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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.07.2008
Aktenzeichen: 4 U 178/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 284
BGB § 286 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 178/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 16.07.2008

Verkündet am 16.07.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25.06.2008 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Chwolik-Lanfermann die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schäfer und den Richter am Landgericht Dr. Fisch

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 30.10.2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines mit Vertrag vom 9.3.1994 gewährten Darlehens in Höhe des am 28.12.1993 gezahlten Betrages von 60.000 DM (= 30.677,51 €) in Anspruch.

Der Kläger hat diese Klage zunächst im Urkundenprozess erhoben und am 30.8.2006 ein Urkunden-, Vorbehalts- und Anerkenntnisurteil erwirkt.

Auch im Nachverfahren bestreitet der Beklagte die Darlehensgewährung als solche nicht; er verteidigt sich vielmehr ausschließlich damit, er habe den Darlehensbetrag von 60.000 DM zuzüglich vereinbarter jährlicher Zinsen in Höhe von 3.600 DM durch eine am 2.1.1995 vom Konto seiner Ehefrau abgebuchte Scheckzahlung zurückgezahlt.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin K.... Mit Schlussurteil vom 30.10.2007 hat das Landgericht sodann das Urkunden-, Vorbehalts- und Anerkenntnisurteil vom 30.8.2006 für vorbehaltlos erklärt. Es hat zur Begründung ausgeführt, dem Beklagten sei weder der Nachweis gelungen dass die sich aus dem Kontoauszug vom 4.1.1995 ergebende Scheckzahlung an den Kläger erfolgt sei, noch habe er den Beweis führen können, dass es sich dabei um eine Zahlung auf das Darlehen gemäß dem Vertrag vom 9.3.1994 gehandelt habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er sein Ziel der Aufhebung des Urkundenvorbehaltsurteils und der Abweisung der Klage weiterverfolgt. Er vertritt die Auffassung, da unerheblich sei, ob die Rückzahlung des Darlehens von ihm persönlich oder von seiner Ehefrau geleistet worden sei und darüber hinaus der Zahlbetrag auch der Darlehenssumme zuzüglich der Zinsen für ein Jahr entsprochen habe, sprächen bereits die unstreitigen Indizien für eine Rückzahlung des streitgegenständlichen Darlehens. Die Zahlung der 63.600 DM per Scheck sei als solche zwischen den Parteien unstreitig. Soweit der Kläger vorgetragen habe, die Zahlung könne auch an seinen Baubetrieb geflossen oder eine Zahlung der Zeugin K... an die verstorbene Ehefrau des Klägers im Hinblick auf deren stille Beteiligung an dem von den Eheleuten K... zu errichtenden Hotelbauvorhaben bzw. eine Zahlung der Zeugin K... auf ein dieser vom Kläger im vorgenannten Zusammenhang gewährtes Darlehen gewesen sein, sei dessen Vortrag unsubstantiiert und daher unbeachtlich. Jedenfalls aber trage der Kläger die Beweislast dafür, dass tatsächlich andere offene Forderungen vorhanden gewesen seien, auf die die 60.000 DM zuzüglich Zinsen geflossen sein könnten.

Hinzu komme, dass der Kläger mit der Geltendmachung seines angeblichen Rückzahlungsanspruches gewartet habe, bis sämtliche Bankunterlagen bereits vernichtet seien. Auch unter diesem Gesichtspunkt, der praktisch auf eine Beweisvereitelung hinauslaufe, müsse eine Beweislastumkehr zu Lasten des Klägers angenommen werden.

Jedenfalls müsse die Beweiswürdigung aus den vorgenannten Gründen zu einer Beweiserleichterung für den Beklagten führen. Vor dem Hintergrund eines insoweit zu ändernden Maßstabes für die Beweiswürdigung sei es geboten, dass der Senat sich ein eigenes Bild von der Zeugin, deren Glaubwürdigkeit und der Wahrhaftigkeit ihrer Aussagen mache.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Cottbus vom 30.10.2007 das Vorbehaltsurteil vom 30.8.2006 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Urteil des Landgerichts. Er vertritt insbesondere die Auffassung, entgegen dem im Beschluss vom 16.4.2008 des Senats zum Ausdruck gebrachten Verständnis sei die Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 27.3.2007 vor dem Landgericht, er stelle unstreitig, "dass die Ehefrau des Beklagten eine Scheckzahlung über 63.600 DM geleistet habe" nicht dahin zu verstehen, dass er (der Kläger) nicht mehr in Abrede stelle, dass die am 2.1.1995 vom Konto der Ehefrau des Beklagten abgebuchte Scheckzahlung entweder an die W... GmbH, die verstorbene Ehefrau des Klägers oder den Kläger selbst erfolgt sei. Die am 27.3.2007 abgegebene Erklärung habe nur dem Umstand Rechnung tragen sollen, dass der Beklagte die Kopie eines Kontoauszuges vorgelegt habe, aus dem sich ergebe, dass von der Ehefrau des Beklagten offenbar ein Scheck über 63.600 DM ausgestellt und ihrem Konto am 2.1.1995 belastet worden sei. Nur dies habe unstreitig gestellt werden sollen, dagegen sei zu keinem Zeitpunkt unstreitig gewesen, dass dieser Scheck in den Bereich des Klägers bzw. seiner verstorbenen Ehefrau gelangt sei. Der Kläger trägt darüber hinaus vor, er habe mit dem Beklagten und seiner Ehefrau im Jahre 1994 die schlüsselfertige Herstellung des späteren Hotels Wi... auf der Grundlage eines Bauvertrages vom 5.5.1995 vereinbart. Aus diesem sei ersichtlich, dass der Kläger gegen den Beklagten und dessen Ehefrau zum streitgegenständlichen Zeitpunkt noch anderweitige Forderungen gehabt habe, die die hier in Rede stehende Zahlung von 63.600 DM bei weitem überstiegen hätten. Insbesondere sei nach dem Vertrag vom 5.5.1995 bereits zum 29.12.2004 eine Forderung in Höhe von 340.000 DM fällig geworden, was der Beklagte nicht bestreitet.

