Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: 4 U 82/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 147 Abs. 2
BGB § 158
BGB § 162
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 288
BGB § 323 Abs. 6
BGB § 566 Abs. 1
BGB § 579 Abs. 2
BGB § 766 Satz 1
BGB § 767 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 82/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 13.12.2006

verkündet am 13.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15.11.2006 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Chwolik-Lanfermann, den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 11.05.2006 unter vollständiger Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages Sicherheit leisten.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einer Bürgschaftsverpflichtung vom 19.11.2003 in Anspruch. Die Beklagten und Frau M... S... waren Gesellschafter der ... S... GmbH (im Folgenden: Hauptschuldnerin), die wiederum von der Klägerin Gewerberäume gemietet hatte.

Wegen der Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 11.05.2006 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hat die Beklagten in großem Umfang antragsgemäß verurteilt. In Höhe von 38.264,30 € wurde die Klage hinsichtlich der Hauptforderung mangels Fälligkeit abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagten aus der Bürgschaftsvereinbarung zur Zahlung verpflichtet seien. Die zu sichernde Forderung sei hinreichend bestimmt, da die zu sichernde Forderung sich nicht aus dem Nachtrag zum Mietvertrag, sondern aus dem Mietvertrag zwischen Hauptschuldnerin und Klägerin ergäbe. Durch die Nachtragsvereinbarung sei keine neue Verpflichtung begründet worden, es habe vielmehr die Erfüllung der Mietzahlungspflicht modifiziert werden sollen. Es sei daher unerheblich, ob die Nachtragsvereinbarung über den Mietaufschub wirksam zustande gekommen sei.

Durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses über den 19.11.2003 hinaus habe die Klägerin einen Mietaufschub faktisch gewährt.

Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 01.10.1999 (Az. V ZR 168/98) führt das Landgericht ferner aus, dass eine vertragliche Bestimmung nach dem Willen der Parteien einen rechtserheblichen Inhalt haben solle. Da die Bürgschaft zweifelsfrei eine Zahlungspflicht für die Beklagten begründen sollte, seien daher Zweifel bezüglich der Hauptschuld durch Auslegung zu beseitigen.

Die geltend gemachte Forderung sei jedoch nicht in voller Höhe fällig, da sich die Beklagten in der Bürgschaftserklärung erkennbar nur für die neben der laufenden Miete auf den Stundungsbetrag zu leistenden Raten verpflichten wollten. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung seien nur 15 Raten zu je 12.782,38 € fällig gewesen.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter verfolgen.

Die Anschlussberufung der Klägerin hat wiederum zum Ziel, hinsichtlich des mangels Fälligkeit abgewiesenen Teils der Klageforderung nunmehr eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung zu erwirken.

Der Beklagte zu 1. macht geltend, das Landgericht habe in den Tatsachenfeststellungen nicht berücksichtigt, dass der Zugang des von der Klägerin am 12.01.2004 unterzeichneten Nachtrags erst am 21.01.2001 erfolgt sei. Das Gericht habe sich nicht dazu positioniert, ob es die Annahme als verspätet ansehe. Daran könne jedoch kein Zweifel bestehen, nachdem der Antrag der Hauptschuldnerin erst fünf Wochen nach dessen Zugang von der Klägerin unterzeichnet worden sei und weitere neun Tage vergingen, bis die Annahmeerklärung der Hauptschuldnerin zugegangen sei.

In dem angefochtenen Urteil sei auch nicht berücksichtigt worden, dass die Hauptschuldnerin und die Klägerin vereinbart hatten, dass die Klägerin die noch nicht fällige Kaution, die bei der D... ...bank AG hinterlegt war, einziehen und mit Mietrückständen verrechnen sollte, und dafür im Gegenzug die Klägerin ihre gegen die Hauptschuldnerin bei dem Landgericht A... eingereichte Klage zurücknehmen sollte. Dies ist nach Auffassung des Beklagten zu 1. erheblich, denn die Klägerin habe sich dadurch, dass sie die Kaution unstreitig in Anspruch genommen habe, ohne die Klage zurück zu nehmen, widersprüchlich gegenüber dem Angebot der Hauptschuldnerin vom 19.11.2003 verhalten. Der Beklagte zu 1. rügt ferner, dass das Landgericht nicht beachtet habe, dass die Klägerin durch das Erwirken des Versäumnisurteils gegen die Hauptschuldnerin den Willen, das Angebot der Hauptschuldnerin abzulehnen, zum Ausdruck gebracht habe.

Das Angebot der Hauptschuldnerin habe aus der Vereinbarung zur Kaution, dem Nachtrag zum Mietvertrag und der Sicherung durch Bürgschaft bestanden. Da die Klägerin nach Erlass des Versäumnisurteils die Klage nicht mehr habe zurücknehmen können, habe die Klägerin sich die Annahme dieses Angebotes selbst unmöglich gemacht.

Das Landgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass es auf die Wirksamkeit der Nachtragsvereinbarung nicht ankomme. Denn Bürgschaft und Nachtrag zum Mietvertrag hätten zusammengehangen. Dies ergebe sich bereits daraus, dass Ziffer 5. des Nachtrags auf die Bürgschaft Bezug nehme und die Bürgschaft gleichzeitig als Wirksamkeitserfordernis der Nachtragsvereinbarung festgelegt worden sei.

Es bestehe daher eine ausdrückliche Wechselbeziehung zwischen Bürgschaft und Nachtragsvereinbarung. Das Landgericht habe es versäumt, sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass die Unterzeichnung der Bürgschaft aufschiebende Bedingung für das Entstehen der Hauptschuld, das Entstehen der Hauptschuld aber zwingende Voraussetzung für die Begründung der Bürgschaft gewesen sei.

Die Bürgschaft habe sich ausschließlich auf den aus dem Nachtrag folgenden Mietaufschub nebst Zinsen bezogen. Dies ergebe sich daraus, dass in der Bürgschaftserklärung ausdrücklich auf die "zukünftigen Forderungen" in Höhe des in der Nachtragsvereinbarung festgelegten Betrages Bezug genommen werde.

Der Beklagte zu 2. macht sich den Vortrag des Beklagten zu 1. zu Eigen. Der Beklagte zu 2. rügt zudem, dass das Landgericht die Zeugen F... W... und H... H... nicht gehört habe. Diese könnten bestätigen, dass die Bürgschaft ausschließlich auf den zuletzt verhandelten Mietvertragsnachtrag abgestellt worden sei.

Durch den Bürgschaftsvertrag hätten keine Altforderungen abgesichert werden sollen, er habe nicht einen Ersatz für die im Mietvertrag benannte Patronatserklärung darstellen sollen.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 11.05.2006, Az. 13 O 176/05, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 11.05.2006, Az. 13 O 176/05 die Beklagten als Gesamtschuldner neben Frau M... S..., ...straße 31, B..., zu verurteilen, an die Klägerin weitere 38.264,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus jeweils 12.782,38 € seit dem 06.04.2006, den 06.05.2006 und aus 12.699,54 € seit dem 07.06.2006 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts.

Sie führt hierzu aus, dass es nicht darauf ankäme, ob der Nachtrag zum Mietaufschub wirksam zustande gekommen sei. Dies ergebe sich zum Einen aus dem Nachtragsentwurf vom 03.07.2003 (Anlage K 8, Bl. 96 f d. A.), in dem sich die Beklagten bereits für Mietrückstände hätten verbürgen wollen, zum Anderen daraus, dass die Bürgschaftserklärung vom 19.11.2003 von den Beklagten unterzeichnet und der Klägerin übergeben worden sei, bevor die Nachtragsvereinbarung von der Klägerin unterzeichnet wurde. Es sei daher den Beklagten erkennbar nicht um die Sicherung des Nachtrages zum Mietvertrag, sondern um die Absicherung bereits bestehender Verbindlichkeiten anlässlich der Gewährung eines Nachzahlungsaufschubes gegangen. Da der Zahlungsaufschub unstreitig gewährt worden sei, sei von der Wirksamkeit des Bürgschaftsvertrages auszugehen.

Die Anschlussberufung sei begründet, da die restlichen Raten zwischenzeitlich fällig geworden seien.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass die Anschlussberufung zurückzuweisen sei, da insgesamt kein Anspruch aus der Bürgschaftsübernahme bestehe.

II.

Berufung und Anschlussberufung sind zulässig; in der Sache hat jedoch nur die Berufung Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Bürgschaftsvertrag vom 19.11.2003 nicht wirksam.

1.

Die Wirksamkeit der Bürgschaft scheitert allerdings nicht bereits an dem Schriftformerfordernis gemäß § 766 Satz 1 BGB. Dieses ist gewahrt, denn in der schriftlichen Erklärung vom 19.11.2003 sind die Bürgen, die zu sichernde Forderung, die Gläubigerin und die Hauptschuldnerin genannt.

2.

Die zu sichernde Forderung ist auch hinreichend bestimmt. Die Tatsache, dass in der Bürgschaftserklärung auf einen "Nachtrag Nr. 2 vom ... zum Mietvertrag vom 11. November 2001 (...)" Bezug genommen wird, steht dem Bestimmtheitserfordernis nicht entgegen. Die Beklagten weisen zwar zutreffend darauf hin, dass es versäumt wurde, das Datum des Nachtrags einzutragen und dass der Nachtrag, auf den die Klägerin ihre Ansprüche stützt, nicht die Bezeichnung Nachtrag "Nr. 2" trägt. Dies ist jedoch unerheblich, denn, wie das Landgericht zutreffend ausführt, die gesicherte Forderung wurde nicht durch den Nachtrag begründet. Sie bestand vielmehr aufgrund des Mietvertrages zwischen Klägerin und Hauptschuldnerin. Durch den Nachtrag wurde keine neue Forderung begründet, sondern lediglich eine abweichende Regelung zur Fälligkeit von bereits bestehenden bzw. sich aufgrund des Mietvertrages ergebenden zukünftigen Forderungen geregelt. Auch durch die Zinsregelung unter Ziffer I.2. wurde keine neue Forderung begründet, denn die hier festgehaltene Zinsregelung ergab sich bereits ohne Nachtragsvereinbarung aus §§ 579 Abs. 2 in Verbindung mit 566 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 BGB. Dass die Beklagten sich in der Bürgschaftserklärung verpflichtet haben, "für diese zukünftige Forderung" der Klägerin gegenüber der Hauptschuldnerin eine Bürgschaft zu übernehmen, steht dem nicht entgegen. Denn gemeint war eine Bürgschaft für die zukünftig fällig werdenden Teilzahlungen auf die aufgelaufenen Mietrückstände. Dies ergibt sich daraus, dass der Nachtrag eine Stundungsvereinbarung hinsichtlich eines Teiles der monatlich fällig werdenden Miete einschließlich einer Regelung der Fälligkeit und Höhe der zum Ausgleich der aufgelaufenen Rückstände zu zahlenden Raten beinhaltet.

3.

Die Bürgschaft ist jedoch nicht wirksam zustande gekommen, da die Nachtragsvereinbarung nicht zustande gekommen ist.

a)

Die Bürgschaftserklärung stand unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB), dass es zu einem Abschluss der Nachtragsvereinbarung zwischen der Hauptschuldnerin und der Klägerin kommt. Der Abschluss eines Bürgschaftsvertrages ist einer aufschiebenden Bedingung im Sinne von § 158 BGB uneingeschränkt zugänglich (BGH NJW 1987, 1631).

aa)

Die zwischen der Klägerin, der Hauptschuldnerin und den Bürgen angestrebte Lösung des Liquiditätsengpasses der Hauptschuldnerin bestand unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Klägerin aus drei Elementen. Es handelt sich hierbei um:

(1) Die Nachtragsvereinbarung zwischen Klägerin und Hauptschuldnerin, durch die die Stundung eines Teils der monatlichen Miete für den Zeitraum Oktober 2003 bis Dezember 2005 gewährt werden sollte.

(2) Die Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin, nach der zum Ausgleich der bisher im Laufe des Jahres 2003 aufgelaufenen Mieten der bei der D... ... Bank AG von der Hauptschuldnerin hinterlegte zweite Teilbetrag der Mietkaution in Höhe von 103.000,00 € von der Hauptschuldnerin frei gegeben wird.

(3) Die Bürgschaftsverpflichtung, mit der die gestundete Miete bis zu einem Höchstbetrag von 230.000,00 € gesichert werden sollte.

bb)

Sämtliche Vereinbarungen, die insgesamt zur Sanierung des Not leidend gewordenen Mietverhältnisses dienen sollten, sollten nur gelten, wenn alle drei Elemente des Sanierungskonzepts wirksam vereinbart wurden.

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vereinbarungen. So ist in der Nachtragsvereinbarung unter Ziffer 5. geregelt, dass der Nachtrag unter der aufschiebenden Bedingung steht, dass die als Anlage 1 zum Nachtrag beigefügte selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen wird.

Die Bürgschaftserklärung setzt in der Präambel voraus, dass die Klägerin der Hauptschuldnerin aufgrund des Nachtrages zum Mietvertrag einen Mietaufschub in Höhe von 326.076,40 € gewährt.

Durch die Freigabe der Kaution sollten die bis November 2003 aufgelaufenen Mietrückstände ausgeglichen werden, so dass es in der Stundungsvereinbarung im Nachtrag keiner Regelung der Abzahlung der bereits aufgelaufenen Mietrückstände mehr bedurfte.

Sämtliche Dokumente wurden von der Hauptschuldnerin bzw. den Bürgen am 19.11.2003 unterzeichnet, Nachtrag und Kautionsvereinbarung wurden seitens der Klägerin jeweils am 12.01.2004 gegengezeichnet.

dd)

Die Bürgen hatten außer dem Ziel, eine Stundung der Miete zu erreichen, für die Klägerin erkennbar kein weiteres Interesse, das sie zur Übernahme der Bürgschaft hätte veranlassen können. Ein Bürge, der sich bereits im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Mietvertrages verpflichtet, für die Mietzahlung zu haften, hat das Interesse, das Zustandekommen des Vertrages zu fördern. Entsprechend wurde bei Abschluss des Mietvertrages von dem ... Kreisverband B... e.V. eine Patronatserklärung abgegeben. Da bei Unterzeichnung der Bürgschaftserklärung am 19.11.2003 das Mietverhältnis bereits bestand, war das erkennbar einzige Interesse der Bürgen, dafür Sorge zu tragen, dass das Mietverhältnis bis zur Überwindung des durch Anlaufschwierigkeiten entstandenen Liquiditätsengpasses fortgeführt werden konnte.

ee)

Gegen diese durch Auslegung der Dokumente ermittelte Wechselbeziehung zwischen dem Abschluss der Nachtragsvereinbarung und der Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung spricht entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht, dass die Beklagten bereits in einem Entwurf eines Nachtrages am 03.07.2003 eine Bürgschaftsübernahme in Höhe von 230.0000,00 € angeboten hatten, ohne dass eine Ratenzahlung wie im Nachtrag vom 19.11.2003/12.01.2004 vorausgesetzt worden war. Denn zum einen lässt sich aus diesem Entwurf entnehmen, dass die Bürgschaftsübernahme lediglich für den Fall der Stundung angeboten werden sollte. Zum anderen ist unstreitig diese Vereinbarung so nicht zustande gekommen. Die Klägerin kann nicht einerseits das Angebot vom 03.07.2003 nicht annehmen, andererseits die Beklagten an dem Inhalt des damals gemachten Angebotes festhalten.

b)

Die aufschiebende Bedingung der Bürgschaftserklärung ist nicht eingetreten, da die Nachtragsvereinbarung nicht wirksam zustande gekommen ist.

aa)

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Nachtragsvereinbarung nicht bereits durch mündliche Vereinbarung am 26.09.2003 zustande gekommen. Denn am 26.09.2003 hatte man sich lediglich insoweit geeinigt, dass ein Mietaufschub gegen Stellung einer Bürgschaft erfolgen sollte. Hinsichtlich der Modalitäten sollte jedoch noch eine Regelung gefunden werden.

bb)

Eine schriftliche Vereinbarung ist ebenfalls nicht zustande gekommen. Die Hauptschuldnerin hatte im Nachtragsentwurf vom 24.10.2003 Änderungen unter Ziffer VII.3. zur Fälligkeit der wieder aufzufüllenden Kaution vorgenommen, so dass hierin ein neues Angebot zu sehen ist (§ 150 Abs. 2 BGB). Die Annahmeerklärung der Klägerin vom 12.01.2004 ist nicht innerhalb der Frist des § 147 Abs. 2 BGB erfolgt. Gemäß § 147 Abs. 2 BGB kann der einem Abwesenden gemachte Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten kann. Diese gesetzliche Annahmefrist setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Antrages an den Empfänger, dessen Bearbeitung, Überlegungszeit sowie der Zeit der Übermittlung der Antwort (BGH NJW 1996, 919 (921)). Vorliegend war der Nachtrag lange im Einzelnen ausgehandelt und das Ergebnis dann schriftlich niedergelegt worden. Auf Seiten der Klägerin war nach Eingang des Angebotes der Hauptschuldnerin lediglich zu überprüfen, ob sie sich mit der Änderung des Datums, bis wann die Mietkaution wieder aufgefüllt werden sollte, nämlich von dem 01.01.2005 in den 01.01.2006 einverstanden erklären konnte. Um diese Abweichung festzustellen, zu überlegen, ob ihr gefolgt werden kann und gegebenenfalls eine interne Entscheidung herbeizuführen und die Annahmeerklärung an die Hauptschuldnerin zurückzusenden, ist ein Zeitraum von sechs Wochen auf jeden Fall deutlich zu lang gewesen (vgl. Landgericht Berlin, Urteil vom 21.02.2006, 29 O 242/05, in dem über die Ansprüche der Klägerin gegen die Mitbürgin M... S... aus der streitgegenständlichen Bürgschaft entschieden wurde).

Die verspätete Annahme durch die Klägerin stellte ein neues Vertragsangebot dar (§ 150 Abs. 1 BGB). Dieses Angebot hat die Hauptschuldnerin nicht durch ausdrückliche Erklärung angenommen. Vielmehr hat die Hauptschuldnerin, vertreten durch den Beklagten zu 1., mit Schreiben vom 20. Januar 2004 der Klägerin mitgeteilt, dass zum einen das unterzeichnete Nachtragsangebot der Hauptschuldnerin noch nicht vorliege und zum anderen wegen der verspäteten Annahme des Angebots durch die Klägerin ein neues Angebot gegeben sei. Die Hauptschuldnerin kündigte an, dieses neue Angebot nach dessen Zugang zu prüfen. Mit Schreiben vom 23. Januar 2004 teilte der Beklagte zu 1. für die Hauptschuldnerin mit, dass die von der Klägerin unterschriebene Nachtragsvereinbarung am 21.01.2004 eingegangen sei und kündigte an, das neue Angebot mit den Vertretern der Hauptschuldnerin zu besprechen. Sie halte sich an ihr Angebot vom 19.11.2003 nicht gebunden.

cc)

Ebenso wenig ist die Nachtragsvereinbarung durch schlüssiges Verhalten der Vertragsparteien zustande gekommen.

Die Hauptschuldnerin hat zwar entsprechend der Regelung unter Ziffer VI Nr. 1 des Nachtrages jeweils eine reduzierte Miete für die Monate Oktober 2003 und November 2003 geleistet. Die Überweisung der reduzierten Mieten erfolgte jedoch bereits am 08.12.2003, d.h. zeitlich vor dem Angebot vom 12.01.2004. Die Überweisung kann daher keine Annahme des Angebotes durch schlüssiges Handeln darstellen. Die Hauptschuldnerin hat durch die Überweisung lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie selbst sich im Dezember 2003 an die Regelungen im Nachtrag gebunden sah, als sie noch mit einer Annahme durch die Klägerin rechnen konnte. Dass sich dies aus ihrer Sicht im Januar 2004 anders verhielt, hat sie jedoch durch ihre Schreiben vom 20.01. und 23.01.2004 unmissverständlich erklärt.

Soweit die Klägerin ausführt, es ergebe sich bereits aus dem Schreiben der Hauptschuldnerin vom 17.10.2003, dass diese sich an die Nachtragsvereinbarung gebunden gefühlt habe, ist dem bereits aufgrund des Datums des Schreibens nicht zu folgen. Zu diesem Zeitpunkt wurden zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin noch Verhandlungen geführt. Dem Schreiben kann daher lediglich entnommen werden, dass die Hauptschuldnerin zu diesem Zeitpunkt noch davon ausging, dass es zu der angestrebten Stundungsvereinbarung kommen würde.

dd)

Die Hauptschuldnerin und die Beklagten müssen sich auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) so behandeln lassen, als hätte die Hauptschuldnerin das in der verspäteten Annahmeerklärung liegende Angebot der Klägerin vom 12.01.2004 angenommen.

Die Klägerin beruft sich darauf, dass die Hauptschuldnerin treuwidrig gehandelt habe, als sie mit Schreiben vom 23.01.2004 erklärt hat, sie halte sich an ihr Angebot vom 19.11.2003 nicht gebunden. Der Klägerin ist insoweit zuzugestehen, dass ein treuwidriges Verhalten der Hauptschuldnerin darin gesehen werden könnte, dass sie nach langwierigen Verhandlungen von der Klägerin letztendlich genau das angeboten bekommen hat, was die Hauptschuldnerin hinsichtlich Stundung und Fälligkeit der Kautionszahlung angestrebt hatte, und diese dennoch das Angebot ohne Begründung in der Sache ausgeschlagen hat. Insoweit könnte der Rechtsgedanke des § 162 BGB herangezogen werden. § 162 BGB enthält den allgemeinen Rechtsgedanken, dass niemand aus einen von ihm treuwidrig herbeigeführten Ereignis Vorteile herleiten darf. Er ist daher bei vergleichbarer Interessenlage entsprechend anzuwenden (Palandt/ Heinrichs, 66. Aufl., § 162 BGB Rn. 6).

Für ein treuwidriges Verhalten der Hauptschuldnerin könnte insofern sprechen, dass weder vorprozessual seitens der Hauptschuldnerin noch im Rahmen des Rechtsstreits seitens der Beklagten dargelegt wurde, aufgrund welcher Umstände das Interesse der Hauptschuldnerin an der Stundung sich in dem Zeitraum vom 19.11.2003 bis zum 21.01.2004 verändert habe. Ob hierin tatsächlich ein treuwidriges Verhalten der Hauptschuldnerin liegt, kann jedoch dahingestellt bleiben.

Denn die Klägerin kann sich hinsichtlich des Zustandekommens der Nachtragsvereinbarung nicht auf die Wirkung des § 162 BGB analog berufen. Der Klägerin ist es verwehrt, sich auf eine Treueverletzung der Hauptschuldnerin zu berufen, da sie sich selbst ebenfalls gegenüber der Hauptschuldnerin nicht entsprechend dem Gebot von Treu und Glauben verhalten hat.

Wie oben ausgeführt, standen für die Vertragsparteien erkennbar die drei Sanierungselemente in einer Wechselbeziehung. In der Kautionsvereinbarung (Bl. 61 f d. A.) war geregelt, dass die Kaution von der Hauptschuldnerin frei gegeben wird, und die Klägerin bei Zahlungseingang die wegen der Mietrückstände beim Landgericht A... eingereichte Klage zurücknimmt. Die Hauptschuldnerin hat entsprechend der von ihr am 19.11.2003 unterzeichneten Kautionsvereinbarung die Kaution frei gegeben. Die Klägerin hat die 103.000,00 € Kaution am 09.12.2003 vereinnahmt, jedoch durch Schriftsatz vom 07.01.2004 gegenüber dem Landgericht A... lediglich in Höhe der geleisteten Zahlung eine Teilerledigungserklärung abgegeben und gegen die Hauptschuldnerin im Termin am 09.01.2001 ein Versäumnisurteil erwirkt. Erst nach Erlass des Versäumnisurteils hat die Klägerin die Kautionsvereinbarung und den Nachtrag mit Stundungsvereinbarung unterzeichnet. Nachdem die Klägerin die Kaution vereinnahmt hatte, hätte es ihr jedoch oblegen, keine Maßnahmen zu treffen, die im Widerspruch zu den Vereinbarungen stehen. Soweit die Klägerin sich darauf beruft, eine Klärung sei nicht möglich gewesen, da die Hauptschuldnerin im Termin nicht vertreten gewesen ist, ist dies als Argument nicht nachvollziehbar. Es wäre der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen, im Termin keinen Antrag zu stellen. Insoweit steht der Berufung der Klägerin auf eine treuwidrige Ablehnung des Nachtragsangebotes durch die Hauptschuldnerin der tu-quoque-Einwand entgegen.

Zwar kann nicht nur derjenige Rechte geltend machen, der sich selbst rechtstreu verhalten hat (BGH NJW 1971, 1747; NJW 2000, 505 f (506)). Zu einem Wegfall der eigenen Rechte kann eine Pflichtverletzung indes nur führen, wenn diese zumindest mit ursächlich für das Entstehen des geltend gemachten Anspruches war. Dies ergibt sich aus der Wertung des § 323 Abs. 6 BGB, in dem der tu-quoque-Einwand einen ausdrücklichen gesetzlichen Niederschlag gefunden hat (vgl. PWW/Schmidt-Kessel, § 242 BGB, Rn. 38). Gemäß § 323 Abs. 6 BGB ist der Gläubiger vom Rücktritt ausgeschlossen, wenn er für das Entstehen eines Rücktrittsrechts zumindest weit überwiegend verantwortlich ist.

Übertragen auf das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin bedeutet dies, dass die Klägerin sich dann nicht auf den Treueverstoß der Hauptschuldnerin berufen kann, wenn sie selbst durch das Erwirken des Versäumnisurteils die Ablehnung ihres Angebotes durch die Hauptschuldnerin verursacht hat. Dies ist indes hier der Fall, denn der Pflichtverstoß der Klägerin, d.h. die Erwirkung des Versäumnisurteils, stand im Widerspruch zu den Vereinbarungen des dreigliedrigen Sanierungskonzepts. Die Klägerin hat durch ihr Verhalten gezeigt, dass sie die ihr aus dem Sanierungskonzept zustehenden Rechte, wie die Vereinnahmung der an sich noch nicht fälligen Kaution, wahrnahm, ohne die hieraus resultierenden Pflichten zu erfüllen. Aufgrund dieses Verhaltens konnte die Hauptschuldnerin auch nicht darauf vertrauen, dass die Klägerin nach Einspruchseinlegung durch die Hauptschuldnerin die Klage zurücknehmen würde. Ebenso wenig konnte die Hauptschuldnerin - entgegen der seitens des Klägervertreters im Termin geäußerten Auffassung- darauf vertrauen, dass die Klägerin nach Eintritt der Rechtskraft der Hauptschuldnerin die vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils übergeben und auf die Rechte aus dem Titel verzichten würde. Eine entsprechende Ankündigung ist seitens der Klägerin auch im Zusammenhang mit dem neuen Angebot nicht erfolgt.

c)

Die Bürgschaftsverpflichtung ist entgegen der vom Landgericht Berlin im Urteil vom 21.02.2006 zur Geschäftsnummer 29 O 242/05 vertretenen Ansicht auch nicht dahingehend auszulegen, dass die Bürgschaft nicht nur für den Fall gelten sollte, dass die Nachtragsvereinbarung zustande kommt, sondern auch für denjenigen , dass die Klägerin der Hauptschuldnerin faktisch die Stundung gewährt. Der Wortlaut der Bürgschaftserklärung weist keine Anhaltspunkte für eine solche Auslegung auf. Die der Gläubigerin bekannte Interessenlage der Bürgen spricht gegen eine solche Auslegung. Denn ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Bürge würde ein so hohes finanzielles Risiko nicht in Kauf nehmen, ohne im Gegenzug eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der der Hauptschuldnerin gewährten Stundung erlangen zu können, mit der sich im Falle einer Inanspruchnahme der Hauptschuldnerin und der Bürgen wegen der Mietrückstände eine ohne Weiteres darzulegende erhebliche Einwendung begründen ließe. Auch aus dem nach Abgabe der Bürgschaft gezeigten Verhalten der Bürgen lässt sich eine derartig weitgehende Auslegung nicht begründen. Zwar kann das nachträgliche Verhalten Anhaltspunkte für den tatsächlichen Willen der Bürgen enthalten (BGH NJW-RR 1998, 259 f). Aus dem Verhalten der Beklagten nach Unterzeichnung der Bürgschaft ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass auch eine Sicherheit für eine faktische Stundung geleistet werden sollte.

Im Übrigen spricht gegen eine Auslegung, die allein auf den Sicherungszweck der Bürgschaft abstellt, der Grundsatz der Akzessorietät zwischen gesicherter Forderung und Bürgschaft. Denn gemäß § 767 Abs. 1 Satz 1 BGB ist für die Verpflichtung des Bürgen der jeweilige Stand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Daraus folgt eine dauernde Abhängigkeit der Bürgschaftsschuld von der Hauptschuld, so dass eine Bürgschaftsschuld nicht besteht, wenn die Hauptschuld nicht wirksam entstanden ist (Palandt/Sprau, 66. Aufl., § 765 Rn. 28 BGB). Das Entstehen der Hauptschuld kann nicht dadurch ersetzt werden, dass der mit der Begründung der Hauptschuld verfolgte Zweck erreicht wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 230.000,00 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück