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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.01.2003
Aktenzeichen: 4 U 82/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 288 Abs. 2 a.F.
BGB § 291
BGB § 631
BGB § 640 Abs. 1 Satz 3 n.F.
BGB § 641
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 139
ZPO § 531 Abs. 2 n.F.
ZPO § 531 Abs. 2 n.F.
ZPO § 531 Abs. 2 Ziffer 1
ZPO § 531 Abs. 2 Ziffer 2
ZPO § 531 Abs. 2 Ziffer 3 n.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 82/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 8.1.2003

verkündet am 8.1.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4.12.2002 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 2.4.2002, Az. 10 O 344/01, wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Werklohn aus einem Vertrag über die Vornahme von Straßenpflasterarbeitenin A....

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie der die angefochtene Entscheidung tragenden Erwägungen wird auf die Leseabschrift des angefochtenen Urteils (Bl. 79 bis 85 GA) Bezug genommen.

Mit der rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihr Begehren im ersten Rechtszug - die Klageabweisung - weiter. Hierzu vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Darüber hinaus stellt sie mit der Berufung die Erteilung des Nachtragauftrages vom 9.10.2000 über das Setzen von Borden unstreitig. Dagegen bestreitet sie nun die mit der Schlussrechnung des Klägers abgerechneten Stundenlohnarbeiten sowie die ihr ebenfalls berechneten Kosten wegen Einsatzes eines Rüttlers. Hierzu behauptet sie, bereits aus der dem Kläger übersandten geprüften Schlussrechnung ergebe sich, dass diese insoweit nicht anerkannt worden sei. Eine Kopie ihrer Schlussrechnungsprüfung legt die Beklagte ebenfalls erstmals im Berufungsverfahren vor. Darüber hinaus konkretisiert sie ihr erstinstanzliches Vorbringen zu den ihrerseits behaupteten Werkmängeln. Die Klägerin habe ca. 60 m² Mosaikpflaster sowie ca. 40 m² Großpflaster verlegt, ohne die hierfür zulässigen Höhentoleranzen einzuhalten.

Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Berufung. Er verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten - auf die die für die Berufung einschlägigen Vorschriften der ZPO in der ab 1.1.2002 geltenden Fassung Anwendung finden, weil die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil ergangen ist, nach dem 31.12.2001 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO) - ist zulässig.

In der Sache selbst hat die Berufung keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig und in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang begründet.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß § 631 BGB ein Anspruch auf Werklohn in der geltend gemachten und vom Landgericht zugesprochenen Höhe zu.

a) Die Werklohnforderung des Klägers ist fällig. Die hierfür gemäß § 641 BGB grundsätzlich erforderliche Abnahme ist vorliegend entbehrlich, weil die Leistung des Klägers abnahmefähig war. Die Abnahmefähigkeit ist selbst dann gegeben, wenn sie - wie im Streitfall -erst durch die vom Besteller veranlasste Ersatzvornahme herbei geführt wird (Palandt/Sprau, BGß-Kommentar, 61. Aufl., § 640 Rn. 6). Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten sollen die behaupteten Mängel jedenfalls durch die Nachbesserungsarbeiten der Firma E... GmbH behoben worden sein. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist mithin von der Abnahmefähigkeit auszugehen.

Weitere Voraussetzung der Fälligkeit ohne Abnahme ist zwar gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB n.F. grundsätzlich eine Fristsetzung zur Durchführung der Abnahme. Im Streitfall war das Setzen einer Frist indes deshalb entbehrlich, weil nach übereinstimmendem Parteivortrag die Abnahme der Werkleistung durch die Beklagte sowohl am 5. als auch am 12.12.2000 ausdrücklich verweigert worden ist. Im Fall der ausdrücklichen Abnahmeverweigerung nämlich ist eine zusätzliche Fristsetzung gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB n.F. als überflüssige Förmlichkeit entbehrlich (Palandt/Sprau, a.a.O., § 641 Rn. 4).

b) Die Höhe der noch offenen Werklohnforderung bemisst sich auf den mit der angefochtenen Entscheidung ausgeurteilten Betrag von 11.229,39 €.

aa) Dem Kläger steht insbesondere der mit Schlussrechnung vom 12.12.2000 geltend gemachte Werklohn für das Setzen zusätzlicher Borde zu. Der diesem zugrundeliegende Nachtragsauftrag vom 9.10.2000 wird von der Beklagten im Berufungsverfahren nicht mehr bestritten.

bb) Soweit die Beklagte die ihr ebenfalls in Rechnung gestellten Stundenlohnarbeiten sowie die Kosten wegen Vermietung eines Rüttlers erstmals im zweiten Rechtszug bestreitet, ist sie gemäß § 531 Abs. 2 ZPO n.F. mit diesem neuen Vorbringen in der Berufung ausgeschlossen.

Auch das Bestreiten stellt ein Verteidigungsmittel im Sinne dieser Vorschrift dar (Zöller/Gummer, ZPO-Kommentar, 23. Aufl., § 531 Rn. 15). Im ersten Rechtszug hatte die Beklagte die Richtigkeit der Schlussrechnung hinsichtlich der darin berücksichtigten Stundenlohnarbeiten und Vermietungskosten nicht bestritten. Zwar ergibt sich - wie die Beklagte mit der Berufung ausführt - bereits aus ihrer Schlussrechnungsprüfung, dass sie diese Rechnungspositionen nicht anerkennen wollte. Dies ändert indes nichts daran, dass die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren diesbezüglich jeglichen Vortrag unterließ. Erst in der Berufungsinstanz hat sie eine Kopie der von ihr geprüften Schlussrechnung zu den Akten gereicht. Dem Landgericht dagegen lag eine solche nicht vor. Zu Recht ist dieses deshalb gemäß § 138 Abs. 3 ZPO insoweit von unstreitigem Sachvortrag ausgegangen.

Ein Ausnahmetatbestand im Sinne des § 531 Abs. 2 Ziffer 1 bis 3 ZPO n.F., der die Beklagte berechtigte, im ersten Rechtszug unterbliebenen Vortrag nunmehr nachzuholen, liegt nicht vor. In Betracht käme allein das Unterlassen erstinstanzlichen Vorbringens infolge eines Verfahrensmangels (§§ 531 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO n.F.). Indes hat das Landgericht den Rechtsstreit verfahrensfehlerfrei durchgeführt. Insbesondere hat es nicht gegen die ihm gemäß § 139 ZPO obliegende Hinweispflicht verstoßen.

Im Falle des Bestreitens ist ein solcher gerichtlicher Hinweis nur geboten, wenn dieses unklar oder aber nicht genügend substantiiert ist (Thomas/Putzo, ZPO-Kommentar, 24. Aufl., § 139 Rn. 19). Im Streitfall handelt es sich indes nicht um unklares oder nicht hinreichend substantiiertes Bestreiten, sondern um das gänzliche Unterlassen des Bestreitens. Dem Landgericht oblag es deshalb nicht, bei der Beklagten ausdrücklich nachzufragen, ob diese über ihren bisherigen Vortrag hinaus weitere Rechnungspositionen bestreiten wolle. Im Streitfall gilt dies insbesondere auch deshalb, weil die Beklagte durch das anfängliche Bestreiten des ebenfalls mit der Schlussrechnung in Rechnung gestellten Einbaus weiterer Borde deutlich gemacht hat, dass ihrerseits eine Auseinandersetzung mit den einzelnen Rechnungspositionen stattgefunden hatte.

2. Eine Verrechnung des Werklohnanspruches mit Ersatzvornahmekosten der Beklagten scheidet aus. Zu Recht hat das Landgericht in seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass ein Anspruch auf Ausgleich von Ersatzvornahmekosten die konkrete Bezeichnung der Mängel durch die Beklagte gegenüber dem Kläger voraussetzte (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 633 Nr. 8, 5 b). Beide erstinstanzlich von der Beklagten vorgetragenen Mängelanzeigen vom 19. und 26.2.2001 geben indes keinerlei Aufschluss über Art und Umfang der geltend gemachten Mängel. In diesen nahezu wortgleichen Schreiben ist jeweils nur davon die Rede, dass sich die Pflasterflächen nicht in einem abnahmefähigen Zustand befänden und dieser nunmehr herzustellen sei.

Soweit die Beklagte erstmals mit der Berufungsbegründung vorträgt, die Mängel seien gegenüber dem Kläger in den Baubegehungsprotokollen vom 5. und 12.12.2000 in Einzelnen dargestellt worden, ist sie auch hiermit gemäß § 531 Abs. 2 ZPO n.F. ausgeschlossen. Das Unterbleiben dieses Vortrages in der ersten Instanz beruht nicht auf einen Verfahrensfehler des Landgerichts (§ 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.). Dieses hat nämlich ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 12.3.2002 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es am Vortrag einer konkreten Aufforderung zur Mängelbeseitigung durch die Beklagte fehle. Darüber hinaus hat diese die Baubehebungsprotokolle vom 5. oder 12.12.2000 selbst im zweiten Rechtszug nicht vorgelegt.

3. Der mit der angefochtenen Entscheidung zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich nach Rechtshängigkeit aus §§ 291, 288 Abs. 2 BGB a.F. Der Kläger nimmt unstreitig Bankkredite in die Klageforderung übersteigender Höhe in Anspruch, für die er in einen Jahreszinssatz von 10,5 % aufwenden muß.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F.), sind nicht erkennbar.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 11.229,39 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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