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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.06.2006
Aktenzeichen: 4 U 80/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 358 a
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht

Im Namen des Volkes

Urteil

4 U 80/05

verkündet am 21. Juni 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 31.05.2006 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ... die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 08.03.2005 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Krankentagegeld für den Zeitraum vom 01.12.2001 bis zum 15.07.2002 in Anspruch.

Der Kläger war - ausgelöst durch einen Unfall vom 06.03.2001, bei dem ihm sein Fernrohr auf den Kopf fiel, so dass das Teleskop auf die hintere Hälfte des Kopfes aufschlug - im Zeitraum vom 07.03.2001 bis zum 30.11.2001 arbeitsunfähig. Streitig ist zwischen den Parteien allein, ob die Arbeitsunfähigkeit des Klägers auch vom 01.12.2001 bis zum 15.07.2002 noch fortdauerte.

Die Beklagte forderte den Kläger im Verlaufe der Arbeitsunfähigkeit gestützt auf § 9 Ziff. 3 der in den Versicherungsvertrag der Parteien einbezogenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) auf, sich durch Herrn Dr. T... M..., einen Facharzt für Chirurgie, untersuchen zu lassen. Auf der Grundlage einer Untersuchung am 23.11.2001 erstattete dieser unter dem 26.11.2001 ein Gutachten mit dem Ergebnis, dass der Kläger ab dem 01.12.2001 wieder arbeitsfähig sei.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit Schreiben vom 29.11.2001 die Erbringung von Versicherungsleistungen über den 30.11.2001 hinaus ab.

Da der Kläger durch die ihn behandelnden Ärzte (Dr. W... und Dr. E...) weiterhin arbeitsunfähig geschrieben wurde, ließ die Beklagte den Kläger in der Folgezeit durch Herrn Dr. J... B..., einen Arzt für Neurologie und Psychiatrie, untersuchen. Dieser erstattete unter dem 07.02.2002 einen Bericht, mit dem er dem Ergebnis der Begutachtung durch Herrn Dr. M... zustimmte. Dieser hielt seine Feststellung, dass der Kläger ab dem 01.12.2001 wieder arbeitsfähig gewesen sei, in einer weiteren Stellungnahme vom 25.02.2002 aufrecht.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. F..., das dieser im Termin am 15.02.2005 auch mündlich erläutert hat.

Es hat die Beklagte sodann mit Urteil vom 08.03.l2005 zu einer Zahlung von 8.590,94 € verurteilt. In einer Höhe von 691,09 € hat es die Klage im Hinblick auf eine durch die Beklagte erklärte Aufrechnung abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Kläger (auch) im Zeitraum vom 01.12.2001 bis zum 15.07.2002 arbeitsunfähig gewesen sei. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. F..., wonach den vom Kläger beklagten Kopfschmerzen unabhängig von einem Zusammenhang mit dem Unfall eine eigene Krankheitsensität beizumessen sei. Danach sei beim Kläger infolge eines chronischen posttraumatischen Kopfschmerzes vom Spannungstyp für den streitgegenständlichen Zeitraum Arbeitsunfähigkeit festzustellen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie eine unrichtige Anwendung des materiellen Rechts einhergehend mit einer unrichtigen Tatsachenfeststellung durch das Landgericht rügt. Sie macht geltend, der Kläger hätte den Beweis führen müssen, dass in dem streitgegenständlichen objektiv eine vollständige Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Dies sei ihm - bei zutreffender Würdigung - mit dem Gutachten des Sachverständigen Dr. F... nicht gelungen. Insbesondere hätte aufgrund der Aussage des Sachverständigen, es sei nur schwer zu beurteilen, ob das Ausmaß der Symptome eine Arbeitsunfähigkeit rechtfertige, allenfalls ein non liquet angenommen werden können. Dass der Sachverständige an anderen Stellen eine Arbeitsunfähigkeit bejaht habe, sei objektiv nicht begründbar und auch nicht begründet.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Landgerichts und vertritt insbesondere die Auffassung, der Gutachter habe sich mit allen von der Beklagten aufgeworfenen Fragen, insbesondere auch der Frage der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit für einen zurückliegenden Zeitraum und der Problematik der Messbarkeit von Kopfschmerzen, hinreichend auseinandergesetzt.

Der Senat hat gemäß § 358 a ZPO ein weiteres Gutachten des Sachverständigen Dr. K... eingeholt, das dieser in der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2006 erläutert hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 19.01.2006 (Bl. 267 ff. d.A.) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2006 (Bl. 315 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig; sie hat auch in der Sache Erfolg.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Krankentagegeld, der sich allein aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag vom 16.02.2001 i. V. m. den in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) sowie den Tarifbestimmungen zum Tarif TN 4 ergeben könnte, nicht zu.

