Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 09.05.2007
Aktenzeichen: 4 U 187/06
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 195 a. F.
BGB § 195 n. F.
BGB § 198 a. F.
BGB § 199 n. F.
BGB § 199 Abs. 1
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 199 Abs. 4
BGB § 771 Satz 2 n.F.
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 531 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 187/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 09.05.2007

Verkündet am 09.05.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 04.04.2006 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Chwolik - Lanfermann, den Richter am Oberlandesgericht Werth und die Richterin am Amtsgericht Dr. Lammer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25.10.2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch.

Die Klägerin schloss am 06. April/05. Mai 1998 mit Herrn J... H... S... (im folgenden: Hauptschuldner) einen Vertrag, in dem sie diesem ein Darlehen in Höhe von 40.000,00 DM zur Finanzierung der Anschaffung von Gaststättengroßinventar gewährte.

Die Beklagte übernahm mit Vertrag vom 06. April/05. Mai 1998 eine selbstschuldnerische Bürgschaft für die der Klägerin gegen den Hauptschuldner zustehenden Darlehensforderung, jedoch begrenzt auf einen Höchstbetrag von 13.333,00 DM (= 6.817,05 € ). Die Beklagte verzichtete auf die Einreden der Anfechtung, der Aufrechnung und der Vorausklage.

In dem Bürgschaftsvertrag wurde vereinbart, dass die Bürgschaft nicht zeitlich begrenzt sei und erlösche, sobald die Darlehensschuld in vollem Umfang getilgt oder die Bürgschaftsurkunde zurückgegeben worden sei.

Die Klägerin kündigte den Vertrag mit dem Hauptschuldner unter dem 07. Juli 1999 mit Wirkung zum 30. Juli 1999. Hierauf wies sie die Beklagte mit Schreiben vom 07. Juli 1999 hin. Mit Schreiben vom 16. März 2005 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten erstmals einen Anspruch in Höhe von 6.817,22 € geltend.

Die Klägerin hat am 02. Dezember 2005 einen Mahnbescheid beantragt, der der Beklagten am 03. Februar 2006 zugestellt worden ist.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Klageforderung sei verjährt.

Die regelmäßige 30jährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a. F. habe am 05. Mai 1998 zu laufen begonnen. Da sie am Stichtag 01. Januar 2002 noch nicht abgelaufen gewesen sei, sei gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB von diesem Zeitpunkt an die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB n. F. zu berechnen gewesen, so dass die Verjährung mit Ablauf des 31. Dezember 2004 eingetreten sei. Entsprechendes gelte, wenn der 30. Juli 1999, der Zeitpunkt, zu dem der Darlehensvertrag gekündigt wurde, als Verjährungsbeginn angenommen würde.

Die im Vertrag vorhandene Formulierung, wonach die Bürgschaft zeitlich nicht begrenzt sei, könne nicht im Sinne eines Verzichts auf alle auf bloßen Zeitablauf gegründeten Einwendungen und Einreden ausgelegt werden.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie verfolgt weiterhin die Durchsetzung der Klageforderung. Die Klägerin meint, die Forderung gegen die Beklagte sei nicht verjährt. Der Anspruch aus der Bürgschaft entstehe nicht bereits mit Fälligkeit der Hauptforderung, sondern mit Fälligkeit der Bürgschaftsforderung. Diese trete erst mit Inanspruchnahme des Bürgen, hier mit der Inanspruchnahme der Beklagten aus der Bürgschaft mit Schreiben vom 16.03.2005, ein.

Nachdem durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz die Verjährungsfrist auf 3 Jahre verkürzt worden sei, sei es angebracht, den Verjährungsbeginn möglichst spät anzusetzen. Es sei von dem Schuldner hinzunehmen, wenn es der Gläubiger in der Hand habe, die Verjährung hinauszuzögern. Gemäß § 199 BGB n. F. bestünden zudem bestimmte Höchstfristen für die Verjährung, so dass eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners ohnehin nicht eintrete.

Ferner seien die durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz geänderten Regelungen zur Verjährungshemmung bei nicht selbstschuldnerischen Bürgschaften zu berücksichtigen.

