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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.01.2008
Aktenzeichen: 4 U 49/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, VOB/B


Vorschriften:

ZPO § 313 a Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 2
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 632
BGB § 645 Abs. 1
BGB § 645 Abs. 1 Satz 1
VOB/B § 2 Nr. 6
VOB/B § 2 Nr. 6 Abs. 1 Satz 1
VOB/B § 2 Nr. 8
VOB/B § 2 Nr. 8 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 49/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 16.01.2008

Verkündet am 16.01.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 05. Dezember 2007 durch

die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schäfer als Vorsitzende, den Richter am Oberlandesgericht Werth und die Richterin am Landgericht Brune

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam vom 02. März 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin führte für die Beklagte Betonarbeiten in den Blöcken 12 und 31 des Bauvorhabens K... in P... durch. Im Block 31 kam es zu einer verzögerten und unregelmäßigen Aushärtung des Betons, weshalb dessen Abscheiben unterblieb.

Für die Arbeiten in Block 12 erteilte die Klägerin unter dem 26.06.1996 die Schlussrechnung, die die Beklagte um 7.082,12 DM kürzte.

Für die Sanierung des Betonfußbodens im Block 31 erteilte die Klägerin unter dem 21.04.1997 die Schlussrechnung über einen Betrag von 39.011,60 DM.

Die Klägerin hat mit der Klage die vorgenannten Beträge in Höhe von insgesamt 46.093,72 DM geltend gemacht. Am 07.05.2003 haben die Parteien in Bezug auf die Ansprüche wegen der Arbeiten in Block 12 einen Teilvergleich geschlossen, nach dem die Beklagte sich zum Ausgleich der Rechnungsforderung vom 26.06.1996 zur Zahlung von 3.541,06 DM, entsprechend 1.810,52 €, verpflichtet hat.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 19.943,31 € nebst 1 % Zinsen über dem SRF-Satz der Europäischen Zentralbank ab 28.03.1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 02.03.2007 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat ausgeführt, dass die Klägerin die verzögerte und unregelmäßige Aushärtung des Betons in Block 31 zu vertreten habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe ihr die erweiterte Eignungsprüfung des verwendeten Betons oblegen, die unterblieben sei. Der Anschein spreche für die Ursächlichkeit dieser Pflichtverletzung für den mangelhaften Betonguss.

Gegen dieses Urteil, das ihr am 06.03.2007 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 05.04.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 08.07.2007 am 05.07.2007 begründet.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 02.03.2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 19.943,31 € nebst 1 % Zinsen über den SRF-Satz der Europäischen Zentralbank ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Bezahlung der Rechnung vom 21.04.1997 kann nicht erkannt werden.

1.

Ein Anspruch aus §§ 631 Abs. 1, 632 BGB kann nicht angenommen werden. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte eine entgeltliche Beauftragung der Klägerin mit der Durchführung der Sanierungsarbeiten ausgelöst hat. Ein ausdrückliches schriftliches oder mündliches Zahlungsversprechen der Beklagten trägt die Klägerin nicht vor. Ihr Vorbringen über ihre Beauftragung (Bl. 4, 41 d. A.) führt auch nicht zu einer stillschweigenden Vergütungsvereinbarung nach § 632 BGB. Denn es ist unstreitig, dass die Beklagte zuvor mit Schreiben vom 20.09.1996 (Bl. 354 d. A.) den Zustand der Betonoberfläche als mangelhaft gerügt und die Klägerin zur Mangelbeseitigung aufgefordert hat. Im Lichte dieses Ansinnens konnte die Aufforderung zur Durchführung der Sanierungsarbeiten nach §§ 133, 157 BGB nicht im Sinne eines von der Mangelhaftigkeit der ursprünglich beauftragten Leistungen unabhängigen, entgeltlichen Auftrags verstanden werden.

Etwas anderes folgt nicht aus der von der Klägerin in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1999, 416, 417 = WM 1999, 332). Diese lässt sich auf den hier zu entscheidenden Fall nicht übertragen. Der dortigen Entscheidung hat ein Sachverhalt zugrunde gelegen, in dem der Werkbesteller und der Werkunternehmer sich geeinigt hatten, dass zunächst die Sanierung durchgeführt und danach eine Entscheidung über die Kostentragung herbeigeführt werden sollte. Eine Abrede diesen Inhalts ist im vorliegenden Fall nicht dargetan; sie kann nach §§ 133, 157 BGB weder in dem Mängelbeseitigungsbegehren der Beklagten noch in der Aufforderung der Klägerin zur Durchführung der Sanierung gesehen werden.

2.

Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus § 645 Abs. 1 BGB oder aus § 2 Nr. 6, 8 VOB/B kommen ebenfalls nicht in Betracht. Für diese Anspruchsgrundlagen ist es erforderlich, dass der Mangel des Betons nicht auf einem von der Klägerin zu vertretenden Umstand beruht, da nur dann der Mangel eines vom Besteller gelieferten Stoffs gemäß § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB, eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung nach § 2 Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 VOB/B oder eine vom ursprünglichen Auftrag abweichende Leistung nach § 2 Nr. 8 Abs. 1 Satz 1 VOB/B gegeben sein kann. Das hat, da sie die Bezahlung der Sanierungsarbeiten durch die Beklagte begehrt, die Klägerin zu beweisen (vgl. Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Zivilrecht, 2. Aufl., § 645, Rn. 1).

Dieser Beweis ist ihr nicht gelungen.

Das Gutachten des Sachverständigen Sch... vom 01.12.2002 hat einen Beweis zu ihren Gunsten nicht erbracht. Es hat nicht zu einer Bestätigung ihrer Behauptung geführt, dass die vorgegebene Rezeptur nicht eingehalten worden sei. Zu der von der Klägerin vorgetragenen (Bl. 87 d. A.) Staffelung der Zugabe des Verzögerers mit 0,4 %, 0,3 % und 0,2 % ist das Gutachten (S. 17) zu dem Ergebnis gekommen, dass diese nachvollzogen werden kann. Sodann (S. 18) führt der Sachverständige aus, dass Feststellungen zu den Zeitpunkten der Zugabe des Verzögerers nicht getroffen werden könnten; damit steht nicht fest, dass die richtigen Zeitpunkte für die Zugabe des Verzögerers im Betonwerk nicht eingehalten worden sind. Ob die vom Sachverständigen sodann (S. 23, 24) angesprochene Überwachungspflicht der Klägerin bestanden hat, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn auch dann, wenn man eine solche nicht annehmen wollte, führt das Gutachten jedenfalls nicht zu einem Beweis dafür, dass außerhalb des Verantwortungsbereichs der Klägerin ein Fehler unterlaufen ist, der zu einer unzureichenden Zusammensetzung des gelieferten Betons geführt hat. Das gilt auch für die übrigen Ausführungen im Gutachten vom 01.12.2002, denen ein konkreter Anhalt für einen solchen Fehler, der - insbesondere - im Betonwerk passiert sein müsste, nicht entnommen werden kann.

Die Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 20.06.2001 (Bl. 219 ff. d. A.) haben den der Klägerin obliegenden Beweis ebenfalls nicht erbracht. Denn der Sachverständige hat lediglich erneut ausgeführt, dass die Klägerin ihre Überwachungspflichten nicht hinreichend wahrgenommen habe, indem sie keine Eignungsprüfungen des Betons durchgeführt habe; die Ursache der unzureichenden Erstarrung des Betons sei von ihm - dem Sachverständigen - nicht zu klären gewesen. Soweit er hinzugefügt hat (Bl. 221 d. A.), dass in den Betonwerken die Zusatzstoffe computergesteuert zugegeben würden, weshalb der Inhalt der Lieferscheine die tatsächliche Zusammensetzung wiedergeben müsse, hat er ebenfalls eine Fehlerhaftigkeit der Betonherstellung außerhalb des Verantwortungsbereichs der Klägerin nicht zu bestätigen vermocht.

Ein Beweis folgt auch nicht aus dem schriftlichen Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Sch... vom 12.02.2002. Auch darin hat der Sachverständige eine fehlerhafte Zugabe des Verzögerers nicht feststellen können, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass das ungleichmäßige Aushärten des Betons auch durch ein unterschiedliches "Rütteln" habe hervorgerufen werden können. Damit hat er - ungeachtet der Frage, ob ein solches tatsächlich stattgefunden hat - lediglich eine weitere mögliche Ursache im Verantwortungsbereich der Klägerin genannt, nicht aber eine positive Feststellung über eine von der Klägerin nicht zu vertretende Fehlerhaftigkeit des Betons getroffen.

Dasselbe gilt für die Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 19.07.2002 (Bl. 328 f. d. A.). Dort hat er zur verzögerten Aushärtung des Betons ausgeführt, dass ihm ein solches Phänomen bisher noch nicht begegnet sei und er eine sachlich nachvollziehbare Erklärung dafür nicht geben könne; er schließe jedoch aus, dass sie auf eine falsche Mischung im Betonwerk zurückzuführen sei. Auch das vermag die Klägerin nicht zu entlasten und damit den ihr obliegenden Beweis nicht zu erbringen.

Entsprechend verhält es sich mit der schriftlichen Stellungnahme des Sachverständigen Sch... vom 09.12.2004 (Bl. 483 ff. d. A.). Auch hier führt der Sachverständige aus, dass die Klägerin Eignungsprüfungen hätte durchführen müssen, die unterblieben seien; daneben erwägt er erneut ein zum handwerklichen Verantwortungsbereich des unmittelbar Ausführenden gehörendes, fehlerhaftes "Rütteln" als Ursache des unterschiedlichen Erhärtens. Damit wird die Behauptung der Klägerin, dass ein von ihr nicht zu vertretender Fehler geschehen sei, wiederum nicht bestätigt.

An der so vertretenen Sichtweise hat der Sachverständige Sch... in der mündlichen Verhandlung am 10.12.2004 (Bl. 491 f. d. A.) festgehalten, weshalb auch aus seinen dortigen Ausführungen ein Beweis zu Gunsten der Klägerin nicht hergeleitet werden kann.

Schließlich hat auch die Durchführung des Beweisbeschlusses des Landgerichts vom 04.03.2005 (Bl. 509 d. A.) nicht zu einem Beweis führen können. Denn nach dem Schreiben der M... GmbH (im Folgenden: M... GmbH) vom 17.05.2006 (Bl. 570 f. d. A.) ist, da ein Verzögerer auf Saccharosebasis verwandt worden ist, der sich im alkalischen Milieu des Betons in nicht mehr nachzuvollziehender Weise zersetzen und dort reagieren kann, eine nachträgliche Überprüfung der Betonstruktur durch die Entnahme von Bohrkernen nicht mehr möglich. Der Richtigkeit dieser Feststellungen steht der Inhalt des von der Klägerin mit dem Schriftsatz vom 04.01.2005 (Bl. 498 f. d. A.) vorgelegten Berichts der M... GmbH vom 31.03.2003 nicht entgegen. Denn dort ist, wie sich dem Bericht (S. 13) entnehmen lässt, ein Verzögerer auf der Basis von Phosphaten bei der Betonherstellung verwandt worden. Demgemäß hat das Landgericht zu Recht von einer weiteren Ausführung des Beweisbeschlusses vom 04.03.2005 abgesehen, weil sich die beabsichtigte Beweisaufnahme als ungeeignet herausgestellt hat (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., Rn. 10 a vor § 284).

Nach alledem ist weder die Richtigkeit der Behauptungen der Klägerin über die fehlerhafte Mischung des Betons durch die Beweisaufnahme bestätigt worden noch davon auszugehen, dass die diesbezüglichen Beweisantritte der Klägerin noch zu einem Beweis führen können, weshalb es bei der vom Landgericht getroffenen Entscheidung zu verbleiben hat.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht angezeigt, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.943,31 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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