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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 12.01.2005
Aktenzeichen: 4 U 97/04
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, ZPO


Vorschriften:

BGB a.F. § 607 Abs. 1
BGB a.F. § 313
BGB a.F. § 306
BGB a.F. § 308 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt.
BGB § 397 Abs. 1
BGB § 2033 Abs. 2
BGB § 2033 Abs. 1 S. 2
BGB § 2371
BGB § 2385
EGBGB Art. 229 § 5 S. 1
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 296 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 12.1.2005

in dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgericht auf die mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2004 durch die Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 21. Mai 2004 - 1 O 642/02 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte zu 2. wird verurteilt, an den Kläger 27.098,47 € nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 18. März 2000 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben zu tragen:

Die Gerichtskosten und seine eigenen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 50 % und der Beklagte zu 2. zu 50 %, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. der Kläger und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. dieser selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zu 2. zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten - im Berufungsverfahren nur noch den Beklagten zu 2. - auf Rückzahlung eines vermeintlich als Darlehen ausgereichten Betrages von insgesamt 53.000,00 DM, umgerechnet 27.098,47 €, in Anspruch, von denen 10.000,00 DM am 24. Oktober 1993 auf das Konto des Beklagten zu 2. überwiesen und weitere 43.000,00 DM per Scheckzahlungen am 14. Januar, 13. Mai und 27. Juni 1994 dessen Konto gutgeschrieben wurden. Die Beklagten haben gegen ihre Inanspruchnahme eingewandt, Grund für die Zahlungen durch den Kläger sei die am 9. Januar 1993 getroffene Vereinbarung gewesen, nach der der Beklagte zu 2. insgesamt 100.000,00 DM "für die Übertragung seines Anteils" an dem an die Erbengemeinschaft nach M... K...zurückübertragenen Grundstück ... in K... erhalten sollte.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Die Kammer hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der für die Hingabe des Geldes darlegungs- und beweispflichtige Kläger habe, nachdem sich die von ihm benannte Zeugin K... P... auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen habe, den Beweis für die behauptete Darlehensabrede nicht erbracht und einen Beweis für das Nichtbestehen des von den Beklagten behaupteten Rechtsgrundes für die Hingabe der Geldbeträge nicht angetreten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren weiter verfolgt. Er vertritt die Auffassung, die Kammer habe bereits deshalb dem Klagebegehren, gestützt auf Darlehen, stattgeben müssen, weil der Beklagte zu 2. keine vernünftige Erklärung für den Hintergrund der erhaltenen Zahlungen habe geben können. Jedenfalls sei die Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung begründet. Insoweit habe die Kammer die Beweislast verkannt, die nicht bei ihm, sondern dem Beklagten zu 2. liege. Zwar sei richtig, dass der Beklagte zu 2. an ihn 7.302,06 DM zurückgezahlt habe, das weitere von den Beklagten vorgetragene Rechenwerk sei indes nicht nachvollziehbar.

Er beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu 2. zu verurteilen, an ihn 27.098,47 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17. September 1994 zu zahlen.

Der Beklagte zu 2. beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt mit näheren Ausführungen die angefochtene Entscheidung. Auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung vom 9. Januar 1993 hingewiesen, bestreitet der Beklagte zu 2. nunmehr die Aktivlegitimation des Klägers vor dem Hintergrund, dass die Zahlungen von dem gemeinsamen Konto der Eheleute P... erfolgt sind. Er hält einen Bereicherungsanspruch nach wie vor für nicht gegeben und wendet ein, jedenfalls sei ein solcher Anspruch verwirkt.

II.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Unrecht insgesamt abgewiesen, denn dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung der 27.098,47 € nebst Zinsen im tenorierten Umfang zu.

1.

Der Kläger kann den Beklagten zu 2. allerdings nicht auf Rückzahlung aus Darlehen gemäß § 607 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB in Anspruch nehmen.

a) Hinsichtlich der am 24. Oktober 1993 überwiesenen 10.000,00 DM ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt ein hinreichend konkretes Vorbringen dazu, dass zwischen den Parteien ein Darlehensvertrag zustande gekommen ist, vorliegt.

Der Kläger ist nach allgemeinen Grundsätzen darlegungspflichtig für die anspruchsbegründenden Tatsachen, mithin für das Zustandekommen des behaupteten Darlehensvertrages. Mit seiner Behauptung, Rechtsgrundlage für die Hingabe sämtlicher Geldbeträge sei eine im Oktober/Anfang November 1993 getroffene Abrede gewesen, mit der er sich bereit erklärt habe, den Beklagten ein Darlehen in Höhe von etwa 60.000,00 DM nach noch festzulegenden Zeiten zu gewähren, lässt sich nicht in Einklang bringen, dass der Überweisungsträger als Verwendungszweck "Anzahlung Anteil Haus K...." aufführt. Eine solche Angabe wäre auf dem Überweisungsformular nicht enthalten, wenn der Betrag in Erfüllung der übernommenen Darlehensverpflichtung überwiesen werden sollte.

Auch der Inhalt der "Zusatzvereinbarung" vom 24. Oktober 1993, wonach "K... B... als erste Rate für die Übertragung des Anteils an dem Grundstück in K... (...) einen ersten Anteil von 10.000,00 DM erhält" steht der Annahme, die 10.000,00 DM seien darlehensweise zugedacht gewesen, entgegen.

b) Letztlich kann aber dahingestellt bleiben, ob die klägerischen Behauptungen insoweit den Anforderungen an schlüssiges Parteivorbringen genügen, denn hinsichtlich der Hingabe des gesamten zurückgeforderten Betrages als Darlehen ist der Kläger, wie die Kammer zutreffend ausgeführt hat, beweisfällig geblieben.

aa) Zu Gunsten des Klägers streitet keine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Überweisung/Scheckeinzahlung von insgesamt 53.000,00 DM an den Beklagten zu 2. eine Darlehensabrede zwischen den Parteien zugrunde lag.

Wer, wie der Kläger, die Rückzahlung eines Darlehens begehrt, muss nach gefestigter Rechtsprechung außer der (hier unstreitigen) Auszahlung der Valuta auch die Einigung der Parteien über die Hingabe als Darlehen beweisen und einen von dem Beklagten behaupteten anderen Rechtsgrund ausschließen (BGHR BGB § 607 Beweislast 1; Urteil des Senats vom 4. August 2004 - 4 U 7/04). Eine tatsächliche Vermutung für den Abschluss eines Darlehensvertrages lässt sich weder aus dem Gesetz noch aus Erfahrungswissen herleiten und wird im Übrigen von der Rechtsprechung weder allgemein in Fällen der Geldhingabe unter Familienangehörigen anerkannt, noch gibt der vorliegende Sachverhalt Anlass, eine solche Vermutungswirkung anzunehmen.

bb) Entgegen der im Schriftsatz vom 21. Oktober 2004 angedeuteten Rechtsauffassung des Klägers kann und darf das Gericht aus dem Umstand, dass die erstinstanzlich angebotene Zeugin K...P... von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht - als frühere Ehefrau des Klägers und Tochter der Beklagten - Gebrauch gemacht hat, keinerlei Schlüsse ziehen.

2.

Der Kläger kann sein Zahlungsbegehren allerdings auf ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB) stützen.

Der Anspruch aus Leistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Anspruchsteller eine Leistung ohne Rechtsgrund erbracht hat.

a) Soweit der Beklagte zu 2. - erstmals im Schriftsatz vom 28. Dezember 2004 - die Aktivlegitimation des Klägers bestreitet, kann er damit nicht gehört werden. Das Bestreiten der Aktivlegitimation stellt ein im Berufungsrechtszug neues Verteidigungsmittel dar, dass nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist, die erkennbar nicht vorliegen.

Dass bereits in erster Instanz unstreitig die Überweisung vom 24. Oktober 1993 und die Scheckzahlungen vom 14. Januar, 13. Mai und 27. Juni 1994 zu Lasten eines gemeinsamen Kontos der Eheleute P... erfolgten, steht der Annahme, das Bestreiten der Aktivlegitimation des Klägers sei "neu" im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO nicht entgegen. Die gemeinsame Inhaberschaft eines "Und"-Kontos führt nicht dazu, dass beide Kontoberechtigten bei Verfügungen über das Kontoguthaben als "Leistende" im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB anzusehen sind. Entscheidend für die Frage, welche Person "Leistender" ist, ist, wen die Beteiligten zum Zeitpunkt der Zuwendung als Leistung hierfür angesehen haben. Hierüber bestand in erster wie auch in zweiter Instanz - bis zu dem insoweit nicht nachgelassenen und daher nicht zu berücksichtigenden Schriftsatz des Beklagten zu 2. vom 28. Dezember 2004 - Einigkeit; das Vorbringen, es handle sich um eine Überweisung und Scheckzahlungen des Klägers, ist bis dahin nicht bestritten worden.

b) Die Leistung des Klägers erfolgte ohne Rechtsgrund.

Der Gläubiger ist darlegungs- und beweispflichtig auch dafür, dass eine Vermögensverschiebung ohne rechtfertigenden Grund erfolgte. Er muss zwar nicht beweisen, dass jeglicher erdenkliche Rechtsgrund für die Leistung fehlt, erforderlich ist aber der Beweis, dass die von dem Bereicherungsschuldner behaupteten Rechtsgründe nicht bestehen (Senatsurteile vom 30. Juni 2004 - 4 U 181/03 - und 4. August 2004 - 4 U 7/04); denn dem als Bereicherungsschuldner in Anspruch Genommenen obliegt eine sekundäre Behauptungslast dahingehend, dass von ihm im Rahmen des Zumutbaren insbesondere das substantiierte Bestreiten einer negativen Tatsache unter Darlegung der für das Positivum sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden kann (BGH WM 2004, 225).

Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Kläger die von dem Beklagten zu 2. behauptete Hingabe der Geldbeträge an ihn in Erfüllung der am 9. Januar 1993 getroffenen Vereinbarung nur dann widerlegen muss, wenn diese Vereinbarung einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen des Geldes bietet. Dies ist aus Rechtsgründen nicht der Fall.

aa) Einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen eines Teilbetrages von 5.697,94 DM vermag die Vereinbarung vom 9. Januar 1993 - ihre Wirksamkeit unterstellt - schon deshalb nicht zu geben, weil die insgesamt erhaltene Summe den vereinbarten Betrag von 100.000,00 DM insoweit übersteigt.

Der Beklagte zu 2. erhielt aus der Veräußerung des Grundstücks mit notariellem Kaufvertrag vom 7. Dezember 1993 den auf ihn entfallenden Erbenanteil am Kaufpreis, der unstreitig 60.000,00 DM betrug. Zuzüglich der per Überweisung und Scheckgutschrift vom Kläger an ihn gezahlten Beträge von insgesamt 53.000,00 DM und abzüglich des - nunmehr unstreitig - vom Beklagten zu 2. erstatteten Betrages von 7.302,06 DM erlangte er 105.697,94 DM, mithin 5.697,94 DM mehr, als ihm nach der Vereinbarung vom 9. Januar 1993 zustehen sollten.

Soweit die Beklagten behauptet haben, der Kläger und seine damalige Ehefrau hätten "im Übrigen die anteilige Ablösesumme für die restlichen Erben" in Höhe von 4.868,04 DM "übernommen" (Bl. 54), genügt dieses Vorbringen - worauf der Senat im Termin vom 1. Dezember 2004 hingewiesen hatte - nicht den Anforderungen an substantiierten Parteivortrag. Einlassungsfähige Tatsachen zu den Umständen und der Art und Weise der "Übernahme" der anteiligen Ablösesumme werden nicht mitgeteilt.

Gleiches gilt, soweit vorgetragen wurde, "der restliche Betrag in Höhe von 829,90 DM sei offenkundig erlassen, jedenfalls nie zurückverlangt" worden. Für das Vorliegen eines Erlassvertrages gemäß § 397 Abs. 1 BGB, an den ohnehin strenge Anforderungen zu stellen sind, reicht dieser Vortrag ersichtlich nicht aus. Der Umstand allein, dass eine Forderung zeitweilig - mit der vorliegenden Klage wird ja die Rückzahlung verlangt - nicht geltend gemacht wird, lässt keinesfalls auf einen Erlass schließen.

bb) Die vom Beklagten zu 2. als Rechtsgrund der Geldzuwendungen angegebene Vereinbarung vom 9. Januar 1993 bietet aber insgesamt keinen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der zugedachten Beträge, weil sie - bei jeder erdenklichen Auslegung - unwirksam ist.

Das Vorbringen der Beklagten als richtig unterstellt, dienten die am 24. Oktober 1993 erfolgte Überweisung von 10.000,00 DM sowie die Scheckzahlungen am 14. Januar, 13. Mai und 27. Juni 1994 über insgesamt 43.000,00 DM der Erfüllung der am 9. Januar 1993 mit dem Kläger getroffenen Vereinbarung, wonach dem Beklagten zu 2. "für die Übertragung des Anteils an dem Grundstück" 100.000,00 DM zustehen sollten. Der Beklagte zu 2. sollte - so der Vortrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung - deshalb "insgesamt 100.000,00 DM für seinen Anteil erhalten, also über den anteiligen Kaufpreis von 60.000,00 DM hinaus im Ergebnis weitere 40.000,00 DM", weil er sich letztlich allein um die Rückübertragung des Grundstücks gekümmert habe.

Gleichgültig, wie die am 9. Januar 1993 getroffene Vereinbarung ausgelegt wird, ist sie - entweder wegen Nichteinhaltung der gebotenen Form oder weil sie auf eine rechtlich unmögliche Leistung gerichtet ist - unwirksam.

(1) Bei einer eng am Wortlaut ("hiermit wird der Anteil an dem Grundstück (...) übertragen") verhafteten Auslegung der schriftlichen Vereinbarung handelte es sich hierbei um eine Verfügung des Beklagten zu 2. über "seinen" Anteil an dem Grundstück. Eine solche Verfügung ist gemäß § 2033 Abs. 2 BGB unwirksam, weil der einzelne Miterbe über seinen Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen nicht verfügen kann.

Der Beklagte zu 2. war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht Eigentümer des Grundstücks - eingetragen war im Grundbuch "Eigentum des Volkes" - und er sollte es auch künftig nicht werden. Nicht ihm, sondern der Erbengemeinschaft nach M... K..., geb. Sch..., stand der Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks zu. Mit der wirksamen Rückübertragung des Grundstücks würde nach den Vorstellungen der Vertragsparteien, die sich dann auch realisiert haben, die Erbengemeinschaft das Grundeigentum erwerben. Solange eine Auseinandersetzung der Erben untereinander noch nicht stattgefunden hat, stehen aber die Nachlassgegenstände im Gesamthandseigentum der Erbengemeinschaft; der einzelne Miterbe erwirbt keine unmittelbaren dinglichen Rechte am einzelnen Nachlassgegenstand. Für Rechtsübertragungen bezogen auf den Nachlass sind die Vorschriften der §§ 2033 ff. BGB anzuwenden (§ 2032 Abs. 2 BGB). Die Wirksamkeit der am 9. Januar 1993 - und damit zweifellos vor der Auseinandersetzung der Miterben nach M.. K..., geb. Sch..., - getroffenen Vereinbarung ist daher an jenen Vorschriften zu messen. Dies führt, da der einzelne Miterbe an dem Nachlass - und dem einzelnen Nachlassgegenstand - keinen Anteil in Form eines seiner Erbquote entsprechenden Teilrechts hat, dazu, dass Verfügungen über seinen Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen unwirksam sind (§ 2033 Abs. 2 BGB).

Ist die getroffene Vereinbarung hingegen als Verfügung über den Anteil des Beklagten zu 2. an dem Nachlass zu verstehen - wofür spricht, dass der Rückübertragungsanspruch offenbar der einzige Nachlassgegenstand war; dagegen steht allerdings, dass nicht die Anteilserwerber (die Eheleute P...), sondern der Verfügende (der Beklagte zu 2.) nach Übertragung des Anteils noch den Kaufvertrag vom 7. Dezember 1993 als Berechtigter unterzeichnete -, ist sie gleichwohl unwirksam, denn gemäß § 2033 Abs. 1 Satz 2 BGB bedarf der Vertrag, durch den ein Miterbe über seinen Anteil am Nachlass verfügt, der notariellen Beurkundung. Daran fehlt es hier, und der Formmangel kann auch nicht in entsprechender Anwendung des § 313 BGB a.F. geheilt werden.

(2) Selbst wenn die Vereinbarung vom 9. Januar 1993 als lediglich schuldrechtliche Verpflichtung des Beklagten zu 2., dem Kläger und dessen damaliger Ehefrau "seinen Anteil" an dem Grundstück zu übertragen, ausgelegt würde, wäre sie unwirksam.

Ein Vertrag dieses Inhalts wäre, da er wegen § 2033 Abs. 2 BGB auf eine rechtlich unmögliche Leistung gerichtet ist, gemäß § 306 BGB a.F. nichtig. Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 2. ist ein solcher schuldrechtlicher Vertrag nicht lediglich auf eine subjektiv unmögliche Leistung gerichtet. Da gemäß § 2033 Abs. 2 BGB eine Verfügung über den "Anteil" eines Miterben am einzelnen Nachlassgegenstand nicht möglich ist, kann ein Vertrag, mit dem sich ein Miterbe zur Übertragung "seines Anteils" verpflichtet, weder vom vertragsschließenden Miterben noch allen Miterben zusammen erfüllt werden; es liegt ein Fall der objektiven Unmöglichkeit vor.

Die von dem Beklagten zu 2. im Schriftsatz vom 28. Dezember 2004 zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 12. Juli 1967 (BWNotZ 1968, 165 = WM 1967, 978 f. = LM Nr. 8 zu § 2033) - die im Übrigen ein Einzelfallentscheidung geblieben ist - lässt eine Begründung für die Wirksamkeit einer Verpflichtung zur Übertragung des Miterbenanteils vermissen.

Letztlich führt aber auch weder diese Rechtsauffassung, noch eine eventuelle Anwendbarkeit des § 308 Abs. 1 BGB a.F. im Ergebnis zu einer abweichenden Beurteilung. Als schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung des Anteils an dem Nachlass oder auch nur - aufschiebend bedingt durch die tatsächliche Eigentumsverschaffung - eines "ideellen" Anteils an dem Grundstück als einzigen Nachlassgegenstand ist die Vereinbarung vom 9. Januar 1993 nämlich formunwirksam. Ein solcher schuldrechtlicher Vertrag ist als Erbschaftskauf anzusehen, der gemäß den §§ 2371, 2385 BGB der notariellen Beurkundung bedarf, die hier nicht vorliegt. Der Mangel der in § 2371 BGB bestimmten Form wird auch nicht durch die nachträgliche Übertragung des (einzigen) Nachlassgegenstandes geheilt (vgl. OLG Köln ZIP 2000, 627).

(3) Soweit der Beklagte zu 2. nunmehr in dem ihm auf den im Termin erteilten rechtlichen Hinweis zur Unwirksamkeit des angegebenen Rechtsgrundes nachgelassenen Schriftsatz der Vereinbarung vom 9. Januar 1993 die Bedeutung einer "Aufgeldvereinbarung" beimessen will, vermag er damit deren Rechtswirksamkeit nicht zu begründen.

Der Behauptung des Beklagten zu 2., die vereinbarte Zahlung stelle eine Gegenleistung für dessen Bemühungen um die Rückübertragung des Grundstücks, das Erbscheinsverfahren und den Verkauf durch die Erbengemeinschaft an die Eheleute P... dar - jene seien also mehr als die bloße Motivation für den Abschluss der Vereinbarung gewesen -, steht der eindeutige Inhalt der Vereinbarung vom 9. Januar 1993 entgegen, die die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit in sich trägt. Gewichtige Gründe, der Vereinbarung, die die Zahlung von 100.000,00 DM unmissverständlich an die Übertragung des Grundstücksanteils auf den Kläger knüpft, und keinerlei Bezug zu darüber hinausgehenden Leistungen des Beklagten zu 2. aufweist, entgegen ihrem Wortlaut einen anderen Inhalt beizumessen, sind weder in erster Instanz noch - zulassungsfähig - im Berufungsrechtszug dargetan.

Im Übrigen ließe sich selbst mit Zulassung des weiteren Vorbringens des Beklagten zu 2. in dem Schriftsatz vom 28. Dezember 2004 zu dem offenbar mit der Vereinbarung vom 9. Januar 1993 verfolgten Ziel nicht deren Wirksamkeit begründen. Danach sollte der Beklagte zu 2. "dafür entlohnt werden, dass er es dem Ehepaar P... möglich machte, das Hausgrundstück weit unter Verkehrswert, sogar zum halben reinen Grundstückspreis, zu erwerben" (Seite 7). Ein solches Rechtsgeschäft ist sittenwidrig und damit nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB). Es liegt auf der Hand, dass ein derartiges kollusives Zusammenwirken des die Veräußerung des Nachlassgrundstücks maßgeblich betreibenden Miterben mit dem Erwerber rücksichtslos allein dem eigenen Gewinnstreben dient und den Interessen der übrigen Miterben in eklatanter Weise zuwiderläuft.

c) Dem Kläger ist schließlich die Geltendmachung seines Rückforderungsanspruchs nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt.

aa) Der Anspruch ist nicht verwirkt.

Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat, und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde, so dass die Geltendmachung zum jetzigen Zeitpunkt als illoyal und damit gegen Treu und Glauben verstoßend erscheint (BGH WM 1985, 1271). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Es fehlt bereits an dem sogenannten Zeitmoment, denn zwischen der Entstehung des Anspruchs und der erstmaligen Inanspruchnahme des Beklagten zu 2. auf Rückzahlung des vermeintlichen Darlehens, liegt kein ungewöhnlich langer Zeitraum. Nach dem in erster Instanz unbestritten gebliebenen Vorbringen - das erstmalige Bestreiten im Schriftsatz vom 28. Dezember 2004 ist nicht zulassungsfähig (§ 531 Abs. 2 ZPO) und erfolgte zudem entgegen § 296 a ZPO nach Schluss der mündlichen Verhandlung - forderte der spätere Prozessbevollmächtigte die Beklagten unter dem 16. März 2000 zur Rückzahlung auf, mithin waren seit Entstehung des Anspruchs erst etwa fünfeinhalb bis sechs Jahre vergangen.

Für die Bemessung der für die Verwirkung erforderlichen Zeitspanne gibt es allerdings keine starren, nach Anspruchsarten gegliederten Grenzen; es kommt vielmehr auf die Gesamtumstände des Einzelfalls an. Zeit- und Umstandsmoment können zudem nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Die zeitlichen wie die sonstigen Umstände des Falles müssen in ihrer Gesamtheit die Beurteilung tragen, dass Treu und Glauben dem Gläubiger die Verfolgung des Anspruchs verwehren, mit dessen Geltendmachung der Schuldner nicht mehr rechnen mußte. Je länger aber der Gläubiger untätig bleibt, obwohl eine Geltendmachung seiner Rechte zu erwarten wäre, desto mehr wird der Schuldner in seinem Vertrauen schutzwürdig, der Gläubiger werde ihn nicht mehr in Anspruch nehmen (BGH ZIP 2001, 670). Umgekehrt kann der Zeitraum der Untätigkeit umso kürzer sein, je stärker der vom Berechtigten geschaffene Vertrauenstatbestand und die Schutzbedürftigkeit der Verpflichteten ist.

Hier war durch das bloße Untätigbleiben über einen Zeitraum von etwa fünfeinhalb bis sechs Jahren schon kein so erheblicher Vertrauenstatbestand geschaffen worden, dass sich der Beklagte zu 2. darauf einstellen konnte, er werde auf Rückzahlung nicht mehr in Anspruch genommen.

bb) Dem Kläger ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) an der Rückforderung der geleisteten 53.000,00 DM gehindert.

Die Rechtsordnung lässt grundsätzlich widersprüchliches Verhalten zu, insbesondere dürfen die Parteien ihre Rechtsauffassungen ändern und jeder Partei steht es grundsätzlich frei, sich nachträglich auf die Nichtigkeit der von ihr abgegebenen Erklärungen zu berufen. Die - widersprüchliche - Rechtsausübung ist aber dann wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig, wenn durch das Verhalten des Berechtigten ein Vertrauenstatbestand entstanden der andere Teil im Hinblick hierauf bestimmte Dispositionen getroffen hat oder aus anderen Gründen schutzwürdig ist.

Hier fehlt es jedenfalls an der Schutzbedürftigkeit des Beklagten zu 2., der sich nach seinem eigenen Vorbringen für den günstigen Kaufvertragsabschluss und damit bewusst zum Nachteil der Miterben eine Vergütung hat versprechen lassen.

3.

Der Zinsanspruch resultiert aus den §§ 284, 286, 288 BGB i.d.F. des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen i.V.m. Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB. Die gesetzliche Zinshöhe beträgt danach für vor dem 1. Mai 2000 fälligen Forderungen 4 %. Verzug ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte erst mit Zugang des Schreibens vom 16. März 2000, mithin bei einer üblichen Postlaufzeit von drei Tagen am 18. März 2000 eingetreten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.). Soweit der Senat die Frage der Wirksamkeit einer schuldrechtlichen Verpflichtung zur Übertragung eines Anteils an einem Nachlassgegenstand im Hinblick auf § 306 BGB a.F. anders als der Bundesgerichtshof beurteilt hat, beruht die Entscheidung nicht darauf; hinsichtlich der Zulassung neuen Vorbringens gemäß § 531 Abs. 2 ZPO liegt keine Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung vor.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 12, 14 GKG a.F. auf 27.098,47 € festgesetzt.



Ende der Entscheidung

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