Gemäß § 1 Ziff. 1 der AVB besteht Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Gemäß § 1 Ziff. 2 der AVB ist Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehen. Arbeitsunfähigkeit liegt gemäß § 1 Ziff. 3 AVB vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

1. Daraus folgt, dass es im vorliegenden Fall allein und entscheidend darauf ankommt, ob der Kläger im Zeitraum vom 01.12.2002 bis zum 15.07.2002 vollständig arbeitsunfähig war.

Auch wenn der Kläger nach dem 30.11.2001 noch behandlungsbedürftig gewesen sein mag, besteht eine Leistungspflicht der Beklagten nur dann, wenn auch die Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit noch nach dem 30.11.2001 vorlagen. Die Behandlungsbedürftigkeit allein lässt zwar den Versicherungsfall bereits eintreten und erst nach ihrem Entfallen wieder enden, vermag aber nicht schon die Leistungspflicht des Versicherers auszulösen oder das Bestehenbleiben der Leistungspflicht über die Dauer bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit hinaus zu bewirken. Der Leistungszeitraum umfasst nur die Dauer bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit (BGH VersR 1993, 297, 298).

Bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 1 Ziff. 3 AVB besteht nur solange, wie der Kläger seinen Beruf als Facharbeiter für Feinoptik (vorübergehend) in keiner Weise ausüben konnte. Das heißt, von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger seinen Beruf, gemessen an der bislang tatsächlich ausgeübten Tätigkeit, auch nur teilweise wieder hätte ausüben können, entfällt die Leistungspflicht der Beklagten in vollem Umfang (vgl. dazu nur BGH VersR 1993, 297, 298/299). Wäre eine Wiedereingliederung des Klägers etwa nach dem Hamburger Modell in Betracht gekommen, ließe schon dies - anderes als dieser meint - den Anspruch gegen die Beklagte vollständig entfallen. Eine Grenze besteht lediglich gemäß § 242 BGB in Fällen, in denen der Versicherte lediglich in ganz geringfügigem Umfang wieder arbeitsfähig war (BGH VersR 1993, 297, 299; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. MBKT 94 § 1 Rn. 7); für einen solchen Sonderfall bestehen hier aber keine Anhaltspunkte.

Nicht entscheidend ist, ob eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers - könnte sie als solche auch für die Zeit vom 01.12.2001 bis zum 15.07.2002 festgestellt werden - tatsächlich auf den Unfall vom 06.03.2001 zurückzuführen ist oder ob die von ihm beklagten Kopfschmerzen als Krankheit im Sinne des § 1 AVB erst während der Behandlung der Unfallfolgen etwa aufgrund der Immobilisierung durch das Tragen einer Halskrause über einen Zeitraum von drei Monaten verursacht worden sind. Ein solcher Kausalverlauf könnte zwar möglicherweise gemäß § 1 Ziff. 2 S. 3 AVB keinen neuen Versicherungsfall begründen, hätte aber gleichwohl zur Folge, dass die Leistungspflicht der Beklagten solange bestünde, wie aufgrund der Kopfschmerzen (vollständige) Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hätte (vgl. zu § 1 Abs. 2 S. 3 nur: Prölss, a.a.O., Rn. 3).

2. Es lässt sich jedoch heute nicht mehr feststellen, ob der Kläger in dem streitigen Zeitraum vom 01.12.2001 bis zum 15.07.2002 tatsächlich noch vollständige arbeitsunfähig war. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. K....

Dieser hat zwar auf der Grundlage der ihm vorliegenden Unterlagen die Diagnose eines chronischen Kopfschmerzes vom Spannungstyp, auf deren Grundlage der Sachverständige Dr. F... eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers auch für den Zeitraum nach dem 30.11.1001 bejaht hatte, bestätigt. Er hat jedoch überzeugend begründet, dass allein diese Diagnose nicht ausreichend sei, um eine langzeitige Arbeitsunfähigkeit zu begründen. Für diese Feststellung wäre es - so der Sachverständige Dr. K... - vielmehr erforderlich gewesen, anamnestisch oder durch Vorbehandler ein Leistungsbild zu dokumentieren mit genauer Anamnese der häuslichen partnerschaftlichen und sozialen Aktivität, um daraus in Verbindung mit schmerzpsychologischen Testungen die Leistungseinschränkungen des Klägers aufgrund der Kopfschmerzen ableiten zu können. Hinreichende Indizien, die schwerwiegend genug seien, um auf eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers über den 30.11.2001 hinaus zu schließen, fänden sich weder in den Befundberichten der behandelnden Ärzte, noch in den zeitnahen Gutachten der Drs. B... und M...; letztere seien monodimensional aus chirurgischer bzw. neurologischer Sicht erstellt und deshalb nicht geeignet, das Kopfschmerzsyndrom des Klägers ausreichend zu würdigen. Auch das spätere mehrdimensionale Gutachten des erstinstanzlich tätigen Sachverständigen Dr. F... finde keine Indizien, die schwerwiegend genug seien, einen Chronifizierungsprozess im Sinne einer die Arbeitsunfähigkeit begründenden Schmerzkrankheit anzunehmen. Die danach fehlenden anamnestischen bzw. im Vergleich mit der Tagesstruktur des Klägers allein aussagekräftigen Angaben, könnten - dies hat der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2006 nachvollziehbar und überzeugend erläutert - mit einem belastbaren Ergebnis nachträglich nicht mehr festgestellt werden, da sich die Kriterien, die die Deutsche Gesellschaft für Neurologie für eine Schmerzbegutachtung aufgestellt habe, auf eine Begutachtungssituation bezögen, in der der Patient noch unter den Schmerzen leide. Insbesondere könnten wegen der fehlenden Möglichkeit eines Vergleichs mit validen Angaben etwa zu den Alltagsaktivitäten des Klägers im streitigen Zeitraum auch aus dem vom Kläger geschilderten Ablauf seiner Arbeitsprobe am 24.11.2001 oder aus seinen Angaben zu der Art seiner beruflichen Tätigkeit keine Schlüsse mehr auf die Arbeitsunfähigkeit über den 30.11.2001 hinaus gezogen werden.

3. Der Umstand, dass danach heute keine Möglichkeit mehr besteht, eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers aufgrund der von ihm beklagten Kopfschmerzen für den Zeitraum vom 01.12.2001 bis zum 15.07.2002 festzustellen, wirkt sich prozessual zu Lasten des Klägers aus.

Das Vorliegen bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Eintritt der Leistungspflicht der Versicherung ist vom Versicherungsnehmer zu beweisen (BGH VersR 2000, 841).

Daran ändert sich auch nichts aufgrund der vom Sachverständigen Dr. K... überzeugend getroffenen Feststellung, dass die Gutachten der Drs. M... und B..., die die Beklagte im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Rechte aus § 9 Ziff. 3 der AVB in Auftrag gegeben hat, eindimensional auf die jeweilige fachspezifischen Blickwinkel der Gutachter bezogen und deshalb nicht geeignet waren, eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers aufgrund einer spezifischen Schmerzerkrankung festzustellen. Eine Beweislastumkehr zu Lasten der beklagten Versicherung kann aus diesem Umstand nicht hergeleitet werden.

Das - hier in § 9 Ziff. 3 der AVB der Beklagten normierte - Recht einer Versicherung, vom Versicherungsnehmer im Rahmen einer Krankentagegeldversicherung verlangen zu können, dass dieser sich durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen lassen muss, trägt dem Umstand Rechnung, dass - dem Zweck einer Krankentagegeldversicherung entsprechend - die Leistungspflicht des Versicherers bereits eintritt, wenn der Versicherungsnehmer nur eine ärztliche Bescheinigung über Eintritt und Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorlegt (§ 4 Ziff. 7 der AVB der Beklagten). Die Versicherung kann der Richtigkeit dieses Nachweises nur entgegentreten, wenn sie den Versicherungsnehmer gemäß § 9 Ziff. 3 AVB auffordert, sich durch einen von der Versicherung beauftragten Arzt untersuchen zu lassen (vgl. dazu nur: BGH VersR 1977, 833 ff.). Das - mit der Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung sanktionierte - Recht der Versicherung dient deshalb in erster Linie ihrem Schutz vor einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen. Deshalb steht auch ihr und nicht dem Versicherten das Recht zu, den Arzt zu bestimmen, der die Untersuchung im Rahmen des § 9 Ziff. 3 AVB durchzuführen hat (vgl. dazu nur: LG München, VersR 1983, 723; OLG Koblenz ZfS 2000, 353). Das Gutachten des beauftragten Arztes ist jedoch - es sei denn die konkreten AVB sehen ausdrücklich etwas anderes vor, was hier nicht der Fall ist - weder für den Versicherer noch für den Versicherungsnehmer verbindlich (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., MBKT 94 § 9 Rn. 5; OLG Koblenz a.a.O.).

Berücksichtigt man diesen rechtlichen Hintergrund der Aufforderung der Beklagten an den Kläger, sich durch Herrn Dr. M... und Herrn Dr. B... untersuchen zu lassen, lässt sich aus der Ungeeignetheit der Untersuchungen dieser Ärzte zur Klärung einer auf einer Schmerzerkrankung des Klägers beruhenden Arbeitsunfähigkeit eine Beweislastumkehr zu Lasten der Beklagten nicht herleiten.

Eine solche Annahme würde mindestens voraussetzen, dass eine Versicherung im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Rechte, wie sie hier in § 9 Ziff. 3 AVB der Beklagten normiert sind, gleichzeitig gegenüber dem Versicherten eine (Neben-)pflicht trifft, einen auf die spezifische Erkrankung des Versicherten spezialisierten Arzt auszuwählen, und dass die Beklagte diese Verpflichtung im vorliegenden Fall vorwerfbar verletzt hat. Dies kann jedoch nicht festgestellt werden.

Es ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt eine Nebenpflicht der Versicherung im vorgenannten Sinne angenommen werden kann. Dagegen spricht, dass es - wie dargestellt - dem Versicherten unbenommen bleibt, die Begutachtung durch den von der Versicherung beauftragten Arzt durch Einholung eines eigenen Gutachtens eines aus seiner Sicht besser geeigneten Arztes zu widerlegen. Jedenfalls könnten - auch wenn man berücksichtigt, dass die Mitarbeiter einer Versicherung mehr Erfahrungen mit Krankheitsbildern haben mögen als ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer - an die Auswahl des Arztes durch eine Versicherung im Rahmen des Massengeschäftes der Abwicklung von Krankentagegeldansprüchen allenfalls Sorgfaltsanforderungen etwa dergestalt gestellt werden, dass sie nicht einen erkennbar für die aus den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ersichtliche Erkrankung des Versicherungsnehmers ungeeigneten Arzt auswählt.

Selbst wenn man danach eine Nebenpflicht der Beklagten in dem letztgenannten Sinne annehmen wollte, hätte sie diese jedoch im vorliegenden Fall durch die Beauftragung der Drs. M... und B... nicht verletzt.

Die Beauftragung des Herrn Dr. M... als Facharzt für Chirurgie war keineswegs erkennbar ungeeignet. Diese beruhte vielmehr offenbar auf der durchaus sachgerechten Erwägung, dass Auslöser der Arbeitsunfähigkeit des Klägers der Unfall vom 06.03.2001 und damit eine mechanische Einwirkung auf den Kopf des Klägers gewesen war. Darüber hinaus hat die Beklagte es mit dem Gutachten des Dr. M... nicht bewenden lassen, sondern - nach dem Schreibens des Herrn Dr. M... vom 25.02.2002 auf dessen Rat hin - zusätzlich Herrn Dr. B... als Arzt für Neurologie und Psychiatrie hinzugezogen und damit durchaus einen Arzt einer Fachrichtung, der die vom Kläger weiterhin beklagten und von den ihn behandelnden Ärzten mit weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen belegten Schmerzen aus einem anderen Blickwinkel beurteilen sollte. Dass auch dieser die Arbeitsunfähigkeit des Klägers verneinte und dabei nicht der - von den Sachverständigen Dr. F... und Dr. K... insoweit übereinstimmend als erforderlich erachteten - Frage nachging, ob den Schmerzen als solchen eine die Arbeitsunfähigkeit begründende Krankheitsensität beigemessen werden konnte, kann nicht der Beklagten angelastet werden. Insbesondere ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Beklagte von sich aus hätte erkennen können und erst recht müssen, dass - wie der Sachverständige Dr. K... erläutert hat - die Feststellung einer Schmerzerkrankung nach den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie einer Begutachtung sowohl durch einen Facharzt für Schmerztherapie als auch durch einen Facharzt für Psychologie bedarf. Diese Möglichkeit einer weiteren Klärung ist die Beklagte weder durch den von ihr beauftragten Neurologen Dr. B... hingewiesen worden, noch haben die den Kläger behandelnden Ärzte diese Möglichkeit erkannt.

Auch wenn es möglicherweise allein dem Zeitablauf geschuldet ist, dass sich die Arbeitsunfähigkeit des Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum heute nicht mehr nachweisen lässt, verbleibt es deshalb dabei, dass sich dies zu Lasten des Klägers als Versicherungsnehmer auswirkt, auch wenn der Kläger hier die Unmöglichkeit einer nachträglichen Feststellung nicht durch eigenes Verhalten verursacht hat. Die vorliegende Konstellation ist daher anders zu beurteilen als die der durch Zeitablauf bedingten Unmöglichkeit des Nachweises der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen eines Kausalitätsgegenbeweises gegenüber einer Obliegenheitsverletzung (vgl. dazu nur etwa OLG Karlsruhe r+s 1995, 430).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Für die vom Kläger ausdrücklich beantragte Zulassung der Revision sieht der Senat keinen Anlass. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch gebieten die Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO). Etwas anderes gilt auch nicht im Hinblick auf besondere Problematik der Beweislastverteilung, da - wie ausgeführt - die grundsätzlichen Erwägungen des Klägers zu einer Beweislastumkehr im vorliegenden Fall jedenfalls aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls keine entscheidungserhebliche Bedeutung erlangen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.590,94 € festgesetzt.



Ende der Entscheidung

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