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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.09.2004
Aktenzeichen: 4 U 41/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 99 Abs. 1
ZPO § 239 ff.
ZPO § 255
ZPO § 281 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 263
ZPO § 265
ZPO § 266
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 302 Abs. 2
ZPO § 305
ZPO § 308 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 321
ZPO § 321 Abs. 1
ZPO § 344
ZPO § 599 Abs. 2
ZPO § 711
ZPO § 712
ZPO § 716
ZPO § 721 Abs. 1 Satz 3
ZPO § 780
ZPO § 923
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 41/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 08.09.2004

verkündet vom 08.09.2004

in dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. August 2004 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des vormaligen Beklagten und Antragstellers im Verfahren über die Urteilsergänzung gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. Januar 2004 - 11 O 388/01 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der vormalige Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Berufungskläger (im Folgenden: vormaliger Beklagter) begehrt im Wege der Urteilsergänzung die Auferlegung der ihm bis zu seinem Ausscheiden aus dem Rechtsstreit entstandenen außergerichtlichen Kosten auf das klagende Land.

Das klagende Land hatte mit seiner am 27. November 2001 zugestellten Klage zunächst den vormaligen Beklagten als eingetragenen Eigentümer des im Grundbuch von ... auf Blatt ... eingetragenen Grundstücks Flur 7, Flurstück 2, auf Grundbuchberichtigung in Anspruch genommen. Nachdem die S... I... AG am 20. März 2002 als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen worden war, erklärte sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21. August 2002 die Übernahme des Rechtsstreits gemäß § 266 ZPO, in deren Folge der Berufungsführer aus dem Rechtsstreit ausschied. Mit Urteil vom 22. Januar 2003 wies das Landgericht Frankfurt (Oder) die Klage ab und gab der Widerklage der Beklagten vollumfänglich statt. Die Kosten des Rechtsstreits legte es gemäß § 91 ZPO dem klagenden Land auf.

Der vormalige Beklagte hat beantragt, das Urteil vom 22. Januar 2003 im Kostenausspruch zu ergänzen und dem klagenden Land analog § 269 Abs. 3 ZPO auch die ihm - dem vormaligen Beklagten - entstandenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Hilfsweise hat er die Feststellung begehrt, dass der Kostenausspruch auch die Verpflichtung zur Tragung seiner außergerichtlichen Kosten umfasse. Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat den Antrag auf Urteilsergänzung und das Feststellungsbegehren zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag auf Urteilsergänzung sei bereits unzulässig, da eine Entscheidungslücke nicht vorliege. Die Kammer habe in ihrem Urteil vom 22. Januar 2003 die Kosten des Antragstellers bewußt nicht dem klagenden Land auferlegt. Nach Prozeßübernahme gemäß § 266 ZPO ergehe das Urteil sowohl in der Hauptsache als auch wegen der Kosten für und gegen den Rechtsnachfolger. Notwendige Folge des Übergangs des Prozessrechtsverhältnisses in seiner Gesamtheit sei, dass eine gesonderte Entscheidung über die bei dem bisherigen Beklagten bislang angefallenen Kosten nicht möglich sei.

Der Antrag auf Urteilsergänzung sei im Übrigen aber auch unbegründet. Der vormalige Rechtsinhaber könne im Falle des § 266 ZPO keine Kostenentscheidung analog § 269 Abs. 3 ZPO verlangen. Zwar sei die für eine analoge Anwendung der Vorschrift erforderliche Regelungslücke gegeben, da § 266 ZPO für den Fall der Übernahme des Rechtsstreits durch den Rechtsnachfolger keine Regelung hinsichtlich der Kosten treffe. Es fehle jedoch an der für eine analoge Anwendung der Regelung erforderlichen Vergleichbarkeit der Interessenlage bzw. an einem übergeordnetem Prinzip, das auf dem vorliegenden Fall angewendet werden könne. Im Falle eines gewillkürten Parteiwechsels beruhe die Verpflichtung des Klägers, die Kosten der ausscheidenden Partei analog § 269 Abs. 3 ZPO zu tragen, darauf, dass der Parteiwechsel auf Initiative des Klägers zurückgehe. Demgegenüber knüpfe der Parteiwechsel nach § 266 ZPO in erster Linie an die Rechtsnachfolge an einem Grundstück an und sei nicht vom Willen des Klägers abhängig. Vielmehr sei es so, dass der Rechtsnachfolger auch ohne Zustimmung und entgegen dem Willen des Klägers berechtigt sei, den Rechtsstreit als Hauptpartei zu übernehmen. Daher entspreche es der überwiegenden Meinung, dass in Fällen einer Prozeßübernahme gemäß den § 265, 266 ZPO eine Kostenentscheidung nur für oder gegen den Rechtsnachfolger getroffen werde und der Rechtsvorgänger auf einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch zu verweisen sei. Dies sei auch nicht unbillig, denn es sei nicht ersichtlich, dass dem Rechtsvorgänger unter keinem materiell-rechtlichen Gesichtspunkt ein Kostenerstattungsanspruch - sei es gegen den Rechtsnachfolger oder den Gegner - zustehe.

Die mit dem Hilfsantrag begehrte Feststellung sei unstatthaft, denn sie sei auf eine im Rahmen des Urteilsergänzungsverfahrens unzulässige Auslegung der Kostengrundentscheidung gerichtet. Die Anwendung der Kostengrundentscheidung sei dem Rechtspfleger vorbehalten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des vormaligen Beklagten, mit der er sein Hauptbegehren aus dem Urteilsergänzungsverfahren weiter verfolgt. Er vertritt die Auffassung, der Urteilsergänzungsantrag habe nicht als unzulässig zurückgewiesen werden dürfen, da eine Entscheidungslücke gegeben sei. Aus dem Urteil ergebe sich nämlich nicht, dass die Kammer bewußt einen Erstattungsanspruch habe zusprechen wollen. Die Kammer versuche offenbar nachträglich, den vormaligen Beklagten prozessual auszuschalten, dies verstoße indes gegen das Gebot des fairen Verfahrens und das Rechtsstaatsprinzip. Darüber hinaus habe das Landgericht den Antrag auf Urteilsergänzung aber auch deshalb nicht als unzulässig zurückweisen dürfen, weil es an den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts im sofortigen Beschwerdeverfahren gebunden sei. ZurBegründung verweist er insoweit auf die Ausführungen im Beschluß vom 10. Juni 2003, mit dem der Senat die verfahrensfehlerhaft durch Beschluß ergangene Entscheidung über den Urteilsergänzungsantrag aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen hatte. Der Antrag auf Urteilsergänzung sei auch begründet. Das Ausscheiden des ursprünglichen Beklagten berühre dessen Prozessrechtsverhältnis nicht im Kostenpunkt, insoweit sei der Rechtsstreit weiter rechtshängig. Es sei nicht erkennbar, dass die Rechtsgrundsätze zum gewillkürten Parteiwechsel nur für den nicht gesetzlich geregelten, nicht aber für den Parteiwechsel gemäß §§ 265, 266 ZPO gelten sollten. Eine Kostentragungspflicht ergebe sich im Übrigen aus dem Veranlasserprinzip, denn das klagende Land habe die Zustellung der Klageschrift an den ursprünglichen Beklagten veranlasst, und dieser habe keine Möglichkeit gehabt, sein Ausscheiden aus dem Prozeß zu verhindern.

Der vormalige Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass das klagende Land auch die ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu tragen hat.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt mit näheren Ausführungen das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere steht ihr nicht § 99 Abs. 1 ZPO entgegen. Danach ist die Anfechtung der Kostenentscheidung unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Durch diese Rechtsmittelsperre soll verhindert werden, dass das Gericht bei Überprüfung der Kostenentscheidung erneut die Hauptsache beurteilen muss. Geht es - wie hier - indes nicht um die Anfechtung einer ergangenen Kostenentscheidung, sondern darum, dass ein Gericht den begehrten Erlass einer Kostenentscheidung überhaupt ablehnt, so findet § 99 Abs. 1 ZPO keine Anwendung (OLG Celle NJW-RR 2003, 1509, 1510; OLG Zweibrücken MDR 1990, 253; vgl. BGH NJW 1959, 251).

2.

In der Sache hat die Berufung indes keinen Erfolg.

a) Das Verfahren zur Urteilsergänzung gemäß § 321 ZPO ist für das Rechtsschutzbegehren des vormaligen Beklagten, einen Kostenausspruch zu erlangen, nicht statthaft.

Nach § 321 Abs. 1 ZPO ist ein Urteil auf Antrag durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen, wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt ganz oder teilweise übergangen ist. Die Anwendung des § 321 ZPO erfordert mithin, dass ein Anspruch oder eine Kostenentscheidung übergangen, d.h. versehentlich nicht beschieden ist. Die Vorschrift dient damit nur der Ergänzung eines lückenhaften Urteils und nicht der Richtigstellung einer falschen Entscheidung (BGH VersR 1980, S. 263).

Daraus folgt zwar nicht, dass die Ergänzung eines lückenhaften Urteils immer dann unzulässig ist, wenn durch sie zugleich auch eine sachliche Unrichtigkeit der Entscheidung behoben wird. Vielmehr ergibt sich schon aus den gesetzlichen Verweisungen für die Fälle unterbliebenen Vorbehalts in den § 302 Abs. 2 und 599 Abs. 2 ZPO, dass bei der Übergehung unselbständiger Teile der Entscheidung, durch die das Urteil sowohl unvollständig als auch inhaltlich falsch wird, außer der Anfechtung durch ein Rechtsmittel auch eine Urteilsergänzung nach § 321 ZPO möglich ist. Rechtsprechung und Literatur haben die Zulässigkeit der Urteilsergänzung bei dem Übergehen des auf einen unselbständigen Entscheidungsteil gerichteten prozessualen Begehrens einer Partei dementsprechend über die vorgenannten und die in den §§ 716, 721 Abs. 1 Satz 3 ZPO enthaltenen ausdrücklichen Regelungen hinaus auch für andere vergleichbare Fallgestaltungen bejaht. Im Wege einer Urteilsergänzung können danach das Unterlassen einer Fristbestimmung nach § 255 ZPO, eine Auferlegung der Mehrkosten nach § 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO oder nach § 344 ZPO, eines Vorbehalts beschränkter Erbenhaftung nach §§ 305 und 780 ZPO, eine Entscheidung über die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 308 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, einer Gewährung von Vollstreckungsschutz nach §§ 711, 712 ZPO sowie einer Abwendungsbefugnis nach § 923 ZPO korrigiert werden (BGH MDR 1996, 1061, 1062 m.w.N.).

Eine Unvollständigkeit des Urteils im Kostenausspruch liegt hier allerdings nicht vor. Der vormalige Beklagte hat zwar mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23. Dezember 2001 ausdrücklich beantragt, seine außergerichtlichen Kosten dem klagenden Land aufzuerlegen, und das Urteil verhält sich zu diesem Begehren ausdrücklich weder im Tenor noch in den Urteilsgründen. Eine Entscheidungslücke liegt darin aber nur dann, wenn die Kosten des nach den §§ 265, 266 ZPO ausgeschiedenen vormaligen Beklagten nicht ohnehin zu den Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 Abs. 1 ZPO gehören, die die Kammer dem klagenden Land auferlegt hat.

"Kosten des Rechtsstreits" sind die gesamten prozeßbezogenen Kosten der an dem Rechtsstreit beteiligten Parteien. Das Ausscheiden der zunächst beklagten Partei aus dem Rechtsstreit steht der Annahme, dass es sich bei den bis zum Ausscheiden entstandenen Prozeßkosten - Rechtsanwaltsgebühren und -auslagen - um "Kosten des Rechtsstreits" im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO handelt, nicht entgegen. Wird der Rechtsstreit nach einer durch Tod, Insolvenz oder Prozeßunfähigkeit verursachten Unterbrechung des Verfahrens von dem Rechtsnachfolger, Insolvenzverwalter bzw. gesetzlichen Vertreter aufgenommen und fortgesetzt, steht es außer Zweifel, dass die zuvor - bei der zunächst beteiligten Partei - entstandenen Prozeßkosten solche "des Rechtsstreits" sind. Für die Frage, ob die einer zunächst am Rechtsstreit beteiligten Partei entstandenen Kosten solche des Rechtsstreits sind, kann es aber keinen Unterschied machen, ob die Partei im Wege eines gesetzlichen Parteiwechsels nach den §§ 239 ff. ZPO oder nach den §§ 265, 266 ZPO aus dem Rechtsstreit ausscheidet.

Insofern bedarf die Frage, ob es sich um eine versehentliche Entscheidungslücke handelt - dagegen spricht die am 03. März 2003 und im Beschluss vom 19. März 2003 mitgeteilte Rechtsauffassung der Kammer, in einem Fall des Parteiwechsels gemäß den §§ 265, 266 ZPO komme eine Kostenentscheidung zugunsten des ausgeschiedenen ursprünglichen Beklagten nicht in Betracht -, hier keiner abschließenden Beurteilung.

b) Dem Antrag auf Urteilsergänzung hätte aber auch in der Sache kein Erfolg beschieden sein können. Der vormalige Rechtsinhaber kann im Falle des Parteiwechsels gemäß § 266 ZPO eine gesonderte Entscheidung über sein außergerichtlichen Kosten bis zum Ausscheiden aus dem Rechtsstreit analog § 269 Abs. 3 ZPO nicht verlangen.

aa) Eine unmittelbare Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO auf den Fall eines Parteiwechsels nach §§ 265, 366 ZPO scheidet aus, denn eine Klagerücknahme hinsichtlich des ursprünglichen Beklagten liegt in diesen Fällen des gesetzlich geregelten Parteiwechsels nicht vor.

bb) Auch eine analoge Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO auf den nach § 266 ZPO ausgeschiedenen ursprünglichen Beklagten kommt hier nicht in Betracht.

(1) Die Beurteilung, ob eine Regelungslücke vorliegt und es damit überhaupt Raum für eine Analogie gibt, hängt gleichermaßen wie das Vorliegen einer Entscheidungslücke für die Statthaftigkeit des Verfahrens auf Urteilsergänzung (oben 2.a)) davon ab, ob die Kosten der nach den §§ 265, 266 ZPO ausgeschiedenen Partei zu den Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 Abs. 1 ZPO gehören oder nicht. Der Senat bejaht - wie dargelegt - in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Köln (JurBüro 1992, 817, 818; OLGZ 1965, 46, 48) diese Frage.

(2) Eine analoge Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO scheidet allerdings auch mangels Vergleichbarkeit von Normzweck und Interessenlage der Parteien aus.

Der Berufungskläger verweist zwar zu Recht darauf, dass bei dem gesetzlich nicht geregelten gewillkürten Parteiwechsel, der als Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO angesehen wird, der ausscheidende ursprüngliche Beklagte eine Kostenentscheidung entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO verlangen kann. Diese in Rechtsprechung und Literatur anerkannte Rechtsfolge hat das Landgericht entgegen der Auffassung des vormaligen Beklagten aber nicht verkannt. Die Kammer hat vielmehr eine analoge Anwendung dieser Vorschrift aus sachlich überzeugenden Erwägungen wegen der nicht vergleichbaren Interessenlage des nicht geregelten gewillkürten Parteiwechsels und des Parteiwechsels gemäß den §§ 265, 266 ZPO sowie in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung (OLG Köln a.a.O.; OLG Nürnberg MDR 1969, 672; Zöller-Greger 24. Aufl. 2004 § 265 Rdnr. 8; Münchner Kommentar- Lüke 2. Aufl. § 265 Rdnr. 101; Stein/Jonas - Schumann 21. Aufl. 1996 § 265 ZPO Rdnr. 56; Baumbach/Lauterbach u.a. § 265 ZPO Rdnr. 24; Thomas/Putzo-Reichold 25. Aufl. 2003§ 265 ZPO Rdnr. 17) verneint. Die vereinzelt in der Literatur vertretene Gegenauffassung (so etwa Schellhammer Zivilprozeßrecht 10. Aufl. 2003 Rdnr. 1683), auf die der vormalige Beklagte verweist, vermag schon deshalb nicht überzeugen, weil sie jeglicher Begründung entbehrt.

Die analoge Anwendung der für die Klagerücknahme zwingenden Vorschrift des § 269 Abs. 3 ZPO auf den nicht gesetzlich geregelten gewillkürten Parteiwechsel findet seine Berechtigung darin, dass der Kläger - ebenso wie bei einer Klagerücknahme - eine erhobene Klage nicht weiter verfolgt, sein Prozeßbegehren also aufgibt. Wie bei einer Klagerücknahme wird bei dem gesetzlich nicht geregelten gewillkürten Parteiwechsel das Prozeßrechtsverhältnis mit dem ursprünglich in Anspruch Genommenen ausschließlich auf Veranlassung des Klägers und durch eine von diesem vorzunehmende Prozeßhandlung beendet (vgl. OLG Stuttgart NJW 1973, 1756; OLG Düsseldorf MDR 1974, 147).

Demgegenüber knüpft der gesetzlich normierte Parteiwechsel gemäß den §§ 265, 266 ZPO nicht an ein Verhalten des Klägers an, sondern an die Verfügung einer Partei über die streitbefangene Sache bzw. den streitbefangenen Anspruch. Die Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes, die der Gegner mangels Sachlegitimation nicht verhindern kann, hat den Verlust der Sachlegitimation zur Folge und müsste zur Klageabweisung als unbegründet und zu einem neuen Prozeß führen. Dies zu verhindern und den Gegner des Veräußernden zu schützen, ist Zweck der Vorschriften der §§ 265, 266 ZPO. Durch willkürliche Verfügung einer Partei über den streitbefangenen Gegenstand soll der Ablauf des Prozesses aus Gründen der Prozeßökonomie nicht beeinträchtigt werden. Keine Partei soll sich durch eine solche Verfügung ihrer Sachlegitimation begeben und damit den Gegner zu einem neuen Prozeß gegen den Rechtsnachfolger nötigen dürfen.

Gerade dieser Schutzzweck der §§ 265, 266 ZPO steht einer analogen Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO für den Fall eines Parteiwechsels auf Beklagtenseite - wie er hier vorliegt - entgegen. Wie dargelegt, dienen die in den §§ 265, 266 ZPO getroffenen Vorschriften dem Schutz des Prozessgegners derjenigen Partei, die den streitbefangenen Gegenstand veräußert. Diesem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck liefe es zuwider, legte man dem Gegner des Veräußernden gleichwohl in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO dessen Kosten auf.

Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift läßt sich auch nicht, wie der vormalige Beklagte meint, aus dem Veranlasserprinzip herleiten. Der Berufungskläger geht fehl in der Annahme, eine Kostentragungspflicht ergebe sich nach dem Veranlasserprinzip bereits daraus, dass das klagende Land ihn überhaupt zunächst in Anspruch genommen hat. Dem Veranlasserprinzip läßt sich ein solcher Grundsatz, dass die Kosten stets derjenige zu tragen hat, der die Klage erhoben hat, nicht entnehmen. Hieran knüpft auch nicht die Kostenregelung des § 269 Abs. 3 ZPO an. Der für die Kostentragung des Klägers im Falle einer Klagerücknahme oder eines gesetzlich nicht geregelten gewillkürten Parteiwechsels auf Beklagtenseite maßgebliche Gesichtspunkt ist, dass der Klägerseine (ursprüngliche) Rechtsverfolgung fallen läßt. Liegen - wie hier - auf Beklagtenseite die Voraussetzungen des § 266 ZPO vor, kann der Kläger die Übernahme des Rechtsstreits durch den Rechtsnachfolger nicht verhindern. Der Parteiwechsel vollzieht sich, ohne dass es seiner Zustimmung bedarf und ohne dass der Kläger hierzu Veranlassung gegeben hat. Hintergrund des gesetzlichen Parteiwechsels gemäß § 266 ZPO ist eine von seinem Prozeßgegner veranlasste und durchgeführte Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes.

Auch der Umstand, dass der Berufungskläger, wie er behauptet, keine Möglichkeit gehabt habe, die Übernahme des Rechtsstreit durch die S.... I... AG zu verhindern, vermag eine analoge Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO nicht zu begründen. Inwieweit der ursprüngliche Beklagte gegenüber der späteren Beklagten verpflichtet war, seine Zustimmung zur Eintragung in das Grundbuch zu erteilen und damit letztlich den Rechtsübergang herbeizuführen, betrifft ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen Rechtsvorgänger und Rechtsnachfolger. Für die Frage, ob dem Kläger analog § 269 Abs. 3 ZPO die Kosten des ausscheidenden Prozeßgegners aufzuerlegen sind, können die Rechtsbeziehungen zwischen jenem und seinem Rechtsnachfolger keine Bedeutung haben.

Einer analogen Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO steht auch entgegen, dass bei einem gesetzlich geregelten Parteiwechsel nach den §§ 265, 266 ZPO und den §§ 239 ff. ZPO - anders als bei dem gesetzlich nicht geregelten gewillkürten Parteiwechsel - das Prozeßrechtsverhältnis aufrechterhalten bleibt und mit dem Rechtsnachfolger in seiner Gesamtheit fortgesetzt wird (OLG Köln JurBüro 1992, 817; OLG Nürnberg MDR 1969, 672, 673). Im Gegensatz zu dem gesetzlich nicht geregelten Parteiwechsel tritt der Rechtsnachfolger im Fall der Prozeßübernahme vollständig an die Stelle die Rechtsvorgängers und ist an dessen Prozeßhandlungen und die bestehende Rechtslage gebunden (Münchner Kommentar a.a.O. Rdnr. 99; Stein/Jonas - Schumann 21. Aufl. 1996 § 265 ZPO Rdnr. 56).

Schließlich besteht auch kein Bedürfnis für eine analoge Anwendung der Kostenregelung bei Klagerücknahme. Dabei kann dahinstehen, ob dem nach § 266 ZPO ausgeschiedenen vormaligen Beklagten gegen den Prozeßgegner ein Kostenerstattungsanspruch nach materiellen Recht zusteht und er deshalb nicht rechtlos gestellt ist. Im vorliegenden Fall mag zweifelhaft sein, ob eine der in der Literatur genannten materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen (vgl. nur Stein/Jonas-Bork vor § 91 ZPO Rdnr. 14ff.) erfüllt ist und der vormalig Beklagte seine außergerichtlichen Kosten von dem klagenden Land auf diese Weise erstattet bekommen kann. Dem vormaligen Beklagten steht aber die Möglichkeit offen, seinen Rechtsnachfolger in Anspruch zu nehmen (Stein/Jonas-Bork a.a.O.; Münchner Kommentar a.a.O. § 265 Rdnr. 101; OLG Köln JurBüro 1992, 817, 818). Die S...I... AG ist aus einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet, die dem vormaligen Beklagten im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten mitzuliquidieren.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.). Ausweislich der Ausführungen zu II 2.a) der Urteilsgründe handelt es sich bei den Erwägungen zu einer analogen Anwendbarkeit des § 269 Abs. 3 ZPO bei dem gesetzlich geregelten Parteiwechsel gemäß § 266 ZPO nicht um tragende Gründe.

Der Gegenstandswert wird auf bis zu 30.000,00 € (geschätztes Kosteninteresse des vormaligen Beklagten) festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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