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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 22.01.2003
Aktenzeichen: 4 U 17/02
Rechtsgebiete: EGBGB, AnfG, BGB


Vorschriften:

EGBGB Art. 233 § 12
EGBGB Art. 233 § 13 I
EGBGB Art. 233 § 14
AnfG § 2 a.F.
AnfG § 3 Abs. 1 Nr. 1
AnfG § 7 Abs. 1
AnfG § 12 Abs. 1 Satz 1 a.F.
AnfG § 20 Abs. 2 Satz 2 n.F.
BGB § 419 a.F.
BGB § 419 Abs. 1 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 17/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 22.1.2003

verkündet am 22.1.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8.1.2003 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des klagenden Landes gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 14.7.1999, Az. 18 O 489/98, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens werden dem klagenden Land auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das klagende Land kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Das klagende Land begehrt von der Beklagten die Duldung der Zwangsvollstreckung in ein Grundstück.

Die Mutter der Beklagten (im Folgenden: Schuldnerin) ist die Tochter und Alleinerbin der am 5.11.1985 verstorbenen Ch... S... . Diese war als Eigentümerin des Grundstücks Blatt 592 Flur 3 Flurstück 26 im Grundbuch von E... (Amtsgericht B... ; im Folgenden: Grundstück I) eingetragen. Ein seit dem 22.10.1946 in Abteilung II des Grundbuchs befindlicher Bodenreformvermerk wurde am 13.8.1991 gelöscht. Am 20.8.1991 verkaufte die Schuldnerin das Grundstück für 802.575,00 DM an die F... GmbH. Zu deren Gunsten wurde am 4.11.1992 eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Nachdem das klagende Land von dem Vorgang erfahren hatte, erhob es durch Schreiben des zuständigen Grundstücks- und Vermögensamtes vom 5.3.1993 gegenüber dem Grundbuchamt unter Hinweis auf Art. 233 § 12 EGBGB Widerspruch gegen die Veräußerung des Grundstücks. Mit Schreiben vom 6.12.1993 verlangte das Grundstücks- und Vermögensamt von der Schuldnerin die Auflassung des Grundstücks an das klagende Land. Die Schuldnerin beauftragte daraufhin Rechtsanwalt Dr. T..., der sich mit Schreiben vom 31.1.1994 an das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen mit der Aufforderung wandte, den Widerspruch zu begründen.

Am 19.7.1994 wurde im Grundbuch für das Grundstück I zugunsten des klagenden Landes eine Auflassungsvormerkung "gemäß Art. 233 § 13 I EGBGB" eingetragen; einen Tag später (20.7.1994) wurde die F... als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 2.9.1994 an Rechtsanwalt Dr. T... beantwortete das Grundstücks- und Vermögensamt dessen Anfrage vom 31.1.1994; das Schreiben enthielt für den - tatsächlich gegebenen - Fall, dass die Eintragungsanträge zugunsten der F... bereits vor dem 22.7.1992 gestellt worden waren, die Ankündigung, dass der Widerspruch zurückgenommen und die Schuldnerin eine Aufforderung zur Auskehrung des Erlöses aus dem Verkauf des Grundstücks erhalten werde. Eine solche Aufforderung erfolgte sodann gegenüber Rechtsanwalt Dr. T... mit Schreiben des Grundstücks- und Vermögensamts vom 28.11.1994. Mit weiterem Schreiben an Dr. T... vom 29.1.1995 wurde der Schuldnerin angekündigt, dass bei Verstreichen einer letztmaligen Zahlungsfrist bis zum 6.2.1995 am 10.2.1995 Klage eingereicht werde. Dies geschah - erst - am 18.11.1997; die Schuldnerin wurde durch Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 29.4.1998 rechtskräftig zur Zahlung von 802.575,00 DM nebst Zinsen verurteilt. Vollstreckungsversuche des Klägers bei der Schuldnerin blieben erfolglos, nachdem die Schuldnerin unter dem 12.08.1999 und dem 12.01.2000 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte.

Die Schuldnerin verwandte den Erlös aus dem Verkauf des Grundstücks I zum Bau eines Einfamilienhauses auf einem anderen ihr gehörenden Grundstück (Grundstück II); das Haus wurde im Dezember 1993 fertiggestellt. Durch "Grundstücksüberlassungsver-trag" vom 17.5.1994 übertrug die Schuldnerin das Grundstück II unentgeltlich, jedoch unter Vereinbarung eines lebenslänglichen dinglichen Wohnrechts für sich auf die Beklagte. Am 8.9.1994 wurde für diese eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Die Eintragung des Eigentumswechsels und des Wohnrechts wurde am 2.10.1995 vollzogen.

Das klagende Land hat die Auffassung vertreten, die Grundstücksüberlassung an die Beklagte sei eine nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG anfechtbare Handlung. Hierzu hat es behauptet, die Schuldnerin habe sich durch den Vollzug des notariellen Grundstücksüberlassungsvertrages vom 17.5.1994 ihres einzigen nennenswerten Vermögenswertes entäußert, der zur Befriedigung des titulierten Anspruchs des klagenden Landes hätte dienen können. Die Schuldnerin habe die Beklagte bereits vor dem 2.10.1995 darüber informiert, dass das klagende Land gegen sie einen Anspruch auf Herausgabe des erzielten Kaufpreises von 802.575,00 DM geltend mache.

Das klagende Land hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, wegen der vollstreckbaren Forderung in Höhe von 802,575,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6.2.1995 aufgrund des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 18 O 533/97, vom 29.4.1998, die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz am L... 2 - 3, Flur 3 Flurstücke 90/2 und 91/2, eingetragen im Grundbuch von E... Blatt ... , zu dulden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, zum Zeitpunkt der Übertragung des Grundstücks an sie habe die Schuldnerin noch keine Kenntnis von der Verpflichtung gehabt, den Erlös aus der Grundstücksveräußerung vom 20.4.1991 in Höhe von 802.575,00 DM an das klagende Land auszukehren. Sie, die Beklagte, habe von diesen Vorgängen sogar bis zum Januar 1998 keine Kenntnis gehabt.

Mit seinem am 14.7.1999 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das klagende Land könne gemäß § 7 Abs. 1 AnfG nicht die Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück verlangen. Ein Anfechtungsgrund gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG a.F. sei nicht gegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten des dem klagenden Land am 12.8.1999 zugestellten Urteils wird auf dessen Leseabschrift (Bl. 115 - 124 GA) verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat das klagende Land mit am 31.8.1999 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Diese hat es - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 1.11.1999 - mit einem an diesem Tage bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit der Berufungsbegründung hat es sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft.

Das klagende Land hat beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, wegen der vollstreckbaren Forderungen des klagenden Landes in Höhe von 802.575,00 DM nebst 4 % Zinsen ab dem 6.2.1995 aufgrund des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 18 O 533/97, die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz am L... 2 bis 3, Flur 3 Flurstücke 90/2 und 91/2, eingetragen im Grundbuch von E... Blatt ... , zu dulden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Urteil vom 16.3.2002, Az. 8 U 65/99, hat das Brandenburgische Oberlandesgericht die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, auf den Fall komme gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 AnfG n.F. das Anfechtungsgesetz in seiner bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung zur Anwendung. Das klagende Land sei zwar gemäß § 2 AnfG a.F. anfechtungsbefugt, auch sei die Anfechtungsfrist gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 AnfG a.F. gewahrt. Die Grundstücksübertragung sei im Übrigen auch eine das klagende Land benachteiligende Handlung. Dem klagenden Land sei indes der Nachweis nicht gelungen, dass die Schuldnerin in der Absicht gehandelt habe, es zu benachteiligen. Die Schuldnerin habe das Zahlungsverlangen des klagenden Landes zwar gekannt, sie habe sich jedoch in einem Rechtsirrtum befunden und das Verlangen für unbegründet gehalten. Eine Benachteiligungsabsicht scheide deshalb aus. Im Übrigen sei eine positive Kenntnis von der Berechtigung des klagenden Landes Ende 1994 unschädlich, da die Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt bereits alles für die Eigentumsumschreibung getan hätte und annehmen durfte, nichts mehr daran ändern zu können. Im Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung habe die Schuldnerin davon ausgehen dürfen, dass das klagende Land seinen Anspruch nicht weiter verfolge, nachdem es entgegen seiner Ankündigung im Schreiben vom 29.1.1995 nach dem 10.2.1995 zunächst keine Klage erhoben, sondern damit bis zum 18.11.1997 gewartet habe.

Abgesehen von der fehlenden Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin stehe auch die entsprechende Kenntnis der Beklagten nicht fest. Im Übrigen habe das klagende Land einen möglichen Anfechtungsanspruch verwirkt, da die Klage gegen die Schuldnerin erst mit 32 Monaten Verspätung erhoben worden sei. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Zahlungsanspruch gegen die Schuldnerin nach Art. 233 § 14 EGBGB bereits mit Ablauf von 6 Monaten nach Eintragung der Auflassungsvormerkung und damit am 19.1.1995 verjährt sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils wird auf dessen Leseabschrift (Bl. 166 - 174 GA) verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat das klagende Land Revision eingelegt. Mit der Revisionsbegründung hat es seine bereits vorgetragenen Rechtsauffassungen vertieft. Es hat ausgeführt, dem Berufungsgericht könne nicht gefolgt werden, soweit es sowohl die Benachteiligungsabsicht der Klägerin als auch die Kenntnis der Beklagten verneint habe. Im Streitfall liege ein sogenanntes inkongurentes Deckungsgeschäft vor, auf das die Beklagte als Begünstigte keinen Anspruch gehabt habe. Ein solches Deckungsgeschäft sei Beweisanzeichen sowohl für die Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin als auch für die entsprechende Kenntnis der Beklagten. Die Gläubigerbenachteiligungsabsicht werde im Übrigen durch das enge Verwandtschaftsverhältnis der Schuldnerin zu der Beklagten und durch den Vorbehalt des Wohnrechts indiziert. Die Ausführungen des Berufungsgerichtes zu einem den Vorsatz ausschließenden Rechtsirrtum der Schuldnerin sowie zur Frage der Verwirkung und der Verjährung lägen neben der Sache. Jedenfalls hätte das Berufungsgericht die bereits in der ersten Instanz mit Beweisbeschluss vom 24.3.1999 angeordnete Vernehmung der Schuldnerin zur Frage der Kenntnis der Beklagten vom Zahlungsbegehren des klagenden Landes durchführen müssen, nachdem die Schuldnerin nach zuvor angekündigter Inanspruchnahme ihres Zeugnisverweigerungsrechts zur Aussage nunmehr bereit gewesen sei.

Das klagende Land hat beantragt,

das angefochtene Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts aufzuheben und nach den Schlussanträgen des klagenden Landes in der Berufungsinstanz zu erkennen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hat ihre bereits vorgetragenen Rechtsansichten vertieft.

Mit Urteil vom 6.12.2001 hat der Bundesgerichtshof das Urteil des 8. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16.3.2000, Az.: 8 U 65/99, aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den 4. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof hat im Wesentlichen ausgeführt, das Berufungsurteil müsse schon deshalb aufgehoben werden, weil der vorgetragene Sachverhalt, von dessen Richtigkeit für das Revisionsverfahren auszugehen sei, den Tatbestand einer Vermögensübernahme nach § 419 BGB a.F. erfülle. Der Zahlungsanspruch des klagenden Landes sei weder verjährt noch verwirkt. Die gemäß Art. 233 § 14 EGBGB am 2.10.2000 endende Verjährungsfrist sei durch die bereits im Jahre 1998 gegen die Beklagte erhobene Klage rechtzeitig unterbrochen worden. Für die Annahme einer Verwirkung des Anspruchs gegen die Beklagten fehle es an einem Anknüpfungspunkt. Da der Anspruch des klagenden Landes indes nur unter anfechtungsrechtlichen Gesichtspunkten, nicht aber unter denjenigen des § 419 BGB a.F. erörtert worden sei, sei die Sache nicht entscheidungsreif. Den Parteien müsse Gelegenheit gegeben werden, ihren Vortrag gegebenenfalls zu ergänzen.

Das Revisionsgericht hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass bei der Absichtsanfechtung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG a.F. eine inkongurente Deckung ein Beweisanzeichen für eine Benachteiligungsabsicht ist. Der Grundstücksübertragungsvertrag zwischen der Schuldnerin und der Beklagten sei zwar kein Deckungs- aber auch kein reines Verpflichtungsgeschäft. Vielmehr habe es sich um die aus einem Verpflichtungs- und einem Verfügungsgeschäft bestehende Weggabe eines wertvollen Vermögensgegenstandes ohne Gegenleistung gehandelt. Eine solche Zuwendung könne je nach Sachlage in nicht geringerem Maße als eine inkongurente Deckung ein Indiz für die Absicht des Schuldners sein, seine Gläubiger zu benachteiligen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils wird auf dessen Leseabschrift (Bl. 55 - 60 der Revisionsakten) verwiesen.

Das klagende Land behauptet im Berufungsverfahren nunmehr, das Grundstück II samt des darauf errichteten Hauses mit Einliegerwohnung habe einen Verkehrswert von ca. 900.000,00 DM. Die weiteren Vermögenswerte berechnet es wie folgt: Die Beklagte habe über Kontoguthaben in Höhe von 22.000,00 DM, Bekleidungsstücke im Wert von 10.484,00 DM, einen Pkw mit einem Zeitwert von 19.600,00 DM, eine Kücheneinrichtung im Wert von 6.000,00 DM, einen Fernseher im Wert von 1.500,00 DM sowie über weitere Möbel im Wert von 13.600,00 DM, insgesamt mithin über weiteres Vermögen in Höhe von 73.184,00 DM, verfügt. Das klagende Land vertritt im Übrigen die Ansicht, Darlehensforderungen der Schuldnerin seien nicht als Vermögenswert im Sinne des § 419 BGB a.F. anzusehen.

Es beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, wegen der vollstreckbaren Forderungen des klagenden Landes in Höhe von 802.575,00 DM nebst 4 % Zinsen ab dem 6.2.1995 aufgrund des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 18 O 533/97, die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz am L... 2 bis 3, Flur 3 Flurstücke 90/2 und 91/2, eingetragen im Grundbuch von E... Blatt ... , zu dulden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie behauptet, in den Jahren 1992 und 1993 an Verwandte und Freunde Darlehen in einer Gesamthöhe von 117.000,00 DM ausgereicht zu haben. Frau E... R... habe ein Darlehen in Höhe von 80.000,00 DM für die Durchführung von Baumaßnahmen an ihrem Haus und für den Kauf eines Pkw erhalten. Ebenfalls im Jahre 1993 hätten Frau G... G... ein Darlehen in Höhe von 10.000,00 DM, die Eheleute E... und W... B... ein Darlehen in Höhe von 16.000,00 DM und Frau K... ein Darlehen in Höhe von 6.000,00 DM erhalten. Bereits 1992 sei an Herrn G... Sch... der ein Darlehen in Höhe von 5.000,00 DM ausgezahlt worden. Anlässlich ihres 60. Geburtstages am 19.9.1996 habe sie sämtlichen Darlehensschuldnern schenkweise die Rückzahlungsverpflichtung erlassen.

Zum Zeitpunkt der Grundstücksübertragung habe sie über folgende weitere Vermögenswerte verfügt:

- Pelz- und Ledermäntel und -jacken Zeitwert: 2.500,00 DM

- 1 Pkw Zeitwert: 19.600,00 DM

- Küchenmöbel Zeitwert: 6.000,00 DM

- TV-Gerät Zeitwert: 1.500,00 DM

- Wohnzimmermöbel Zeitwert: 8.000,00 DM

- sonstige Möbel und Geräte Zeitwert: 5.600,00 DM

- Bargeld ca. 25.000,00 DM

- Konto- und Sparguthaben 22.700,00 DM

Wegen der weiteren Einzelheiten der von der Beklagten vorgenommenen Berechnung der einzelnen Vermögenswerte wird auf Blatt 223 ff GA Bezug genommen.

Der realisierbare Verkehrswert für das Grundstück samt Haus - so behauptet die Beklagte weiter - habe lediglich bei ca. 500.000,00 DM gelegen. Dessen Übertragung auf die Beklagte sei einzig auf die Tatsache zurückzuführen, dass sie sich mit der Schuldnerin von Anfang an darüber einig gewesen sei, ihr das Eigentum an dem Grundstück und dem zu errichtenden Haus entsprechend dem Wunsch der Großmutter zu überlassen. Das von der Großmutter stammende Grundstück habe nach deren Wunsch auf ihre einzige Enkelin - die Beklagte - übergehen sollen.

Der Senat hat zur Frage, ob die Beklagte spätestens am 2.10.1995 gewusst habe, dass das klagende Land von ihrer Mutter einen Betrag in Höhe von 802.575,00 DM gefordert hatte, durch Vernehmung der Schuldnerin und zur Frage der Darlehensgewährung durch Vernehmung der Zeugen R..., G... und Sch... Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.9.2002 und vom 8.1.2003 verwiesen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des klagenden Landes ist zulässig. Auf sie finden die für die Berufung geltenden Vorschriften der ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung Anwendung, weil die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil ergangen ist, vor dem 1.1.2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Die Berufung ist insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 516, 518, 519 ZPO).

In der Sache selbst hat die Berufung indes keinen Erfolg.

II.

Das klagende Land hat gegen die Beklagte weder gemäß § 419 BGB a.F. noch gemäß § 7 Abs. 1 AnfG a.F. in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG a.F. einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück, eingetragen im Grundbuch von E... , des Amtsgerichts B... , Blatt ... Flur 3 Flurstücke 90/2 und 91/2.

1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Vermögensübernahme im Sinne des § 419 BGB a.F. liegen nicht vor.

§ 419 BGB a.F. ist gemäß Art. 233 Nr. 16 EGInsO mit Wirkung ab 1.1.1999 (Art. 110 Abs. 1 EGInsO) außer Kraft gesetzt, jedoch auf Vermögensübernahmen, die bis zum 31.12.1998 wirksam geworden sind, weiter anzuwenden (Art. 223 a EGBGB).

Zwar setzt eine Vermögensübernahme im Sinne des § 419 Abs. 1 BGB a.F. nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht voraus, dass das Vermögen des Übertragenden in seiner Gesamtheit übernommen wird. Es genügt vielmehr die Übertragung von Gegenständen, die im Wesentlichen das ganze Vermögen des Veräußerers ausmachen (BGHZ 122, 297, 300 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Streitfall indes nicht erfüllt.

a) Die Beklagte trägt im Einzelnen weitere Vermögenswerte einschließlich Darlehensforderungen, Einrichtungsgegenständen, Kleidung, Pkw sowie Bar- und Kontovermögen in Höhe von insgesamt 207.000,00 DM vor. Doch selbst nach dem Vortrag des klagenden Landes belief sich zum Zeitpunkt der Grundstücksübertragung das übrige Vermögen der Beklagten in Form von Kontoguthaben, Bekleidungs- und Hausratsgegenständen, Pkw und Einrichtungsgegenständen auf 73.184,00 DM. Zwar meint das klagende Land in seinem Schriftsatz vom 10.9.2002, vor dem Hintergrund der eidesstattlichen Versicherungen der Schuldnerin vom 12.8.1999 und 12.1.2000 erscheine es fraglich, ob der Wert dieser Gegenstände zutreffend wiedergegeben sei. Insoweit berücksichtigt es jedoch nicht hinreichend den Zeitpunkt der eidesstattlichen Versicherungen. Diese Erklärungen vom 12.8.1999 bzw. 12.1.2000 erfolgten erst circa vier Jahre nach der Eintragung der Beklagten im Grundbuch am 2.10.1995. Bereits wegen dieses langen Zeitraums lassen sich aus den eidesstattlichen Erklärungen verläßliche Rückschlüsse auf die sonstige Vermögenssituation der Schuldnerin am 2.10.1995 nicht ziehen.

Jedenfalls aber fehlte es im Umfang der von dem klagenden Land selbst vorgenommenen Berechung an substantiiertem Bestreiten (§ 138 Abs. 2 ZPO) der seitens der Beklagten im Einzelnen vorgetragenen sonstigen Vermögenswerte. Aus dem Hinweis auf die eidesstattlichen Versicherungen geht die Absicht des klagenden Landes, die Erklärungen der Beklagten zu deren Vermögensverhältnissen im Jahre 1995 bestreiten zu wollen, nicht hervor. Dies zeigt bereits der Vergleich mit dem der eigenen Berechnung des klagenden Landes nicht zugrunde gelegten, von der Beklagten indes behaupteten, Bargeldguthaben in Höhe von 25.000,00 DM. Diesbezüglich belässt es das klagende Land nämlich nicht nur bei der Einschätzung, der Vortrag erscheine insoweit angesichts der hiermit verbundenen Unvernunft unrealistisch. Es erklärt vielmehr ausdrücklich, dass dieser Vortrag bestritten werde (Bl. 255 GA). Ein solcher Zusatz fehlt indes bezüglich der vom beklagten Land angestellten Berechnung der übrigen Vermögenswerte.

b) Als weiteres Vermögen sind die von der Beklagten zum Zeitpunkt der Grundstücksübertragung vorgetragenen Darlehensforderungen in Höhe von insgesamt 117.000,00 DM zu berücksichtigen.

aa) Entgegen der Ansicht des klagenden Landes ist bei der Ermittlung des Vermögens im Sinne des § 419 BGB a.F. das gesamte vollstreckungsfähige Aktivvermögen des Schuldners, aus dem ein Gläubiger sich gegebenenfalls befriedigen kann, heranzuziehen (Kaduk in Staudinger, BGB-Kommentar, 12. Aufl., § 419 Rn. 15; Möschel in Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 419, Rn. 6, Palandt/Heinrichts, BGB-Kommentar, 61. Aufl., § 419, Rn. 4). Nach dem Sinn und Zweck des § 419 BGB a.F., dem Gläubiger das Schuldnervermögen als Vollstreckungsobjekt zu erhalten, sind sämtliche Vermögenswerte, in die vollstreckt werden kann, zu berücksichtigen (BGH NJW 1993, 921, 922). Aus diesem Grunde sind vollstreckungsfähige Forderungen des Schuldners ebenfalls dem Aktivvermögen hinzuzurechnen. Nach der Rechtsprechung des BGH kommt zur Bestimmung des verbleibenden Vermögens selbst ein nur Zug um Zug gegen Zahlung eines bestimmten Geldbetrages bestehender Herausgabeanspruch in Betracht, wenn dieser Anspruch mit einem verhältnismäßig geringen Aufwand eingelöst werden kann und einen überschießenden Wert besitzt (BGH NJW 1985, 1331 f). Für die im Streitfall betroffenen Darlehensforderungen, die nicht von einer Gegenforderung abhängig sind, muß dies somit erst recht gelten.

bb) Das klagende Land vermochte den ihm obliegenden Beweis, die Schuldnerin habe entgegen der Behauptung der Beklagten Darlehen an Verwandte und Freunde nicht ausgekehrt, nicht zu führen.

Hinsichtlich der einer Vermögensnahme im Sinne des § 419 BGB a.F. begründenden Umstände ist das klagende Land als Gläubiger beweisbelastet, weil die Beklagte substantiiert weitere Vermögenswerte der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Grundstücksübertragung in Form von Darlehensrückforderungen gegenüber im Einzelnen benannten Personen vorgetragen hat (vgl. BGH WM 1956, 1026, 1028; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 419 Rn. 1; RGRK-Weber, BGB-Kommentar, § 419, Rn. 35; Münchner Kommentar-Möschel, 3. Aufl., § 419, Rn. 12, Fn. 57). Entgegen der mit Schriftsatz vom 9.12.2002 geäußerten Ansicht des klagenden Landes wird hiermit die Beweislast der Gläubigerin nicht unangemessen überdehnt. Erhebt das materielle Recht das Nichtvorliegen von Tatsachen zur Anspruchsvoraussetzung (sogenannte negative Tatsachen) oder muss nach den Gegebenheiten im konkreten Rechtsstreit das Nichtvorliegen eines Umstandes bewiesen werden, ändert die Schwierigkeit dieses Negativbeweises die Verteilung der Beweislast grundsätzlich nicht. Ein solcher Beweis ist nicht unmöglich (BGHZ 101, 49, 55; BGH NJW 85, 264, 265; VersR 68, 1059, 1061).

Den besonderen Beweisschwierigkeiten ist indes durch Modifizierungen der Darlegungslast Rechnung zu tragen. Im Rahmen des Zumutbaren ist vom Prozessgegner das substantiierte Bestreiten der negativen Tatsache unter Darlegung der für das Positivum sprechenden Tatsachen und Umstände zu verlangen (Zöller/Greger, ZPO-Kommentar, 22. Aufl., vor § 284 Rn. 24 m.w.N.). Diesem Erfordernis ist die Beklagte im Streitfall dadurch nachgekommen, dass sie im Einzelnen dargelegt hat, welchen Personen die Schuldnerin welche Beträge als Darlehen gewährt habe. Nach Angabe der betreffenden Darlehensnehmer durch die Beklagte ist das Führen des Negativbeweises durch das klagende Land nicht schwieriger, als der entsprechende Positivbeweis für die Beklagte zu führen wäre. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, an der auch von dem klagenden Land (Bl. 279 GA) eingeräumten grundsätzlichen Beweislastverteilung abzuweichen.

Das klagende Land vermochte den ihm danach obliegenden Negativbeweis nicht zu erbringen. Nach der Beweisaufnahme ist der Senat im Gegenteil davon überzeugt, dass die Schuldnerin insgesamt 95.000,00 DM als Darlehen an die Zeugen R..., G... und Sch... auskehrte. Die Zeugen haben glaubhaft bekundet, dass die Schuldnerin ihnen jeweils 80.000,00 DM, 10.000,00 DM bzw. 5.000,00 DM als Darlehen zur Verfügung stellte, deren Rückzahlung sie ihnen anlässlich des 60. Geburtstages am 19.9.1996 erlassen habe. Die Zeugin R... vermochte sich im Einzelnen daran zu erinnern, dass sie die insgesamt erhaltenen 80.000,00 DM zunächst für den Erwerb eines PkwŽs und sodann zur Sanierung des Hauses verwandte. Der Zeuge Sch... hat bekundet, die Schuldnerin von sich aus gefragt zu haben, ob sie ihm 5.000,00 DM wegen eines beabsichtigten Autokaufes leihen könne. Dass die Schuldnerin dieser Bitte nachkam, vermochte der Zeuge nachvollziehbar auch mit deren Dankbarkeit für die von ihm zeitweise übernomme Pflege der Tiere der Schuldnerin zu erklären. Insgesamt vermittelten die Zeugen dem Senat einen ruhigen und gelassenen Eindruck. Auf Nachfrage waren sie ohne Weiteres in der Lage, auch nähere Einzelheiten zu erinnern. Dass der Zeuge Sch... nicht mehr zu sagen vermochte, ob zum Zeitpunkt des Verzichts der Schuldnerin auf die Rückzahlung des Darlehensbetrages noch weitere Personen anwesend waren, ist vor dem Hintergrund des zwischenzeitlich verstrichenen Zeitraums von mehr als sechs Jahren durchaus nachvollziehbar.

Der Senat verkennt nicht, dass sämtliche Zeugen mit der Schuldnerin und damit auch mit deren Tochter - der Beklagten - verwandt sind. Ein hierdurch möglicherweise begründetes persönliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreites rechtfertigt indes nicht ohne Weiteres, den Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen in Zweifel zu ziehen. Vielmehr erachtet es der Senat für durchaus plausibel, dass die Schuldnerin nach Erhalt des Veräußerungserlöses an ihr nahestehende Personen darlehensweise Gelder ausreichte und diesen anlässlich ihres 60. Geburtstages die Rückzahlung erließ. Nachdem das klagende Land zunächst die Erhebung der Klage ausdrücklich bis zum 10.2.1995 angekündigt hatte, lag es für die Schuldnerin fern, an ihrem 60. Geburtstag, dem 19.9.1996, überhaupt noch mit der Inanspruchnahme durch das Land zu rechnen. Schließlich ist nachvollziehbar, dass die Schuldnerin auf die Rückzahlung der Beträge nicht angewiesen war. Sie lebt, ohne Mieten oder sonstige Wohnkosten zahlen zu müssen, gemeinsam mit ihrer Tochter, mit der sie sich die Betriebskosten teilt, in einem Haus. Es ist deshalb durchaus plausibel, dass ihr die als ehemalige Lehrerin bezogene Rente zur Befriedigung ihrer materiellen Wünsche genügte.

Angaben dazu, dass die Schuldnerin entgegen der Behauptung der Beklagten weitere Darlehen in Höhe von 16.000,00 DM an die Eheleute B... bzw. in Höhe von 6.000,00 DM an Frau K... nicht auskehrte, ergeben sich aus den Bekundungen der Zeugen nicht. Vielmehr vermochte die Zeugin R... ohne Angabe der genauen Beträge zu erinnern, dass sowohl Frau B... als auch Frau K... als Freunden der Schuldnerin Darlehen zur Verfügung gestellt wurden, deren Rückzahlung diesen ebenfalls anlässlich des 60. Geburtstages der Schuldnerin erlassen wurde. Insgesamt ist der Entscheidung mithin ein weiterer Vermögenswert der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Grundstücksübertragung am 2.10.1995 in Höhe von mindestens 190.184,00 DM (Darlehensforderung: 117.000,00 DM + übriges Vermögen: 73.184,00 DM) zugrunde zu legen.

c) Eine Vermögensübernahme im Sinne des § 419 BGB a.F. scheidet indes bei - im Streitfall betroffenem - größeren Vermögen aus, wenn ein Vermögensrest von 10 % des ursprünglichen Gesamtvermögens bei dem Veräußernden verbleibt (vgl. BGH NJW 1991, 1739, 1740; Palandt/Heinrichs, BGB-Kommentar, 57. Aufl., § 419 Rn. 6). Ein solches größeres Vermögen ist bereits bei einem Wert von ca. 500.000,00 DM anzunehmen (BGH, a.a.O.). Nach dem eigenen Vortrag des klagenden Landes belief sich allein der Wert des Grundstücks samt Gebäude auf ca. 900.000,00 DM.

Der im Streitfall anzunehmende Mindestwert des Restvermögens von 190.184,00 DM entspricht 10 % einer Summe von 1.901.840,00 DM. Das Restvermögen beliefe sich deshalb selbst dann noch auf 10 % des Gesamtvermögens, wenn das Grundstück samt Haus zum Zeitpunkt der Veräußerung einen Verkehrswert von 1.711.656,00 DM (1.901.840,00 DM - 190.184,00 DM) gehabt hätte. Einen solchen Verkehrswert behauptet indes nicht einmal das klagende Land. Im Übrigen verbliebe es selbst im Fall der alleinigen Berücksichtigung der Darlehensforderungen in Höhe von 117.000,00 DM bei einem 10 % übersteigenden Restvermögen der Schuldnerin. Um diesen Prozentsatz vom Gesamtvermögen zu erreichen, müßte das Grundstück samt Haus nämlich einen Verkehrswert von 1.053.000,00 DM (1.170.000,00 DM - 117.000,00 DM) gehabt haben. Dieser Wert überstiege indes den von dem klagenden Land hierzu behaupteten Betrag (900.000,00 DM) nach wie vor.

Die Annahme eines Anspruches gemäß § 419 BGB a.F. scheidet mithin im Streitfall aus, ohne dass es noch auf die Frage der Kenntnis der Beklagten von der Vermögenssituation ihrer Mutter - der Schuldnerin - ankäme.

2. Ein Anspruch des klagenden Landes gegen die Beklagte auf Duldung der Zwangsvollstreckung ergibt sich ebenfalls nicht aus § 7 Abs. 1 AnfG a.F. in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG a.F. Nach der zuletzt genannten Vorschrift sind Rechtshandlungen anfechtbar, welche der Schuldner in der dem anderen Teil bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat. Im Streitfall ist zwar von der Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin, nicht aber von der diesbezüglichen Kenntnis der Beklagten auszugehen.

a) Auf den Grundstücksübertragungsvertrag zwischen der Schuldnerin und der Beklagten sind die von der Rechtsprechnung im Falle inkongruenter Deckungsgeschäfte entwickelten Grundsätze entsprechend anwendbar. Wie der Bundesgerichtshof in seinem Revisionsurteil festgestellt hat, war dieser Vertrag kein Deckungs- aber auch kein reines Verpflichtungsgeschäft (vgl. auch BGH WM 1998, 248, 249 f.). Vielmehr handelt es sich im Streitfall um die aus einem Verpflichtungs- und einem Verfügungsgeschäft bestehende Weggabe eines wertvollen Vermögensgegenstandes ohne Gegenleistung. Eine solche Zuwendung kann je nach Sachlage in nicht geringerem Maße als eine inkongruente Deckung ein Indiz, d.h. ein Beweisanzeichen für die Benachteiligungsabsicht des Schuldners sein.

Unter Würdigung der Gesamtumstände ist wegen der Besonderheit der unentgeltlichen Grundstückszuwendung an die Beklagte vom Vorliegen eines Beweisanzeichens für die zum Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs am 2.10.1995 vorliegende Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin auszugehen. Eine rechtliche Übereignungsverpflichtung der Schuldnerin, insbesondere hinsichtlich des erst nach der Wende neugebauten Gebäudes, bestand nicht. Die Schuldnerin übertrug der Beklagten ein bebautes Grundstück mit einem - ausweislich des Grundstücksüberlassungsvertrages - Wert von 700.000,00 DM. Selbst wenn sich die Schuldnerin von einer gegenüber ihrer Mutter bestehenden Verpflichtung, das Grundstück der Beklagten zu übertragen, hätte leiten lassen, konnte sie nicht ernsthaft davon ausgehen, das Versprechen gegenüber der bereits 1985 verstorbenen Großmutter gehe soweit, das Grundstück selbst mit einem erst nach dem Beitritt neu errichteten Einfamilienhaus zu übertragen.

Schließlich spricht ein weiterer Umstand ebenfalls für die Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin im Zeitpunkt der Grundstücksübertragung. Bereits mit Schreiben vom 28.11.1994 hatte das Grundstücks- und Vermögensamt Frankfurt (Oder) dem vormaligen Rechtsvertreter der Schuldnerin, Herrn Rechtsanwalt Dr. T... , mitgeteilt, der Kaufpreis in Höhe von 802.575,00 DM sei an das klagende Land auszukehren. Dass Rechtsanwalt Dr. T... die an seine damalige Mandantin gerichtete Zahlungsaufforderung an diese weitergeleitet hat, ist bei lebensnaher Betrachtung anzunehmen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigten, dass sich der Rechtsanwalt einer Verletzung des mit der Schuldnerin damals bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages schuldig gemacht hätte, hätte er die Weiterleitung unterlassen. Im Übrigen hat die Schuldnerin im Verlaufe ihrer Zeugenvernehmung selbst eingeräumt, ihr Rechtsanwalt habe sie darüber informiert, dass das klagende Land rund 800.000,00 DM von ihr fordere.

Letztendlich kann im Streitfall die Frage der Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin indes dahinstehen, da es jedenfalls an der von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG a.F. vorausgesetzten Kenntnis der Beklagten von der Benachteiligungsabsicht fehlt.

b) Nach der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die Beklagte bis zum 2.10.1995 keine Kenntnis von der seitens des klagenden Landes begehrten Auskehr des Kaufpreises erlangt hatte. Die Zeugin B... - die Mutter der Beklagten - hat glaubhaft bekundet, ihrer Tochter erst im Laufe des Jahres 1997 von der Rückforderung des klagenden Landes berichtet zu haben. Dies habe seinen Grund darin gehabt, dass sich die Beklagte in einem nervlich zerrütteten Zustand befunden habe, weil zum Einen ihre Lebenspartnerschaft zerbrochen sei. Zum Anderen habe die Beklagte Schwierigkeiten an ihrem Arbeitsplatz in der Schule in H... sowie mit ihrer Fort- und Weiterbildung gehabt. Sie - die Zeugin - habe ihre Tochter deshalb mit der Information über die Zahlungsforderung des klagenden Landes nicht zusätzlich belasten wollen. Erst nachdem sie im Jahre 1997 die Aufforderung erhalten habe, vor Gericht zu erscheinen, sei sie "mit den Nerven so fertig" gewesen, dass sie ihrer Tochter "reinen Wein eingeschenkt habe".

Der Senat hat keinen Anlass, an der Wahrheit der Bekundungen der Zeugin zu zweifeln. Zwar ist es an sich ungewöhnlich, dass im engsten Familienkreis über eine beabsichtigte Inanspruchnahme in Höhe von ca. 800.000,00 DM nicht gesprochen worden sein soll. Der Senat verkennt ebenfalls nicht, dass die Zeugin - als Mutter der Beklagten und Bewohnerin des betroffenen Grundstücks - auch ein persönliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreites hat. Diese Umstände genügen indes nicht, die Glaubwürdigkeit der Zeugin in Frage zu stellen. Sie hat - erkennbar - gefühlsmäßig bewegt den Ablauf der Geschehnisse von Beginn an dargelegt. Von sich aus hat sie sich nicht nur auf die eigentliche Beweisfrage beschränkt, sondern - obwohl es ihr sichtlich schwer fiel - die zur Sache gehörenden weiteren Umstände lebendig und anschaulich geschildert. Ihre Darlegungen waren hierbei immer plausibel und in sich widerspruchsfrei. Im Verlaufe ihrer Vernehmung vermittelte die Zeugin den Eindruck größtmöglicher Offenheit. Anzeichen dafür, die Zeugin habe etwas verschwiegen oder nicht der Wahrheit entsprechend bekundet, sind nicht erkennbar.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO n.F..

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F.), sind nicht ersichtlich.

Der Streitwert für das Rechtsmittelverfahren wird auf 410.350,08 € (entspricht 802.575,00 DM) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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