Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 23.09.2005
Aktenzeichen: 4 U 45/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 293
BGB § 295
BGB § 323
BGB § 323 Abs. 5 Satz 2
BGB § 347 Abs. 2 Satz 1
BGB § 434 Abs. 1
BGB § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
BGB § 437 Nr. 2
BGB § 440 Satz 1
BGB § 442 Abs. 1 Satz 1
BGB § 444
ZPO § 275 Abs. 1
ZPO § 277 Abs. 2
ZPO § 282 Abs. 1
ZPO § 296 Abs. 1
ZPO § 296 Abs. 2
ZPO § 513 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 45/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 23.09.2005

Verkündet am 23.09.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 09.09.2005 durch den Richter am Amtsgericht ... als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 03.02.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam, Az.: 2 O 430/03, wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten wegen der Mangelhaftigkeit der Klimaanlage die Rückabwicklung eines Kaufvertrages vom 08.11.2002 über ein gebrauchtes Wohnmobil der Marke .... Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angegriffenen Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

In dem angegriffenen Urteil hat das Landgericht Potsdam der Klage überwiegend stattgegeben, die Beklagte insbesondere zur Zahlung gegen Rückgabe des Fahrzeugs verurteilt und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei wegen der bereits bei Übergabe des Fahrzeugs defekten Klimaanlage zum Rücktritt von dem Kaufvertrag vom 08.11.2002 berechtigt. Das Setzen einer Frist zur Nacherfüllung sei entbehrlich gewesen, nachdem die Beklagte diese am 05.09.2003 verweigert habe. Auch die Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses stehe dem Rücktritt nicht entgegen, da die hierzu darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht beweisen konnte, dass bei den Vertragsverhandlungen vom 08.11.2002 ein Gewährleistungsausschluss wirksam vereinbart worden sei. Die Vertragsurkunde habe insoweit keine Aussagekraft; die Vernehmung der Zeugen S... und K... habe ein non liquet ergeben. Das Rücktrittsrecht der Klägerin sei schließlich auch nicht wegen Kenntnis des Mangels bei Vertragsschluss gemäß § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeschlossen, da das hierzu streitige Vorbringen der Beklagten vom 20.12.2004 gemäß §§ 296 Abs. 1, 275 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückzuweisen sei. Der Rücktritt sei von der Klägerin durch die Klageerhebung schlüssig erklärt worden. Ihr stehe ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises an die finanzierende ... GmbH in Höhe von 26.855,20 € zu. Sowohl der Betrag in Höhe von 2.300,00 € aus dem Vergleich vom 28.05.2003 als auch ein Betrag von 2.844,80 € für Nutzungsersatz seien in Abzug zu bringen. Die Beklagte befinde sich mit der Rücknahme des Fahrzeugs seit dem 10.11.2003 gemäß §§ 293, 295 BGB in Annahmeverzug. Die weiteren Zahlungsansprüche der Klägerin (an sich selbst) seien allerdings nur in Höhe von 3.402,78 € begründet. Ein Verwendungsersatzanspruch gemäß § 347 Abs. 2 Satz 1 BGB in dieser Höhe bestehe - im Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugen M... und V... - wegen der Reparaturkosten für die Klimaanlage, die Wasserpumpe, den Auspuff, den Abwasserspiralschlauch und die Bordbatterie (insgesamt: 3.045,06 €) sowie wegen der Anschaffung eines Gaseinfüllstutzens für den Festgastank und die Sommerreifen (beides zusammen: 357,72 €).

Mit der Berufung rügt die in der I. Instanz überwiegend unterlegene Beklagte insbesondere die Beweiswürdigung durch das Landgericht und verfolgt ihren Klageabweisungsantrag uneingeschränkt weiter. Die Auffassung des Landgerichts, dass ein Gewährleistungsausschluss nicht wirksam vereinbart worden sein soll, sei nicht nachzuvollziehen. Vielmehr habe die Beweisaufnahme vom 26.04.2004 bei einer sachgerechten Bewertung der Zeugenaussagen das Gegenteil ergeben. Zudem sei der Text auf dem Vertragsformular eindeutig. Auch müsse der Vorwurf verspäteten Vortrages zurückgewiesen werden, da sich den Beweiserhebungen und auch dem Klägervorbringen entnehmen lasse, dass das Fahrzeug mit Mängeln behaftet gewesen sei und der Geschäftsführer der Klägerin dies bei den Vertragsverhandlungen auch gewusst habe.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, hält die Anwendung des materiellen Rechts durch das Landgericht für fehlerfrei und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen dahin, dass die Beklagte bei den Vertragsverhandlungen nicht "mit fairen Karten gespielt" habe. Da die Verkäuferseite eine durch einen Sachverständigen erstellte Mängelliste des Fahrzeugs in Händen gehabt habe, ohne diese der Käuferseite zu offenbaren, liege ein Fall der Arglist vor. Allein der Defekt an der Klimaanlage rechtfertige die Rückgabe des Fahrzeugs.

Der Senat hat auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 20.07.2005 Beweis erhoben durch die (erneute) Vernehmung der Zeugen S... und K.... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 09.09.2005 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1.

Die Klägerin ist gemäß §§ 437 Nr. 2, 434 Abs. 1, 440 Satz 1, 323 BGB zu dem mit der Klageschrift vom 29.09.2003 erklärten Rücktritt von dem am 08.11.2002 abgeschlossenen Kaufvertrag berechtigt.

a) Die Mangelhaftigkeit des ... im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB (Beschaffenheitsmangel) zum Zeitpunkt der Übergabe am 08.11.2002 ist zwischen den Parteien inzwischen unstreitig. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2004 unter Vorlage eines Sachverständigenprotokolls vom 16.10.2002 eingeräumt, dass die Klimaanlage defekt war und ihr dieser Mangel des Fahrzeugs auch bekannt war.

b) Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Mangel an der Klimaanlage des Fahrzeugs eine mehr als nur unerhebliche Pflichtverletzung im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist.

aa) Für technische Mängel eines gebrauchten Kraftfahrzeugs kommt es bei der Bewertung der Erheblichkeit eines Mangels maßgeblich darauf an, mit welchem Kostenaufwand sich der Mangel voraussichtlich beseitigen lässt (vgl. hierzu Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Auflage 2003, Rn. 1385 u. 1386 m. w. N.). Überdies ist im Bereich des Kfz-Handels für Beschaffenheitsmängel anerkannt, dass Mängel unerheblich sein können, wenn sie innerhalb kurzer Zeit von selbst verschwinden oder ohne besonderen Aufwand vom Käufer selbst behoben werden können (vgl. Palandt-Putzo, BGB, § 437 Rn. 23 m. w. N.). In der Rechtsprechung zum Gebrauchtwagenhandel wird vertreten, dass bei einem Kostenaufwand der Mängelbeseitigung von bis zu 5 % des Kaufpreises ein Rücktrittsrecht wegen fehlender Erheblichkeit nicht bestehe (so LG Kiel, Urteil vom 03.11.2004, MDR 2005, 384; auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.02.2004, NJW-RR 2004, 1060).

bb) Im vorliegenden Fall kann die Richtigkeit der aufgezeigten prozentualen Grenzziehung zwischen einem erheblichen und einem unerheblichen Mangel für den Bereich des Gebrauchtfahrzeughandels dahinstehen, da aufgrund der nachfolgend dargestellten Umstände jedenfalls von einem erheblichen Mangel des Fahrzeugs auszugehen ist.

(1) Das Verhältnis zwischen dem unstreitigen Reparaturaufwand für die Klimaanlage (1.801,68 €) und dem Kaufpreis des Fahrzeugs liegt - unabhängig davon, ob als Bezugsgröße der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis von 32.000,00 € oder der geminderte Kaufpreis in Höhe von 29.700,00 € angesetzt wird - in jedem Fall über 5,5 % des Kaufpreises und übersteigt damit schon deutlich einen prozentual ermittelten Bagatellbereich. Soweit ersichtlich geht die Rechtsprechung - in den veröffentlichten Entscheidungen - übereinstimmend davon aus, dass eine Pflichtverletzung im Bagatellbereich überhaupt nur bei einem Mängelbeseitigungsaufwand von weniger als 5 % des Kaufpreises in Betracht kommen kann.

(2) Auch die absoluten Kosten für die Reparatur sind mit einer Höhe von 1.801,68 € mehr als nur unerheblich. Nach den Angaben im DAT-Veedol-Report 2002 lagen die durchschnittlichen Reparaturaufwendungen innerhalb der ersten sechs Monate bei dem Kauf eines Gebrauchtwagens bei einem Kfz-Händler im Jahr 2001 bei 105,00 DM (vgl. Reinking/Eggert, aaO., Rn. 1386). Diesen Durchschnittswert übersteigt der sieben Monate nach Vertragsschluss entdeckte Mangel an dem ... bei weitem.

(3) Bei der für die Bestimmung der Erheblichkeit der Pflichtverletzung vorzunehmenden umfassenden Bewertung und Interessenabwägung ist auch zu berücksichtigen, dass aus der Sicht des Fahrzeugnutzers eine funktionstüchtige Klimaanlage für die Nutzungsmöglichkeit und den Nutzungskomfort eines Wohnmobils, insbesondere in den Sommermonaten, von einer über den rein wirtschaftlich betrachteten Wert der Klimaanlage hinausgehenden Bedeutung ist.

(4) Schließlich ist auch die Besonderheit der bereits zuvor aufgetretenen und durch den gerichtlichen Vergleich in dem vorangegangenen Rechtsstreit vor dem Landgericht Potsdam, Az.: 2 O 134/03, erledigten Mängel des Fahrzeugs zu beachten. Bei einer Gesamtbetrachtung aller innerhalb des ersten Vertragsjahres 2002/2003 aufgetretenen Mängel, die ganz überwiegend bereits bei der Übergabe des Fahrzeugs vorlagen und nicht auf Verschleiß beruhen, besteht bei dem Wohnmobil eine Mängelhäufung, die bei einem im Jahr 1999 erstmals zugelassenen Gebrauchtfahrzeug mit einer damaligen Gesamtfahrleistung von weniger als 50.000 km als besonders ungewöhnlich zu bezeichnen ist.

c) Der im Gesetz vorgesehene grundsätzliche Vorrang der Nacherfüllung (Reparatur) gegenüber dem Rücktritt (§ 437 Nr. 1 BGB) besteht gemäß § 440 Satz 1 BGB nicht mehr, nachdem die Beklagte - unstreitig - am 05.09.2003 den Mangel an der Klimaanlage bestritten und die Nacherfüllung verweigert hat.

d) Die Klägerin ist aufgrund der defekten Klimaanlage zum Rücktritt berechtigt, da sie diesen Mangel bei Vertragsschluss nicht kannte. Der Beklagten ist im Ergebnis der von dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme nicht der Nachweis gelungen, dass das Recht der Klägerin auf Gewährleistung für den Mangel wegen Vorkenntnis gemäß § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist.

aa) Der Senat ist im vorliegenden Fall dazu berechtigt gewesen, im Berufungsverfahren neue Tatsachenfeststellungen hinsichtlich dieses Vorbringens der Beklagten zu treffen, da er gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht an die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts gebunden ist.

Die Beklagte greift mit der Berufung zu Recht die Feststellung des Landgerichts an, das Vorbringen aus der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2004 nebst dem zugehörigen Schriftsatz vom 10.01.2005 zu der Vorkenntnis des Geschäftsführers der Klägerin sei wegen Verspätung nicht zuzulassen. Die von dem Landgericht auf §§ 296 Abs. 1, 275 Abs. 1 ZPO gestützte Zurückweisung des Beklagtenvorbringens ist nicht fehlerfrei erfolgt. Angesichts der auch im Anwaltsprozess erforderlichen Belehrung der Beklagten nach § 277 Abs. 2 ZPO, die sich aus der Aktenlage nicht ergibt, durfte eine Zurückweisung wegen der unterbliebenen Belehrung nicht auf § 296 Abs. 1 ZPO gestützt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.02.1982, BVerfGE 60, 1 ff. = NJW 1982, 1453, 1454 m. w. N.; auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.07.1978, NJW 1978, 2203). Auf einen anderen Zurückweisungsgrund hat das Landgericht seine Entscheidung nicht gestützt. Aufgrund der eindeutigen Vorgaben durch den Bundesgerichtshof (vgl. zuletzt: Urteil vom 04.05.2005, Az.: XII ZR 23/03), denen der 4. Zivilsenat insoweit in ständiger Rechtsprechung folgt, darf das Berufungsgericht die fehlerhafte erstinstanzliche Begründung der Verspätung nicht durch eine andere - fehlerfreie - ersetzen. Somit kann es dahinstehen, ob das sicherlich nachlässige prozessuale Verhalten der Beklagten tatsächlich gegen ihre Prozessförderungspflicht gemäß § 282 Abs. 1 ZPO - diese Norm erwähnt auch das Landgericht - verstoßen hat. Die Zurückweisung des verspäteten Vorbringens der Beklagten ist nicht - auch nicht hilfsweise - mit dem dann einschlägigen § 296 Abs. 2 ZPO begründet worden.

bb) Nach der Vernehmung der Zeugen S... und K... bleiben für den Senat Zweifel, ob bei den Kaufvertragsverhandlungen am 08.11.2002 das Protokoll des Sachverständigen vom 16.10.2002 tatsächlich umfassend zum Gesprächsinhalt gemacht worden ist, so dass dem Geschäftsführer der Klägerin, Herrn F..., bei Vertragsschluss die Mangelhaftigkeit der Klimaanlage bekannt gewesen ist.

Der von der Beklagten benannte Zeuge S... hat nicht bestätigt, dass das Protokoll des Sachverständigen vom 16.10.2002 dem Geschäftsführer der Klägerin bei den Kaufvertragsverhandlungen gezeigt worden ist. Vielmehr hat der Zeuge nachvollziehbar erklärt, dass er selbstverständlich dem Kunden während der Verhandlungen keinen vollständigen Einblick in die zu jedem Fahrzeug vorhandene Autoakte gewährt. Soweit der Zeuge S... bekundet hat, er sei in dem Verkaufsgespräch jedoch mit dem Geschäftsführer der Klägerin die Mängelliste inhaltlich durchgegangen, sprechen die von den Parteien übereinstimmend vorgetragenen Umstände der mehrstündigen Kaufvertragsverhandlungen dafür, dass auch diese Erinnerung des Zeugen - trotz des erheblichen Zeitablaufs - im wesentlichen zutreffend sein wird. Immerhin ist es dem Geschäftsführer der Klägerin gelungen, den Kaufpreis des Fahrzeugs unterhalb des inzwischen mit 34.000,00 € zwischen den Parteien unstreitigen Einkaufspreises des ... zu drücken. Ein derart gutes Verhandlungsergebnis bei einem Vertragsschluss mit einem routinierten Automobilverkäufer - um einen solchen dürfte es sich bei dem Zeugen S... handeln - spricht deutlich dafür, dass unter anderem auch durch das Aufzeigen diverser Mängel die Preisvorstellungen der Verkäuferseite abgesenkt werden konnten. Hinsichtlich des konkreten Mangels der Klimaanlage - und nur auf diesen kommt es für den Ausgang des Berufungsverfahrens an - verbleiben jedoch Zweifel, ob auch dieser Mangel tatsächlich in dem Gespräch erwähnt worden ist. Der Zeuge S... hat zwar bekundet, er sei sich sicher, dass mit dem Geschäftsführer der Beklagten auch über die defekte Klimaanlage gesprochen worden sei. Seine jetzige Erinnerung steht jedoch in einem von ihm nicht nachvollziehbar erklärten Widerspruch zu der Aussage vor dem Landgericht, wo er zwar - nach Mängeln befragt - einige Mängel aufgezählt, jedoch die Klimaanlage nicht erwähnt hatte. Seine Erklärung im Termin am 09.09.2005, er sei vor dem Landgericht nicht nach der Klimaanlage gefragt worden, überzeugt angesichts der in dem Protokoll vom 26.04.2004 festgehaltenen Fragestellung nach den "diversen Mängeln" nicht. Auch unter Berücksichtigung des für den Zeugen S... sicher sehr seltenen Verkaufs eines Wohnmobils ist es für die Überzeugungskraft seiner zweiten Aussage in diesem Zusammenhang durchaus nachteilig, dass sich seine Erinnerung an das Verkaufsgespräch aus dem November 2002 offenbar mit zunehmendem Zeitablauf verbessert haben muss. Eine derart ungewöhnliche Entwicklung des Erinnerungsvermögens birgt die Gefahr, dass die eigentliche "echte" Erinnerung zunehmend von anderen Umständen und Erinnerungen überlagert wird und hierdurch - ohne dass dies dem Zeugen bewusst ist - insbesondere die Details des damaligen Verkaufsgesprächs nicht mehr mit der erforderlichen Schärfe von den Einzelheiten der seitdem in einer großen Vielzahl von Fällen geführten weiteren Verkaufsgespräche getrennt werden können.

Zudem stehen die Angaben des Zeugen S... auch im Widerspruch zu den Bekundungen der Zeugin K..., die auch auf intensiven Vorhalt dabei blieb, dass bei den Verkaufsverhandlungen über die Klimaanlage gar nicht gesprochen worden sei. Wenn auch die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin K... keinesfalls stärker eingeschätzt werden kann als die des Zeugen S..., litt die Überzeugungskraft ihrer Angaben deutlich darunter, dass ihr Erinnerungsvermögen an die von dem Geschäftsführer F..., ihrem Lebensgefährten, zum Drücken des Preises verwendeten Argumente gar nicht mehr vorhanden war, sie jedoch gerade über die nicht besprochenen Mängel noch genau Bescheid wissen wollte. Trotz der Schwäche der Aussage der Zeugin K... genügt dem Senat jedoch aufgrund der erörterten Bedenken die im Berufungsverfahren vertiefte und ergänzte Aussage des Zeugen S... nicht als Grundlage für die erforderliche sichere Überzeugung von der Richtigkeit eines ausdrücklichen Hinweises auf den Defekt der Klimaanlage. Die damit verbleibende Unklarheit geht zu Lasten der insoweit beweisbelasteten Beklagten.

e) Angesichts dieses Ergebnisses der Beweisaufnahme kann für die Entscheidung des Rechtsstreits dahinstehen, ob zwischen den Parteien ein wirksamer Gewährleistungsauschlusses vereinbart worden ist. Jedenfalls hinsichtlich der Mangelhaftigkeit der Klimaanlage kann sich die Beklagte gemäß § 444 BGB auf einen solchen Ausschluss nicht berufen, weil sie die Klägerin bei Vertragsschluss über das Vorliegen dieses Mangels arglistig getäuscht hat.

aa) Durch das Verschweigen eines Sachmangels trotz Kenntnis - hier: Defekt der Klimaanlage - ist der objektive Tatbestand einer arglistigen Täuschung unmittelbar erfüllt worden (vgl. Reinking/Eggert, aaO., Rn. 1615).

bb) Mit dem unterbliebenen Hinweis auf die unstreitig der Verkäuferseite bekannte Mangelhaftigkeit der Klimaanlage ist auch die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes eines arglistigen Täuschens durch Verschweigen zu bejahen.

Da bei einem Autokauf im November eines Jahres die Funktionstüchtigkeit einer Klimaanlage regelmäßig nicht durch eine Probefahrt festgestellt werden kann - insoweit stimmten auch die Aussagen der beiden Zeugen überein -, ist ohne weiteres von einer fehlenden Möglichkeit zur Mangelfeststellung auf Klägerseite auszugehen. Dem Verkäufer der Beklagten, dem Zeugen S..., muss auch bewusst gewesen sein, dass die Mitteilung der Funktionsuntüchtigkeit der Klimaanlage dazu geführt hätte, dass der Kaufvertrag von der Klägerin dann nicht zu dem später vereinbarten Preis abgeschlossen worden wäre. Vielmehr war ihm angesichts des im Zuge der Verkaufsverhandlungen von der Klägerin erreichten erheblichen Preisnachlasses, den der Geschäftsführer F... für die Klägerin - entgegen der hierzu unglaubhaften Erinnerung der Zeugin K... - zumindest auch wegen der Offenbarung einiger Mängel ausgehandelt haben wird, klar, dass jeder weiter offenbarte Mangel Anlass für einen weiteren Preisnachlass der Verkäuferseite hätte sein müssen. Für eine solche Vorstellung des Verkäufers spricht zwar kein Anscheinsbeweis, aber eine tatsächliche Vermutung (vgl. Reinking/Eggert, aaO., Rn. 1625 m.w.N.). Dieses Wissen der Verkäuferseite indiziert zivilrechtlich das Willensmoment des bedingten Vorsatzes einer Täuschung (vgl. Reinking/Eggert, aaO., Rn. 1626 m.w.N.).

cc) Auch im Rahmen des § 444 BGB trägt die Verkäuferin die Beweislast dafür, dass sie den ihr bekannten konkreten Mangel tatsächlich offenbart hat (vgl. hierzu Palandt-Putzo, § 444 Rn. 4; auch BGH, Urteil vom 26.10.1988, NJW-RR 1989, 211; BGH, Urteil vom 07.12.1994, NZV 1995, 222). Somit ergibt sich auch bei der Bejahung eines wirksamen Gewährleistungsausschlusses im Hinblick auf § 444 BGB die gleiche Beweisfrage und die gleiche Beweislast wie bei der Frage der Mangelkenntnis. Daher kann zu der fehlenden Offenbarung des Mangels an der Klimaanlage uneingeschränkt auf das oben dargestellte Ergebnis der Beweisaufnahme verwiesen werden.

f) Die weiteren Feststellungen des Landgerichts sind mit der Berufung nicht angegriffen worden und daher von dem Senat gemäß §§ 513 Abs.1, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht zu überprüfen. Im übrigen bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Feststellungen zum Annahmeverzug und den Verwendungsersatzansprüchen.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 30.357,98 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück