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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 12.04.2006
Aktenzeichen: 4 U 204/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, KWG


Vorschriften:

ZPO § 148
ZPO § 520 Abs. 3
BGB § 134
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 826
KWG § 18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 204/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 12.04.2006

Verkündet am 12.04.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22.03.2006 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Cottbus vom 14.09.2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Schuldmitübernahmevereinbarung vom 17.06./03.09.1996 in Bezug auf Darlehensverbindlichkeiten der E... Beratungsgesellschaft mbH (im Folgenden: E... GmbH) aus einem Darlehensvertrag vom 30.11.1994 auf Zahlung von 51.129,19 € in Anspruch.

Wegen des erstinstanzlich vorgetragenen Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 28.09.2005 verurteilt, als Gesamtschuldnerin neben der E... GmbH an die Klägerin 51.129,19 € nebst 5 % Zinsen seit dem 01.01.2000 zu zahlen. Lediglich im Hinblick auf den weitergehenden Zinsanspruch hat das Landgericht die Klage im Übrigen abgewiesen.

Es hat zur Begründung ausgeführt, der Rechtsstreit sei nicht gemäß § 148 ZPO auszusetzen, da eine Entscheidung des BGH selbst im Falle der Zulassung der Revision gegen das in einem Rechtsstreit zwischen der Klägerin und Herrn ... S... sowie der E... GmbH ergangene Urteil des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 22.12.2004 eine Bindungswirkung zwischen den hier streitenden Parteien nicht entfalte.

Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung in Höhe des geltend gemachten Betrages zu, da die Beklagte aufgrund der Vereinbarung vom 17.06.1996 als weitere Darlehensnehmerin in den mit der E... GmbH am 30.11.1994 geschlossenen Darlehensvertrag eingetreten sei.

Das Darlehensgeschäft sei nicht gemäß § 134 BGB aufgrund eines Verstoßes der Klägerin gegen § 18 KWG nichtig, weil § 18 KWG kein Verbotsgesetz sei, dessen Verletzung zur Nichtigkeit des Kreditvertrages führe.

Der Darlehensvertrag und die Schuldmitübernahmevereinbarung seien auch nicht wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig.

Die Anwendung der Rechtsprechung des BGH zur Sittenwidrigkeit eines Sanierungsdarlehens scheitere bereits daran, dass die Gewährung eines Sanierungsdarlehens durch die Klägerin zur Abwendung eines drohenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs der E... GmbH nicht feststellbar sei. Insoweit habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt, dass der Darlehensvertrag vom 30.11.1994 geeignet gewesen sei, gegenüber der zuvor bestehenden Situation Gläubiger über die wirtschaftliche Lage der E... GmbH zu täuschen und eine mögliche Insolvenz hinauszuschieben. Die Beklagte habe insbesondere nicht konkret dargestellt, dass der vereinbarte Tilgungsbeginn am 01.12.1996 in seiner Wirkung der Gewährung eines weiteren Kredits gleichzustellen wäre.

Die Beklagte habe trotz Bestreitens der Klägerin auch nicht darstellen können, dass es neben der Klägerin überhaupt noch Gläubiger der E... GmbH gegeben habe, denen sich deren finanzielle Situation besser als tatsächlich gegeben dargestellt habe. Dagegen spreche, dass selbst nach der Kündigung des Darlehens durch die Klägerin ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der E... GmbH nicht eröffnet worden sei und das zuständige Insolvenzgericht einen entsprechenden Antrag der Klägerin mit der Begründung abgelehnt habe, dass diese die einzige betreibende Gläubigerin gewesen sei. Auf die E... GmbH selbst sei in diesem Zusammenhang nicht abzustellen, da sie als Darlehensnehmerin ihre finanzielle Situation gekannt habe und damit vom Schutzzweck der Judikatur des BGH nicht erfasst werde. Ebenso wenig sei die Schuldmitübernahmevereinbarung vom 17.06.1996 als sittenwidrig zu beurteilen, da die Beklagte unstreitig neben der E... GmbH zu dem von ... S... beherrschten Firmenverbund gehört habe und der E... GmbH deshalb gleichzustellen sei. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass durch die Vereinbarung vom 17.06.1996 andere Gläubiger der E... GmbH benachteiligt worden wären.

Nach alledem könne offen bleiben, ob sich die E... GmbH bei Abschluss des Darlehensvertrages vom 30.11.1994 tatsächlich in einer wirtschaftlichen Krise befunden habe. Die Einwendungen der Beklagten zur Höhe der geltend gemachten Hauptforderung seien unbehelflich. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte habe eine Erfüllung des Anspruches durch Tilgung des Darlehensbetrages nicht in erheblicher Weise vorgetragen. Lediglich der Zinsanspruch stehe der Klägerin nur in einem Umfang von 5 % Zinsen seit dem 01.01.2000 zu.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Ziel der Klageabweisung weiter verfolgt.

Sie macht geltend, das Landgericht habe sich in seiner Entscheidung nicht hinreichend mit der von ihr (der Beklagten) unter Bezugnahme auf die Nichtzulassungsbeschwerde vorgetragenen Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen einer Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB und der Begründung eines Schadensersatzanspruches für geschädigte Dritte gemäß § 826 BGB auseinandergesetzt.

Das Landgericht sei auch fälschlich davon ausgegangen, dass Herr ... S... Gesellschafter der Beklagten sei. Tatsächlich sei - was von der Klägerin nicht bestritten wird - bei Abschluss der Darlehensverträge und der Schuldmitübernahmevereinbarung die E... GmbH Gesellschafterin der Beklagten und Herr S... seinerseits Gesellschafter der E... GmbH gewesen. Zum heutigen Zeitpunkt seien weder die E... GmbH noch Herr S... Gesellschafter der Beklagten. Die Beklagte hat jedoch nicht in Abrede gestellt, dass - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2006 vorgetragen hat - Herr S... inzwischen ihr Geschäftsführer ist. Auch die Auffassung des Landgerichts, dass es sich bei dem Darlehen vom 30.11.1994 nicht um ein Sanierungsdarlehen gehandelt habe, sei unzutreffend. Das Landgericht habe insoweit nicht hinreichend zwischen einem "Stehenlassen" von Verbindlichkeiten und einer "Umschuldung" durch Gewährung eines neuen Darlehens mit abgeänderten Zins- und Tilgungskonditionen und der Bedingung zusätzlicher Sicherheitenbereitstellung unterschieden.

Die E... GmbH sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages zahlungsunfähig gewesen, was der Klägerin ausweislich ihres eigenen - von der Beklagten bereits in der ersten Instanz als Anlage B 8 vorgelegten - Vermerks auch bekannt gewesen sei. Zudem sei die E... GmbH zum Zeitpunkt der Darlehensvergabe überschuldet gewesen. Der gewährte revolvierende Rahmenkredit in Höhe von 17,1 Mio DM wäre daher nach dem allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sofort und insgesamt zur Zahlung fällig gewesen, zumindest aber der nur mündlich zugesagte Kontokorrentkredit, welcher zu diesem Zeitpunkt mit ca. 3,8 Mio DM valutiert gewesen sei. Der Abschluss des Darlehensvertrages vom 30.11.1994 habe demgegenüber zur Folge gehabt, dass die E... GmbH für die Dauer von zwei Jahren keine Tilgungsleistungen und gleichzeitig niedrigere Zinsaufwendungen als zuvor zu erbringen gehabt habe.

Das Landgericht hätte auch den Beweisangeboten der Beklagten zur Überschuldung sowie zu der Tatsache, dass die Klägerin über diesen Umstand umfassend informiert gewesen sei, nachgehen müssen. Der tatsächliche Kenntnisstand der Klägerin zum Zeitpunkt der Kreditvergabe ergebe sich im Übrigen auch aus einer schriftlichen Stellungnahme des Zeugen M... vom 01.09.2005. Der Klägerin seien monatlich betriebswirtschaftliche Auswertungen und die Bilanzen für 1992 und 1993 - diese im Entwurfstadium - zur Verfügung gestellt worden.

Der Zeuge F... habe - was die Beklagte im vorliegenden Verfahren erstmals in der Berufungsinstanz geltend macht - bereits im Sommer 1994 das Gespräch mit Herrn S... gesucht und ein Konzept entworfen, dass den Ankauf weiterer ausgesuchter, gewinnträchtiger Bestattungsunternehmen vorgesehen habe, deren Erträge sodann mit den Verlustvorträgen der an die E... GmbH angeschlossenen nicht kostendeckenden Bestattungsgesellschaften verrechnet werden sollten. Der Ankauf von weiteren Bestattungsunternehmen habe mit einem Kredit von ca. 50 Mio DM finanziert werden sollen, der Herrn S... von Herrn F... zugesagt worden sei. Die Klägerin habe den Abschluss der Darlehensverträge vom 30.11.1994 und die Gewährung weiterer Sicherheiten zur Vorbedingung für die Ausreichung des zugesagten weiteren Kredits zum Zwecke des Ankaufs ertragsstarker Bestattungsunternehmen gemacht. Tatsächlich habe sie jedoch offensichtlich schon bei Abschluss der Darlehensverträge im November 1994 nicht vorgehabt, sich an die von Herrn F... gemachte Zusage zu halten, sondern ausschließlich das Ziel verfolgt, den eigentlich notwendigen Konkurs im Jahr 1994 abzuwenden, um die von ihr ohne Sicherheiten ausgereichten Kredite nicht vollständig abschreiben zu müssen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 28.09.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, die Angriffe der Berufung erfüllten schon nicht die an eine Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 ZPO zu stellenden Anforderungen. Sie bestreitet weiterhin, dass die E... GmbH bzw. Herr ... S... zum Zeitpunkt der Umschuldungsvereinbarung insolvenzfällig gewesen sei. Die E... GmbH habe auch zu keinem Zeitpunkt eine entsprechende Erklärung gegenüber der Klägerin abgegeben oder Bilanzen für die Jahre 1992 und 1993 vorgelegt.

Die Klägerin habe für die E... GmbH auch kein Konzept entwickelt, wonach vorgesehen gewesen sei, dass die E... GmbH in großem Umfang neue wirtschaftlich gesunde Betriebe erwerben sollte. Richtig sei lediglich, dass man im Rahmen der Umschuldungsgespräche darüber gesprochen habe, dass eine Konsolidierung in der Weise wünschenswert sei, dass die verlustbringenden Betriebe geschlossen und dadurch die gewinnbringenden Betriebe der Gruppe S.../E... GmbH gestärkt werden sollten. Auch dieses Konzept sei jedoch von Seiten der Darlehensnehmer unterbreitet worden. Die erstmals von der Beklagten mit der Berufungsbegründung vorgetragene Inaussichtstellung eines weiteren Darlehens über 50 Mio DM sei frei erfunden.

II.

A . Die Berufung ist zulässig.

Insbesondere genügt die Begründung der Berufung entgegen der Auffassung der Klägerin den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Der Vortrag der Beklagten in der Berufungsbegründung lässt hinreichend erkennen, dass diese geltend macht, das Urteil des Landgerichts beruhe auf einer Rechtsverletzung, die eine andere Entscheidung rechtfertige. Diese Auffassung stützt die Beklagte erkennbar u.a. darauf, das Landgericht habe den Unterschied zwischen den Anwendungsbereichen des § 138 Abs. 1 BGB und des § 826 BGB verkannt. Darüber hinaus vertritt sie die Auffassung, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, es handele sich bei dem Darlehensvertrag vom 30.11.1994 nicht um ein Sanierungsdarlehen. Ist aber bereits aus den vorgenannten Gründen, die jeweils den vom Landgericht zuerkannten Anspruch insgesamt betreffen, die Berufung zulässig, kommt es für die Zulässigkeit auf die weiteren Einzelheiten, insbesondere auf die Frage, ob sich die Beklagte in der Berufungsinstanz auf neuen Tatsachenvortrag stützen kann, nicht mehr an; die Frage der Zulassungsfähigkeit neuen Sachvortrages ist vielmehr für den jeweiligen konkreten Vortrag im Rahmen der Begründetheit zu beantworten.

B. In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg.

Das Landgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch in dem zuerkannten Umfang gegen die Beklagte aufgrund der Schuldmitübernahmevereinbarung vom 17.06.1996 in Verbindung mit dem zwischen der Klägerin und der E... GmbH am 30.11.1994 geschlossenen Darlehensvertrag zusteht.

I. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Darlehensvertrag vom 30.11.1994 unwirksam ist.

1. Soweit in der ersten Instanz die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages unter dem Gesichtspunkt des § 134 BGB i.V.m. § 18 KWG diskutiert worden ist, ist dies vom Landgericht mit bedenkenfreier Begründung abgelehnt worden. Dies greift die Beklagte in der Berufungsinstanz auch nicht an.

2. Das Landgericht hat aber auch zu Recht angenommen, dass der Darlehensvertrag nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten unwirksam ist.

Eine Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages gemäß § 138 Abs. 1 BGB kann hier - dies stellt die Beklagte auch nicht in Abrede - nur unter dem Gesichtspunkt einer Gläubigergefährdung in Betracht kommen. Wertet man die dazu ergangene Rechtsprechung des BGH aus, ist sämtlichen Entscheidungen - gleichgültig, ob sie die Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB (Urteil vom 09.07.1953 - IV ZR 242/52 - = BGHZ 10, 228 ff) oder die Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB (vgl. nur Urteil vom 11.11.1985 - II ZR 109/9Ž84 -= BGHZ 96, 231 ff; BGH-Urteil vom 29.05.2001 - VI ZR 114/00 - = NJW 2001, 2632 ff) betreffen - gemeinsam, dass der Grund für die Annahme einer Sittenwidrigkeit nicht in einem Verhalten der Bank gegenüber dem Vertragspartner liegt, sondern darin, dass durch eine Kreditvergabe an ein notleidendes Unternehmen Dritte, d.h. andere Gläubiger des notleidenden Unternehmens, über dessen fortbestehende Kreditwürdigkeit getäuscht werden und dadurch einen Schaden erleiden können. Die Möglichkeit der Täuschung anderer Gläubiger eines notleidenden Unternehmens gehört damit ebenso wie die Gewährung neuer Kreditmittel an ein in der Krise befindliches Unternehmen zu den objektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB ebenso wie des § 826 BGB in der Ausformung des Begriffs der Sittenwidrigkeit bei Darlehensgewährungen an notleidende Unternehmen.

Bereits zu diesen objektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit fehlt es jedoch an einem hinreichenden Vortrag der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten.

a) Dies gilt - wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - bereits deshalb, weil die Beklagte keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür dargelegt hat, dass es zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages am 30.11.1994 außer der Klägerin überhaupt weitere Gläubiger der E... GmbH gegeben hat, die durch den Abschluss des Darlehensvertrages vom 30.11.1994 hätten getäuscht werden können.

Unstreitig ist insoweit, dass das zuständige Insolvenzgericht einen nach der Kündigung des Darlehensvertrages vom 04.11.1998 durch die Klägerin gestellten Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E... GmbH mit der Begründung abgelehnt hat, die Klägerin sei die einzige betreibende Gläubigerin. Unstreitig ist darüber hinaus, dass der Gesellschaftszweck der E... GmbH darin bestand, sich als Gesellschafterin an einer Vielzahl von Bestattungsunternehmen zu beteiligen. Dass die E... GmbH als solche - außer denjenigen zu den Bestattungsgesellschaften und einer möglicherweise bestehenden Rechtsbeziehung zu dem Einzelunternehmen des Herrn ... S... - weitere Geschäftsbeziehungen zu Dritten unterhielt, hat die Beklagte auch auf einen erneuten Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2006 nicht vorgetragen.

Die Beklagte selbst sowie die weiteren Bestattungsunternehmen, an denen die E... GmbH als Gesellschafterin beteiligt war, oder auch das Einzelunternehmen des Herrn ... S... können jedoch schon deshalb nicht als Gläubiger im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB angesehen werden, weil es sich bei ihnen nicht um außenstehende Gläubiger handelte, die über eine Kreditwürdigkeit der E... GmbH hätten getäuscht werden können.

Dies gilt für das Einzelunternehmen des Herrn ... S... bereits deshalb, weil dieser unstreitig zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages vom 30.11.1994 alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der E... GmbH war. Etwas anderes kann aber auch für die Beklagte und die vergleichbar strukturierten anderen Bestattungsunternehmen nicht angenommen werden, weil zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages - was in der Berufungsinstanz unstreitig ist - zwar nicht Herr ... S... als natürliche Person, aber die E... GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer Herr ... S... war, alleinige Gesellschafterin der Beklagten war. Daran, dass die Beklagte deshalb nicht zu den durch den Abschluss des Darlehensvertrages zu täuschenden Gläubigern gehören kann, ändert sich auch nichts dadurch, dass nach dem insoweit auch nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz inzwischen weder die E... GmbH noch Herr S... zu den Gesellschaftern der Beklagten gehört; für die Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB kommt es allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages an.

Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass jedenfalls diejenigen getäuscht werden konnten, die Verträge über ihre zukünftige Bestattung geschlossen und Vorauszahlungen darauf geleistet hatten. Bei diesem Dritten handelte es sich nicht um Gläubiger der E... GmbH, sondern um Gläubiger der jeweiligen Bestattungsunternehmen.

Dem kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Frage, ob und welche weiteren Gläubiger die E... GmbH gehabt habe, die durch den Abschluss des Vertrages vom 30.11.1994 hätten getäuscht werden können, und ob die E... GmbH selbst, Herr S... oder die einzelnen Bestattungsinstitute als Gläubiger in Betracht kommen, könne sich nur bei Ansprüchen aus § 826 BGB, nicht aber bei der Frage nach einer Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages gemäß § 138 Abs. 1 BGB stellen. Diese Auffassung der Beklagten verkennt, dass es nicht darum geht, die Personen zu bestimmen, die in den Schutzbereich der jeweiligen Norm einbezogen sind - diese Frage mag sich nur bei § 826 BGB stellen - sondern um eine der objektiven Voraussetzungen der Ausformung der Sittenwidrigkeit bei Darlehensgewährungen an notleidende Unternehmen.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Landgericht aber auch die weitere ebenfalls bereits objektive Voraussetzung für die Annahme einer Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB, nämlich die Gewährung eines zur Täuschung von Gläubigern über die Kreditwürdigkeit geeigneten Sanierungsdarlehens, zu Recht verneint.

Der Vorwurf der Beklagten, das Landgericht habe nicht hinreichend zwischen einem - unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen die guten Sitten nicht angreifbaren - bloßen Stehenlassen eines Darlehens in der Krise und den Wirkungen der hier mit dem Darlehensvertrag vom 30.11.1994 vereinbarten Umschuldung unterschieden, ist nicht gerechtfertigt.

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, die Gewährung eines neuen Darlehens sei bereits deshalb anzunehmen, weil der gewährte revolvierende Rahmenkredit in Höhe von 17,1 Mio DM, zumindest aber der nur mündlich zugesagte Kontokorrentkredit in Höhe von ca. 3,8 Mio DM, sofort und insgesamt zur Rückzahlung fällig wären, kann allein daraus kein anderer Schluss gezogen werden, als dass die Klägerin trotz Fälligkeit die Rückzahlung nicht forderte, d.h. das bereits gewährte Darlehen stehen ließ.

Etwas anderes gilt aber auch nicht deshalb, weil die Vertragsparteien in dem Darlehensvertrag vom 30.11.1994 unstreitig über ein bloßes Stehenlassen, d.h. eine Stundung, hinaus für das im Wege der Umschuldung der bisherigen Darlehen neu gebildete Darlehen in Höhe von 20,8 Mio. DM eine geringere Verzinsung, eine Tilgungsfreistellung für einen Zeitraum von zwei Jahren sowie zusätzliche Sicherheiten vereinbart haben.

Die bloße Reduzierung eines Zinsanspruches für ein bereits gewährtes Darlehen ist ebenso wenig wie die Tilgungsfreistellung für ein bereits gewährtes Darlehen geeignet, Dritte über die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens zu täuschen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Reduzierung des Zinsanspruches und die Tilgungsfreistellung einem Schuldner - hier der E... GmbH - eine (je nach Umfang) erhebliche Erleichterung im Hinblick auf die Möglichkeit bietet, ggf. andere Verbindlichkeiten gegenüber dritten Gläubigern - unterstellt, es hätte solche gegeben - zu erfüllen. Der Eindruck, dass das Unternehmen über neue Kreditmittel verfügt und deshalb auch noch kreditwürdig ist, kann dadurch jedoch nicht entstehen. Jedenfalls stellt sich die Situation des Schuldners für dritte Gläubiger allein dadurch nicht anders dar als diejenige, die bei einem bloßen Stehenlassen eines Darlehens entsteht, da auch dieses dem Schuldner die Möglichkeit verschafft, noch vorhandene liquide Mittel zur Befriedigung dritter Gläubiger zu verwenden.

Der Umstand, dass die Klägerin sich unter Ziffer 4. des Darlehensvertrages vom 30.11.1994 zusätzliche Sicherheiten für das für die Umschuldung gebildete Darlehen ausbedungen hat, kann eine Täuschung außenstehender Gläubiger über die Kreditwürdigkeit der E... GmbH ebenfalls nicht bewirkt haben. Das Fordern zusätzlicher Sicherheiten durch die Klägerin konnte bei dritten Gläubigern im Gegenteil allenfalls der Eindruck entstehen lassen, dass die Klägerin eine zusätzliche Notwendigkeit sah, sich weitergehend als bisher vor dem Eintritt der Insolvenz der E... GmbH zu schützen.

Liegen danach aber unter mehreren Gesichtspunkten die objektiven Voraussetzungen einer Sittenwidrigkeit nicht vor, kommt es auf die weitere zwischen den Parteien streitige Voraussetzung der bereits eingetretenen oder zumindest drohenden Insolvenz der E... GmbH zum Zeitpunkt der Kreditgewährung ebenso wenig an, wie auf die nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 09.07.1953 (Az.: IV ZR 242/52) je nach Grad der Wahrscheinlichkeit einer Täuschung von Gläubigern differenziert zu betrachtenden subjektiven Anforderungen an eine Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB.

3. Soweit die Beklagte in der Berufungsinstanz zusätzlich geltend gemacht hat, der Darlehensvertrag vom 30.11.1994 sei auch deshalb nichtig, weil die Klägerin den Abschluss dieses Vertrages und die Gewährung zusätzlicher Sicherheiten zur Vorbedingung für die Gewährung eines weiteren Kredits in Höhe von 50 Mio DM gemacht habe, obwohl sie bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages tatsächlich nicht vorgehabt habe, den weiteren Kredit zu gewähren, ist dieses von der Klägerin bestrittene neue Vorbringen im Berufungsrechtszug nicht zuzulassen. Anhaltspunkte für Zulassungsgründe im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO hat die Beklagte nicht vorgetragen.

4. Die weiteren Voraussetzungen des Anspruches der Klägerin, insbesondere die Wirksamkeit der Schuldmitübernahmevereinbarung vom 17.06./03.09.1996 sowie die in der ersten Instanz zwischen den Parteien streitige Höhe der Forderung, hat bereits das Landgericht mit zutreffenden Ausführungen, den sich der Senat in vollem Umfang anschließt, bejaht.

Entsprechendes gilt für den Zinsanspruch in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang. Insoweit hat die Beklagte in der Berufungsinstanz auch keine Bedenken geltend gemacht.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgericht zum Zwecke der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts geboten ist (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 51.129,19 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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