Der Beklagte hat seinerseits eine Rechnung des Bauunternehmens L... W... vom 30.12.1994 über eine Forderung von insgesamt 460.000 DM vorgelegt, die der Kläger unstreitig unter dem 30.12.1994 als bezahlt bestätigt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig; in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 30.677,51 € gegen den Beklagten auf Grund des Darlehensvertrages vom 9.3.1994 zu (§ 488 Abs. Satz 2 BGB).

a) Die Entstehungsvoraussetzungen für einen fälligen Darlehensrückzahlungsanspruch liegen vor.

Der Abschluss des Darlehensvertrages ist zwischen den Parteien unstreitig. Ebenso ist unstreitig, dass der Kläger den unter Ziffer 1 des Vertrages aufgeführten Betrag von 60.000 DM am 28.12.1993 an den Beklagten ausgezahlt hat. Der Beklagte hat den Erhalt dieses Betrages bereits mit dem schriftlichen Vertrag vom 9.3.1994 bestätigt. Das Landgericht hat ferner zutreffend ausgeführt, dass der Darlehensrückzahlungsanspruch des Klägers auf Grund der unstreitig mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 14.4.2005 erfolgten Kündigung fällig ist.

b) Der Anspruch des Klägers ist auch nicht durch Erfüllung erloschen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass das Darlehen durch einen Scheck in Höhe von 63.600 DM, mit dem das Konto der Ehefrau des Beklagten ausweislich des Kontoauszuges vom 4.1.1995 am 2.1.1995 belastet worden ist, bereits zurückgezahlt worden ist.

aa) Der Senat hält an seiner im Beschluss vom 16.4.2008 dargelegten Rechtsauffassung, der Kläger habe mit seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 27.3.2007, er stelle unstreitig "dass die Ehefrau des Beklagten eine Scheckzahlung über 63.000 DM geleistet habe", unstreitig gestellt, dass die am 2.1.1995 vom Konto der Ehefrau des Beklagten abgebuchte Scheckzahlung entweder an die W... GmbH, die verstorbene Ehefrau des Klägers oder den Kläger selbst erfolgt sei, nicht fest.

Zwar weisen verschiedene Formulierungen in den Schriftsätzen des Klägers (auch bereits vor dem 27.3.2007) in Bezug auf sein Bestreiten, ob er oder zumindest seine verstorbene Ehefrau den vom Konto der Ehefrau des Beklagten abgebuchten Scheck in Höhe von 63.600 DM erhalten habe, Unklarheiten auf. So deuten etwa die (ein weiteres Darlehen des Klägers an die Ehefrau des Beklagten von 400.000,- DM betreffenden) Formulierungen im Schriftsatz vom 18.5.2006 (dort Seite 2; Bl. 27 d. A.) "Offenbar bezieht sich die vorgelegte Zahlung auf dieses Darlehen" und "Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.8.2006 kann auch der Darlehensvertrag ... vorgelegt werden, auf den sich diese Rückzahlung bezieht." darauf hin, dass der Beklagte den Erhalt der Scheckzahlung von 63.600 DM als solchen nicht bestreiten wolle. Andere Formulierungen etwa in demselben Schriftsatz diejenige, es sei "nicht ersichtlich, dass der Scheck auf den Kläger bezogen war", im Schriftsatz vom 20.3.2007 (dort Seite 2; bl. 69 d.A.) "Sofern Frau K... etwa Beträge zurückgezahlt hat" oder im Schriftsatz vom 18.6.2006 (dort Seite 3; Bl. 86) "Auch der Umstand, dass in dem Kontoauszug handschriftlich das Wort "W..." eingefügt ist, belegt nicht eine Zahlung an den Kläger" sprechen eher für ein Bestreiten des Empfangs des Schecks durch den Kläger oder seine verstorbene Ehefrau.

Auch die zur Protokoll des Termins vom 27.03.2007 abgegebene Erklärung "Die Parteien stellen unstreitig, "dass die Ehefrau des Beklagten eine Scheckzahlung über 63.000 DM geleistet habe", bezieht sich nicht eindeutig auf die Übergabe des Schecks an den Kläger oder seine verstorbene Ehefrau. Sie könnte sich auch - entsprechend dem Schriftsatz des Klägers vom 23.04.2008 - allein auf den vom Beklagten als Anlage zur Klageerwiderung vorgelegten Kontoauszug und dessen Inhalt beziehen.

Entscheidend ist deshalb, dass das Landgericht den Vortrag des Klägers jedenfalls zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz den Vortrag des Klägers offenbar dahin verstanden hat, dass er auch bestreiten wolle, dass er oder seine Ehefrau überhaupt den Scheck in Höhe von 63.600 DM erhalten hätten. Dafür spricht sowohl die ausweislich des Protokolls vom 14.8.2007 durch das Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme, die sich nach den protokollierten Antworten der Zeugin ausführlich auch gerade mit den konkreten Umständen befasst hat, wer, wann, wem den Scheck übergeben haben soll. Dieses Verständnis des Landgerichts hinsichtlich des Bestreitens kommt darüber hinaus auch im Tatbestand des Schlussurteils vom 30.10.2007 zum Ausdruck, in dem der Tatsachenvortrag des Beklagten auch gerade zur Übergabe des Schecks im streitigen Beklagtenvortrag dargestellt worden ist. Dem ist der Beklagte weder im Termin vom 14.08.2007 entgegengetreten, noch im Wege eines Tatbestandsberichtigungsantrages.

bb) Ist danach für das Berufungsverfahren davon auszugehen, dass die Übergabe des Schecks an den Kläger (oder seine verstorbene Ehefrau) auch bereits erstinstanzlich streitig war, handelt es sich dabei um eine Tatsache, für die der Beklagte nicht nur darlegungs- sondern auch beweispflichtig ist.

Entgegen seiner Auffassung besteht kein Grund für die Annahme einer Umkehr der Beweislast zu Lasten des Klägers oder auch für Beweiserleichterungen für den Beklagten.

Allein der Umstand, dass der Kläger die streitgegenständliche Darlehensrückzahlungsforderung erst nach mehr als 10 Jahren geltend macht, ohne dass er zuvor den Beklagten auf das Fortbestehen dieser Schuld hingewiesen oder auch nur die vereinbarten Zinsen gefordert hätte, reicht dafür nicht aus. Dass ein Gläubiger eine Forderung, aus welchen Gründen auch immer, über einen längeren Zeitraum nicht geltend macht, vermag einen Schuldner nicht von seiner Pflicht zu entlasten, eine von ihm behauptete Erfüllung zu beweisen. Etwas anderes gilt auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer zwischenzeitlichen Vernichtung von Bankunterlagen. Eine Beweisvereitelung oder ein dieser nahe kommendes Verhalten kann dem Kläger auch insoweit nicht zur Last gelegt werden, zumal der Beklagte nicht einmal vorträgt, welche Erkenntnisse er aus etwaigen Bankunterlagen für die hier streitige Übergabe eines Schecks hätte gewinnen wollen.

cc) Den danach ihm obliegenden Beweis hat der Beklagte durch die Aussage der Zeugin K... nicht geführt. Der Senat ist insoweit gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Feststellungen des Landgerichts gebunden. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit ergeben sich aus dem Vortrag des Beklagten nicht. Insbesondere reicht dafür die Durchführung der Beweisaufnahme durch eine ungeübte Referendarin, die die Zeugin nach den Angaben des Beklagten zu entnervten Aussagen veranlasst habe, nicht aus; der Beklagte trägt nicht etwa vor, dass die Referendarin die Aussagen der Zeugin K... unzutreffend zu Protokoll genommen habe. Ausweislich des Protokolls hat die Zeugin von Beginn der Vernehmung an keine konkreten belastbaren Angaben dazu machen können, wer, wann und unter welchen Umständen dem Kläger den Scheck übergeben haben soll. Sie hat sich darüber hinaus etwa in Bezug auf den mit dem Kläger am 21.12.1994 geschlossenen Darlehensvertrag in Widersprüche verstrickt, die sie erst auf Vorhalt aufgeklärt hat.

c) Hat der Beklagte danach aber bereits eine Übergabe des Schecks an den Kläger nicht bewiesen, kommt es auf die weitere Frage, auf welche der Ende 1994/Anfang 1995 offenen Forderungen des Klägers gegen den Beklagten die Zahlung erfolgt sein könnte und damit insbesondere auch nicht mehr darauf an, ob der Scheck über 63.600 € möglicherweise einen Teil der vom Kläger am 30.12.1994 quittierten Zahlung von insgesamt 460.000 DM darstellen könnte.

Der Zinsanspruch ist aus §§ 284, 286 BGB a. F. begründet.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Befassung des Revisionsgericht erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.677,51 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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