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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 15.03.2007
Aktenzeichen: 5 Lw 17/06
Rechtsgebiete: LwAnpG


Vorschriften:

LwAnpG § 28 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

5 Lw 17/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 15.03.2007

Verkündet am 15.03.2007

In der Landwirtschaftssache

hat der Landwirtschaftsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth sowie die ehrenamtlichen Richter Landwirt B... und Dipl.-Agrar-Ing.-Ökonomin R...

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde - Landwirtschaftsgericht - vom 19. Mai 2006 - Az.: 29 Lw 50/01 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Amtsgericht Fürstenwalde - Landwirtschaftsgericht - zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin macht im vorliegenden Verfahren einen Anspruch auf bare Zuzahlung gem. § 28 Abs. 2 LwAnpG geltend, den sie neben der Erbringung von eigenen Arbeitsleistungen insbesondere auf die Überlassung des Grundstücks Flur 3, Flurstück 50 der Gemarkung H... stützt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf die Darstellungen unter Ziffer I. in dem Beschluss des Senates vom 12. Mai 2005 - Az.: 5 W (Lw) 17/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht - Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat nach dem Beschluss des Senates vom 12. Mai 2005 Auskunft erteilt, und zwar im Wesentlichen unter Bezugnahme auf das in den Verfahren 5 W (Lw) 10/99 Brandenburgisches Oberlandesgericht eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. K..., der seinerzeit zu einem negativen Eigenkapital der Antragsgegnerin gelangt war. Teil dieses Gutachtens ist u. a. die Position "Umlaufvermögen" und hier unter Ziffer 2 die weitere Pos. "Feldinventar, andere unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen", die einen Buchwert von 2.375.650,00 DM aufweisen. Der Sachverständige hat nach der Vorgabe des Senates in dem Verfahren 5 W (LW) 10/99 ohne eigene gutachtlicher Untersuchungen diesen Buchwert in seinem Gutachten übernommen.

Die Antragstellerin hat nach Erteilung der Auskunft ihre Ansprüche mit Schriftsatz vom 13. September 2005 beziffert. An Inventarbeiträgen und gleichstehenden Leistungen macht sie einen Betrag von 1.920,00 DM geltend; auf der Stufe 2, auf der sie eine Kürzung der Ansprüche auf 77,73 % vornimmt, macht sie als Verzinsung für die Jahre 1960 bis 1990 einen Betrag von 1.785,60 DM und für Bodennutzung einen Betrag von 19.900,14 DM geltend. Für 14 Arbeitsjahre (1971 - 1985) begehrt sie einen Betrag von 50,00 DM pro Jahr, also insgesamt 700,00 DM.

Die Antragstellerin hat geltend, der in dem Gutachten des Sachverständigen Dr. K... angegebene Buchwert für die Position "Feldinventar" entspreche nicht dem wahren Wert des Umlaufvermögens. In tatsächlicher Hinsicht habe der Sachverständige in seinem Gutachten festgehalten, dass im Altkreis B... für Ackerflächen eine mittlere EMZ von 40 bei einer Schwankungsbreite von 22 - 58 bestehe, die Grünlandzahlen von 12 - 50 schwanken bei einem Durchschnitt von 33. Der Gründlandanteil betrage bei der Antragsgegnerin 6,7 % und zum Bewertungsstichtag seien rd. 6.800 ha bewirtschaftet worden. Ausgehend hiervon seien im Feldinventar stille Reserven von 4,8 Mio. DM enthalten. Zum Stichtag 30. Juni 1991 sei bei einer durchschnittlichen Bodenqualität von 40 Bodenpunkten davon auszugehen, dass sich der Wert des Feldinventars auf 1.125,00 DM/ha belaufe. Bei einer bewirtschafteten Fläche von 6.345 ha ergebe dies einen Wert des Feldinventars von 7.138.125,00 DM. Der wahre Wert sei damit um 4.762.475,00 DM höher als der Buchwert; das verfügbare Eigenkapital erhöhe sich damit auf 4.670.399,00 DM.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, an sie 9.958,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, der Vater der Antragstellerin, A... G..., habe keine dem Inventarbeitrag gleichstehenden Leistungen in Höhe von 1.920,00 DM erbracht; er sei auch nicht Mitglied der LPG gewesen. Der Wert des Feldinventars sei in der Bilanz und in dem Gutachten des Sachverständigen Dr. K... zutreffend angegeben. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bewirtschafte sie, die Antragsgegnerin, nur Ackerflächen mit einer durchschnittlichen Qualität von 32 Bodenpunkten. Es sei auch nicht berücksichtigt, dass auf den Futteranbau wesentlich geringere finanzielle Erträge entfielen und insgesamt 1.221 ha stillgelegt gewesen seien.

Das Landwirtschaftsgericht hat dem Antrag der Antragstellerin in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, es folge der Berechnung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin. Das von der Antragsgegnerin herangezogene Gutachten des Sachverständigen Dr. K... vom 28. Februar 2002 belege kein Eigenkapital in geringerer Höhe. Der Sachverständige selbst habe in seinem Gutachten ausgeführt, dass das zu ermittelnde Eigenkapital nicht der nach Buchwerten ermittelte Bilanzwert dese Unternehmens sei, sondern dessen tatsächlicher Wert. Nach diesen Kriterien folge das Gericht auf der Grundlage des Sachverstandes der landwirtschaftlichen Beisitzer der Berechnung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin. Der Vater der Antragstellerin habe 7,68 ha Ackerfläche in die LPG eingebracht, die entweder bestellt waren oder für die, soweit nicht bestellt, nach dem einschlägigen Musterstatut Saatgut, Dünge- und Futtermittel bis zur neuen Ernte unentgeltlich der LPG hätten übergeben werden müssen. Diese Leistungen hätten das Vermögen der LPG vermehrt und stünden daher dem Inventarbeitrag gleich. Den Wert schätze das Gericht auf der Grundlage des Sachverstandes der landwirtschaftlichen Beisitzer mit 250,00 DM/ha Ackerfläche, so dass sich eine Gesamtleistung in Höhe von 1.920,00 DM ergebe.

Gegen den ihr am 31. Mai 2006 zugestellten Beschluss des Landwirtschaftsgerichts Fürstenwalde hat die Antragsgegnerin mit am 13. Juni 2006 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Antragsgegnerin wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und macht geltend, dieses Vorbringen habe das Landwirtschaftsgericht bei seiner Entscheidung im Wesentlichen unberücksichtigt gelassen.

Die Antragsgegnerin beantragt.

den Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 19. Mai2006 - Az.: 29 Lw 50/01 -abzuändern und den Antrag der Antragstellerin auf Zahlung von 9.958,00 € nebst Zinsen zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig; sie wurde insbesondere rechtzeitig eingelegt (§ 65 Abs. 2 LwAnpG, §§ 9, 22 Abs. 1 LwVG, §§ 20 Abs. 1, 21, 22 Abs. 1 FGG).

In der Sache führt das Rechtsmittel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landwirtschaftsgericht.

1.

Der angefochtene Beschluss des Landwirtschaftsgerichts ist in verfahrenfehlerhafter Weise ergangen. Das Landwirtschaftsgericht hat den Anspruch der Antragsgegnerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs dadurch verletzt, dass es bei seiner Entscheidung den Vortrag der Antragsgegnerin zur Höhe eines möglichen Anspruchs auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG unberücksichtigt gelassen hat und allein auf der Grundlage des - streitigen - Vortrages der Antragstellerin seine Entscheidung getroffen hat.

Das Landwirtschaftsgericht ist ohne nähere Begründung von dem Vortrag der Antragstellerin ausgegangen, die Antragsgegnerin habe zum Bilanzstichtag Ackerflächen in einer Größe von 6.345 ha mit einer durchschnittlichen Bodenpunktzahl von 40 bewirtschaftet. Dieses Vorbringen der Antragstellerin war von der Antragsgegnerin jedoch bestritten worden. Diese hatte vorgetragen, die durchschnittliche Bodenpunktzahl der von ihr bewirtschafteten Flächen belaufe sich lediglich auf 32 und es sei zu berücksichtigen, dass in größerem Umfang auf Anbauflächen Futterpflanzen angepflanzt worden seien und teilweise Flächen auch stillgelegt gewesen seien.

Selbst wenn dieser Vortrag der Antragsgegnerin nicht hinreichend substantiiert sein sollte, so hätte das Landwirtschaftsgericht vor einer abschließenden Entscheidung die Antragsgegnerin hierauf hinweisen müssen und ihr Gelegenheit geben müssen, ihren Vortrag insoweit zu konkretisieren. Jedenfalls durch das Unterlassen eines solchen Hinweises hatte das Landwirtschaftsgericht die ihm obliegenden Hinweispflichten verletzt. Aus der angefochtenen Entscheidung wird in diesem Zusammenhang nicht erkennbar, ob das Landwirtschaftsgericht den Vortrag der Antragsgegnerin insoweit nicht für hinreichend konkret erachtet oder aus anderen Gründen für unbeachtlich gehalten hat. Ohne nähere Darlegungen wird der Entscheidung allein der Vortrag der Antragstellerin zu Grunde gelegt.

In entsprechender Weise hat das Landwirtschaftsgericht der Berechnung des Anspruchs dem Inventarbeitrag gleichstehende Leistungen des Vaters der Antragstellerin in Höhe von 1.920,00 DM berücksichtigt, obwohl auch dieses Vorbringen seitens der Antragsgegnerin bestritten worden war. Dies gilt ebenso für die Frage der Mitgliedschaft des Vaters der Antragstellerin in der LPG seit 1960, wobei es in diesem Zusammenhang in erster Linie Sache der Antragsgegnerin sein dürfte, zu den Umständen, die zur Nutzung des Flurstücks 50 seit dem Jahr 1960 geführt haben, ergänzend vorzutragen.

b) Dadurch, dass das Landwirtschaftsgericht seiner Entscheidung allein auf der Grundlage des streitigen Vorbringens der Antragstellerin getroffen hat, leidet das Verfahren an schwerwiegenden Mängeln. Da ohne eine weitere Sachaufklärung eine abschließende Entscheidung nicht möglich ist, ist es aus Sicht des Senates angezeigt, von der Möglichkeit der Aufhebung und Zurückverweisung, die auch für die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit allgemein als zulässig anerkannt wird (m. w. N. Barnstedt/Steffen, Landwirtschaftsverfahrensgesetz, § 22, Rn. 185), Gebrauch zu machen.

2.

Für das weitere Verfahren wird das Landwirtschaftsgericht Folgendes zu beachten haben:

a) Die Antragstellerin macht einen Anspruch auf bare Zuzahlung geltend. Sie weist in diesem Zusammenhang zu Recht selbst darauf hin, dass dieser Anspruch aus § 28 Abs. 2 LwAnpG der Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Beteiligungswert des Mitgliedes an der LPG und der Höhe des Beteiligungswertes an dem Unternehmen neuer Rechtsformen entspricht. Eine solche Vergleichsberechnung hat die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren nicht angestellt. Andererseits hatte die Antragstellerin an dem Unternehmen neuer Rechtsform einen Geschäftsanteil von 8.000,00 DM erhalten. Ob im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine Vergleichsberechnung deswegen entfallen kann, weil bei der Ermittlung des Geschäftsanteils der Antragstellerin deren Arbeitsleistung und die Überlassung des Flurstücks 50 an die LPG nicht berücksichtigt worden ist, wird vom Landwirtschaftsgericht noch zu prüfen sein.

b) Das Landwirtschaftsgericht wird weiter zu prüfen haben, ob zum Zeitpunkt der Überlassung des Flurstücks 50 durch den Vater der Antragstellerin eine Situation gegeben war, in der typischerweise dem Inventarbeitrag gleichstehende Leistungen erbracht werden mussten. In diesem Zusammenhang wird zu berücksichtigen sein, dass zu diesem Zeitpunkt der Vater der Antragstellerin bereits das Rentenalter erreicht hatte und die Antragsgegnerin bestritten hat, dass der Vater der Antragstellerin überhaupt Mitglied in der LPG geworden ist.

c) Soweit die Antragsgegnerin die tatsächliche Grundlage für die Berechnung des Wertes des Feldinventars (Größe und Art der bewirtschafteten Flächen, Bodenpunktzahl) bestreitet, dürfte dieses Bestreiten bislang nicht hinreichend substantiiert sein. Für die Antragsgegnerin dürfte es ohne weiteres möglich sein, hinsichtlich Größe, Art und Güte der von ihr zum Bilanzstichtag bewirtschafteten Flächen konkret vorzutragen. Für das weitere Verfahren ist zu beachten, dass in der angefochtenen Entscheidung hinreichende Grundlagen für die Bewertung des Feldinventars durch das Gericht selbst nicht erkennbar geworden sind. Der Senat vermag der angefochtenen Entscheidungen nicht zu entnehmen, auf welche Art und Weise das Landwirtschaftsgericht unter Heranziehung des Sachverstandes seiner Beisitzer bezogen auf den Stichtag 30. Juni 1991 zu der vom Buchwert abweichenden Bewertung des Feldinventars gelangt ist. Es wird zu prüfen sein, ob insoweit nicht ein Gutachten durch einen Sachverständigen einzuholen sein wird.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren einer erneuten Entscheidung durch das Landwirtschaftsgericht vorzubehalten.

Ende der Entscheidung

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