig geworden, sondern hatte einen gesetzlichen Auftrag auch im öffentlichen Interesse zu erfüllen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Einrichtung einer Personal-Service-Agentur nach § 37c Abs. 1 S. 1 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung durch die Beklagte sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund ist entscheidend, dass sich das Interesse der Beklagten an einem eigenen Anspruch auf Lohnzahlung an die der Insolvenzschuldnerin zugewiesenen Arbeitnehmer aus dem mit den geschlossenen PSA-Verträgen verfolgten Sinn und Zweck ergibt.

Die Fallpauschalen haben Subventionscharakter. Mit den Fallpauschalen beteiligt sich die Beklagte an den Lohnkosten der Personal-Service-Agentur und schafft dadurch einen Anreiz, Arbeitslose einzustellen (so ausdrücklich Lange in: Peters-Gagel, SGB III, 34. Ergänzungslieferung 2009, § 37c Rn. 16 m.N., zit. nach beck-online). Damit ist auch klar, dass nicht die Personal-Service-Agenturen als solche, sondern die Beschäftigung der Arbeitnehmer in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen gefördert und die mit der Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin zu den Lohnzahlungen verbundenen Folgen abgemildert werden sollten. Die Fallpauschalen sollten mithin in einem nicht unerheblichen Maße dazu beitragen, der Personal-Service-Agentur gerade die Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer zu ermöglichen.

Die von dem Kläger gegen diese Auffassung des Senats angeführte Argumentation des Oberlandesgerichts Stuttgart in dessen als Anlage K 29 (Bl. 516 ff. d.A.) vorgelegter Entscheidung vom 17.06.2009 (9 U 124/08) überzeugt demgegenüber nicht, soweit dort eine Subventionierung der Lohnzahlungen an die zugewiesenen Arbeitnehmer verneint wird. Das OLG Stuttgart meint, eine Lohnsubvention liefe auf eine Perpetuierung des geförderten Arbeitsverhältnisses hinaus (Bl. 525 d.A.). Es leuchtet jedoch nicht ein, warum eine zeitlich begrenzte und degressiv gestaltete Lohnsubvention auf eine Perpetuierung der Arbeitsverhältnisse hinauslaufen soll. Im Gegenteil: Die Degression und die zeitliche Begrenzung der Zahlung der Fallpauschalen schafften einen weiteren Anreiz, nämlich den der möglichst raschen Vermittlung der zugewiesenen Arbeitlosen. Dies sowie der Umstand, dass die Personal-Service-Agentur neben den Lohnkosten auch weitere Verwaltungskosten und auch Aufwand für Qualifizierungsmaßnahmen hatte, schließt den Lohnsubventionszweck aber nicht aus. Eine Subvention ist regelmäßig keine Vollsubvention in dem Sinne, dass sämtliche Kosten bzw. sämtlicher Aufwand des Subventionsempfängers abgefangen werden sollen. Subventionen sollen aber einen Anreiz schaffen, eine als wünschenswert angesehene Tätigkeit (meist Investitionen) überhaupt erst zu entfalten. Hier ging es zunächst darum, einen Anreiz zu schaffen, die zugewiesenen Arbeitslosen in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse einzustellen, ohne dass diese auf ihre Qualifikation und Vermittelbarkeit überprüft wurden. Dies konnte nur dadurch erreicht werden, dass der Hauptanteil der durch die Einstellung entstehenden Kosten und damit der Lohn subventioniert wird (so auch ausdrücklich Reipen, BB 2003, 787, 788 sowie Lange in: Peters-Gagel, a.a.O.). Eine Pflicht zur Einstellung der zugewiesenen Arbeitnehmer bestand mangels Kontrahierungszwangs für die Personal-Service-Agentur nämlich nicht (vgl. u.a. Bolay/Eisenreich/Isele, Die neue Arbeitsförderung, 2. Aufl., 2005, Rn. 99). Aufgrund des bereits mit der Anstellung von Arbeitslosen verbundenen wirtschaftlichen Risikos, Lohn zahlen zu müssen, ohne die Arbeitnehmer an Entleiher vermitteln zu können, wird ein Privatunternehmen nicht bereit sein, ohne Beteiligung an den Lohnkosten als Personal-Service-Agentur tätig zu werden.

Mit Rücksicht auf diesen Subventionszweck wird ferner deutlich, dass nicht - wie der Kläger meint - lediglich die Vermittlung der Arbeitnehmer an andere Arbeitgeber gefördert werden sollte, indem die Insolvenzschuldnerin ihre Arbeitnehmer zu besonders günstigen Konditionen an Entleiher überlassen konnte. Vielmehr handelt es sich dabei nur um eine Reflexwirkung der Beteiligung der Beklagten an den Lohnkosten. Die Lohnsubvention mag im Ergebnis dazu führen, dass die PSA für ihre Vermittlung an Entleiher geringere Vermittlungsprovisionen als ihre Konkurrenz verlangen kann. Dieser gewiss vom Gesetzgeber gebilligte Effekt wird durch die Beteiligung an den Lohnkosten aber überhaupt erst möglich. Nur wenn es sich bei den Fallpauschalen um eine Beteiligung an den Lohnkosten handelt, ist die PSA in die Lage versetzt, ihre Arbeitnehmer zu günstigeren Konditionen an Entleiher zu überlassen.

Der Zusammenhang zwischen den im PSA-Vertrag übernommenen Rechten und Pflichten mit diesem Subventionsgedanken kommt in verschiedenen Regelungen des Vertrages zum Ausdruck. So heißt es in Nr. 14 des PSA-Vertrages, dass zu Unrecht gewährte Förderleistungen des Arbeitsamtes von der Personal-Service-Agentur zu erstatten sind. Da aber in Nr. 9 des Vertrages des weiteren geregelt ist, dass die Gewährung weiterer (also über das vereinbarte Honorar für die PSA-Tätigkeit hinausgehender) Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung (z.B. Lohnkostenzuschüsse) nicht möglich sind, ist zweierlei klar gestellt: Zum einen bezieht sich der Erstattungsanspruch nach Nr. 14 des Vertrages auf das an die Personal-Service-Agentur gezahlte Honorar, mithin gerade auf die Fallpauschalen und nicht auf andere Förderleistungen. Zum anderen ist damit deutlich gemacht, dass beide Parteien auch von dem Subventionscharakter der von der Beklagten geschuldeten Vergütung ausgegangen sind.

Das damit aus der Aufgabe der Beklagten im Rahmen des § 37 c SGB III und dem Subventionscharakter der an die Personal-Service-Agentur zu zahlenden Fallpauschalen folgende Ziel konnte die Beklagte aber nur durch die Begründung einer gerade ihr gegenüber bestehenden Verpflichtung der Personal-Service-Agentur, die als Lohnkostenbeteiligung gedachten Fallpauschalen zweckentsprechend zur Zahlung der Löhne an ihre Arbeitnehmer zu verwenden, erreichen. Die Möglichkeit des Widerrufs der Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung hilft hierbei nicht, denn der Widerruf wirkt nur für die Zukunft. Ebenso wenig wird die Möglichkeit eines bereicherungsrechtlichen Rückgriffs oder eines auf die Regelung in Nr. 14 der PSA-Verträge gestützten vertraglichen Rückerstattungsanspruchs dem dargelegten Subventionscharakter der Fallpauschalen und dem von der Beklagten zu schützenden öffentlichen Interesse gerecht.

Vor diesem Hintergrund kann der PSA-Vertrag von einem redlichen Vertragspartner auch aus objektiver Sicht nur so verstanden werden, dass die mit der Zahlung der Fallspauschalen gewährten öffentlichen Subventionen gerade von der Erfüllung der Lohnzahlungsverpflichtung an die Arbeitnehmer abhängen sollten.

ccc) Überdies ist die Insolvenzschuldnerin in dem Vergabegespräch in B... vom 24.03.2003 auf den hier dargelegten Subventionszweck hingewiesen worden, in dem die Beklagte klargestellt hat, dass die Fallpauschalen nur bei Lohnzahlungen an die zugewiesenen Arbeitnehmer gewährt werden können. Der Kläger kann sich insoweit nicht darauf zurückziehen, dass dieses Vergabegespräch andere Verhandlungspartner betroffen habe. Vertragspartner sind in B... ebenso wie im vorliegenden Fall die Insolvenzschuldnerin einerseits und die Beklagte andererseits geworden. Insbesondere ist nach dem eigenen Vortrag des Klägers auch in B... der PSA-Vertrag mit der Beklagten geschlossen worden. Auf Seiten der Beklagten handelte es sich zwar um eine örtliche Arbeitsagentur. Die Beklagte ist jedoch eine bundesunmittelbare Körperschaft nach § 367 Abs. 1 SGB III deren örtliche Agenturen keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen. Dies galt auch schon nach § 367 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung, lediglich mit dem Unterschied, dass die bundesunmittelbare rechtsfähige Körperschaft damals noch als Bundesanstalt für Arbeit bezeichnet wurde.

Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wissenszurechnung bei juristischen Personen muss sich die Insolvenzschuldnerin die Kenntnis aus diesem Vergabegespräch zurechnen lassen. Danach soll, wer mit einer juristischen Person einen Vertrag eingeht, deren Kenntnisse wegen arbeitsteiliger Handlungsweisen bei verschiedenen Personen oder Abteilungen aufgespalten sind, nicht schlechter gestellt werden, als wenn er es nur mit einer einzigen natürlichen Person zu tun hätte. Handelt es sich daher um "typischerweise aktenmäßig festgehaltenes" Wissen, gilt als Wissensvertreter jeder, der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei angefallenen Informationen zur Kenntnis zu nehmen sowie gegebenenfalls weiterzuleiten. Er braucht dabei weder zum rechtsgeschäftlichen Vertreter noch zum "Wissensverteter" ausdrücklich bestellt zu sein. Der Geschäftsherr muss sich nur dieses "Wissensvertreters" im rechtsgeschäftlichen Verkehr wie eines Vertreters bedienen, so dass bei rein interner Beratung des Geschäftsherrn die sinngemäße Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB ausscheidet (so der BGH bereits zuvor im Urteil vom 24.01.1992 - V ZR 262/90 - Rn. 11, zit. nach juris; ferner im Urteil vom 02.02.1996 - V ZR 239/94 - Rn. 20, zit. nach juris). Es kommt mithin nicht entscheidend darauf an, dass der Wissensvertreter eigenverantwortlich handelt, vielmehr auf die Verfügbarkeit derjenigen Informationen, die "typischerweise aktenmäßig festgehalten" werden (BGH, Urteil vom 02.02.1996 - V ZR 239/94 - Rn. 20, zit. nach juris).

Nach diesen Grundsätzen ist der Insolvenzschuldnerin in sinngemäßer Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB das Wissen des für sie am Vergabegespräch in B... vom 24.03.2003 Beteiligten zuzurechnen.

Zum einen hat sich die Insolvenzschuldnerin des Gesprächsteilnehmers, ganz gleich ob dieser Geschäftsführer war oder nicht, wie eines Vertreters bedient. Davon, dass der Teilnehmer an dem Vergabegespräch nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen war, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant diese Aufgabe in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei angefallenen Informationen zur Kenntnis zu nehmen sowie gegebenenfalls weiterzuleiten, kann ausgegangen werden.

Zum anderen handelt es sich bei dem Inhalt des Vergabegesprächs auch um "typischerweise aktenmäßig festgehaltenes" Wissen, weil ein Gesprächsprotokoll gefertigt und der Insolvenzschuldnerin unstreitig zur Verfügung gestellt worden ist.

ddd) Bei dieser Sachlage bedurfte es auch keiner ausdrücklichen Erwähnung dieser Bedingung mehr in den später geschlossenen PSA-Verträgen. Die Schlussfolgerung des Klägers - gestützt auf die bereits zitierten Entscheidungen des OLG Naumburg -, der Wortlaut des Protokolls deute nicht auf ein einvernehmliches Ergebnis von Verhandlungen hin, sondern stelle vielmehr lediglich die Mitteilung einer einseitigen Vorstellung der Beklagten dar und habe auch deshalb keine Bedeutung für die Auslegung des Vertrages, weil die fehlende Aufnahme eines derart wichtigen Punktes in den Vertrag zu der Schlussfolgerung führe, dass man bei der endgültigen Einigung wieder anderen Sinnes als noch in den vorangegangenen Verhandlungen geworden sei, ist keineswegs zwingend.

Diese Argumentation übersieht, dass die Beklagte mit dem Hinweis in dem Vergabeprotokoll klargestellt hat, wie die bundeseinheitlich abzuschließenden PSA-Verträge mit Rücksicht auf den gesetzgeberischen Auftrag in § 37c SGB III sowie den hier dargelegten und dem Vertrag immanenten Subventionszweck zu verstehen sind. Die sich aus dem Zweck des PSA-Vertrages ergebende, in dem Vergabeprotokoll vom 24.04.2003 lediglich klargestellte Verknüpfung zwischen der Zahlung der Fallpauschalen und den Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin ist daher bei der Auslegung auch ohne eine ausdrückliche Erwähnung im Vertragstext zu berücksichtigen.

Entgegen der Auffassung des Klägers sind derartige Konstruktionen dem Zivilrecht auch nicht fremd. So ist beispielsweise in der höchstrichterlichen Rechsprechung sowie in der Lehre seit langem anerkannt, dass Leasingverträgen der Grundsatz der Vollamortisation vertragsimmanent ist, ohne dass dies in dem Leasingvertrag ausdrücklich erwähnt zu werden braucht.

Bereits deshalb kann aus einer fehlenden ausdrücklichen Bestimmung nicht darauf geschlossen werden, die Klägerin sei im Laufe der Verhandlungen anderen Sinnes geworden. Der Text des Vergabeprotokolls vom 24.03.2003 deutet auch nicht auf eine nur einseitig gebliebene Vorstellung der Beklagten hin, denn dort heißt es, dass es dem Bieter bekannt sei, dass die Fallpauschale nicht gewährt werden könne, wenn das Arbeitsentgelt nicht gezahlt werde. Es ist weder vorgetragen noch gibt es sonst Anhaltspunkte dafür, dass die Insolvenzschuldnerin dem in der Folgezeit widersprochen hätte.

Ein Auslegungsvertrauen der Insolvenzschuldnerin dahin, dass die Beklagte wegen der fehlenden Aufnahme einer entsprechenden ausdrücklichen Vertragsklausel in den Vertrag von der Annahme eines Gegenseitigkeitsverhältnisses Abstand nehmen wollte, konnte aus Sicht eines redlichen Vertragspartners aus all diesen Gründen nicht entstehen. Darüber hinaus hat die Beklagte in allen mit der Insolvenzschuldnerin eingegangenen Vertragsbeziehungen zusätzlich in ihrem Merkblatt "Web-Anwendung für das Berichtswesen/die Dokumentation nach Ziffer 10 des PSA-Vertrages, für das Controlling sowie die Evaluation des neuen arbeitsmarktpolitischen Instruments" darauf hingewiesen (Bl. 397 d.A.), dass sie an ihrer Lesart des Vertrages festhält. Dort heißt es ausdrücklich: "Sie wurden in den Verhandlungsgesprächen mit Ihrem Arbeitsamt darauf hingewiesen, dass die Fallpauschale für volle Kalendermonate ohne Zahlung von Arbeitsentgelt nicht gewährt werden kann."

Dabei kann dahinstehen, ob dieses Merkblatt Vertragsinhalt geworden ist. Es belegt immerhin, dass die Beklagte für die Insolvenzschuldnerin erkennbar an ihrer Lesart der PSA-Verträge festgehalten hat.

Dies gilt auch, soweit teilweise in die PSA-Verträge, die die Insolvenzschuldnerin mit anderen als der hier beteiligten örtlichen Agentur für Arbeit geschlossen hat, ausdrücklich auch der Passus aus dem Vergabeprotokoll vom 24.03.2003 oder ein ähnlich lautender, inhaltsgleicher Text aufgenommen wurde, wie sich dies - anders als noch dem der Senatsentscheidung vom 01.07.2009 (4 U 142/08) zugrunde liegenden Sachverhalt - nunmehr aus der vorgelegten Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 08.05.2009 - I-12 U 12/09 - (B. 490 ff. d.A.) ergibt. Dieser Gesichtspunkt könnte aber allenfalls relevant werden, wenn das von dem Senat angenommene Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen Lohnzahlungspflicht und Pflicht zur Zahlung der Fallpauschalen allein im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gewonnen werden könnte (so neben den bereits zitierten Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte insbesondere auch OLG Hamm, Urteil vom 27.04.2009 -I-5 U 200/08; Urteil vom 08.5.2009 - I-12 U 100/08; OLG München, Urteil vom 19.03.2009 - 14 U 556/08; a.A. OLG Celle, Urteil vom 07.05.2009 -5 U 97/08). Das Gegenseitigkeitsverhältnis ergibt sich hier aber unmittelbar aus dem Vertrag, insbesondere dem ihm immanenten und in einigen vertraglichen Bestimmungen auch zum Ausdruck kommenden, der Insolvenzschuldnerin bekannten Zweck. Danach hatten die Hinweise in dem Vergabeprotokoll und dem Merkblatt nur klarstellenden Charakter. Folgerichtig hat eine ausdrückliche Bestimmung des Gegenseitigkeitsverhältnisses in manchen PSA-Verträgen ebenfalls nur klarstellende Bedeutung.

Ein redlicher Vertragspartner kann bei dem offenkundigen Subventionszweck der Fallpauschalen und der sich daraus ergebenden Verknüpfung mit der eigenen Lohnzahlungspflicht, insbesondere auch dann, wenn er von der anderen Vertragspartei darauf hingewiesen wird, dass Fallpauschalen nicht gewährt werden, wenn die Arbeitsentgelte nicht gezahlt werden, nicht davon ausgehen, dass in den PSA-Verträgen, die dies nicht ausdrücklich erwähnen, dies nicht gelten soll, nur weil in einige andere PSA-Verträge diese Regelung ausdrücklich aufgenommen worden ist. Durch die unterschiedliche Handhabung der einzelnen örtlichen Arbeitsagenturen bzw. der damaligen Arbeitsämter bei der Vergabe bzw. bei dem jeweiligen Vertragsschluss entfällt dieser vertragsimmanente Zweck nicht. Es gibt keinen erkennbaren Grund, warum die Zahlung der Fallpauschalen bei einigen Arbeitsämtern von der Zahlung des Lohnes an die Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin abhängen sollte und bei anderen nicht. Vielmehr stand das Gegenseitigkeitsverhältnis der Pflicht zur Zahlung der Fallpauschalen zu den Lohnzahlungspflichten der Insolvenzschuldnerin wegen des erkennbar im öffentlichen Interesse stehenden Subventionszwecks der Fallpauschalen gar nicht zur Disposition der jeweiligen örtlichen Agentur bzw. Arbeitsämter der Beklagten. Nichts anders hat die Beklagte aber mit der protokollierten Mitteilung in dem Vergabegespräch deutlich gemacht.

Schließlich greift auch nicht das von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Argument, der Hinweis im Vergabeprotokoll bedeute praktisch ein "Alles-oder-nichts-Prinzip", weil dort die Rede davon sei, dass die Fallpauschalen nur bei Zahlung der Arbeitsentgelte für volle Kalendermonate gewährt werde und damit schon bei der Nichtzahlung des Lohnes für nur einen Tag, kein Anspruch mehr auf die Fallpauschale bestünde, obwohl der ganz überwiegende Teil der Lohnzahlungspflicht erfüllt sei. Abgesehen davon, dass vom Wortsinn der Formulierung, die Fallpauschale könne für volle Kalendermonate ohne Zahlung von Arbeitsentgelt nicht gewährt werden, auch die Deutung erfasst ist, dass die Fallpauschale ggf. nur anteilig gezahlt werden kann, wenn die Lohnzahlungspflicht (teilweise) nicht erfüllt wird, ist diese Formulierung im Zusammenhang mit dem Vertragstext, insbesondere mit den Regelungen in Nr. 9 der PSA-Verträge, zu sehen. Nach Nummer 9 der PSA-Verträge sind die Fallpauschalen für Kalendermonate zu zahlen. Als Kalendermonat sollte jeweils der volle Monat gelten, unabhängig davon, ob die Beschäftigung am Anfang, im Verlauf oder am Ende des Monats aufgenommen oder beendet wurde (Bl. 19 d.A.). Diese Bestimmung stellt klar, dass der volle Vergütungsanspruch auch dann bestehen sollte, wenn die Beschäftigung der Arbeitnehmer nicht über den gesamten Kalendermonat andauerte. Die Formulierung des Vergabeprotokolls macht demgegenüber nur deutlich, dass dieser Grundsatz gerade nicht gelten sollte, wenn die Löhne nicht gezahlt werden, nicht aber, dass überhaupt keine Fallpauschalen gezahlt werden sollten, wenn der Lohn nur anteilig an die Arbeitnehmer gezahlt würde, wie beispielsweise im Krankheitsfall. Diese anteilige Verknüpfung zwischen Lohnzahlung und den Fallpauschalen ist auch im dritten Absatz der vertraglichen Regelungen in Nr. 9 verankert, wo es heißt, dass der Grundbetrag der dort aufgeführten Fallpauschale von 1.200 € nur für Vollzeitarbeitsverhältnisse gelte und dieser bei Teilzeitarbeitsverhältnissen zu kürzen sei.

2. Der Kläger kann aber von der Beklagten die Zahlung der Vermittlungsprämien aufgrund des jeweiligen PSA-Vertrages i.V.m. §§ 241 Abs. 1, 311 Abs. 1 BGB i.H.v. 76.908 € verlangen.

a) Der Kläger hat hinreichend substantiiert dargelegt, welche Arbeitnehmer von der Insolvenzschuldnerin zu welchen Zeitpunkten dauerhaft in andere Arbeitsverhältnisse vermittelt worden sind. Durch die Vorlage der Anlagen K 9a bis 9f, K 10a bis 10g, K 11a bis 11 k, K 12a bis 12c und K 13a bis 13l sind die Anspruchsvoraussetzung schlüssig und hinreichend substantiiert dargelegt, und nachgewiesen. Auf die Darlegungen unter II. 1. b) aa) der Gründe wird Bezug genommen.

b) Dafür, dass auch die Zahlung der Vermittlungsprämien - wie die Fallpauschalen - von den Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer durch die Insolvenzschuldnerin abhing, fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt. Bei diesem Entgelt steht nicht der Subventionscharakter im Vordergrund, vielmehr handelt es sich um eine Vergütung für die erfolgreiche Vermittlung von Arbeitnehmern in dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse, mithin um eine Art Provision.

c) Es ist auch unerheblich, dass der zwischen den Parteien geschlossene PSA-Vertrag seit der Bekanntgabe des Bescheides über den Widerruf der Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung vom 16.02.2004 unwirksam ist, denn sämtliche von dem Kläger aufgeführten Vermittlungen stammen aus der Zeit vor dem Widerruf der Erlaubnis nach dem AÜG. Insoweit weist auch das Landgericht zutreffend auf die Bestimmung in Nr. 4 Abs. 2 der PSA-Verträge hin, die ausdrücklich bestimmt, dass die Einschränkung, nach der kein Honorar für nach Ende der Vertragslaufzeit erbrachte Leistungen der PSA gewährt werde, gerade nicht für die zweite Tranche der Vermittlungsprämie gelten solle.

d) Der Anspruch auf Zahlung der Vermittlungsprämien ist schließlich nicht durch die von der Klägerin hilfsweise erklärte Aufrechnung mit den auf sie durch die Zahlung von Insolvenzgeld übergegangenen Ansprüchen der Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin auf ihr Arbeitsentgelt erloschen. Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung ist nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig.

aa) Nach § 94 InsO kann zwar auch noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Aufrechnung erklärt werden, wenn die Aufrechnungslage vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Dies ist hier der Fall. Die Beklagte hat zu den in der von ihr eingereichten Anlage B 3 (Bl. 140 ff. d.A.) im Einzelnen angegebenen Zeitpunkten an die dort namentlich genannten Arbeitnehmer auf die dort ebenfalls aufgeführten Anträge die ebenfalls in dieser Anlage näher bezeichneten Zahlungen erbracht. Sämtliche Anträge sind unstreitig vor dem 01.05.2004 und damit vor Insolvenzeröffnung gestellt worden. Die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt sind auch nach § 187 S. 1 SGB III zum Zeitpunkt der Antragsstellung, mithin ebenfalls vor Verfahrenseröffnung, auf die Beklagte übergegangen (vgl. Lange in: Peters-Gagel, SGB III, 34. Ergänzungslieferung, 2009, § 187 Rn. 5; BAG, Urteil vom 04.06.1977 - 5 AZR 663/75 - zit. nach juris).

Nicht überzeugend ist demgegenüber die Konstruktion des Beklagten, dass mit Antragstellung auf Insolvenzgeldzahlung nur das Stammrecht des Arbeitsentgeltanspruchs auf die Beklagte übergehe, der Übergang des Arbeitsentgeltanspruchs durch die Leistung der Bundesanstalt aber aufschiebend bedingt sei. Zwar entsteht aus Dauerschuldverhältnissen mit wiederkehrenden Leistungen ein Stammrecht als Gesamtanspruch; daneben bestehen die Einzelansprüche, die hier in den Monatsgehältern/-löhnen zu sehen sind. Der Insolvenzgeldanspruch ist aber nach § 183 Abs. 1 S. 1 SGB III von vornherein auf die letzten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschränkt. Es gehen mithin nur die Einzelansprüche für die betreffenden Monate nach § 187 SGB III auf die Bundesagentur für Arbeit über und nicht das Stammrecht.

Schließlich ist dem Landgericht darin zu folgen, dass die Aufrechnung grundsätzlich auch noch solche der Insolvenzschuldnerin zustehenden Vermittlungsprämien erfasst, die zwar durch Vermittlung vor Insolvenzeröffnung begründet, aber erst nach der Insolvenzeröffnung fällig geworden sind (2. Tranche). Dies wird von keiner der Parteien im Berufungsverfahren angegriffen, so dass auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden kann.

bb) Die Beklagte hat diese Aufrechnungsmöglichkeit aber durch eine anfechtbare Rechtshandlung nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO erlangt, weshalb ihr gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO eine erfolgreiche Aufrechnung versagt bleibt. Nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, wenn sie einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

aaa) Die Beklagte ist einfache Insolvenzgläubigerin. Dies folgt aus § 55 Abs. 3 InsO, wonach sie die auf sie nach § 187 S. 1 SGB III übergegangenen Arbeitsentgeltansprüche lediglich als Insolvenzgläubigerin geltend machen kann.

bbb) Die Anträge der Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin auf Insolvenzgeld sind jeweils Rechtshandlungen im Sinne von § 130 Abs. 1 InsO.

(1) Der anfechtungsrechtliche Begriff der Rechtshandlung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im weitesten Sinne zu verstehen und soll jedes Handeln erfassen, das rechtliche Wirkungen auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann. Erfasst sind mithin rechtsgeschäftsähnliche Handlungen oder Realakte, denen das Gesetz Rechtsfolgen beimisst (BGH NZI 2007, 158; WM 2004, 666; MüKoInsO/Kirchhoff, 2. Aufl. 2008, § 129 Rn. 7, zit. nach beck-online; Gottwald, Handbuch des Insolvenzrechts, 3. Aufl., 2006, § 46 Rn. 19, zit. nach beck-onlie). Die Antragstellung der Arbeitnehmer ist solch ein Realakt im Sinne einer willentlichen Handlung, die u.a. die rechtlichen Wirkungen des § 187 S. 1 SGB III auslöst und die Aufrechnungslage herbeiführt (so auch OLG Naumburg, Urteile vom 17.09.2008 - 5 U 72/08 - und - 5 U 90/08; OLG Hamm, Urteil vom 27.04.2009 - I-5 U 200/08 - sowie Urteile vom 08.05.2009 - I-12 U 12/09 - und I-12 U 100/08; OLG Stuttgart, Urteil vom 17.06.2009 - 9 U 124/08; OLG München, Urteil vom 19.03.2009 - 14 U 556/08; KG, Urteil vom 26.03.2009 - 22 U 152/08). Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Anträge weder von der Beklagten noch von der Insolvenzschuldnerin gestellt wurden, weil es für die Insolvenzanfechtung unerheblich ist, wer die anzufechtende Rechtshandlung vorgenommen hat. Anfechtbar sind auch Rechtshandlungen Dritter (RegE InsO 1992, BT-Drs. 12/2443, S. 157; MüKoInsO/Kirchhoff, 2. Aufl., 2008, § 129 Rn. 35, zit. nach beck-online).

(2) Soweit das Landgericht meint, dass es an einer willentlichen Rechtshandlung, d.h. an einer willensgesteuerten Rechtshandlung fehle, ist dieser Sichtweise nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass das Schicksal der Lohnansprüche der Arbeitnehmer in der Insolvenz öffentlich-rechtlich geregelt ist und der Anspruch auf Insolvenzgeld unabhängig von einem hierauf gerichteten Willen und unabhängig von einer Rechtshandlung besteht. Ohne Antragstellung erhält der Arbeitnehmer jedoch kein Insolvenzgeld. Der Anspruch auf Zahlung von Insolvenzgeld setzt daher die Antragstellung als willensgesteuerte Handlung des Berechtigten voraus. Ohne eine solche Antragstellung würde dem Berechtigten kein Insolvenzgeld gezahlt und ohne Antragstellung gäbe es auch keinen Forderungsübergang nach § 187 S. 1 SGB III, mithin keine Aufrechnungslage zugunsten der Bundesanstalt für Arbeit.

(3) Soweit das Landgericht des weiteren auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 16.10.2008 (Az.: VII B 17/08, zit. nach juris) verweist, wo ausgeführt wird, dass der dort zur Aufrechnung gestellte Anspruch des Finanzamts allein auf der Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen beruhe und deshalb keine anfechtbare Rechtshandlung gegeben sei, ist damit zugleich auch der entscheidende Unterschied zu dem hier zu beurteilenden Fall angesprochen. In dem der Entscheidung des Bundesfinanzhofs zugrundeliegenden Sachverhalt ist im Insolvenzverfahren eines Steuerpflichtigen eine Umsatzsteuerfestsetzung wegen Uneinbringlichkeit einer vor der Insolvenzeröffnung begründeten Forderung berichtigt worden. Dadurch ist dem steuerpflichtigen Insolvenzschuldner ein Erstattungsanspruch entstanden. Gegen diesen Erstattungsanspruch hat das Finanzamt mit einer Umsatzsteuerforderung aus einem vorangegangenen Veranlagungszeitraum aufgerechnet. Für diese Aufrechnung bedurfte es in der Tat keiner willensgesteuerten Handlung in Gestalt einer Antragstellung, denn die Gegenforderung des Finanzamtes - die Umsatzsteuerforderung aus einem vorangegangen Veranlagungszeitraum - bestand kraft Gesetzes und bedurfte auch keiner Antragstellung. Der Antrag des Insolvenzschuldners bzw. des Insolvenzverwalters auf Umsatzsteuerberichtigung wegen eines erst im Insolvenzverfahrens eingetretenen Umstandes (Uneinbringlichkeit einer Forderung) ist aber schon deshalb keine anfechtbare Rechtshandlung, weil hierdurch nicht die Masse geschmälert, sondern vergrößert wird. Geschmälert ist die Masse durch die Uneinbringlichkeit der Forderung. Es handelt sich in dem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall mithin um eine gänzlich andere Situation.

(4) Auch soweit des Bundessozialgericht in einer Hilfsbegründung zu § 55 Nr. 3 KO entschieden hat, dass der Übergang der Lohnforderung auf die Bundesanstalt für Arbeit weder auf einer Rechtsabtretung noch auf einer Befriedigung des Arbeitnehmers durch die Beklagte beruht habe, sondern nach § 141m AFG allein darauf, dass Konkursausfallgeld beantragt worden sei und die Beklagte gesetzlich zur Zahlung des Konkursausfallgeldes verpflichtet gewesen sei (BSG, Urteil vom 15.12.1994 - 12 RK 69/93 - Rn. 25, zit. nach juris), rekurriert es damit ausdrücklich auf die Ausnahmebestimmung des § 55 Nr. 3 S. 2 KO, wonach die Aufrechnung im Konkurs zulässig war, wenn der Erwerber zur Übernahme der Forderung oder zu Befriedigung des Gläubigers verpflichtet war und zu der Zeit, als er die Verpflichtung einging, weder von der Zahlungseinstellung noch von dem Eröffnungsantrag Kenntnis hatte. Eine dieser Ausnahmebestimmung vergleichbare Bestimmung enthält die InsO aber gerade nicht mehr. Zudem hatte sich das Bundessozialgericht nicht mit der Auslegung des Rechtsbegriffs der (anfechtbaren) Rechtshandlung auseinander zu setzen.

ccc) Die Herbeiführung der Aufrechnungslage ermöglichte eine die übrigen Gläubiger benachteiligende Befriedigung der Beklagten, denn die Beklagte erlangte durch die Antragstellung eine Gegenforderung zu Lasten der Insolvenzmasse, die ohne Aufrechnungslage die Insolvenzmasse sonst nicht zu schmälern vermocht hätte.

ddd) Die Beklagte wusste zudem zur Zeit der Antragstellungen auf Insolvenzgeld von dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin. Dies ergibt sich bereits aus ihrem Widerruf der Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung vom 16.02.2004, den die Beklagte maßgeblich auch auf diesen Umstand gestützt hat. Sämtliche hier relevanten Insolvenzgeldanträge sind nach dem 16.02.2004 gestellt worden.

eee) Dem danach anzunehmenden Aufrechnungsverbot steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte die Forderung ohne eigenes Zutun erworben hat. Dies wird nach dem Wortlaut der §§ 96 Abs. 1 Nr. 3, 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht vorausgesetzt. Zweck dieser Vorschriften ist es, eine möglichst gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger zu erreichen und ungerechtfertige Vorteile auszugleichen, die jemand in der Krise des Insolvenzschuldners erlangt. Dies wird durch eine einfache Kontrollüberlegung bestätigt. Die Arbeitnehmer hätten ohne die gesetzliche Möglichkeit der Zahlung von Insolvenzgeld ihre Forderungen auf Arbeitsentgelt nur zur Insolvenztabelle anmelden können. Die Lohnforderungen der Arbeitnehmer sind entgegen der Bestimmung in dem nicht mehr geltenden § 59 Abs. 1 Nr. 3 a KO keine Masseschulden mehr, sondern einfache Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO. Es leuchtet nicht ein, warum die übrigen Insolvenzgläubiger nur wegen des Umstandes, dass die Forderungen der Arbeitnehmer auf die Beklagte übergegangen sind, nunmehr benachteiligt werden sollten. Auch die Konkursordnung sah deshalb bereits eine Rückstufung der übergegangenen Forderungen nach §§ 59 Abs. 2 S. 1, 61 Abs. 1 Nr. 1 KO vor.

Dass die Beklagte deshalb in Fällen der Zahlung von Insolvenzgeld fast regelmäßig die auf sie übergegangenen Forderungen auf Arbeitsentgelt nicht aufrechnen, sondern nur als einfache Insolvenzgläubigerin zur Tabelle anmelden kann und damit überwiegend mit den auf sie übergangenen Forderungen ausfallen wird, ist letztlich lediglich die Konsequenz des Wegfalls der in der Konkursordnung noch enthaltenen Privilegierung der Ansprüche der Arbeitnehmer und in gewissem Maße auch der damaligen Bundesanstalt für Arbeit, die wegen der nach Zahlung des Konkursausfallgeldes auf sie übergegangenen Arbeitsentgeltansprüche gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO noch vorrangig befriedigt wurde.

Gerade auch der Wegfall dieser Privilegierungen mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung sowie das Fehlen einer dem § 55 Nr. 3 S. 2 KO entsprechenden Vorschrift machen deutlich, dass unter Geltung der Insolvenzordnung eine Aufrechnung des Bundesagentur für Arbeit mit den auf die übergegangenen Insolvenzgeldansprüchen in der hier relevanten Fallkonstellation unzulässig ist.

fff) Ferner trifft es - entgegen der mit der Berufung vorgetragenen Auffassung des Beklagten - nicht zu, dass die Annahme einer anfechtbaren Rechtshandlung in dem Antrag auf Insolvenzgeld dazu führe, dass der Rechtsgrund für die Insolvenzgeldzahlung wegfiele, so dass die jeweiligen Arbeitnehmer regelmäßig unter Bereicherungsgesichtspunkten das an sie gezahlte Insolvenzgeld zurückzahlen müssten. Nach der in § 143 Abs. 1 InsO angeordneten Rechtsfolge einer Insolvenzanfechtung ist lediglich dasjenige, was in anfechtbarer Weise der Insolvenzmasse entzogen wurde, dieser wieder zurückzugewähren. Das an die Arbeitnehmer gezahlte Insolvenzgeld, ist aber nicht der Insolvenzmasse entzogen und muss daher unter keinen Umständen der Masse zurückgewährt werden. Entzogen ist der Masse vielmehr durch die Aufrechnung der Beklagten eine Forderung. Dies aber wird von vornherein durch das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO verhindert. Die Insolvenzgeldzahlung der Beklagten an die Arbeitnehmer verliert dadurch auch nicht ihren Rechtsgrund.

ggg) Schließlich führt auch das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19.10.2006 (Az.: L 6 P 92/05) zu keiner anderen Beurteilung. Dieses Urteil war Gegenstand der Überlegungen des Landgerichts Frankfurt (Oder) in dem parallel zu dieser Sache zu entscheidenden Rechtsstreit zwischen denselben Prozessparteien (4 U 57/09). Der Senat folgt der in dieser - letztlich aus anderen Gründen nicht rechtskräftig gewordenen -Entscheidung nicht. Die Annahme des Landessozialgerichts, die Entgegennahme von Pflegeleistungen der Bewohner eines von der dortigen beklagten Pflegekasse betriebenen Heimes sei keine der Pflegekasse zuzurechnende anfechtbare Rechtshandlung, trifft nicht zu. Es ist nicht von Bedeutung, ob der dort beklagten Pflegekasse die Entgegennahme durch die Heimbewohner zuzurechnen ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die Entgegennahme der Pflegeleistungen durch die Heimbewohner eine - wenngleich passive - Willensbetätigung ist, die dazu führt, dass der Pflegekasse durch die auf diese Weise gewonnene Aufrechnungsmöglichkeit eine Sicherung oder Befriedigung ermöglicht wird bzw. die Pflegekasse diese erlangt und dadurch die übrigen Insolvenzgläubiger benachteiligt werden, weil die Pflegekasse ohne diese Aufrechnungsmöglichkeit ihre Forderungen nur als einfache Insolvenzforderung geltend machen könnte. Das aber ist mit der hier dargelegten Argumentation zu bejahen.

3. Die Kläger hat ferner einen Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 3, 288 Abs. 2 BGB.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

6. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Deutung der Antragstellung der Arbeitnehmer auf Zahlung von Insolvenzgeld als anfechtbare Rechtshandlung im Sinne von § 130 Abs. 1 InsO grundsätzliche Bedeutung hat. Weder die Rechtsprechung noch das Schrifttum haben sich mit dieser Frage bisher auseinandergesetzt. Diese Frage wird erst jetzt aufgrund zahlreicher gleichgelagerter Fälle im gesamten Bundesgebiet von Landgerichten oder Oberlandesgerichten mit unterschiedlichen Sichtweisen erörtert.



Ende der Entscheidung

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