Zudem sei die Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger als Fälligkeitsvoraussetzung vertraglich vereinbart worden. Die Parteien hätten vereinbart, dass die Klägerin zunächst den Hauptschuldner in Anspruch nehmen sollte.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zur Zahlung von 6.817, 22 € nebst Zinsen in Höhe von 8 % - Punkten über dem Basiszinssatz auf 5.636,57 € seit dem 11.11.2005 an die Klägerin zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Sie rügt, der Vortrag der Klägerin, es habe ein Einvernehmen zwischen den Parteien bestanden, dass die Klägerin ihre Ansprüche zunächst gegen den Hauptschuldner durchsetzen solle, sei neu und unzulässig. Ein solches Einvernehmen habe es zudem nicht gegeben.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klageforderung ist verjährt. 1. Die Verjährung der Bürgschaftsforderung begann mit Ablauf des 30. Juli 1999, da zu diesem Zeitpunkt der Anspruch der Klägerin gegen den Hauptschuldner auf Rückzahlung des Darlehens fällig wurde.

Es ist streitig, ab welchem Zeitpunkt eine Bürgschaftsforderung verjährt. Teilweise wird vertreten, die Verjährung beginne mit der Fälligkeit der Hauptforderung. Die Gegenmeinung nimmt hingegen als Ansatzpunkt für den Verjährungsbeginn die Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger.

a) Der Senat folgt der erstgenannten Ansicht aus folgenden Erwägungen:

Die regelmäßige Verjährung beginnt sowohl nach § 198 BGB a. F als auch gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. zu dem Zeitpunkt, zu dem der Anspruch entstanden ist. Ein Anspruch ist entstanden, wenn er erstmalig geltend gemacht oder notfalls im Klagewege durchgesetzt werden kann. Aufgrund des Grundsatzes der Akzessorietät (§ 767 BGB) zwischen gesicherter Hauptforderung und Bürgschaftsforderung ist maßgeblich, wann der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens fällig geworden ist. Der Beginn der Verjährung einer Bürgschaftsforderung tritt daher gleichzeitig mit der Fälligkeit der gesicherten Hauptforderung ein (MüKo - Habersack, BGB, 4.A., § 765 BGB, (Hohmann, WM 2004, 757 ff (760); Lubojanski, IBR 2004, 420). Der Senat sieht sich insoweit auch in Übereinstimmung mit der jüngeren Rechtsprechung des BGH. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 18.12.2003 angemerkt, dass die Fälligkeit der Bürgschafsforderung mit der Fälligkeit der Hauptforderung eintrete ( IX ZR 9/03 juris Rn. 19). Allerdings setzt sich diese Entscheidung nicht mit der Verjährung von Bürgschaftsforderungen auseinander, sondern mit der Frage, ab wann ein Bürgschaftsgläubiger eines Gemeinschuldners durch eine Kontosperre eine Deckung erlangen darf.

b) Auf eine Zahlungsaufforderung des Gläubigers gegenüber dem Bürgen kann es hingegen nicht ankommen. Dagegen spricht die Überlegung, dass es ansonsten der Gläubiger in der Hand hätte, den Beginn der Verjährung seines Anspruches gegen den Bürgen zu steuern. Dieses Recht wird einem Gläubiger von der Rechtsprechung jedoch gerade nicht zugestanden. So hat der BGH zu einer Werklohnforderung ausgeführt, dass der Beginn der Verjährung einer Forderung nicht in das Belieben des Werkunternehmers gestellt werden kann, soweit nicht die Parteien hierzu eine gesonderte Vereinbarung getroffen haben (v. 18.12.1980, VII ZR 41/80, juris Rn. 13).

aa) Die Klägerin kann nicht für sich fruchtbar machen, in der Rechtsprechung werde vertreten, dass die Bürgschaftsforderung erst mit der an den Bürgen gerichteten Zahlungsaufforderung fällig werde. Die von der Klägerin herangezogenen Entscheidungen betreffen nämlich nicht die Frage der Verjährung von Bürgschaftsforderungen.

Der BGH hat zwar in drei älteren Entscheidungen eher "beiläufig"(s. OLG Köln, v. 14.12.2005, 11 U 109/05 juris Rn. 9) ausgeführt, dass die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung eine an den Bürgen gerichtete Zahlungsauforderung des Gläubigers voraussetze (v. 25.09.1990, XI ZR 142/89, juris Rn.10; 10.11.1988, III ZR 215/87, juris Rn. 11; v. 11.10.1984, IX ZR 73/83, NJW 1985, S. 45). Diese Entscheidungen betreffen jedoch nicht die Frage, wann die Ansprüche gegen einen Bürgen zu verjähren beginnen, sondern wann frühestens ein Bürge mit einem Zugriff auf sein Vermögen rechnen muss. Hiernach hat ein Bürge erst dann konkrete Mittel zugunsten der Gläubigerin aufzuwenden, wenn er aus der Bürgschaft in Anspruch genommen und die Bürgschaftsforderung fällig geworden ist. Der Inhalt der Entscheidungen beschränkt sich auf die Feststellung, dass eine Inanspruchnahme des Bürgen Voraussetzung für dessen konkrete Leistungspflicht und den Verzugseintritt ist. Es ist jedoch zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die konkrete Leistungspflicht des Bürgen entsteht, und dem Zeitpunkt zu unterscheiden, zu dem die Forderung gegen den Bürgen zu verjähren beginnt. Dass der Bürgschaftsgläubiger den Bürgen nach Fälligkeit der Hauptschuld zur Zahlung auffordern muss, damit die Verjährung zu laufen beginnt, lässt sich dieser Rechtsprechung nicht entnehmen (so auch Lubojanski, a.a.O.; Schmitz/Vogel, ZfIR 2002, 519ff (519)).

Auch die Entscheidung des OLG Hamm vom 09.02.1983 (WM 1983, S. 772 f.) betrifft nicht die Frage der Verjährung von Bürgschaftsforderungen. Der Beschluss erging auf eine Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung des Landgerichts und befasst sich im Wesentlichen mit der Frage, ob ein Bürge Anlass zur Klage gegeben hat (§ 93 ZPO). Dem Beschluss lässt sich indes nichts für die Frage entnehmen, wann der gegen den Bürgen gerichtete Anspruch zu verjähren beginnt (so auch Schmitz/Vogel, a.a.O, S. 518).

bb) Die Gegenstimmen in der juristischen Fachliteratur, auf die die Klägerin sich beruft, vermögen nicht zu überzeugen.

(1) Teilweise nehmen die Verfasser auf obergerichtliche Rechtsprechung zur Fälligkeit der Bürgschaftsforderung Bezug, die jedoch für die Frage der Verjährung nicht einschlägig ist (so Horn in Staudinger, BGB, 13. Bearb., § 765 BGB, Rn. 112, der lediglich auf den Beschluss des OLG Hamm (a.a.O.) verweist, welcher sich - wie oben ausgeführt - auf die Voraussetzungen des § 93 ZPO bezieht), teilweise begründen sie ihre Auffassung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 11.10.1984, a.a.O, welche die Frage des Verjährungsbeginns ebenfalls nicht behandelt (so Mansel/Budziekiewicz, Das neue Verjährungsrecht, 2002, § 3 Rn. 100)).

(2) Im Übrigen kann den von den Vertretern dieser Meinung angeführten Argumenten in der Sache nicht gefolgt werden.

Auch wenn es dem Gläubiger freisteht, im Sicherungsfall von der Bürgschaft Gebrauch zu machen oder seine Rechte anderweitig durchzusetzen (so Joussen in Ingenstau/Korbion, VOB, 15. A., § 17 VOB/B, Rn. 103), ergibt sich daraus nicht, dass die Bürgschaft erst nach Inanspruchnahme des Bürgen zu verjähren beginnt. Dass grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen Inanspruchnahme des Hauptschuldners oder des Bürgen besteht, bedeutet nämlich nicht, dass dieses Wahlrecht dem Gläubiger über einen von ihm steuerbaren Zeitraum zur Verfügung stehen muss.

Von Gay (NJW 2005, 2585 ff. (2587) wird vertreten, eine "normale" Bürgschaft sei hinsichtlich des Verjährungsbeginns wie eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu behandeln., Anderenfalls verjährte bei Verzicht des Gläubigers auf das Recht zur ersten Anforderung dieselbe Bürgschaftsforderung im Nachhinein ab einem anderen Zeitpunkt, da die Bürgschaft dann quasi rückwirkend mit der Hauptforderung fällig würde. Die Argumentation von Gay geht deshalb ins Leere, weil schon ihre Grundannahme, bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern beginne die Verjährung erst mit der ersten Anforderung, unzutreffend ist. Auch bei einer Bürgschaft auf ersten Anfordern beginnt die Verjährung spätestens mit der Fälligkeit der Hauptforderung. Etwas anders kann sich nur für den Fall ergeben, dass der Bürge in Anspruch genommen wird, bevor die Hauptforderung tatsächlich fällig geworden ist. Hier beginnt die Verjährung mit der (vorzeitigen) Inanspruchnahme. Ein Verzicht des Gläubigers würde aber auch in diesem Fall nicht zu einer Vorverlagerung des Verjährungseintritts führen.

Auch ergeben sich aus den Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verjährung der Bürgschaftsforderung erst mit der Inanspruchnahme des Bürgen beginnen soll. Das von Gay (a.a.O., S. 2587) angeführte Argument, der Gesetzgeber habe es für hinnehmbar gehalten, wenn der Gläubiger es in der Hand habe, die Verjährung beliebig zu verzögern, findet in den von der Verfasserin herangezogenen Bundestagsdrucksachen keine Grundlage. Vielmehr kommt in den Gesetzesmaterialien die Auffassung zum Ausdruck, dass der Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen gleichzeitig mit der Hauptforderung entsteht (BT - Drucks. 14/7052, S. 206).

cc) Die von der Klägerin angeführten weiteren Argumente für einen Verjährungsbeginn erst nach Zahlungsaufforderung können ebenfalls nicht überzeugen.

Dass der Gesetzgeber die Verjährungsfrist auf drei Jahre verkürzt hat, spricht gerade nicht dafür, eine Hinauszögerung des Verjährungseintritts durch den Gläubiger zuzulassen. Vielmehr wird durch das neue Verjährungsrecht der gesetzgeberische Wille deutlich, dass Schuldner innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes Gewissheit darüber erlangen sollen, ob sie noch mit einer Inanspruchnahme zu rechnen haben.

Die Bürgschaftsforderung ist auch nicht ebenso wie ein verhaltener Anspruch zu behandeln. Während ein solcher vor der Schuldrechtsreform mit dessen Entstehung zu verjähren begann (vgl. BGH, v. 17.12.1999, V ZR 448/98, juris Rn. 8), beginnt nach neuem Recht die Verjährung von Rückgabeansprüchen aus Leihe, Hinterlegung und Verwahrung erst mit dem Rückforderungsverlangen ( §§ 604 Abs. 5, 695 Satz 2, 696 Satz 3 BGB). Es wird zwar vorgeschlagen, diesen Regelungsgedanken auf alle verhaltenen Ansprüche anzuwenden, so dass abweichend von § 199 Abs. 1 BGB die allgemeine Verjährungsfrist von 3 Jahren erst mit dem Erfüllungsverlangen des Gläubigers in Lauf gesetzt wird (Palandt/Heinrichs, 64.A., § 199 BGB, Rn. 8). Bei der Bürgschaft handelt es sich jedoch nicht um einen verhaltenen Anspruch (Hohmann, a.a.O.; Schmitz/Vogel, a.a.O., S. 520). Verhaltene Ansprüche sind nämlich solche, die der Schuldner vor ihrer Geltendmachung nicht erfüllen darf, deren Erfüllung der Gläubiger jedoch jederzeit verlangen kann. Der Bürgschaftsgläubiger kann die Erfüllung seiner Forderung indes nicht jederzeit, sondern frühestens nach Fälligkeit der gesicherten Hauptschuld, verlangen. Anders als bei Leihe, Hinterlegung und Verwahrung ergeben sich aus der Erfüllung der Bürgschaft nach Fälligkeit der Hauptforderung, jedoch vor Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger, für Letzteren nicht diejenigen Nachteile, die gerade durch die Behandlung einer Forderung als verhaltenen Anspruch vermieden werden sollen. Auch kommt entgegen der Auffassung der Klägerin hier keine analoge Anwendung des § 771 Satz 2 BGB n.F. in Betracht. Nach dieser Vorschrift tritt eine Hemmung der Verjährung des Bürgschaftsanspruches vom Zeitpunkt der Erhebung der Einrede der Vorausklage durch den Bürgen bis zum erfolglosen Abschluss eines ersten Zwangsvollstreckungsversuches gegen den Hauptschuldner ein. Diese durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz eingeführte Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass in Anbetracht der Verkürzung der Verjährungsfrist für Bürgschaftsforderungen von 30 Jahren auf 3 Jahre der Gläubiger anderenfalls Gefahr liefe, bei Erhebung der Einrede der Vorausklage die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Bürgen erst zu einem Zeitpunkt geschaffen zu haben, zu dem die Forderung gegen den Bürgen bereits verjährt wäre. Eine darüber hinausgehende Wertung, die sich allgemein für die Frage der Verjährung von Bürgschaftsforderungen heranziehen ließe, lässt sich dieser Neuregelung indes nicht entnehmen. Hat der Bürge nicht die Möglichkeit, die Einrede der Vorausklage zu erheben, befindet er sich rechtlich in einer nicht vergleichbaren Situation.

c) Die von der Klägerin vertretene Meinung hätte zur Konsequenz, dass ein Gläubiger gegen den Hauptschuldner einen Titel erwirken könnte, aus dem er zunächst versuchen könnte, 30 Jahre lang zu vollstrecken (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB), während er durch das Unterlassen einer an den Bürgen gerichteten Zahlungsaufforderung den Verjährungsbeginn beliebig hinauszögern könnte, da ihm aufgrund des Titels nicht mehr die Einrede der Verjährung der Hauptforderung droht. Der Bürge wäre entgegen der Auffassung der Klägerin nicht einmal durch §199 Abs. 4 BGB (Verjährung nach 10 Jahren) geschützt, denn der Begriff "entstanden" in § 199 Abs. 4 entspricht dem in § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

2. Die Klägerin kann einen späteren Verjährungsbeginn auch nicht damit begründen, dass die Parteien insoweit eine Sondervereinbarung getroffen hätten. Die Beklagte hat im Bürgschaftsvertrag auf die Erhebung der Einrede der Vorausklage verzichtet.

Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe mit der Beklagten vereinbart, zunächst zu versuchen, die Forderung bei dem Hauptschuldner einzutreiben, handelt es sich um nicht zulassungsfähigen, neuen Vortrag gem. § 531 Abs. 2 ZPO. Die Klägerin hat dies erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragen, die Beklagte hat den Vortrag bestritten.

3. Auch ergibt sich aus dem Inhalt des Vertrages nicht, dass die Erhebung der Einrede der Verjährung ausgeschlossen worden ist. Die Regelung, die Bürgschaft sei nicht zeitlich befristet, besagt lediglich, dass die Bürgschaftsverpflichtung nicht schon durch Zeitablauf endet.

4. Am Ende des 30. Juli 1999 begann zunächst die dreißigjährige Verjährungsfrist gem. § 195 BGB a.F, da zu diesem Zeitpunkt der Anspruch gegen die Beklagte entstanden ist und die Klägerin von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis hatte (§ 199 Abs. 1 BGB). Die Annahme des Landgerichts, die Verjährung habe bereits am 05.05.1998, also dem Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme, begonnen, ist unzutreffend, da die geltend gemachte Forderung, nämlich der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens, erst mit Ablauf der Kündigungsfrist entstanden ist (vgl. Hohmann, a.a.O., S. 757).

Gemäß Art. 229 § 6 Abs.4 EGBGB begann am 01. Januar 2002 der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist gem. § 195 BGB n.F., so dass die Verjährung am 31. Dezember 2004 eingetreten ist. Die Klägerin hat jedoch erst im Dezember 2005 einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gegen die Beklagte gestellt.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung ist, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Es ist zu erwarten, dass die Frage, wann die Verjährung einer Bürgschaftsforderung beginnt, in einer Vielzahl von Fällen auftreten wird und - insbesondere aufgrund der Verkürzung der Verjährungsfrist von 30 auf 3 Jahre - von zunehmender praktischer Relevanz ist.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.817, 05 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück