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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 17.10.2005
Aktenzeichen: 4 U 69/04
Rechtsgebiete: EGBGB, BGB, RAG, SachenRBerG, ZPO, VermG


Vorschriften:

EGBGB Art. 233 § 1 Abs. 1
EGBGB Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8
BGB § 187 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 1 Satz 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1 Satz 2
BGB § 291
BGB § 891 Abs. 1
BGB § 2365
BGB § 2366
RAG § 25
SachenRBerG § 16 Abs. 1
SachenRBerG § 16 Abs. 2
SachenRBerG § 16 Abs. 3
SachenRBerG § 19 Abs. 2 Satz 1
SachenRBerG § 19 Abs. 2 Satz 2
SachenRBerG § 19 Abs. 2 Nr. 1
SachenRBerG § 19 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1
SachenRBerG § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
SachenRBerG § 20
SachenRBerG § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. a)
SachenRBerG § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. b) 2. Alt.
SachenRBerG § 45 Abs. 1 Satz 1
SachenRBerG § 51
SachenRBerG § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
SachenRBerG §§ 87 bis 102
ZPO § 148
ZPO § 267
ZPO § 276 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 283
ZPO § 296 Abs. 1
ZPO § 358a
ZPO § 525 Satz 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 533
ZPO § 533 Nr. 2
VermG § 18 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 69/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 17.10.2005

Verkündet am 17.10.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12.09.2005 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 01.03.2004, Az. 12 O 542/03, teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner dazu verurteilt, an die Kläger 9.718,29 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2003 aus 3.239,43 € und seit dem 13.09.2005 aus 9.718,29 € zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Rechtsstreits tragen die Kläger 64 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 36 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger 37 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 63 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über Nutzungsentgelt für das von den Beklagten auf der Grundlage eines Überlassungsvertrages vom 10.03.1969 noch heute genutzte Grundstück ... in S... (Flur 5, Flurstück 245; Blatt 6853 des Grundbuchs von S..., Amtsgericht F...). Auf dem 1.858 qm großen Grundstück, das sich seit 1952 in staatlicher Verwaltung befand, sind im Jahr 1974 auf Veranlassung des Beklagten zu 1) und seiner damaligen Ehefrau ein Einfamilienhaus und Nebengebäude errichtet worden. Die Kläger wurden am 03.09.1998 auf der Grundlage eines zu ihren Gunsten ergangenen Restitutionsbescheides vom 24.11.1993 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Sie haben am 03.06.2002 ein notarielles Vermittlungsverfahren beantragt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem am 01.03.2004 verkündeten Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

In dem angegriffenen Urteil hat das Landgericht Frankfurt (Oder) der Klage bis auf einen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch der Kläger auf Nutzungsentgelt für den Zeitraum vom 01.07.2002 bis zum 30.06.2003 ergebe sich aus Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8 EGBGB. Die Kläger seien Eigentümer des Grundstücks, das in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet liege. Der Bodenwert des Grundstücks betrage unstreitig 200 DM/qm, so dass sich nach den Regelungen des Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) unter Zugrundelegung eines Erbbauzinses von 4 % eine jährliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 9.031,46 € ergebe. Soweit die Beklagten die Eigentümerstellung der Kläger und den Bodenwert bestritten, sei ihr Vorbringen als verspätet zurückzuweisen.

Mit der Berufung rügen die in der ersten Instanz unterlegenen Beklagten die Verletzung rechtlichen Gehörs und die materielle Rechtsanwendung. Die Beklagten sind weiterhin der Auffassung, den Klägern stehe bereits dem Grunde nach kein Nutzungsentgelt zu, da sie nicht Eigentümer des Grundstücks ... seien. Im Hinblick auf das anhängige verwaltungsgerichtliche Wiederaufnahmeverfahren vor dem VG Frankfurt (Oder), Az.: 4 K 2399/98, sei es erforderlich, das Berufungsverfahren auszusetzen. Schließlich sind sie der Ansicht, das in dem Urteil zugesprochene Nutzungsentgelt sei der Höhe nach unzutreffend, da das Landgericht den Bodenwert fehlerhaft ermittelt habe und der in Ansatz gebrachte Zinssatz nicht auf das gesamte Grundstück angewendet werden dürfe.

Die Beklagten beantragen,

das am 01.03.2004 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) aufzuheben und die Klage abzuweisen;

hilfsweise: das Verfahren bis zur Beendigung des verwaltungsrechtlichen Wiederaufnahmeverfahrens vor dem VG Frankfurt (Oder), Az.: 4 K 2399/98, auszusetzen.

Die Kläger beantragen unter Einbeziehung einer weiteren Nutzungsentgeltforderung für den Zeitraum vom 01.07.2003 bis zum 30.06.2005 klageerweiternd,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger 9.718,29 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2003 aus 3.239,43 € und seit dem 12.09.2005 aus 9.718,29 € zu zahlen.

Die Beklagten beantragen insoweit,

die Klage abzuweisen. Im übrigen beantragen die Kläger,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil, halten die Anwendung des materiellen Rechts durch das Landgericht für fehlerfrei und wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Der Senat hat auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 09.02.2005 ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Bodenwertes eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen N... K... vom 30.06.2005 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

1.

Den Klägern steht für den bereits vor dem Landgericht streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2002 bis zum 30.06.2003 ein Anspruch auf Nutzungsentgelt in Höhe von 3.239,43 € zu. Der weitergehende Anspruch für diesen Zeitraum ist hingegen unbegründet.

a) Dem Grunde nach ergibt sich der Anspruch der Kläger aus Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8 EGBGB. Die Kläger sind als im Grundbuch eingetragene Eigentümer des Grundstücks ... dazu berechtigt, von den Beklagten ein Nutzungsentgelt in der Höhe des nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu zahlenden Erbbauzinses zu fordern.

aa) Zu Unrecht sind die Beklagten der Auffassung, die Kläger seien nicht Eigentümer des von ihnen bewohnten Grundstücks.

(1) Unstreitig sind die Kläger auf der Grundlage eines Ersuchens des Landrates des Landkreises O..., Amt zur Regelung offener Vermögensfragen, seit dem 03.09.1998 als Eigentümer des Grundstücks ... in das von dem Amtsgericht F... Grundbuch eingetragen.

(2) Die Beklagten haben die gemäß § 891 Abs. 1 BGB aufgrund der Eintragung des Rechts im Grundbruch bestehende Vermutung zugunsten des Eigentums der Kläger nicht widerlegt.

(a) Für die zivilrechtliche Eigentumslage ist es ohne Belang, dass die Beklagten den zugunsten der Kläger ergangenen Restitutionsbescheid derzeit noch mit Hilfe eines verwaltungsgerichtlichen Wiederaufnahmeverfahrens angreifen. Allein die Erhebung einer Wiederaufnahmeklage berührt die Bestandskraft des der Eintragung der Kläger zugrunde liegenden Bescheides nicht.

(b) Auch die am 06.05.2003 beschlossene Einziehung des den Klägern durch das Amtsgericht T... erteilten ergänzenden Erbscheins in der Nachlasssache M... K... vom 08.11.1993 berührt die Eigentumslage nicht.

Die Einziehung eines Erbscheins entfaltet keine negative Publizitätswirkung; vielmehr werden durch sie nur die positiven Vermutungs- und Publizitätswirkungen der §§ 2365, 2366 BGB beseitigt. Daher belegt die Einziehung des ergänzenden Erbscheins - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht das Fehlen eines Erbrechts der Kläger. Zudem beruht die Einziehung des ergänzenden Erbscheins ausweislich des Schreibens des Nachlassgerichts vom 16.12.2002 nicht auf Zweifeln an der grundsätzlichen Erbberechtigung der Kläger, sondern ausschließlich darauf, dass entgegen Art. 233 § 1 Abs. 1 EGBGB i. V. m. § 25 des Rechtsanwendungsgesetzes vom 05.12.1975 (GBl.-DDR I, S. 748) eine Nachlassspaltung nicht eingetreten ist, weil Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht zum Grundvermögen rechnen (vgl. hierzu Palandt-Edenhofer, BGB, 63. Auflage, § 2353 Rn. 7). Nach der Mitteilung des Amtsgerichts T... vom 16.12.2002 besteht zugunsten der Kläger in der Nachlasssache M... K... weiterhin ein (inhaltsgleicher) Erbschein vom 26.07.1990.

bb) Im übrigen hat das Landgericht den Anspruch der Kläger auf ein Nutzungsengelt gemäß Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8 EGBGB dem Grunde nach zutreffend bejaht. Nach dieser Regelung kann der Grundstückseigentümer von dem Grundstücksnutzer ein Entgelt verlangen, wenn er ein notarielles Vermittlungsverfahren nach den §§ 87 bis 102 SachenRBerG beantragt hat. Einen solchen Antrag haben die Kläger unter dem 03.06.2002 gestellt. Zur weiteren Begründung wird auf die Seiten 5 und 6 des angegriffenen Urteils verwiesen.

b) Der Höhe nach steht den Klägern im Ergebnis der Beweisaufnahme allerdings nur ein jährliches Nutzungsentgelt in Höhe von 3.239,43 € zu.

aa) Der auf der Grundlage des § 19 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG zu ermittelnde Bodenwert - ein Ausnahmefall nach § 20 SachenRBerG liegt ersichtlich nicht vor - ist nach den Feststellungen des fachlich überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen K..., dessen Ergebnis sich der Senat zu eigen macht, zu dem maßgeblichen Wertermittlungsstichtag Juli 1999 unter Berücksichtigung eines Abzugsbetrages nach § 19 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SachenRBerG von 15,00 DM/qm mit insgesamt 170,50 DM/qm zu bemessen.

(1) Der Senat ist im vorliegenden Fall dazu berechtigt gewesen, im Berufungsverfahren neue Tatsachenfeststellungen hinsichtlich des Bodenwertes zu treffen, da er gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht an die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts gebunden ist.

Das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich des von den Klägern mit 200,00 DM/qm behaupteten Bodenwertes ist infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) nicht beachtet worden. Zwar hat das Landgericht zutreffend erkannt, dass tatsächlich eine unentschuldigte Verspätung des Vorbringens der Beklagten im Sinne der §§ 296 Abs. 1, 276 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorlag. Allerdings hat dieses um rund acht Wochen verspätete Vorbringen nicht zu einer von den Beklagten zu verursachten Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits geführt, da die Kläger den von ihnen behaupteten Bodenwert zuvor nicht unter Beweis gestellt hatten. Bei dieser Sachlage hätte das Landgericht den Klägern, die eine Einlassung auf den späten Schriftsatz der Beklagten im Termin vor dem Landgericht ausdrücklich abgelehnt haben, ohnehin zunächst Gelegenheit zu einer Stellungnahme gemäß § 283 ZPO mit der Möglichkeit zu einem Beweisantritt für ihr klagebegründendes Vorbringen geben müssen (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 25. Auflage, § 296 Rn. 16 m. w. N.). Eine Entscheidung des Rechtsstreits zum Nachteil der Beklagten war ohne die vorherige Gewährung einer Frist zur Stellungnahme ohnehin verfahrensfehlerhaft.

Zudem sind - neben der ohnehin zweifelhaften Erheblichkeit einer Verzögerung des Verfahrens um acht Wochen - keine konkreten Umstände dafür ersichtlich, dass der Rechtsstreit bei einem früheren Bestreiten der Richtigkeit des angesetzten Bodenwertes durch das Landgericht schneller hätte entschieden werden können. Wegen des fehlenden Beweisantritts der Kläger wäre dem Landgericht die Einholung des im Rahmen der Beweiserhebung erforderlichen Sachverständigengutachtens vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung gemäß § 358a ZPO nicht möglich gewesen.

(2) Der Sachverständige hat - entsprechend den Vorgaben des Senats in dem Beweisbeschluss vom 09.02.2005 - seine Bewertung des Grundstücks zutreffend auf den Monat Juli 1999 bezogen. Für die Höhe des Nutzungsentgelts ist allein der Wert des Grundstücks zu diesem Zeitpunkt maßgeblich. Die Kläger haben am 16.07.1999 gemäß § 16 Abs. 1 SachenRBerG wirksam ihr Wahlrecht zugunsten eines Ankaufsangebots an die Beklagten ausgeübt, nachdem sie die Beklagten zuvor gemäß § 16 Abs. 2 und 3 SachenRBerG erfolglos unter Fristsetzung und Nachfristsetzung zur Ausübung ihres vorrangigen Wahlrechts aufgefordert hatten. Damit sind die Kläger an Wertveränderungen des Grundstücks nach dem Zeitpunkt Juli 1999 nicht mehr durch eine andere Festsetzung des Nutzungsentgelts zu beteiligen.

(3) Bei der Berechnung des Verkehrswertes des streitgegenständlichen Grundstückes im unbebauten Zustand ist der von den Klägern gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 Vermögensgesetz (VermG) hinterlegte Ablösebetrag für die auf dem Grundstück lastende Hypothek in Höhe 70.000,00 DM nicht zu berücksichtigen. Eine Rechtsgrundlage für die von den Klägern befürwortete Einbeziehung des Ablösebetrages in die Berechnung des Bodenwertes besteht nicht.

(a) Allein der Umstand, dass die von dem Beklagten zu 1) errichteten Gebäude - deren tatsächlicher Restwert von den Klägern nicht beziffert wird - wesentlicher Bestandteil des Grundstücks geworden sind, hat keine Auswirkung auf die Bemessung des Bodenwertes nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG. Eine Hinzurechnung des Wertes von aufstehenden Gebäuden zu dem Bodenwert soll nach der gesetzlichen Vorgabe gerade nicht erfolgen. Das Grundstück ist vielmehr gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG - fiktiv - in einem unbebauten Zustand zu bewerten.

(b) Eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Satz 1 SachenRBerG, der es ermöglichen könnte, den Gebäudewert dann zu berücksichtigen, wenn dem Nutzer auch ein Gebäude zur Nutzung überlassen worden ist, scheidet im vorliegenden Fall aus. Zwischen den Parteien ist es unstreitig, dass nicht die Kläger oder frühere Eigentümer des Grundstücks, sondern die Beklagten selbst die auf dem Grundstück befindlichen Gebäude errichtet haben.

Eine analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 Satz 1 SachenRBerG kommt schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in Betracht. Da es sich bei dem SachenRBerG um ein Gesetzeswerk handelt, das die widerstreitenden Eigentümer- und Nutzerinteressen in höchst differenzierter Weise auszugleichen sucht, fehlt es bereits an einem Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Regelungslücke. Selbst wenn eine solche Lücke gleichwohl unterstellt würde, könnte sie jedoch nicht dadurch geschlossen werden, dass als "Ersatz" für den dann zu verzinsenden Restwert des Gebäudes der ohne hinreichenden Bezug zu dem tatsächlichen Gebäudewert festgelegte Ablösebetrag für ein auf dem Grundstück lastendes Grundpfandrecht herangezogen wird.

(4) Der Sachverständige hat bei der Bemessung des Bodenwertes zu Recht einen Abzugsbetrag nach § 19 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SachenRBerG von 15,00 DM/qm in Ansatz gebracht.

(a) Dieser im Gesetz der Höhe nach festgelegte Abzug soll bei der Ermittlung des Wertes des unbebauten Grundstücks für den Regelfall zu Gunsten des Nutzers eine zwischenzeitlich erfolgte Werterhöhung des Grundstücks durch Erschließungsmaßnahmen ausgleichen, soweit nicht der Grundstückseigentümer nachweist, dass er - oder sein Rechtsvorgänger - die Kosten dieser Maßnahmen getragen hat.

(b) Die Kläger haben in diesem Rechtsstreit nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass sie oder ihre Mutter als frühere Eigentümerin die Erschließungskosten getragen hat. Eine Kostentragung durch ihre Mutter vor dem Beginn der staatlichen Verwaltung im Jahr 1952 haben die Kläger nicht konkret behauptet. Allein die von ihnen in dem Schriftsatz vom 07.09.2005 geäußerte Vermutung, das Grundstück sei bei der Übernahme durch den Beklagten zu 1) im Jahr 1969 sicherlich erschlossen gewesen, genügt nicht, da die Durchführung von Erschließungsmaßnahmen durch staatliche Stellen zwischen 1952 und 1969 den Klägern nicht zu Gute kommen würde.

bb) Der anzusetzende Zinssatz ergibt sich aus § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. a) SachenRBerG im Hinblick auf die Nutzung des Grundstücks für Wohnzwecke in Höhe von 2 % des Bodenwertes jährlich.

(1) Für die ersten 500 qm des Grundstücks sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. a) SachenRBerG jährlich 2 % anzusetzen.

(2) Für den über die gesetzliche Regelgröße von 500 qm hinausgehenden Teil der Grundstücksfläche ergibt sich unter Berücksichtigung des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. b) 1. Alt. SachenRBerG kein höherer Zinssatz als 2 % jährlich. Die Kläger haben nicht dargelegt, dass die über 500 qm hinausgehende Fläche ihres Grundstücks abtrennbar und baulich selbständig nutzbar ist. Allein die Mutmaßung in dem Schriftsatz vom 07.09.2005, die geringe Bebauung des großen Grundstücks spreche für die Möglichkeit einer baulich getrennten Verwertung eines Grundstücksteils, genügt für eine schlüssige Darlegung der getrennten Bebaubarkeit nicht. Zudem ergibt sich aus Seite 6 des Sachverständigengutachtens in diesem Zusammenhang, dass eine Bebaubarkeit einer abgetrennten Teilfläche nach den damaligen und aktuellen örtlichen Gegebenheiten nicht gegeben sein dürfte, da in dem räumlichen Zusammenhang des Grundstücks keine Bebauung in einer zweiten Baureihe erfolgt ist und ein abweichender Bebauungsplan offensichtlich nicht besteht und gemäß der zum maßgeblichen Zeitpunkt Juli 1999 bereits in Kraft befindlichen 3. BauGBDV vom 07.05.1998 Teilungsgenehmigungen unzulässig waren; das heißt eine Bebauung in zweiter Reihe auch materiell-rechtlich ausgeschlossen war.

(3) Auch für den über 1.000 qm hinausgehenden Teil der Grundstücksfläche ergibt sich unter Berücksichtigung des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. b) 2. Alt. SachenRBerG kein höherer Zinssatz als 2 % jährlich. Es ist aus dem Vorbringen der Parteien nicht ersichtlich, dass eine Teilfläche des Grundstücks in einer Größe von 858 qm abtrennbar und angemessen wirtschaftlich nutzbar sein könnte.

(4) Eine Ermäßigung des Zinssatzes in dem streitgegenständlichen Zeitraum auf drei Viertel gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SachenRBerG ist nicht vorzunehmen, da § 51 SachenRBerG auf Ansprüche aus Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8 EGBGB keine Anwendung findet (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2001, VIZ 2002, 237).

cc) Damit ergibt sich für das jährliche Nutzungsentgelt folgende Berechnung:

Bodenwert: 1.858 qm mal 170,50 DM = 316.789,00 DM 2 % hiervon: 6.335,78 DM dies sind in Euro: 3.239,43 €.

dd) Die weitergehende Klage (5.792,03 €) ist unter Abänderung des angegriffenen Urteils abzuweisen.

2.

Hinsichtlich des im Berufungsverfahren klageerweiternd geltend gemachten weiteren Zeitraums vom 01.07.2003 bis zum 30.06.2005 steht den Klägern ein zusätzlicher Anspruch auf Nutzungsentgelt in Höhe von 6.478,86 € (2 mal 3.239,43 €) zu.

Die im Termin erklärte Erweiterung der Klage auf zwei weitere Jahre ist als Klageänderung gemäß § 533 ZPO zulässig. Die Einwilligung der Beklagten in die Klageänderung (§ 533 Nr. 1 ZPO) ist auf der Grundlage der §§ 525 Satz 1, 267 ZPO zu vermuten, da sie sich in der mündlichen Verhandlung durch den gestellten Klageabweisungsantrag auf die abgeänderte Klage eingelassen haben (vgl. Zöller-Gummer/Heßler, ZPO, § 533 Rn. 5). Zudem genügen für die Entscheidung über die Klageerweiterung die ohnehin der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen, so dass auch die zusätzliche Zulässigkeitsvoraussetzung des § 533 Nr. 2 ZPO erfüllt ist.

Im Übrigen wird zur Begründung des Anspruchs auf die obigen Ausführungen verwiesen.

3.

Die Zinsentscheidung ergibt sich für den bereits vor dem Landgericht anhängigen Teil der Klageforderung aus §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB. Im übrigen beruht sie angesichts der erstmaligen Geltendmachung des weitergehenden Anspruchs in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.09.2005 auf §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB, wobei entsprechend § 187 Abs. 1 BGB die Pflicht zur Zahlung von Zinsen erst mit dem 13.09.2005 beginnt (vgl. hierzu Palandt-Heinrichs, BGB, § 187 Rn. 1 m. w. N.).

4.

Ein Anlass zur Aussetzung des Berufungsverfahrens im Hinblick auf das von den Beklagten geführte verwaltungsgerichtliche Wiederaufnahmeverfahren vor dem VG Frankfurt (Oder), Az: 4 K 2399/98, besteht nicht. Eine Vorgreiflichkeit der dortigen Entscheidung im Sinne des § 148 ZPO ist nicht gegeben, da selbst bei einem Erfolg der Beklagten in dem Wiederaufnahmeverfahren keine unmittelbare Änderung der Eigentumsverhältnisse an dem streitgegenständlichen Grundstück eintreten würde.

5.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird bis zum 11.09.2005 auf 9.031,46 € und ab dem 12.09.2005 auf 15.510,32 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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