Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 10.11.2004
Aktenzeichen: 4 U 152/03
Rechtsgebiete: AGBG, BGB, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 3
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 123 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 765 Abs. 1
BGB § 767 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 4
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 850 c
ZPO § 850 c Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 152/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 10.11.2004

Verkündet am 10.11.2004

in dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgericht auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2004 durch

die Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 2. wird das Schlussurteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 17. September 2003 wie folgt abgeändert:

Die Klage gegen die Beklagte zu 2. wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz fallen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Beklagten zu 1. zu 56 % und der Klägerin zu 44 % zu Last, seine außergerichtlichen Kosten trägt der Beklagte zu 1. selbst und die der Beklagten zu 2. hat die Klägerin zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zu 2. zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte zu 2. kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nahm den Beklagten zu 1. als Hauptschuldner und die Beklagte zu 2. als Bürgin auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch. Der Beklagte zu 1. wurde rechtskräftig durch Teilanerkenntnisurteil antragsgemäß zur Zahlung verurteilt; die Beklagte zu 2. begehrt mit ihrer Berufung weiterhin Klageabweisung mit der Begründung, dass der Bürgschaftsvertrag vom 9. Dezember 1997 nach den Grundsätzen der Ehegattenbürgschaft sittenwidrig und damit nichtig sei.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird mit den folgenden, überwiegend erst in zweiter Instanz erfolgten Ergänzungen auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen:

Die Beklagten erwarben Ende 1997 je 1/2 eines 786 qm großen Grundstücks ... in ... zum Kaufpreis von 59.150,00 DM, das sie im Folgejahr mit einem Eigenheim bebauten und hierfür grundschuldgesicherte Darlehen von 400.000,00 DM aufnahmen.

Nachdem ein von den Eheleuten H... und G... mit der Stadt... am 26. Oktober 1995 zum Erwerb des Wohn- und Geschäftshauses ... geschlossener Kaufvertrag - für dessen Finanzierung die Erwerber bei der D... grundschuldgesicherte Kredite von insgesamt nominal 286.000,00 DM aufgenommen hatten - rückabgewickelt werden mußte, erwarben die Beklagte zu 2. und C... G... in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: Grundstücksgesellschaft) mit Kaufvertrag vom 9. Dezember 1996 das Objekt zu einem - um 71.000,00 DM höheren - Kaufpreis von 371.000,00 DM. Für die Finanzierung hatten die Eheleute G... und H... bei der ... am 4. Dezember 1996 weitere grundschuldgesicherte Kredite über insgesamt 56.000,00 DM aufgenommen.

Die Modernisierung und Sanierung des Wohn- und Geschäftshauses ..., deren Kosten sich auf insgesamt 400.000,00 DM beliefen, finanzierte Grundstücksgesellschaft über zwei Darlehen der Volksbank ... i.H.v. 100.000,00 DM und 73.000,00 DM sowie zwei KfW-Darlehen in Höhe von 27.000,00 DM und 200.000,00 DM. Diese Kredite waren durch eine drittrangige Grundschuld über 400.000,00 DM abgesichert, so dass das Grundstück am 11. September 1997 mit Grundschulden von nominal 696.000,00 DM belastet war.

Das Landgericht hat die Beklagte zu 2. antragsgemäß zur Zahlung von 150.921,65 € nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bürgschaftsvertrag sei wirksam zustande gekommen und weder wegen Verstoßes gegen das AGBG noch wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Eine die Unwirksamkeit gemäß §§ 3, 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG begründende umfassende Zweckerklärung beinhalte die Bürgschaftserklärung vom 9. Dezember 1997 nicht; eine eventuell AGBG-widrige Zweckerklärung des früheren Bürgschaftsvertrages sei ohne Einfluß auf die später übernommene Verpflichtung. Der Bürgschaftsvertrag sei auch nicht wegen finanzieller Überforderung des Bürgen nach den Grundsätzen zur Ehegattenbürgschaft sittenwidrig. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte zu 2. habe die Voraussetzungen dafür, dass sie nicht einmal in der Lage gewesen sei, aus ihrem pfändungsfreien Einkommen bzw. ihrem Vermögen die vertraglich vereinbarten Zinsen zu zahlen, nicht hinreichend dargetan. Zwar ergäben sich aus den eingereichten Unterlagen lediglich Einkünfte in Höhe von monatlich 4.454,00 DM, mithin weniger als die bei einer Hauptschuld von 1.000.000,00 DM und einer Zinsbelastung von 6 % p.a. anfallenden Zinsen. Trotz Hinweises der Kammer im Verhandlungstermin vom 19. März 2003 habe es die Beklagte zu 2. nicht vermocht, stichhaltig und lückenlos darzulegen, dass sie über keine weiteren Vermögenswerte verfüge, um die Zweifel an den bereits erteilten Angaben auszuräumen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten zu 2. Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Landgericht habe, ohne einen rechtlichen Hinweis zu erteilen, völlig überraschend darauf abgestellt, dass ihr der Beweis für das Nichtvorhandensein von Vermögen obliege, und die Anforderungen an die Substanziierungspflicht überzogen. Die Beurteilung ihrer Vermögenssituation beruhe auf bloßen Vermutungen, insbesondere sei es verfehlt, aus der Differenz zwischen den Kosten für Immobilienerwerb und -modernisierung für das Wohn- und Geschäftshaus und dem Finanzierungsbetrag auf "verstecktes" Barvermögen zu schließen. Sie und Ch...G... hätten Eigenleistungen erbracht und weitere Geldmittel seien der Grundstücksgesellschaft von dem Beklagten zu 1. und C... G... darlehensweise zur Verfügung gestellt worden, so dass eine Finanzierungslücke nicht bestanden habe. Für die Finanzierung des Eigenheimgrundstücks hätten ihre - der Beklagten zu 2. - Eltern 22.000,00 DM beigesteuert, 21.000,00 DM stammten von ihrem Sparkonto bei der .... Das seinerzeit zur Verfügung gestandene Einkommen sei zudem rechnerisch falsch ermittelt worden.

Die Beklagte zu 2. beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, der Einwand der Sittenwidrigkeit könne schon deshalb nicht durchgreifen, weil die Beklagte zu 2. ein Eigeninteresse an den dem Hauptschuldner gewährten Darlehen gehabt habe. Dieses werde durch die umfangreichen Darlehen, die die Beklagte zu 2. für die Finanzierung des Objektes ... von den Hauptschuldnern erhalten haben will, belegt. Sie hält das Vorbringen der Beklagten zu 2. zu ihren Vermögensverhältnissen weiterhin für widersprüchlich und schon deshalb für nicht ausreichend und meint, daraus seien hinreichende Anhaltspunkte für "verstecktes" Vermögen vorhanden.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C... und Ch... G... und M...E.... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 20. Oktober 2004 (Bl. 406 ff.) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klägerin kann die Beklagte zu 2. nicht als Bürgin gemäß den §§ 765 Abs. 1, 767 Abs. 1 BGB auf Zahlung von 150.921,65 € in Anspruch nehmen.

1.

a) Die Zahlungsverpflichtung scheitert allerdings nicht daran, dass der Bürgschaftsvertrag vom 9. Dezember 1997 - wie die Beklagte zu 2. meint - wegen Verstoßes gegen das AGBG unwirksam sei.

Die Zweckerklärung in der Bürgschaft vom 9. Dezember 1997 bezeichnete im Einzelnen die mit der Bürgschaft zu sichernden Darlehen und ist daher im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 3, 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG (jetzt: §§ 305 c Abs. 1, 307 BGB) nicht zu beanstanden.

b) Der Bürgschaftsvertrag ist auch nicht wirksam wegen widerrechtlicher Drohung angefochten worden und deshalb nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB).

Die Beklagte zu 2. trägt hierzu vor, sie habe sich wegen der drohenden Kündigung im Falle der Nichtübernahme der Bürgschaft bis hin zur "seelischen Not" unter Druck gesetzt gefühlt. Die Androhung der Kündigung der Kredite für den Fall der Nichtgestellung einer Bürgschaft stellt indes keine widerrechtliche Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB dar, die zur Anfechtbarkeit der Bürgschaft führte. Die Klägerin war gemäß Ziffer 19 (3) Satz 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die unstreitig in die Darlehnsverträge mit dem Beklagten zu 1. einbezogen worden waren, berechtigt, die Darlehen fristlos zu kündigen, wenn der Darlehensnehmer seiner Verpflichtung zur Bestellung der vereinbarten Sicherheiten - wozu auch die Gestellung der Höchstbetragsbürgschaft gehörte - nicht nachkommt.

c) Der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft kann die Beklagte zu 2. schließlich nicht entgegenhalten, dass die Klägerin sie in Unkenntnis darüber gelassen hat, dass die ursprüngliche Bürgschaft nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unwirksam gewesen sei.

Ob die Zweckerklärung für die im Jahre 1993 übernommene Bürgschaft wegen Verstoßes gegen die §§ 3, 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG unwirksam war, weil sie die Bürgschaft formularmäßig über die Ansprüche hinaus, die Anlass der Verbürgung waren, auf alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten des Hauptschuldners erstreckte, kann letztlich offen bleiben. Selbst wenn dies der Fall wäre, resultierte daraus keine schadensersatzbewehrte Verpflichtung der Klägerin, vor Übernahme der Bürgschaft am 9. Dezember 1997 auf die Unwirksamkeit der weiteren Zweckerklärung in der früheren Bürgschaft hinzuweisen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, obliegen dem Gläubiger gegenüber dem künftigen Bürgen grundsätzlich keine Sorgfaltspflichten. Solange der Gläubiger nicht durch den künftigen Bürgen befragt wird, kann er davon ausgehen, dass dieser sich über die für seine Entschließung maßgeblichen Umstände, insbesondere auch über die Wahrscheinlichkeit seiner Inanspruchnahme ausreichend unterrichtet hat. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur dann, wenn der Bürgschaftsgläubiger durch sein Verhalten und auch für ihn erkennbar einen Irrtum des Bürgen über dessen erhöhtes Risiko veranlasst hatte (BGH, WM 1986, 11, 12; NJW 1988, 3205, 3206; BGHZ 125, 206, 218; NJW 1997, 3230 ff. ). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.

2.

Die Bürgschaft ist jedoch sittenwidrig und damit nichtig, § 138 Abs. 1 BGB.

Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (BGHZ 10, 232; 69, 297). Dies ist bei einer Bürgschaft insbesondere dann anzunehmen, wenn der aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner handelnde Bürge finanziell krass überfordert wird und die Bürgschaft sich aus der Sicht eines vernünftig denkenden Gläubigers als wirtschaftlich sinnlos erweist (vgl. u.a. BGH NJW 1997, 3372, 3373).

a) Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge regelmäßig entscheidend vom Grad des Missverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 125, 206, 211; WM 2003, 275 f.). Zwar reicht selbst der Umstand, dass der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens oder Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalls dauerhaft tragen kann, regelmäßig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, dass er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

(1) Die Klägerin gehört als Ehefrau des Darlehensnehmers zum Zeitpunkt der Haftungsübernahme zu dem geschützten Personenkreis.

(2) Nach dem - nunmehr - schlüssigen Vorbringen der Beklagten zu 2. zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen bei Abgabe der Bürgschaftserklärung war sie nicht in der Lage, die in den dem Schuldanerkenntnis zugrundeliegenden Kreditverträgen vereinbarten Zinsen aus eigenem Einkommen und/oder Vermögen auf Dauer allein zu tragen.

Bei voller Valutierung der verbürgten Schuld beliefen sich die Darlehenszinsen auf insgesamt mindestens jährlich 57.500,00 DM:

250.000,00 DM x 6 %: 15.000,00 DM 250.000,00 DM x 6 %: 15.000,00 DM 250.000,00 DM x 5,5 %: 13.750,00 DM 250.000,00 DM x 5,5 %: 13.750,00 DM Summe: 57.500,00 DM, das sind monatlich 4.791,67 DM.

(a) Die Beklagte zu 2. war nicht in der Lage, diese Zinsen aus ihrem pfändbaren Einkommen alleine tragen zu können.

Ihr Einkommen aus abhängiger Beschäftigung betrug 1997 ausweislich der eingereichten Gehaltsbescheinigung des Landkreises Teltow-Fläming abzüglich Steuern und Sozialabgaben 39.108,72 DM, mithin 3.259,06 DM monatlich. Pfändbar gemäß § 850 c ZPO waren hiervon unter Berücksichtigung der Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind nach der seinerzeit geltenden Pfändungstabelle (abgedruckt in Zöller-Stöber, 19. Aufl. 1995 Anh § 850 c) 781,50 DM.

Hinzu kommen 220,00 DM Kindergeld, 315,00 DM Einkünfte aus ihrer Verwaltertätigkeit, die die Beklagte zu 2. nunmehr selbst einräumt, und Zinseinkünfte in Höhe von 66,66 DM (800,00 DM : 12 Monate), mithin weitere Einkünfte von insgesamt 601,66 DM. Die vermögenswirksamen Leistungen von monatlich 78,00 DM bleiben, da sie nicht pfändbarer Bestandteil des Lohnes/Gehaltes sind (Zöller - Stöber 24. Aufl. 2004, § 850 Rdnr. 13), ebenso außer Betracht wie die Unterhaltsleistungen des Kindesvaters für den minderjährigen Sohn der Beklagten zu 2., die nach der Selbstauskunft vom 6. Oktober 1998 4.400,00 DM im Jahr betrugen. Unterhaltsleistungen des Kindesvaters an das minderjährige Kind sind keine bei der Bemessung des Pfändungsfreibetrages zu berücksichtigende Einkünfte der Kindesmutter. Eigene Einkünfte eines Unterhaltsberechtigten des Schuldners können für die Pfändungsfreigrenze allenfalls insoweit bedeutsam sein, als das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers gemäß § 850 c Abs. 4 ZPO bestimmen kann, dass das minderjährige Kind ggf. nicht oder nur teilweise bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens als Unterhaltsberechtigter unberücksichtigt bleibt.

Selbst unter Berücksichtigung der Mieteinnahmen aus dem Ende Dezember 1996 gemeinsam mit der Zeugin Ch... G... erworbenen Wohn- und Geschäftshaus ..., die die Beklagte zu 2. in ihrer Selbstauskunft vom 6. Oktober 1998 mit jährlich 29.000,00 DM angab, reichten die erzielten Einkünfte nicht aus, um daraus die laufenden Zinsen bestreiten zu können. Die Mieteinnahmen betrugen umgerechnet monatlich rund 2.416,67 DM, so dass sich ihr gesamtes, zur Tilgung der Darlehenszinsen von 4.791,67 DM verfügbares Einkommen auf 3.799,83 DM belief (781,50 DM + 601,66 DM + 2.416,67 DM).

(b) Die Zinsbelastung wurde auch durch das pfändbare Vermögen, das der Beklagten zu 2. nach den in zweiter Instanz gewonnenen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme am 9. Dezember 1997 zur Verfügung stand, nicht auf ein Maß reduziert, bei dem der Vorwurf der Sittenwidrigkeit entfällt.

(aa) Die Angaben der Beklagten zu 2. zum einsetzbaren Vermögen waren in erster Instanz - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - unzureichend. Neues Vorbringen nebst Beweisantritten war indes im zweiten Rechtszug gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen.

Die Zulassung neuen Vorbringens lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2. zwar nicht auf einen in der Verhandlung vom 19. März 2003 unterlassenen rechtlichen Hinweis auf die unzureichende Darlegung der Vermögensverhältnisse stützen, denn die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils dokumentieren die Erteilung des Hinweises. Diese Dokumentation genügt den Anforderungen an das Aktenkundigmachen des § 138 Abs. 4 ZPO; der dagegen allein zulässige Nachweis der Fälschung wird nicht angetreten.

Die Verfahrensrüge der Beklagten zu 2. war jedoch nicht darauf beschränkt, dass im ersten Verhandlungstermin ein gebotener Hinweis unterlassen wurde; sie erfasste auch die Unterlassung des Hinweises auf - noch immer vorhandene - Mängel des Beklagtenvortrags in dem Verhandlungstermin vom 13. August 2003, auf den das angefochtene Urteil erging.

Die Erteilung eines rechtlichen Hinweises auf die fortbestehende Unzulänglichkeit des Vortrags zu den Vermögensverhältnissen war hier geboten, weil die Beklagte zu 2. nicht ohne Weiteres damit rechnen musste, dass ihr Vorbringen in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 14. April 2003 und dem weiteren Schriftsatz vom 4. August 2003 noch immer nicht ausreichen würde, um die aufgezeigten Unklarheiten und Widersprüche zu beseitigen. Auch welche weitreichenden Schlüsse die Kammer aus den Buchungsvorgängen auf dem ehelichen Girokonto vor Übernahme der Bürgschaft und der Differenz zwischen den Erwerbs- und Sanierungskosten für das Objekt ... und dem hierfür kreditfinanzierten Betrag ziehen will, lag nicht auf der Hand. Dass insoweit in der mündlichen Verhandlung vom 13. August 2003 ein rechtlicher Hinweis erfolgt ist, ergibt sich weder aus dem Sitzungsprotokoll noch aus den Urteilsgründen.

(bb)

(aaa) An durch Unterlagen belegten Vermögenswerten standen der Beklagten zu 2. zum Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme ein hälftiger Anteil an dem Girokontoguthaben der Eheleute, das am 9. Dezember 1997 4.429,73 DM betrug, mithin 2.214,87 DM, zu. Der Rückkaufwert ihrer Lebensversicherung betrug ausweislich der als Anlage 6 zum Schriftsatz vom 4. August 2003 eingereichten Auskunft der ... Lebensversicherungsverein a.G. vom 28. Juli 2003 zum 1. Dezember 1997 1.689,91 € (= 3.305,17 DM). Des Weiteren verfügte sie über ein Bausparkonto bei der ... Bausparkasse AG, dessen Guthaben sich ausweislich der am 17. Juli 2003 erteilten Auskunft im Dezember 1997 auf 1.631,37 DM belief.

Das auf dem gemeinsamen Sparkonto Nr. 6706717 90 bei der ... angesparte Guthaben betrug, nachdem ausweislich des als Anlage B 2 im Berufungsrechtszug eingereichten Überweisungsauftrags am 11. November 1997 21.000,00 DM auf das Girokonto überwiesen worden waren - die dann für die Finanzierung des Erwerbs des Grundstücks ... verwendet wurden - , nach der Bescheinigung der ... vom 30. April 2004 (Anlage B 3) am 30. November 1997 1.108,38 DM. Als Vermögenswert der Beklagten zu 2. ist die Hälfte dieses Guthabens zu berücksichtigen, das sind 554,19 DM.

(bbb) Soweit in der Abtretungserklärung der Beklagten zu 2. vom 14. Oktober 1997 (Anlage B 16) ein Bausparvertrag Nr. 11 472 009 R 01 mit der ... AG über eine Bausparsumme von 50.000,00 DM aufgeführt ist, besagt dies nichts über den bereits angesparten Betrag; "Bausparsumme" ist der mit der Bausparkasse vereinbarte, vom Bausparer anzusparende Betrag.

Das pfändbare Bausparguthaben aus diesem Bausparvertrag mit der ... AG betrug bei Bürgschaftsübernahme lediglich 21,00 DM. Ausweislich des als Anlage B 17 zum Schriftsatz vom 26. August 2004 eingereichten Kontoauszuges hatte die Beklagte zu 2. bis einschließlich 2. Dezember 1997 12.521,00 DM angespart. Da sie jedoch mit Abtretungserklärung vom 14. Oktober 1997 einen erstrangigen Teilbetrag von 12.500,00 DM ihres Bausparguthabens an die Volksbank ... abgetreten hatte, verblieben am 9. Dezember 1997 lediglich 21,00 DM an freiem Guthaben.

(ccc) Der hälftige Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch von ... auf Blatt ... eingetragenen Grundstück ..., Flur ..., Flurstück ..., kann als Vermögenswert der Beklagten zu 2. keine Berücksichtigung finden, denn ausweislich der Eintragungsnachricht des Grundbuchamtes ... vom 11. November 1999 (Anlage 6 zum Schriftsatz vom 4. August 2003) wurden den Beklagten dieses Grundstück erst am 30. Dezember 1998 aufgelassen und der Eigentumserwerb wurde erst mit der Eintragung in das Grundbuch am 11. November 1999, also fast zwei Jahre nach der Bürgschaftsübernahme, vollzogen.

Selbst wenn der hälftige Miteigentumsanteil und sogar mit der - erst 1998 erfolgten - Bebauung mit einem Eigenheim und dem von der Klägerin behaupteten Wert von 500.000,00 DM - nach den Angaben der Beklagten betrug der Wert des bebauten Grundstücks nur 195.000,00 € - Berücksichtigung fände, änderte dies an der finanziellen Überforderung der Bürgin nichts. Das Wohngrundstück ... war nämlich mit Grundpfandrechten in Höhe von insgesamt 400.000,00 DM (210.000,00 DM und 190.000,00 DM) zugunsten der ... und der ... Hypothekenbank belastet, die den Bau des Eigenheims kreditfinanziert hatten. Das pfändbare Vermögen der Beklagten zu 2. hinsichtlich dieses Grundstücks hätte danach 50.000,00 DM ([500.000,00 DM - 400.000,00 DM] : 2) betragen.

(ddd) Das Wohn- und Geschäftshaus ... schied als berücksichtigungsfähiger Vermögenswert der Beklagten zu 2. ebenfalls aus, weil der Eigentumserwerb - mit der Eintragung in das Grundbuch - erst am 30. April 1998 erfolgte. Darüber hinaus stand dieses Grundstück nicht im Alleineigentum der Beklagten zu 2. und war wertausschöpfend mit Grundpfandrechten belastet. Ausweislich des Grundbuchauszuges vom 30. April 1998 (Anlage B 13) wurde das Grundstück am 11. September 1997 mit Grundschulden in Höhe von insgesamt 696.000,00 DM belastet, mithin überstiegen die Belastungen den Grundstückswert, der nach den Angaben der Klägerin 300.000,00 €, nach denen der Beklagten zu 2. in ihrer Selbstauskunft vom 6. Oktober 1998 lediglich 400.000,00 DM betragen haben soll.

(eee) Weiteres Vermögen stand der Beklagten zu 2. zum Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme am 9. Dezember 1997 nach Überzeugung des Senats nicht zur Verfügung. Die Beklagte zu 2. hat die bis einschließlich des Berufungsbegründungsschrift vorhandenen Lücken in der Darstellung ihrer Vermögensverhältnisse geschlossen, insbesondere die Herkunft der für die Finanzierung der Bauprojekte - Erwerb des Grundstücks ... einerseits, Erwerb und Sanierung des Objektes ... andererseits - benötigten Gelder belegt, so dass die früheren Versäumnisse und Widersprüche keinen Schluss auf weiteres, "verstecktes" Vermögen zum Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme am 9. Dezember 1997 zulassen.

(aaaa) Aufgrund der eingereichten Unterlagen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kaufpreis von 371.000,00 DM des von der Grundstücksgesellschaft erworbenen Grundstücks ... zu 369.000,00 DM fremdfinanziert war; der "offene" Restbetrag von 2.000,00 DM lässt nicht den Schluss auf "verstecktes" Vermögen zu.

Der ursprüngliche Kaufpreis von 300.000,00 DM aus dem mit der Stadt ... geschlossenen notariellen Kaufvertrag vom 26. Oktober 1995 wurde ausweislich der als Anlagenkonvolut B 7 zum Schriftsatz vom 25. Mai 2004 eingereichten Darlehensverträge vom 4. April 1995 in Höhe von insgesamt 240.000,00 DM durch Kredite der ...Bausparkasse AG finanziert. Zur Finanzierung des um 71.000,00 DM höheren Kaufpreises aus dem mit der Brandenburgischen Konsumgenossenschaft eG geschlossenen Kaufvertrag über das Objekt ... hatten die Eheleute H... und G... vier weitere Darlehen bei der ... Bausparkasse AG über insgesamt 56.000,00 DM aufgenommen.

Ein Betrag von 60.000,00 DM war durch zwei den Grundstückserwerbern gewährten Darlehen der Autohansa Autovermietung G... & H... GbR in Höhe von jeweils 30.000,00 DM finanziert worden. Dass die Darlehensbeträge von je 30.000,00 DM, wie in der beklagtenseits eingereichten Vertragsurkunde vom 1. Dezember 1995 (Anlage B 8) angegeben, tatsächlich ausgezahlt worden waren, hat der Zeuge C... G... bei seiner Vernehmung durch den Senat glaubhaft bekundet. Nach der Schilderung des Zeugen mussten von dem ursprünglich vereinbarten Kaufpreis von 300.000,00 DM 60.000,00 DM an Eigenmitteln aufgebracht werden. Dieser Betrag wurde, da die Beklagte zu 2. und die Ehefrau des Zeugen "kein Geld für den Erwerb hatten", durch zwei in getrennten Verträgen vereinbarte Darlehen abgedeckt. Nach der Erinnerung des Zeugen flossen diese Geldbeträge unmittelbar vom Konto der Autohansa Autovermietung G... & H... GbR auf das Notaranderkonto.

Weitere 13.000,00 DM wurden der Grundstücksgesellschaft von dem Beklagten zu 1. und C... G... als Darlehen gewährt. Auch die - von der Klägerin bestrittene - Auszahlung des in dem als Anlage B 12 eingereichten Darlehensvertrag vom 23. Dezember 1997 aufgeführten Kreditbetrages steht nach den Aussagen des Zeugen C... G... fest. Dieser bekundete, er und sein Geschäftspartner, der Beklagte zu 1. hätten ihren Ehefrauen auch für die Finanzierung des um 71.000,00 DM höheren Kaufpreises für das Objekt ... "wieder Geld gegeben", und zwar von den nicht bankfinanzierten 16.000,00 DM einen Betrag von 13.000,00 DM.

Zweifel an der Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen und seiner Glaubwürdigkeit bestehen nicht. Der Zeuge erläuterte überzeugend, dass er zu den bereits mehrere Jahre zurück liegenden Vorgängen deshalb noch recht konkrete Angaben machen konnte, weil er - wie es Verpflichtung eines jeden Zeugen ist - sich aus seinen Unterlagen informiert hatte. Der Umstand, dass die Darlehensurkunde (Anlage B 12) als Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der Auszahlung der Darlehensvaluta den 23. Dezember 1997 ausweist, der Kaufpreisrest von 71.000,00 DM ausweislich des notariellen Kaufvertrages vom 9. Dezember 1996 aber bereits am 31. Dezember 1996 fällig war, begründet keine Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen. Angesichts der engen familiären Beziehungen zwischen den Darlehensnehmern und -gebern erscheint es nicht ungewöhnlich, dass der Geldbetrag - wie der Zeuge G... bekundete - zunächst ohne schriftlichen Darlehensvertrag ausgereicht und erst in der Folgezeit, "um alles schriftlich in Ordnung zu bringen", eine schriftliche Fixierung der getroffenen Vereinbarungen erfolgte. Die in der Vertragsurkunde dokumentierte Bestätigung der Darlehensnehmer, den Geldbetrag "am 23.12.1997 erhalten zu haben" erweist sich damit in Bezug auf den Zeitpunkt der Valutierung des Darlehens als unrichtig, die Schilderung des Zeugen G..., der bei seiner Vernehmung einen integren Eindruck hinterließ, wird dadurch nicht in Zweifel gezogen.

Dessen Aussage steht zudem in Einklang mit den Bekundungen seiner Ehefrau, der Zeugin G.... Diese konnte sich zwar an Einzelheiten der Kreditgewährung an sie und die Beklagte zu 2. nicht erinnern, sagte aber glaubhaft aus, sie selbst hätten den Eigenanteil an der Kaufpreisfinanzierung nicht aufbringen können, die erforderlichen Geldbeträge hätten ihnen ihre Ehemänner gegeben. Schließlich lässt auch die Verbuchung der Rückzahlung der Darlehen von je 30.000,00 DM am 4. Oktober bzw. 3. Dezember 1996 in den eingereichten Buchhaltungsunterlagen der Grundstücksgesellschaft den Schluss zu, dass die Darlehen valutiert waren.

Auch der Umstand, dass die Rückzahlung dieser Darlehen erfolgte, bevor der Kaufpreisrest von 71.000,00 DM am 31. Dezember 1996 fällig wurde, begründet entgegen der im Termin vom 20. Oktober 2004 geäußerten Auffassung der Klägerin nicht die Annahme "versteckten" Vermögens. Wie sich aus § 3 Ziffer 1 des notariellen Kaufvertrages vom 9. Dezember 1996 ergibt, war die Grundstücksgesellschaft bereits seit dem 1. November 1995 im Besitz des Objektes .... Die Buchhaltungsunterlagen für das Hauskonto lassen darüber hinaus erkennen, dass die Grundstücksgesellschaft aus dem Objekt seit längerer Zeit Mieteinnahmen zog, so dass sich aus der Rückzahlung der von der Autohansa Autovermietung G... & H... GbR gewährten Darlehen vor der Valutierung der weiteren Kredite der ... Bausparkasse AG keinerlei Schlüsse auf "verstecktes" Vermögen der Beklagten zu 2. ziehen lassen.

(bbbb) Die Beklagte zu 2. hat die Herkunft der Geldmittel von 400.000,00 DM für die Modernisierung und Sanierung des Objekts ... bis auf einen Betrag von 2.460,00 DM lückenlos belegt. Aus den eingereichten Darlehensverträge mit der Volksbank ... vom 10. Dezember 1996 über 100.000,00 DM und vom 29. August 1997 über 73.000,00 DM sowie den KfW-Darlehen über 27.000,00 DM und 200.000,00 DM, die die Klägerin auch nicht Frage stellt, ergibt sich, dass die Modernisierungs- und Sanierungsarbeiten überwiegend fremdfinanziert waren. Dass der Nettokreditbetrag insgesamt nur 397.540,00 DM betrug (99.000,00 DM + 71.540,00 DM + 27.000,00 DM + 200.000,00 DM), also 2.460,00 DM weniger als die Modernisierungs- und Sanierungskosten von 400.000,00 DM, begründet nicht die Annahme weiteren Vermögens der Beklagten zu 2., denn dieser nicht durch Kredite gedeckte Restbetrag konnte ohne Weiteres aus den laufenden Einnahmen der Beklagten zu 2. und der Zeugin G... aufgewandt werden.

(cccc) Die Beklagte zu 2. hat auch den Nachweis über die Herkunft der zur Finanzierung des Erwerbs des Grundstücks ... verwendeten Geldmittel erbracht.

Ein Teilbetrag von 21.000,00 DM stammte von dem Sparkonto der Beklagten bei der .... Dieser Betrag wurde ausweislich des Überweisungsauftrages vom 11. November 1997 (Anlage B 2 oben) am selben Tag auf das Girokonto überwiesen; am 13. November 1997 erfolgte die Überweisung des Kaufpreises von 59.150,00 DM auf das Notaranderkonto des Notars ... (Anlage B 2 unten). Dem Umstand, dass der Kaufpreis für dieses Grundstück zunächst mit 59.050,00 DM angegeben worden war, misst der Senat keine entscheidungserhebliche Bedeutung bei; es dürfte sich hierbei um eine - vermeidbare - Nachlässigkeit im Parteivortrag gehandelt haben.

Des Weiteren steht nach Vernehmung der Zeugin M... H... durch den Senat fest, dass die Beklagten, wie zuletzt vorgetragen, für den Grundstückserwerb weitere 22.000,00 DM von den Eltern der Beklagten zu 2. erhielten. Die Zeugin sagte aus, ihre Tochter habe sie im September 1997 um Hilfe gebeten, weil sie für den Erwerb eines Grundstücks 25.000,00 DM benötigte. Sie - die Zeugin und ihr Ehemann, auf dessen Vernehmung die Beklagte zu 2. verzichtete - hätten der Tochter zunächst 7.000,00 DM gegeben, weitere 15.000,00 DM habe ihre Mutter zur Verfügung gestellt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussagen bestehen auch im Hinblick auf die verwandtschaftliche Nähe der Zeugin zur Beklagten zu 2. nicht.

Der Differenzbetrag von 16.150,00 DM (59.150,00 DM - 21.000,00 DM - 22.000,00 DM) stammte vom gemeinsamen Girokonto, das seinerzeit - vor Überweisung des Kaufpreises auf das Notaranderkonto - ein ausreichendes Guthaben aufwies.

(dddd) Schließlich begründet die Verpflichtung zur Verpfändung einer "Geldanlage" zur Sicherung des Anspruch auf Darlehensrückzahlung gemäß Darlehensvertrag vom 29. September 1997 mit der Volksbank ... nicht die Annahme, über die von der Beklagten zu 2. aufgedeckten Vermögensbestandteile hinaus sei weiteres Vermögen vorhanden gewesen. Es liegt nahe, dass es sich bei den Bausparguthaben der Beklagten zu 2. und der Zeugin G... über jeweils 12.500,00 DM aus den Verträgen mit der ... AG, die diese zur Sicherung der bestehenden und künftige Ansprüche am 14. Oktober 1997 auf die Volksbank ... übertrugen (Anlage B 16), um die zu verpfändende "Geldanlage" handelte, so dass der Senat hiervon ausgeht.

(cc) Selbst unter Berücksichtigung des mit einem Eigenheim bebauten Grundstücks ... beliefe sich danach das freie Vermögen der Beklagten zu 2. auf lediglich 57.726,760 DM:

Girokontoguthaben: 2.214,87 DM Lebensversicherung: 3.305,17 DM Bausparguthaben: 1.631,37 DM Sparkonto: 554,19 DM Wohngrundstück ...: 50.000,00 DM Bausparguthaben (... AG): 21,00 DM Summe: 57.726,60 DM

Das pfändbare Vermögen ist bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bürgen in der Weise zu berücksichtigen, dass sein Wert von der Bürgschaftsschuld abgezogen wird (BGHReport 2003, 333, 334; Senatsurteil vom 10. März 2004 - 4 U 170/03). Damit reduzierte sich die Zinsbelastung hier auf 54.036,40 DM im Jahr (442.273,40 DM x 6 % = 26.536,40 DM; 500.000,00 DM x 5,5 % = 27.500,00 DM), das sind 4.503,03 DM monatlich. Das verfügbare Einkommen von 3.799,83 DM reichte auch zur Tilgung dieser Darlehenszinsen nicht aus.

(3) Die finanzielle Überforderung der Beklagten zu 2. entfällt nicht dadurch, dass die Darlehen dinglich durch Grundschulden in Höhe von 300.000,00 DM gesichert waren.

Trotz eines Nominalbetrages der Bürgschaftsverpflichtung, welcher jedes vernünftige Maß übersteigt, kann eine krasse Überforderung des Bürgen zu verneinen sein, wenn dieser infolge der übrigen dem Gläubiger gewährten Sicherheiten davor geschützt ist, dass er bei Fälligkeit der Hauptforderung in einem Maße in Anspruch genommen wird, das völlig außer Verhältnis zu seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit steht.

Nach ständiger Rechtsprechung sind anderweitige Sicherheiten grundsätzlich nur dann zu berücksichtigen, wenn sie das Haftungsrisiko des Mitverpflichteten oder Bürgen in rechtlich gesicherter Weise auf ein vertretbares Maß beschränken (statt vieler: BGH NJW 2001, 815, 816). Eine solche rechtlich gesicherte Risikobegrenzung aufgrund der dinglichen Sicherheiten lässt sich hier nicht feststellen.

Weder aus der Bürgschaftserklärung der Beklagten zu 2. noch aus den weiteren von den Parteien eingereichten Urkunden ergibt sich, dass die Klägerin verpflichtet war, sich vorrangig aus den dinglichen Sicherheiten zu befriedigen und die Beklagte zu 2. aus der Bürgschaft nur für den Restbetrag in Anspruch zu nehmen.

(4) Dass sich das Risiko der Klägerin letztlich tatsächlich nur in erheblich geringerem Maße als die übernommene Schuld (1.000.000,00 DM) realisierte und beschränkt ist auf den Betrag von 150.921.65 €, wegen der sie von der Klägerin in Anspruch genommen wird, ist für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit nicht von Bedeutung. Die Bestimmung des § 138 Abs. 1 BGB wendet sich gegen die Vereinbarung von Verträgen mit sittlich bedenklichem Inhalt. Daher kommt es grundsätzlich auf das sich aus der Vertragsgestaltung ergebende rechtliche Risiko an, sofern dieses nicht ausnahmsweise durch tatsächliche, den Beteiligten schon bei Vertragsschluss offenbare Umstände faktisch hinreichend sicher deutlich herabgesetzt war. Hierfür gibt der Sachvortrag der Parteien nichts her.

(5) Liegt mithin eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten zu 2. vor, spricht zu ihren Gunsten die - widerlegliche - Vermutung, dass sie die ruinöse Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat. Diese Vermutung wurde von der Klägerin nicht widerlegt.

Ein Eigeninteresse an der Darlehensgewährung, das ein Handeln allein aus emotionaler Verbundenheit voll ausgleichen würde (BGH ZIP 2001, 189, 192), ist nicht darin zu sehen, dass die Beklagte zu 2. aus der Vermietung von Räumlichkeiten an die Autohansa Autovermietung G... & H... GbR, der die Kredite zugute kamen, Mieteinnahmen erzielte. Diese Einnahmen stellen, ebenso wie das Wohnen in einem durch Kredit finanzierten Haus, lediglich einen mittelbaren Vorteil der Kreditgewährung dar.

Entscheidend für die Annahme eines unmittelbaren Eigeninteresses des Bürgen an der Kreditgewährung ist, ob das Darlehen zweckgerichtet auch ihm zugute kommen sollte oder der Bürge in der Lage war, wie der Kreditnehmer selbst, auf die Auszahlung und Verwendung der Kreditmittel Einfluss zu nehmen. Hierfür gibt der Sachverhalt schon deshalb nichts her, weil die Darlehensvaluta, deren Rückzahlung durch die Höchstbetragsbürgschaft der Beklagten zu 2. abgesichert werden sollten, zum Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaft längst ausgereicht waren.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 2 ZPO. Der Beklagten zu 2. waren die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen, weil sie bei sorgfältiger und auf Förderung des Verfahrens bedachter Prozessführung sämtliches Vorbringen und Beweisantritte, auf denen letztlich ihr Obsiegen im Rechtsstreit beruhte, bereits in erster Instanz hätte beibringen können.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.).

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 150.921,65 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück