Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.09.2005
Aktenzeichen: 4 U 26/05
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, ZPO, ZGB, GDO, EGZGB, NutzungsRG, VEMGG, VerkaufsG, DVO zum VerkaufsG, GVVO


Vorschriften:

BGB § 891 Abs. 1
BGB § 892
BGB § 894
BGB § 1011
EGBGB Art. 237 § 1
EGBGB Art. 237 § 2
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 4
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 2
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 3
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 4 Satz 2
EGBGB Art. 233 § 7
EGBGB Art. 233 § 7 Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 231 § 8 Abs. 2 Satz 1
ZGB § 20 Abs. 1
ZGB § 26 Abs. 2
ZGB § 288 Abs. 4
ZGB § 297
ZGB § 297 Abs. 1
ZGB § 297 Abs. 1 Satz 2
ZGB § 297 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 924
ZPO § 927
ZPO § 929 Abs. 2
ZPO § 936
GDO § 7 Abs. 1
GDO § 8
GDO § 8 Abs. 1 Satz 1
GDO § 8 Abs. 1 Satz 3
GDO § 8 Abs. 2
GDO § 13 Abs. 5
EGZGB § 5 Abs. 1
NutzungsRG § 5
VEMGG § 3
VerkaufsG § 4 Abs. 2 Satz 3
DVO zum VerkaufsG § 5 Abs. 1 Satz 1
DVO zum VerkaufsG § 5 Abs. 4
GVVO § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 26/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 21.09.2005

Verkündet am 21.09.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10.08.2005 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18.01.2005, Az. 12 O 437/04, aufgehoben und die Widerklage abgewiesen.

Die Beklagten werden dazu verurteilt, der Löschung des für sie auf den für die Kläger im Grundbuch des Grundbuchamtes ... eingetragenen Grundstücke, Gemarkung ...

auf Blatt 6416 in Bezug auf das Eigentum der Kläger zu 1. und 2. am Grundstück Flur 9, Flurstück 385/1,

auf Blatt 6413 in Bezug auf das Eigentum der Kläger zu 3. und 4. am Grundstück Flur 9, Flurstück 385/3,

auf Blatt 5087 in Bezug auf das Eigentum der Kläger zu 5. und 6. am Grundstück Flur 9, Flurstück 387/1,

auf Blatt 6414 in Bezug auf das Eigentum der Kläger zu 7. und 8. am Grundstück Flur 9, Flurstück 387/2,

auf Blatt 6411 in Bezug auf das Eigentum der Kläger zu 9. und 10. am Grundstück Flur 9, Flurstück 388/1,

eingetragenen Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs betreffend die Eintragung der Kläger zuzustimmen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € für jedes betroffene Grundstück.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Eigentumserwerbs der Kläger an fünf Grundstücken in.... Die zugehörigen Grundstückskaufverträge zwischen den Klägern und dem Rat der Stadt ... sind zwischen dem 30.05.1990 und dem 21.06.1990 abgeschlossen worden; die Eigentumseintragungen im Grundbuch erfolgten in dem Zeitraum vom 23.08.1995 bis zum 14.10.1999. Auf der Grundlage einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 17.11.1999, berichtigt am 01.03.2000, sind in den zugehörigen Grundbüchern im Jahr 2002 Widersprüche gegen die Richtigkeit eingetragen worden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem am 18.01.2005 verkündeten Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

In dem angegriffenen Urteil hat das Landgericht Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen und auf die Widerklage einen Grundbuchberichtigungsanspruch zugunsten der Beklagten und der Miterbin E... L... zuerkannt. Zur Begründung des klageabweisenden Teils hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs sei auf der Grundlage der einstweiligen Verfügung vom 17.11.1999 zu Recht eingetragen. Die Vollstreckung aus dem Beschluss sei von den Beklagten innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat betrieben worden. Dies gelte sowohl für den ersten Beschluss als auch für seine berichtigte Fassung. Hierbei sei zur Fristwahrung jeweils der Antrag auf Eintragung des Widerspruchs als Beginn der Vollstreckungsmaßnahme ausreichend gewesen. Der Widerspruch hinsichtlich der Richtigkeit des Grundbuchs sei auch inhaltlich zutreffend, da die Kläger hinsichtlich der Miteigentumsanteile der Beklagten und der Frau E... L... nicht Eigentümer der jeweiligen Grundstücke geworden seien. Ein wirksamer Erwerb der Grundstücke von der Stadt ... sei im Mai und Juni 1990 nicht möglich gewesen, da diese Nichtberechtigte gewesen sei. Der auf Veranlassung der Stadt ... im Jahr 1972 erfolgten Eintragung im Grundbuch "Eigentum des Volkes" habe keine Enteignung zugrunde gelegen. Die Umschreibung im Grundbuch sei vielmehr auf Grund der irrtümlichen Rechtsauffassung über den Umfang der Berliner Enteignungsmaßnahmen erfolgt. Den Klägern sei auch kein Gutglaubensschutz zuzubilligen, da die Eintragung "Eigentum des Volkes" keine im Rahmen des § 892 BGB geschützte Aussage über das Eigentumsrecht an einem Grundstück enthalte. Die Widerklage sei nach alledem auf der Grundlage des § 894 BGB begründet, da die formelle Lage des Grundbuchs mit der materiellen Lage nicht übereinstimme. Ein Eigentumsverlust der Beklagten sei nicht erfolgt.

Mit der Berufung rügen die in der ersten Instanz unterlegenen Kläger die materielle Rechtsanwendung und verfolgen ihre erstinstanzlichen Anträge zu Klage und Widerklage uneingeschränkt weiter. Durch die Beklagten sei schon zum Zeitpunkt der Beantragung der einstweiligen Verfügung am 04.11.1999 die Monatsfrist des Art. 237 § 2 EGBGB versäumt gewesen, da das verwaltungsgerichtliche Verfahren bereits am 28.05.1999 bestandskräftig abgeschlossen gewesen sei. Zudem sei durch die Beklagten nach Erlass der einstweiligen Verfügung auch die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO nicht eingehalten worden. Es unterliege keinen Zweifeln, dass die streitgegenständlichen Grundstücke im Jahr 1972 in Volkseigentum übergegangen seien. Auf Fehler bei der Enteignung komme es nicht an, wenn diese nur sachlich-inhaltlich möglich gewesen sei. Dies sei jedoch der Fall, da die Überführung der Grundstücke in Volkseigentum nur zu dem Zweck erfolgt sei, die Grundstücke zu parzellieren und sie bauwilligen Bürgern zur Nutzung und zur Errichtung eines Eigenheims anzubieten. Schließlich könne dem Landgericht auch darin nicht gefolgt werden, dass den Klägern im Hinblick auf das eingetragene "Eigentum des Volkes" kein Gutglaubensschutz zustehen könne. Vielmehr sei ab März 1990 eine Veräußerung volkseigener Grundstücke auf der Grundlage des "Modrow-Gesetzes" (erstmals) möglich gewesen, so dass das Volkseigentum damit dem Privatrechtsverkehr nicht mehr entzogen war.

Mit einem Ergänzungsschriftsatz vom 31.05.2005 haben die Kläger zu 9) und 10) ihre Auffassung bekräftigt, dass jedenfalls unter Berücksichtigung ihres Eintragungsantrages vom 11.06.1990 gemäß §§ 297 Abs. 2 Satz 1, 26 Abs. 2 ZGB i. V. m. § 8 GDO ein wirksamer Eigentumserwerb nach den Regeln des gutgläubigen Erwerbs vorliege.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18.01.2005, Az. 12 O 437/04,

I. die Beklagten zu verurteilen, der Löschung des für sie auf den für die Kläger im Grundbuch des Grundbuchamtes ... eingetragenen Grundstücke, Gemarkung ...

auf Blatt 6416 in Bezug auf das Eigentum der Kläger zu 1. und 2. am Grundstück Flur 9, Flurstück 385/1,

auf Blatt 6413 in Bezug auf das Eigentum der Kläger zu 3. und 4. am Grundstück Flur 9, Flurstück 385/3,

auf Blatt 5087 in Bezug auf das Eigentum der Kläger zu 5. und 6. am Grundstück Flur 9, Flurstück 387/1,

auf Blatt 6414 in Bezug auf das Eigentum der Kläger zu 7. und 8. am Grundstück Flur 9, Flurstück 387/2,

auf Blatt 6411 in Bezug auf das Eigentum der Kläger zu 9. und 10. am Grundstück Flur 9, Flurstück 388/1,

eingetragenen Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs, betreffend die Eintragung der Kläger zuzustimmen;

II. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil, halten die Anwendung des materiellen Rechts durch das Landgericht für fehlerfrei und wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Hierbei legen sie im einzelnen die tatsächlichen Vorgänge um die Grundstücke in den Jahren zwischen 1948 und 1972 dar und vertreten unter Hinweis auf Art. 237 § 1 EGBGB die Auffassung, die Eintragung von Volkseigentum im Grundbuch sei jedenfalls wegen der fehlenden Entschädigung mit rechtsstaatlichen Grundsätzen schlechthin unvereinbar und damit nicht zu berücksichtigen. Schließlich sei nach dem hier maßgeblichen Recht der ehemaligen DDR ein gutgläubiger Erwerb bei Grundstücken nicht möglich gewesen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

1.

Die Kläger verlangen von den Beklagten auf der Grundlage des § 894 BGB für ihre jeweiligen Grundstücke zu Recht die Zustimmung zur Löschung der fünf in dem Grundbuch von ... eingetragenen Widersprüche gegen die Richtigkeit der Eintragung der jeweiligen Kläger als Eigentümer.

a) Ein Löschungsanspruch der Kläger hinsichtlich der fünf eingetragenen Widersprüche (§ 899 BGB) ergibt sich nicht bereits aus Mängeln der Vollziehung der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 17.11.1999, deren Aufhebung die Kläger bisher nicht betrieben haben.

aa) Soweit die Kläger gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung mit Schriftsatz vom 21.12.1999 gemäß § 924 ZPO Widerspruch erhoben haben, bezieht sich dieser ausdrücklich nur auf die Kosten des Verfahrens. Die Kläger haben sogar mit anwaltlichem Schreiben vom 18.02.1999 den Verfügungsanspruch der Beklagten ausdrücklich anerkannt. Damit ist ihnen jetzt der Einwand gegen die einstweilige Verfügung verwehrt, diese habe bereits wegen der versäumten Monatsfrist des Art. 237 § 2 EGBGB nicht erlassen werden dürfen.

bb) Im Hinblick auf die von den Klägern in diesem Rechtsstreit vorgetragenen Versäumnisse bei der Vollziehung der einstweiligen Verfügung haben sie keinen Aufhebungsantrag nach § 927 ZPO gestellt. Nur in einem solchen Verfahren wären jedoch ihre auf § 929 Abs. 2 ZPO gestützten Einwände beachtlich. Im übrigen hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass die Vollziehungsfrist des §§ 929 Abs. 2, 936 ZPO von den Beklagten eingehalten worden ist. Der Senat verweist daher zur weiteren Begründung auf die Ausführungen auf den Seiten 10 und 11 des angegriffenen Urteils.

b) Ein Löschungsanspruch der Kläger aus § 894 BGB hinsichtlich der fünf eingetragenen Widersprüche (§ 899 BGB) ergibt sich jedoch daraus, dass das Grundbuch in Bezug auf die Eigentümerstellung der Kläger nicht unrichtig ist und damit keine inhaltliche Berechtigung der Beklagten für die Eintragung der Widersprüche besteht.

aa) Die Kläger sind durch die zwischen dem 23.08.1995 und dem 14.10.1999 erfolgten Eintragungen wirksam Eigentümer der jeweiligen Grundstücke geworden; den Beklagten steht hingegen keine - auch keine anteilige - dingliche Berechtigung (mehr) an den Grundstücken zu.

aaa) Zugunsten der Berechtigung der Kläger streitet die durch das eingetragene Eigentum ausgelöste Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB, die nicht durch den eingetragenen Widerspruch widerlegt wird (vgl. Palandt-Bassenge, BGB, 64. Auflage, § 891 Rn. 8 m. w. N.).

bbb) Den Beklagten obliegt demgemäß - zur Begründung einer Berechtigung des Fortbestandes der eingetragenen Widersprüche - die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass hinsichtlich eines Miteigentumsanteils von 3/4 das Grundbuch unrichtig ist, da nicht die Kläger, sondern sie und Frau E... L... die wahren Eigentümer der fünf Grundstücke in ... sind.

Hiervon kann der Senat aufgrund der nachfolgenden Erwägungen nicht ausgehen:

(1) Die Beklagten wollen ihre dingliche Berechtigung an den Grundstücken daraus herleiten, dass diese - heute noch - ein Teil der Erbmasse nach dem 1919 verstorbenen R... K... seien. Das ursprüngliche Eigentum des R... K... an den fünf Flurstücken ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Ebenfalls außer Streit ist die Wirksamkeit der im Oktober 1949 grundbuchrechtlich vollzogenen Enteignung des Miteigentumsanteils des F... R..., dem am Nachlass des R... K... ein Erbanteil von 1/4 zustand. Diese Enteignung beruhte auf einem Beschluss der "Deutschen Wirtschaftskommission" vom 21.09.1948, mithin einer Maßnahme vor der Gründung der DDR.

In Übereinstimmung mit den Beklagten kann davon ausgegangen werden, dass die dingliche Berechtigung an den Grundstücken sich ab Oktober 1949 so darstellte, dass eine Eigentümergemeinschaft zwischen dem "Eigentum des Volkes" (Rechtsträger ab 1950: Rat der Stadt ...) und der Erbengemeinschaft nach R... K... bestand.

Ausweislich des Vermerks des Rates der Stadt ... - Finanzabteilung - vom 08.11.1971 wurde auch dort die dingliche Rechtslage im wesentlichen gleich eingeschätzt, wobei allerdings davon ausgegangen wurde, dass inzwischen auch O... R... (seine Erbin ist Frau L...; Anteil an der Erbengemeinschaft nach R... K... von 1/4) enteignet worden sein soll, so dass sich im November 1971 letztlich nur noch der Erbanteil des K... P... (seine Erben sind die drei Beklagten in Erbengemeinschaft; Anteil an der Erbengemeinschaft nach R... K... von 1/2) in Privathand befunden haben soll.

(2) Soweit das Landgericht festgestellt hat, dass die Behörden der DDR im Jahr 1972 den Miteigentumsanteil der Erbengemeinschaft nach R... K... von 3/4 nicht wirksam enteignet und in das "Eigentum des Volkes" überführt haben, hält der Senat das Urteil des Landgerichts im Ergebnis allerdings für zutreffend.

Das Landgericht hat in dem angegriffenen Urteil auf Seite 12 unter Berufung auf zwei Urteile des 5. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 10.11.1995, NJ 1996, 148-150; Urteil vom 29.03.1996, BGHZ 132, 245 ff.) darauf abgestellt, dass die Ausstellung des Rechtsträgernachweises am 17.04.1972 und die Eintragung im Grundbuch vom 17.08.1972 keine enteignenden Akte gegen die Erbengemeinschaft gewesen seien, sondern lediglich die vermeintlich vorausgegangene Enteignung dokumentierten. Diese tatsächliche Beurteilung des vorliegenden Falles ist auch unter Zugrundelegung der jüngeren Rechtsprechung des 5. Zivilsenats zutreffend. Zwar hat der Bundesgerichtshof in neueren Entscheidungen zugleich klarstellend hervorgehoben, dass die Vorlage eines Rechtsträgernachweises und der Vollzug der Umschreibung im Grundbuch zum "Eigentum des Volkes" durchaus im Einzelfall auch ein Anzeichen für einen konstitutiven Enteignungswillen der staatlichen Stellen sein konnten, wenn dies als Ausdruck freier konfiskatorischer Machtausübung mit einer dauerhaften Inbesitznahme des Objektes durch den Staat und der Wahrnehmung der Eigentümerbefugnisse zusammentraf (vgl. Urteil vom 16.10.1998, VIZ 1999, 44, 45 f.; Urteil vom 30.04.1999, VIZ 1999, 542, 543 m. w. N.).

Auch unter Beachtung dieser weiteren Vorgaben für die Einzelfallprüfung kann anhand der von den Parteien vorgetragenen Umstände für die Jahre 1972 und 1973 durch den Senat nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass durch die staatlichen Stellen in ... (Rat der Stadt und VEB Gebäudewirtschaft) eine freie konfiskatorische Machtausübung stattgefunden hätte, die über den neu ausgestellten Rechtsträgernachweis und den Eintragungsantrag an das Grundbuchamt hinaus gerade in diesem Zeitraum zur erstmaligen Anmaßung von Eigentümerbefugnissen geführt hat. Der Senat geht zwar in Übereinstimmung mit den Parteien davon aus, dass die Stadt ... auf der Grundlage des "Gesetzes über den Aufbau der Städte in der Deutschen Demokratischen Republik und der Hauptstadt Deutschlands, Berlin (Aufbaugesetz)" vom 06.09.1950 und der hierzu ergangenen Durchführungsverordnungen vom 07.06.1951 und 29.09.1972 nebst den einschlägigen Durchführungsbestimmungen zuvor zum Aufbaugebiet erklärt worden war, eine Heranziehung privater Grundstücke auf dieser Grundlage daher in der Stadt ... möglich war und zudem nach der Parzellierung der Grundstücke die Vergabe an bauwillige Bürger mit einem dinglichen Nutzungsrecht gemäß § 4 Abs. 3 des "Gesetzes über die Verleihung von Nutzungsrechten an volkseigenen Grundstücken" vom 14.12.1970 von Beginn an vorgesehen war. Gleichwohl haben die Behörde ihre Inanspruchnahme der hier streitgegenständlichen Grundstücke nicht auf eine Enteignung nach dem Aufbaugesetz gestützt, sondern in dem Rechtsträgernachweis vom 17.04.1972 zur Überführung des Miteigentumsanteils in "Eigentum des Volkes" als Grundlage der Rechtsänderung § 6 des Gesetzes vom 08.02.1949 zur Einziehung der Vermögenswerte der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten angegeben. Hierbei sind die staatlichen Stellen aufgrund seiner Verzeichnung in der Berliner Enteignungsliste Nr. 3 offenbar davon ausgegangen, dass in der Person des Herrn K... P... die Voraussetzungen dieser Enteignungsregelung vorlagen. Damit wurde jedoch das grundsätzlich vorhandene rechtliche Instrumentarium zur Durchführung von Enteignungsmaßnahmen an "Westgrundstücken", um diese zum Zwecke der Bebauung bauwilligen DDR-Bürger zu überlassen, gerade nicht zur Anwendung gebracht.

(3) Die Beklagten haben den Miteigentumsanteil der Erbengemeinschaft nach R... K... an den fünf Grundstücken jedoch dadurch verloren, dass die Kläger, die durch die zuvor errichteten Einfamilienhäuser bereits selbständiges Gebäudeeigentum gemäß §§ 288 Abs. 4 ZGB, 5 Abs. 1 EGZGB i. V. m. § 5 NutzungsRG auf den Grundstücken innehatten (sog. Komplettierungsfälle), auf der Grundlage der zwischen dem 30.05.1990 und 21.06.1990 abgeschlossenen Kaufverträge durch die Grundbucheintragungen in den Jahren 1995 bis 1999 gutgläubig Eigentum an diesen Grundstücken gemäß § 297 ZGB vom Nichtberechtigten erworben haben.

(a) Die Kläger haben gemäß § 297 Abs. 1 ZGB wirksame beurkundete Kaufverträge abgeschlossen, die jeweils die unbedingte und unbefristete Erklärung des Veräußerers und des Erwerbers enthalten, dass das Eigentum an dem Grundstück auf den Erwerber übergehen soll.

(aa) Zwar trifft der Einwand der Beklagten zu, dass Volkseigentum an Eigenheimgrundstücken in der DDR grundsätzlich nicht verkehrsfähig war und damit nicht als Privateigentum erworben werden konnte.

Dieser Rechtszustand, der auch durch das "Gesetz über den Verkauf volkseigener Eigenheime, Miteigentumsanteile und Gebäude für Erholungszwecke" (VEMGG) vom 19.12.1973 in § 3 VEMGG nur hinsichtlich von volkseigenen Miteigentumsanteilen leicht geändert worden war, ist erst durch das "Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude" vom 07.03.1990 (sogenanntes "Modrow-Gesetz") und die zugehörige Durchführungsverordnung vom 15.03.1990 grundlegend verändert worden. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 VerkaufsG konnte - bis zum Außerkrafttreten des Gesetzes am 02.10.1990 - das Eigentum an volkseigenen Grundstücken erworben werden, wenn zuvor im Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Kauf eines Eigenheims ein Nutzungsrecht an dem Grundstück verliehen worden war. Durch diese von dem damaligen Gesetzgeber gewünschte Ermöglichung des Erwerbs privater Rechte an Grundstücken ist mit dem Inkrafttreten des VerkaufsG am 19.03.1990 bewusst die eingeschränkte Verkehrsfähigkeit von Volkseigentum hergestellt worden, was nach den Erkenntnissen des Bundesverfassungsgerichts in den Folgemonaten zu dem Abschluss von rund 300.000 Kaufverträgen über Grundstücke und Gebäude geführt hat (vgl. Urteil vom 23.11.1999, NJ 2000, 81). Entgegen der Auffassung des Landgerichts war damit das "Eigentum des Volkes" jedenfalls ab dem 19.03.1990 nicht mehr dem Privatrechtsverkehr entzogen.

(bb) Das Auftreten des Rates der Stadt ... zwischen dem 30.05.1990 und 21.06.1990 als Verkäufer auf Seiten des "Volkes" führt nicht zu einer Unwirksamkeit des Kaufvertrages.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 DVO zum VerkaufsG war der jeweilige Rechtsträger des volkseigenen Grundstücks dazu ermächtigt, den Kaufvertrag abzuschließen. Nach dem von der Beklagtenseite nicht bestrittenen Klägervorbringen war seit dem 01.10.1973 als Rechtsträger im Grundbuch der Rat der Stadt ... eingetragen. Selbst wenn bei einer etwaigen Unrichtigkeit dieses Vorbringens weiterhin der VEB Gebäudewirtschaft ... als Rechtsträger im Grundbuch verzeichnet gewesen sein sollte, würde sich gleichwohl aus § 5 Abs. 1 Satz 2 DVO zum VerkaufsG eine Abschlussberechtigung des Rates der Stadt ergeben, da es sich bei dem VEB Gebäudewirtschaft ... lediglich um eine dem Rat der Stadt unterstellte Einrichtung gehandelt hat.

An der Wirksamkeit der Vertretung des "Volkes" (Stadt ...) bei den Vertragsabschlüssen mit den Klägern hat auch das Kommunalverfassungsgesetz der DDR vom 17.05.1990, das ausweislich seines § 103 am gleichen Tag in Kraft getreten ist, nichts geändert. Zwar hat das Kommunalverfassungsgesetz, durch das in der DDR auf kommunaler Ebene Gebietskörperschaften gebildet wurden, die Räte der Gemeinden ersatzlos abgeschafft; gleichwohl hat der Bundesgerichtshof unter Hinweis auf den damals neu geschaffenen Art. 231 § 8 Abs. 2 Satz 1 EGBGB dahin erkannt, dass nach dem 16.05.1990 abgeschlossene Kaufverträge wegen einer Beteiligung des Rates der Gemeinde auf der Verkäuferseite nicht unwirksam sind, sondern die jeweilige Kommune binden (vgl. Urteil vom 26.03.1999, BGHZ 141, 185, 187 = VIZ 1999, 418-421). Diese Rechtsauffassung teilt der Senat.

(b) Alle in § 297 Abs. 1 Satz 2 ZGB für die Wirksamkeit der Kaufverträge vorgesehenen staatlichen Genehmigungen liegen vor.

(aa) Die Kläger bedurften allerdings nicht einer Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde gemäß § 49 Abs. 3 lit. b) KommVerf-DDR. Zur Begründung des fehlenden Genehmigungserfordernisses - dieses wird von den Beklagten soweit ersichtlich auch nicht gerügt -wird auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in dem Urteil vom 26.03.1999 verwiesen (aaO., Seiten 188-190), denen sich der Senat insoweit anschließt.

(bb) Die Einholung einer staatlichen Genehmigung der Kaufverträge nach der Grundstücksverkehrsordnung vom 15.12.1977 war im Fall der Kläger gemäß § 5 Abs. 4 DVO zum VerkaufsG nicht mehr erforderlich, da für die sogenannten "Komplettierungsfälle" aus Vereinfachungsgründen allein das Vorliegen einer preisrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung genügen sollte. Ausweislich der in Kopie vorgelegten Kaufvertragsurkunden des Staatlichen Notariats waren für jeden Vertrag preisrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigungen für den jeweils vereinbarten Kaufpreis bereits vor der Beurkundung erteilt worden.

(c) Für die Wirksamkeit des Eigentumserwerbs durch die Kläger fehlte zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts gemäß § 297 Abs. 2 Satz 1 ZGB nur noch die - von den Klägern zum damaligen Zeitpunkt bei dem zuständigen Liegenschaftsdienst bereits beantragte -Umschreibung des Eigentums im Grundbuch ("hängende" Erwerbsfälle). Da gemäß Art. 233 § 7 Abs. 1 Satz 1 EGBGB die Vollendung eines Eigentumserwerbs, für den lediglich noch die Eintragung fehlt, nach den insoweit fortgeltenden Vorschriften der DDR erfolgt, haben die Kläger durch die zwischenzeitlich erfolgten Eintragungen zivilrechtlich wirksam Eigentum an den ihnen verkauften Grundstücken erworben.

(d) Der Eigentumserwerb der Kläger wird nicht dadurch gehindert, dass die Stadt ... bei dem Abschluss der Kaufverträge wegen der unwirksamen Begründung von "Eigentum des Volkes" ein dinglich nicht berechtigter Verkäufer war.

(aa) Ein gutgläubiger Erwerb von Privateigentum an einem (fälschlich) als Volkseigentum eingetragenen Grundstück war in der DDR jedenfalls nach dem 19.03.1990 möglich.

(aaa) Die Möglichkeit zu einem gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten ergibt sich aus der Grundstückdokumentationsordnung (GDO) vom 06.11.1975. Gemäß § 7 Abs. 1 GDO galt auch in der DDR eine mit § 891 Abs. 1 BGB fast wortgleiche Eigentumsvermutung. In § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GDO wird sodann die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs im Vertrauen auf die Richtigkeit des Grundbuchinhalts eröffnet (so im Ansatz auch: BezG Potsdam, Urteil vom 07.04.1992, VersR 1992, 1008, 1009 unten) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Gutgläubigkeit des Erwerbers ist hierbei die Antragstellung beim Liegenschaftsdienst.

(bbb) Eine solche Möglichkeit zum gutgläubigen Erwerb gab es - entgegen der Auffassung des Landgerichts - auch in den Fällen, in denen im Grundbuch falsch "Eigentum des Volkes" verzeichnet war.

(aaaa) Soweit das Landgericht in seinen Entscheidungsgründen für die Verneinung des Gutglaubensschutzes auf Entscheidungen (etwa KG, Beschluss vom 26.04.1991, DtZ 1991, 298, 300; auch BezG Potsdam, aaO.) zum Schutz des Vertrauens in "Volkseigentum" im Bereich des § 892 BGB - also für Rechtsgeschäfte nach dem Beitritt unter der Geltung des BGB - abstellt, wird nicht ausreichend beachtet, dass es sich in dem vorliegenden Rechtsstreit um Rechtsgeschäfte in der DDR handelte und hierauf gemäß Art. 233 § 7 EGBGB nicht § 892 BGB, sondern das ZGB mit seinen Nebengesetzen anzuwenden ist.

(bbbb) Die Möglichkeit zu einem gutgläubigen Erwerb in der vorliegenden Konstellation war durch die Regeln der GDO nicht ausgeschlossen. Soweit in § 8 Abs. 1 Satz 3 GDO (dieser Satz wurde durch Gesetz vom 24.06.1990 mit Wirkung vom 01.07.1990 ersatzlos aufgehoben) angeordnet war, dass die Vermutung des § 8 Abs. 1 Satz 1 GDO nicht bei Grundstücken des sozialistischen Eigentums gelten solle, dürfte diese Einschränkung - entgegen der Auffassung der Beklagten - ausschließlich dem Ziel gedient haben, in Erfüllung der besonderen Verpflichtung zum Schutz sozialistischen Eigentums gemäß Art. 10 der Verfassung der DDR und gemäß § 20 Abs. 1 ZGB das (echte) Volkseigentum davor zu schützen, durch gutgläubigen Erwerb zu Privateigentum zu werden (so auch Janke, NJ 1990, 407 m. w. N.). Eine Einschränkung dahin, dass irrtümlich als Volkseigentum eingetragenes Privateigentum nicht gutgläubig von einem Privaten erworben werden könne, macht unter Berücksichtigung der unmittelbar bevorstehenden Wirtschafts- und Währungsunion zum Schutz des Volkseigentums keinen Sinn. Angesichts des Zwecks der Norm, (echtes) Volkseigentum vor einer ungewollten Privatisierung zu schützen, war § 8 Abs. 1 Satz 3 GDO für die hier streitgegenständlichen Grundstücke von vorne herein nicht einschlägig. Eine andere Auslegung der Norm ergibt sich für den Senat auch nicht durch die Einbeziehung des § 13 Abs. 5 GDO, der eine Verfahrensvorschrift für die Grundbuchberichtigung bei als Volkseigentum eingetragenen Grundstücken beinhaltet und damit gerade Fälle regelt, in denen die inhaltliche Berechtigung der Eintragung "Eigentum des Volkes" für die Beteiligten zweifelhaft war und daher noch der Klärung bedurfte. Demgegenüber regelt § 8 der GDO nicht Fragen des Prüfungsverfahrens bei Zweifeln an der Richtigkeit einer Grundbucheintragung, sondern allein den Schutz des Vertrauens in die Richtigkeit der Eintragung. Damit ergibt sich ein derart unterschiedlicher Regelungsgegenstand beider Normen, dass ein einheitliches Verständnis der von dem Verordnungsgeber gewählten Begrifflichkeiten "Grundstücke des sozialistischen Eigentums" (§ 8) und "volkseigenes Grundstück" (§ 13) im Wege der Auslegung nicht geboten ist. Auf eine etwaige Rückwirkung der durch das 1. Zivilrechtsänderungsgesetz vom 28.06.1990 (GBl. DDR I Nr. 39 S. 524) mit Wirkung zum 01.07.1990 erfolgten Aufhebung der Vorschrift auf vor diesem Stichtag abgeschlossene Grundstückskaufverträge kommt es daher nicht an.

(cccc) Der gutgläubige Erwerb von "unechtem" Volkseigentum ist auch nicht - wie von den Beklagten gefordert - durch eine einschränkende Auslegung der Regelung in § 5 Abs. 4 DVO zum VerkaufsG zu erschweren. Die Beklagten führen zur Begründung an, der damalige Gesetzgeber habe nicht Unrecht durch den Verkauf unechten Volkseigentums zementiert wollen. Eine derartige Zielrichtung der Modrow-Regierung und der Volkskammer, die zudem zu einer erheblichen weiteren Rechtsunsicherheit bei dem Abschluss der Verträge nach dem Verkaufsgesetz geführt hätte, ist für den Senat hingegen nicht ersichtlich. Vielmehr spricht die wenige Wochen später erfolgte ersatzlose Aufhebung des § 8 Abs. 1 Satz 3 GDO dafür, dass durch das Verkaufsgesetz eine umfassende Möglichkeit zum gutgläubigen Erwerb von dinglichen Rechten geschaffen werden sollte und Sonderregelungen für die - ohnehin nicht mehr als zeitgemäß erkannte - Rechtsform des Volkseigentums so schnell wie möglich außer Kraft gesetzt werden sollten. Da die Volkskammer und Regierung der DDR in diesen Monaten des Jahres 1990 darum bemüht waren, möglichst rasch die umfassende Begründung von Privateigentum zu ermöglichen und damit auch einen weitgehend regulierungsfreien Immobilienhandel herzustellen, ist kein Raum für eine einschränkende Auslegung der in dieser Phase der DDR mit dem Ziel der Liberalisierung des Grundstücksverkehrs erlassenen Rechtsvorschriften.

(bb) Anhaltspunkte für eine Bösgläubigkeit der Kläger hinsichtlich des Bestehens von Volkseigentum sind weder von den Beklagten vorgetragen noch sonst aus dem Akteninhalt ersichtlich. Da die Eintragung der streitgegenständlichen Widersprüche jedenfalls erst nach dem Eigentumserwerb erfolgt ist, stehen diese dem gutgläubigen Erwerb des Grundeigentums nicht entgegen.

(cc) Die Beklagten irren mit ihrer Auffassung, bei einem gutgläubigen Erwerb seien die Genehmigungsvoraussetzungen nach dem damaligen DDR-Recht wieder beachtlich, da es sich ja gerade nicht um (privilegiert) veräußertes Volkseigentum gehandelt habe.

Die Vorschriften des Gutglaubensschutzes sollen den Erwerber gerade so stellen als hätte er von dem berechtigten Eigentümer erworben, so dass bei der Erfüllung der Voraussetzungen einer Norm des Gutglaubensschutzes die Nichtberechtigung unbeachtlich wird und im weiteren die allgemeinen gesetzlichen Regeln wie bei einem Erwerb vom Berechtigten Geltung behalten. Bei einer anderen Sichtweise - wie sie die Beklagten fordern - würde der gutgläubige Erwerber durch die Regelungen zum Gutglaubensschutz trotz ihrer grundsätzlichen Anwendbarkeit nicht geschützt, da für ihn gerade aufgrund seiner Unkenntnis über die wahre Eigentumslage an dem Grundstück gar keine Veranlassung bestand, Genehmigungen einzuholen, die bei einem Erwerb vom Berechtigten nicht erforderlich sein würden. Durch den Sinn des aufgezeigten Schutzes des guten Glaubens an die im Grundbuch eingetragenen Eigentumsverhältnisse müssen die Kläger daher für alle weiteren Verfahrensvoraussetzungen so gestellt werden, als ob es sich tatsächlich um den Erwerb von einem Berechtigten, also um Volkseigentum, gehandelt hätte. Im übrigen haben die Kläger, indem sie - in Übereinstimmung mit § 5 Abs. 4 DVO zum VerkaufsG - keinen Genehmigungsantrag nach § 2 GVVO gestellt haben, ein Indiz für ihre damalige Gutgläubigkeit geliefert.

(dd) Schließlich liegt - entgegen der Auffassung der Beklagten - ersichtlich kein InsiderGeschäft vor. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Kläger mit dem Vertragsschluss keinen besonderen Vorteil, der nur ihnen zugänglich war, ausgenutzt haben. Vielmehr stand des allen Inhabern eines dinglichen Nutzungsrechts frei, zu vergleichbaren Bedingungen auf der Grundlage des Verkaufsgesetzes vom 15.03.1990 ihr bereits bestehendes Gebäudeeigentum zu komplettieren. Für alle Nichtinhaber eines dinglichen Nutzungsrechts gab es zudem die Möglichkeit, ein solches mit Gebäudeeigentum zu erwerben und sodann gleichfalls eine Komplettierung durchzuführen. Dies ist - wie bereits erwähnt - auch in einer Vielzahl von Fällen geschehen, so dass durchaus Verkehrsgeschäfte vorliegen.

c) Einreden oder Einwendungen der Beklagten gegen die Löschung des Widerspruchs bestehen nicht. Soweit sich die Beklagten in der Vergangenheit für berechtigt nach dem Vermögensgesetz gehalten haben, sind etwaige Ansprüche auf dieser Grundlage durch die Rücknahme des Restitutionsantrags im Mai 1999 erledigt und nicht mehr grundbuchrechtlich zu schützen.

d) Schließlich genießt der in den streitgegenständlichen Grundbüchern im Jahr 1972 erfolgte Eintrag von Volkseigentum auch im Rahmen des Art. 237 § 2 Abs. 2, Abs. 4 Satz 2 EGBGB Bestandsschutz.

Unstreitig haben die Beklagten die ihnen nach dem Abschluss des vermögensrechtlichen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht durch Art. 237 § 2 Abs. 4 Satz 2 EGBGB eingeräumte Monatsfrist versäumt. Soweit sie sich demgegenüber darauf berufen, diese Fristversäumung sei im Hinblick auf das zögerliche Auskunftsverhalten des Grundbuchamtes schuldlos geschehen, so dass ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei, verkennen sie, dass für die Fälle der fehlerhaften Eintragung von Volkseigentum in Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 3 EGBGB nur die entsprechende Anwendung der Sätze 2 und 3 des Absatzes 1 angeordnet wird. Die Ermöglichung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist jedoch in Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 4 EGBGB enthalten. In Übereinstimmung mit dem OLG Naumburg (Urteil vom 20.08.2002, Az: 11 U 179/01, noch nicht veröffentlicht; unentschieden insoweit OLG Jena, Urteil vom 18.03.2003, VIZ 2003, 346, 347) ist der erkennende Senat der Auffassung, dass eine analoge Anwendung des Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 4 EGBGB auf die Fälle des Absatzes 2 angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts und der fehlenden planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht kommt, so dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in der vorliegenden Konstellation ausgeschlossen ist. Nur durch eine wortgetreue Anwendung des Gesetzestextes kann in den Fällen fehlerhaft eingetragenen Volkseigentums dem vorrangigen Anliegen des historischen Gesetzgebers Rechnung getragen werden, durch eine Ausschlussfristregelung zu einem möglichst frühen Zeitpunkt für Rechtssicherheit zu sorgen (vgl. hierzu im einzelnen: OLG Jena, Urteil vom 18.03.2003, aaO.). Angesichts der seit Erlass der Norm im Jahr 1997 vergangenen erheblichen Zeit, in der der Gesetzgeber keine Änderung oder Ergänzung der Verweisungsvorschrift in Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 3 EGBGB vorgenommen hat, ist nicht zu erkennen, dass eine im Wege der Analogie ausfüllungsbedürftige Regelungslücke vorliegen könnte. Vielmehr ist der Senat, der in seinem Urteil vom 22.10.2003 (Az.: 4 U 29/03) zu der dort nicht entscheidungserheblichen Rechtsfrage noch erwogen hatte, es könne sich um ein redaktionelles Versehen im Gesetzgebungsverfahren handeln (Seite 9 des Urteils), nunmehr davon überzeugt, dass die seit 1997 geltende Fassung des Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 3 EGBGB, an deren Verfassungsmäßigkeit keine Zweifel bestehen, dem Willen des Gesetzgebers entspricht.

2.

Die Widerklage ist unbegründet.

Aus den obigen Ausführungen zur Eigentumslage ergibt sich, dass der von den Beklagten gemäß §§ 894, 1011 BGB geltend gemachte Grundbuchberichtigungsanspruch - Eintragung zugunsten der Beklagten als Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke mit einem Anteil von insgesamt 3/4 - unberechtigt ist. Weder den Beklagten noch Frau L... steht ein Eigentumsrecht an einem der fünf Grundstücke zu.

3.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 709 ZPO.

Der Senat lässt die Revision gegen dieses Urteil zu, weil dem Rechtsstreit hinsichtlich der Möglichkeit zum gutgläubigen Erwerb fehlerhaft eingetragenen Volkseigentums und der fehlenden Wiedereinsetzungsmöglichkeit in den Fällen des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 231.603,75 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück