Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 01.11.2001
Aktenzeichen: 5 U 14/01
Rechtsgebiete: AGBG, RBerG, BGB, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 1
AGBG § 5
AGBG § 3
RBerG § 1 Abs. 1
RBerG § 5 Ziff. 1
RBerG § 1 Abs. 1 Satz 1
BGB § 172
BGB § 780
BGB § 164 Abs. 1 Satz 1
BGB § 134
ZPO § 523
ZPO § 263
ZPO § 308
ZPO § 795
ZPO § 767
ZPO § 97
ZPO § 708 Ziff. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
5 U 14/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 01.11.2001

verkündet am 01.11.2001

Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kühnholz, die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe und den Richter am Landgericht Dr. Matthiessen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. Dezember 2000 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus - 5 O 292/00 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Dabei bleibt der Beklagten nachgelassen, Sicherheit auch durch Vorlage einer unwiderruflichen, unbefristeten, selbstschuldnerischen und schriftlichen Bürgschaft eines als Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

Wert der Beschwer der Beklagten: 207.000,00 DM.

Tatbestand:

Mit der Klage wenden sich die Kläger gegen die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Kaufvertragsurkunde vom 22. November 1994 (Notar K in L , UR-Nr.), mit der die Kläger von der Firma B GmbH mit Sitz in L einen Miteigentumsanteil an dem 4.295 m2 großen Grundstück in S , eingetragen im Grundbuch von S Blatt , Flur , Flurstück erwarben, auf dem eine Service-Hotelanlage mit 135 Appartements errichtet werden sollte.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte finanzierte in den Jahren 1989 bis 1997 zahlreiche Bauträgergeschäfte bzw. Bauherrenmodelle einer aus mehreren juristischen Personen bestehenden G Gruppe. Dabei übernahm die Beklagte jeweils einerseits die Finanzierung für den Bauträger sowie andererseits auch die Finanzierung der Enderwerber. Sämtliche Kaufverträge mit den Erwerbern der Miteigentumsanteile und damit den Darlehensnehmern der Beklagten wurden für die Erwerber von der Firma K mbH mit Sitz in H (K ), einem zur G Gruppe gehörenden Unternehmen, geschlossen, der die Erwerber zuvor umfassend Vollmacht erteilt hatten. Bei einem der Objekte der G Gruppe, die von diversen Finanzkaufleuten als Steuersparmodell angepriesen wurden, handelt es sich um die Errichtung eines Hotelkomplexes mit 135 Hotellappartements (Serviceeinheiten) auf dem 4.295 qm großen Grundstück in S , R /Ecke S Straße, eingetragen im Grundbuch von S Blatt , Flur , Flurstück . Auf der Grundlage von Treuhandverträgen samt Vollmacht, die in ihrem Wortlaut seit 1989 kaum verändert wurden, schloß ein Mitarbeiter der K für die Erwerber sowohl die jeweiligen Kaufverträge mit der Firma B GmbH als der Veräußerin als auch die Kreditverträge mit der Beklagten, wobei sämtliche Kaufverträge ausschließlich von Notar Lothar K in L beurkundet wurden.

So hat es sich auch bei den Klägern verhalten.

Diese wurden im September 1994 von dem Finanzkaufmann D aus N aufgesucht, der ihnen empfahl, zum Zwecke der Steuerersparnis in Immobilien zu investieren. Nach Ermittlung der finanziellen Situation der Kläger erschien der Finanzkaufmann am 16. September 1994 erneut bei den Klägern und schlug ihnen den Erwerb eines Serviceappartements in S in der noch zu errichtenden Hotelanlage zu einem Kaufpreis von 232.870,00 DM vor. Er stellte die Angelegenheit als dringlich dar. Ein deswegen noch für den Abend des 16. September 1994 beabsichtigter Notarbesuch scheiterte jedoch, weil der Notar nicht mehr erreichbar war. Daraufhin holte der Finanzkaufmann die Kläger am darauffolgenden Sonnabend ab und fuhr mit ihnen zu dem Notar P in M. Dort schlössen die Kläger zu notarieller Urkunde des Notars (UR-Nr. ) einen als "Treuhandvertrag/ Vollmacht" überschriebenen vorformulierten Geschäftsbesorgungsvertrag ab, wegen dessen Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird auf die vorgelegte Urkunde (Blatt 324 d.A.). Dabei trat der Kläger zu 1. zugleich für die K als deren vollmachtloser Vertreter auf. In dem Vertrag erklärten die Kläger ihre Absicht, die Einheit 007 aus dem Objekt in S zu einem Kaufpreis von 232.870,00 DM zu erwerben. In dem Treuhandvertrag wurden der K für die Dauer des nur aus wichtigem Grund kündbaren Vertragsverhältnisses umfassende Vollmachten erteilt. Die K wurde hiernach im einzelnen ermächtigt, namens und für Rechnung der Kläger Verträge zu schließen, die insbesondere gerichtet waren auf den Erwerb des Miteigentumsanteils an der Liegenschaft, die schlüsselfertige Errichtung der Gesamtanlage und die Errichtung der Miteigentümergemeinschaft, den Abschluß von Darlehensverträgen einschließlich der Bestellung von Sicherheiten für die Finanzierungsinstitute. Die K wurde des Weiteren bevollmächtigt zur Verfügung über das Treuhandkonto, zur Entgegennahme und Zeichnung der Widerrufsbelehrung nach dem Verbraucherkreditgesetz, zur Stellung von Steuer- und Gebührenbefreiungsanträgen, zur Vertretung gegenüber Gerichten und dem Finanzamt, zu Änderungen/Ergänzungen und zur Aufhebung bzw. Rückabwicklung geschlossener Verträge sowie zur Erteilung von Untervollmachten. Dabei sollte die Treuhänderin gemäß Nr. II Abs. 2 des Vertrages nicht an den genauen Wortlaut der im Prospekt und in der in Bezug genommenen "Verweisungsurkunde" niedergelegten Verträge gebunden, sondern berechtigt sein, sofern und soweit dies bei Wahrnehmung des Interesses der Kläger an der Realisierung des Erwerbsvorganges erforderlich oder zweckmäßig erschien oder sich auf Grund rechtlicher oder sachlicher Erfordernisse anbot und das rechtliche und wirtschaftliche Gewollte nicht beeinträchtigte, nach pflichtgemäßem Ermessen Abweichungen zu vereinbaren, soweit das wirtschaftliche Ergebnis unverändert blieb.

Am 22. November 1994 genehmigte die K den Treuhandvertrag. Am selben Tage wurde vor dem Notar K in L (UR-Nr. ) der Vertrag über den Erwerb des Miteigentumsanteils (Serviceeinheit Nr. 007) an dem Grundstück durch die Kläger, vertreten durch die K , zu einem Kaufpreis von 232.870,00 DM geschlossen. Dabei wurde eine teilweise Übernahme der zuvor für die Finanzierung von der Verkäuferin, der Firma B GmbH, zugunsten der Beklagten bestellten Grundschuld und Eintragung an dem Miteigentumsanteil in Höhe von 207.000,00 DM nebst 8 % Jahreszinsen mit Unterwerfung der Kläger unter die sofortige Zwangsvollstreckung bewilligt. In einer Anlag A zu dem Kaufvertrag heißt es hierzu:

"Käufer des vorgenannten Miteigentumsanteils - mehrere als Gesamtschuldner - übernehmen für die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe des vorgenannten Grundschuldbetrages und der Zinsen ab heute die persönliche Haftung, aus welcher die Gläubigerin sie ohne vorherige Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz und unabhängig vom Bestand der Grundschuld in Anspruch nehmen kann und unterwerfen sich auch wegen dieser persönlichen Haftung der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in ihr gesamtes Vermögen. Der Gläubigerin ist sofort eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde zu erteilen. ...".

Am 2. Januar 1995 schloß die K namens der Kläger mit der Beklagten drei Kreditverträge über einen Gesamtdarlehensbetrag von 206.995,00 DM. Als Sicherheit für die Darlehen sollte der in der Urkunde vom 22. November 1994 durch die Kläger übernommene Grundschuldanteil in Höhe von 207.000,00 DM dienen.

Der Kredit wurde ausgezahlt, die Kläger wurden in der Folgezeit als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.

Die Kläger haben die Ansicht vertreten, ein wirksamer Darlehensvertrag sei nicht zustandegekommen, da sie, die Kläger, von der K nicht wirksam vertreten worden seien. Die Vollmacht der Treuhänderin und der Treuhandvertrag seien aus verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten unwirksam. Der Vertrag verstoße gegen das VerbrKrG, da die umfassende Vollmacht nicht die Mindestangaben des § 4 Abs. 1 Satz 4 Verbraucherkreditgesetz zu den Kreditbedingungen enthalte. Darüber hinaus verstoße der Vertrag vom 17. September 1994 gegen das Rechtsberatungsgesetz.

Die Kläger haben beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars L K in L - UR-Nr. vom 22. November 1994 einzustellen und die Beklagte zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung der genannten Urkunde an sie herauszugeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Beauftragung der Treuhänderin habe nicht der Besorgung von Rechtsangelegenheiten der Kläger gedient, sondern sich im wesentlichen auf wirtschaftlichem Gebiet bewegt. Im übrigen müßten die Kläger nach Rechtsscheinsgrundsätzen die Vorlage der Vollmacht durch die Treuhänderin bei Abschluß der Kreditverträge sich zurechnen lassen. Schließlich hätten die Kläger die Kreditverträge genehmigt, indem sie die Darlehensbeträge zur Finanzierung verwendet und die Kreditzinsen jahrelang bezahlt hätten.

Das Landgericht hat die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde für unzulässig erklärt und die Beklagten zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung an die Kläger verurteilt.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Kläger hätten einen durchgreifenden materiell-rechtlichen Einwand gegen den in der notariellen Urkunde vom 22. November 1994 titulierten Anspruch. Die Bevollmächtigung der Treuhänderin in der Urkunde vom 17. September 1994 verstoße gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG. Die Treuhänderin habe darin die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten übernommen, ohne über eine behördliche Erlaubnis zur Rechtsbesorgung zu verfugen. Sie sei mit der umfassenden Wahrnehmung der Rechte der Kläger bei dem Erwerb des Miteigentumsanteils und dessen gesamter vertraglicher und finanzieller Absicherung und der damit im Zusammenhang stehenden Rechtshandlungen und rechtserheblichen Erklärungen für die Kläger beauftragt worden. Dabei habe der Auftrag auch die Gestaltung aller in dem Zusammenhang mit dem Erwerb des Miteigentumsanteils stehenden Rechtsbeziehungen durch Abschluß und Gestaltung entsprechender Verträge zum Inhalt gehabt. Dies ergebe sich einerseits aus der detaillierten Aufführung der verschiedenen Verträge in der Vollmachtsurkunde und der weitgehenden und unwiderruflichen Beauftragung der Treuhänderin, andererseits aus der Ermächtigung zur Erteilung von Untervollmachten zur Vornahme aller für die Realisierung des Erwerbsvorganges gebotenen Rechtshandlungen zu. Die Vollmacht habe sich nicht lediglich auf den Abschluß bestimmter, inhaltlich im wesentlichen feststehender Verträge beschränkt. Nach dem Inhalt der Treuhandvereinbarung sei die K gerade nicht an den "genauen Wortlaut der in der Verweisungsurkunde niedergelegten Verträge" gebunden und ermächtigt gewesen, nach pflichtgemäßem Ermessen unter Wahrung des wirtschaftlichen Ergebnisses Abweichendes zu vereinbaren. Darüberhinaus sei die Verweisungsurkunde hinsichtlich der dort aufgelisteten möglichen Verträge nicht vollständig. Die vertraglichen Konditionen sowohl der Erwerbsvorgänge als auch der Fremdkapitalbeschaffung sowie der Vermietung und steuerlichen Betreuung seien im wesentlichen nicht festgesetzt. Der K sei deswegen ein umfassender tatsächlicher und rechtlicher Handlungsspielraum eingeräumt worden. Für die Festlegung der jeweiligen Vertragsinhalte seien eigenständige Beurteilungen rechtlicher Sachverhalte auf den Gebieten des Werk-, Finanz-, Kreditsicherheiten-, Miet- und Steuerrechtes erforderlich gewesen. Bei den durch die K zu besorgenden Geschäften habe sich mithin in vielfältiger Hinsicht rechtlicher Beratungsbedarf ergeben. Die jeweilige Vertragsgestaltung habe bei jedem der zu besorgenden Geschäfte zunächst der rechtlichen Prüfung und Beurteilung bedurft. Die Besorgung der Rechtsangelegenheiten der Kläger durch den Treuhänder sei auch nicht nach Art. 1 § 5 Ziff. 1 RBerG zulässig. Aus dem dargestellten Umfang der Vollmacht und der Art und Vielzahl der auf ihrer Grundlage abzuschließenden Verträge ergebe sich, daß die Rechtsbesorgung nicht nur Nebentätigkeit, sondern gerade Hauptzweck der Vollmacht gewesen sei.

Die K habe für die Bauherren gegenüber der Grundstücksverkäuferin, den Bauausführenden und den finanzierenden Kreditinstituten rechtlich handeln sollen und für die Kläger ausschließlich und umfassend die rechtliche Abwicklung des Grundstückserwerbes und der Errichtung des Objektes besorgt. Ihre Stellung sei vergleichbar mit der des Geschäftsbesorgers bei einem Bauträgermodell, der einzelne Bauträgerleistungen im Rahmen einer Treuhandvereinbarung, nicht jedoch die Vollbetreuung übernehme. Die Rechtsbesorgung sei in beiden Fällen gleichsam verselbständigt und allein Gegenstand der Treuhandverträge. Die Tatsache, daß die K bei Abschluß des Erwerbsvertrages und der Grundschuldbestellung durch einen Rechtsanwalt, ihren Geschäftsführer, vertreten gewesen sei, führe nicht zum Wegfall der Genehmigungspflicht. Treuhänder sei die K GmbH, nicht der Geschäftsführer. Schließlich ergebe sich aus der Vielzahl der abgeschlossenen Treuhandverträge, daß die Rechtsberatung auch geschäftsmäßig erfolgt sei.

Die Nichtigkeit der Vollmacht habe zur Folge, dass die K mangels Vertretungsmacht die streitgegenständliche Grundschuld nicht wirksam für die Beklagte habe bestellen können. Die Kläger hätten die vollmachtlos erfolgten Erklärung zur Grundschuldbestellung auch nicht genehmigt.

Die Kläger seien auch nicht aus Gründen der Rechtsscheinhaftung an die beurkundete Erklärung in entsprechender Anwendung von § 172 BGB gebunden. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, daß ihr schon zur Zeit der Abgabe der notariellen Erklärung zur Grundschuldbestellung die Vollmacht vorgelegen habe. Jedenfalls datierten die aufgrund der Vollmacht abgeschlossenen Kreditverträge später. Auf deren Wirksamkeit komme es für die Vollstreckung jedoch nicht an, da schon die dingliche Grundschuldbestellung nebst Vollstreckungsunterwerfung nicht wirksam sei. Zudem gehe die fehlende Wirksamkeit der Vollmacht aus der Urkunde selbst hervor. Da es sich um ein wegen unerlaubter Rechtsberatung nichtiges Vollmachtsgeschäft handele, könne der Rechtsschutz des Rechtsberatungsgesetzes, der jedenfalls nach neuerer obergerichtlicher Rechtsprechung auf den streitgegenständlichen Treuhandvertrag/Vollmacht anzuwenden sei, nicht dadurch entfallen, daß die Beklagte bei Vorlage der Vollmacht deren Nichtigkeit nicht erkannt habe. Jedenfalls im Anwendungsbereich des § 172 BGB sei davon auszugehen, daß der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht zu Ungunsten des in dessen Schutzbereich fallenden Vertretenen fortwirken dürfe.

Gegen das Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Die Beklagte rügt, daß das Landgericht nicht dem Antrag der Kläger entsprechend die Zwangsvollstreckung nur eingestellt sondern sie für unzulässig erklärt habe. Darüberhinaus habe das Landgericht die Beklagte zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde nur an die Klägerin und nicht auch an den Kläger verurteilt.

Zur Sache wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen zur Wurksamkeit der Vollmacht und meint, daß jedenfalls § 172 BGB zu ihren Gunsten eingreife. Denn sie, die Beklagte, habe die Unwirksamkeit der Vollmacht nicht erkennen müssen. Die Beklagte ist nach wie vor der Ansicht, daß die Kläger eine etwa vollmachtlos erfolgte Erklärung zur Grundschuldbestellung schlüssig genehmigt hätten, indem sie sich über Jahre hinweg den Grundstückserwerb hätten zurechnen lassen und Vorteile daraus gezogen hätten. Schließlich hält die Beklagte die vom Landgericht herangezogene Entscheidung des BGH (WM 2000, 2443) auf den vorliegenden Fall des Bauherrenmodells nicht für anwendbar, weil, wie die Beklagte behauptet, die Tätigkeit des Treuhänders allein darin bestanden habe, im Sinne einer Abwicklung der gewünschten Beteiligung des Kapitalanlegers am Steuermodell zunächst zu prüfen, ob genügend Bauherren vom Initiator zwecks Verwirklichung der Baumaßnahme geworben werden könnten, sodann in offener Stellvertretung die vorgegebenen Verträge für die Kapitalanleger zu schließen, nach Beginn der Baumaßnahmen den Baufortschritt zu überwachen und die auf dem Treuhandkonto eingegangenen Gelder (Eigenkapital wie Fremdkapital) wiederum in Stellvertretung für die Bauherren bzw. für die Bauherrengemeinschaft zur Anweisung zu bringen, um nach Abschluß der Baumaßnahmen das von ihm geführte Treuhandkonto zu schließen und den Schlußbericht zu fertigen. Daneben habe er sich um die steuerliche Anerkennung kümmern sollen. Der Zweck des Rechtsberatungsgesetzes würde, so meint die Beklagte, überspannt, wenn man ihm diese Tätigkeiten unterwürfe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 13. Dezember 2000 - 5 O 292/00 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen und hilfsweise, (im Wege der Klageerweiterung),

die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars L K in L vom 22. November 1994, UR-Nr. , für unzulässig zu erklären und die Beklagte zu verpflichten, die vollstreckbare Ausfertigung der vorstehend genannten Urkunde an sie, die Kläger, herauszugeben.

Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil mit näherer Darlegung und berufen sich nunmehr auch darauf, daß die Vollmacht nicht beinhaltet habe, ein abstraktes Schuldversprechen zugunsten der Beklagten abzugeben.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und der vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist statthaft und zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO).

II.

Die Kläger, machen sich mit ihrem Hilfsantrag den Tenor des erstinstanzlichen Urteils zu eigen. Die darin liegende Klageerweiterung ist gemäß §§ 523, 263 ZPO zulässig, weil sie sachdienlich ist. Es kann deswegen dahinstehen, ob das Landgericht den Klägern mehr zugesprochen hat, als sie beantragt haben. Denn ein etwaiger Verstoß gegen § 308 ZPO wäre hierdurch geheilt.

Soweit die Beklagte des weiteren darauf hinweist, zur Herausgabe der Vollstreckungsurkunde nur an die Klägerin und nicht auch an den Kläger verurteilt worden zu sein, so beruht dies auf einem Übertragungsfehler. Das Originalurteil spricht eine Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe der Urkunde an beide Kläger aus.

III.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.

Die Vollstreckungsabwehrklage, mit der sich die Kläger dagegen wehren, daß die Beklagte die Zwangsvollstreckung aus dem Schuldanerkenntnis in Anlage A des notariellen Kaufvertrages in ihr persönliches Vermögen betreibt, ist gemäß §§ 795, 767 ZPO zulässig. Insbesondere fehlt den Klägern das für die Klage erforderliche Rechtsschutzinteresse nicht, nachdem die Kläger in zweiter Instanz unwidersprochen vorgetragen haben, daß die Beklagte aus der notariellen Urkunde vom 22. November 1994 die Zwangsvollstreckung in ihr persönliches Vermögen betreibt. Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte betreibt die Zwangsvollstreckung aus dem der notariellen Kaufvertrag vom 22. November 1994. Die Kläger haben darin in Anlage A, die Vertragsbestandteil ist, gegenüber der Beklagten für die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe der Grundschuld über 207.000,00 DM nebst Zinsen die persönliche Haftung übernommen, aus welcher die Beklagte sie ohne vorherige Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz und unabhängig von dem Bestand der Grundschuld in Anspruch nehmen konnte, und sie haben sich wegen dieser persönlichen Haftung der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in ihr gesamtes Vermögen unterworfen. Sowohl die Übernahme der persönlichen Haftung durch die Kläger als auch die Unterwerfungserklärung sind nichtig.

Dem eindeutigen Wortlaut handelt es sich bei der Haftungsübernahme um ein abstraktes Schuldversprechen gemäß § 780 BGB. Denn die Kläger haben nicht wegen des Darlehensbetrags, sondern in Höhe des Grundschuldbetrages, und damit unabhängig von einem Rechtsgrund, die Haftung übernommen.

Bei dem Abschluß des Kaufvertrages, der das Schuldversprechen mit der Unterwerfungserklärung enthält, waren die Kläger nicht persönlich beteiligt. Sie waren vielmehr von der Firma K GmbH vertreten worden. Diese hat die Willenserklärung nicht gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB innerhalb einer ihr zustehenden Vertretungsmacht abgegeben, so daß sie nicht unmittelbar für und gegen die Kläger wirkt.

Grundlage für die Vertretung durch die K GmbH war der als Treuhandvertrag/Vollmacht überschriebene Geschäftsbesorgungsvertrag vom 17. September 1994. Dieser enthält eine Vollmacht zur Abgabe eines abstrakten Schuldversprechens nicht. Zwar war der Treuhänder gemäß Ziff. II., erster Absatz, neunter Spiegelstrich der Verweisungsurkunde bevollmächtigt, Verträge zu schließen, welche gerichtet waren auf die Gewährung und Bereitstellung der Fremdfinanzierungsmittel im Rahmen der Zwischen- und der Endfinanzierung sowie der Vorfinanzierung des Eigenkapitals. Hierzu gehörte die Bestellung der Sicherheiten zugunsten des oder der mitfinanzierenden Kreditinstitute durch Bewilligung und Eintragung von Grundpfandrechten mit dinglicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung am Erwerbsgegenstand bis zur Höhe des kalkulierten Gesamtaufwandes. Der Geschäftsbesorger war "im Rahmen der Übernahme der persönlichen Schuld" auch berechtigt, den Auftraggeber der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Dies beinhaltet aber nicht zugleich auch die Vollmacht zur Abgabe eines abstrakten Schuldversprechens.

Die Klausel ist nach § 1 AGBG als gestellte allgemeine Geschäftsbedingung der K zu behandeln. Wie der Verweisungsurkunde vom 10. November 1993 (Notar K in L , UR-Nr. ) zu entnehmen ist, ist die Einbeziehung des vorformulierten Inhalts des Treuhandvertrages der Firma K zuzurechnen. Bei der Bevollmächtigung geht es zwar um eine einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung, die hier die Kläger abgegeben haben. Auch auf eine vom Verwender vorformulierte einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung des anderen Teils, die im Zusammenhang mit einem Vertragsverhältnis steht, sind jedoch mit Rücksicht auf den Schutzzweck des AGB-Gesetzes dessen Vorschriften anzuwenden (BGH ZIP 1992, 24; 1996, 1208). Entscheidend ist, dass der Verwender - wie im vorliegenden Fall die K - bei der von dem anderen Teil abzugebenden Erklärung die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit für sich ebenso in Anspruch nimmt wie bei der Vorformulierung eines Vertragstextes.

Bei der gemäß §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung der Klausel ist deswegen ausschlaggebend, wie sie ein durchschnittlicher Kunde ohne rechtliche Vorbildung bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen mußte. Dies führt zur Verneinung einer die Abgabe eines abstrakten Schuldversprechens erfassenden Vollmacht.

Dem Wortlaut nach verweist die Klausel auf eine gesondert erklärte Übernahme einer persönlichen Schuld, für die der Treuhänder eine Unterwerfungserklärung abgeben konnte. Sie steht im Zusammenhang mit der Bestellung von Sicherheiten durch Bewilligung von Grundpfandrechten wegen der zukünftigen Darlehensverbindlichkeiten dem Finanzierungsinstitut gegenüber. Insoweit war die K berechtigt, die Kläger auch hinsichtlich ihres Vermögens und nicht nur hinsichtlich der Grundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen. Dies beinhaltet jedoch nicht die Befugnis, dem Kreditgeber neben dem Darlehensrückzahlungsanspruch einen weiteren, eigenständigen, materiell-rechtlichen Leistungsanspruch durch ein abstraktes Schuldversprechen zu verschaffen.

Die Abgabe eines abstrakten Schuldversprechens ist auch aus dem gesamten Sinn und Zweck des Treuhandvertrages nicht zu rechtfertigen. Dieser bestand darin, daß der Treuhänder den Erwerb der Eigentumswohnung und die entsprechende Finanzierung mit der erforderlichen Sicherung für die Kläger vornimmt und die Kläger zur Kaufpreiszahlung und Darlehensrückzahlung sowie zur Bereitstellung diverser Sicherheiten verpflichten kann. Nicht davon erfaßt wird die Begründung eines weiteren materiellen Anspruchs gegen die Kläger, unabhängig von den vorgenannten Verpflichtungen.

Jedenfalls ist die Klausel aber mehrdeutig, ohne dass sich die Zweifel an ihrem Aussagegehalt im Rahmen der objektiven Auslegung beseitigen ließen. Gemäß § 5 AGBG geht dies zu Lasten der K als der Verwenderin der Klausel.

Aber selbst wenn die Klausel als Vollmacht auch zur Abgabe eines abstrakten Schuldversprechens zu verstehen wäre, würde sie als überraschende Klausel als nicht vereinbart gelten (§ 3 AGBG). Denn an der eingeordneten Stelle im Vertragstext und auch wegen ihres Zuschnitts mußten die Kläger nicht mit ihr rechnen (vgl. BGH WM 1982, 871, 872). Die Klausel, die die K zur Abgabe eines abstrakten Schuldversprechens bevollmächtigen würde, findet sich in einem Nebensatz versteckt im Zusammenhang mit der Gewährung des Darlehens und seiner dinglichen Absicherung wieder, obwohl sie wegen der mit der Abgabe eines abstrakten Schuldversprechens verbundenen weitreichenden Folgen als eigenständige Regelung im fortlaufenden Text der Niederschrift zu erwarten wäre.

In den AGB der Banken und Sparkassen finden sich zwar häufig Formularklauseln, die eine persönliche Haftungsübernahme des Sicherungsgebers für die Auszahlung eines durch eine Grundschuld gesicherten Darlehens vorsehen. Dies allein rechtfertigt es jedoch aus dem oben genannten Grund nicht, schon in der Vollmacht der K allein zur Kreditaufnahme auch die Vollmacht für die Abgabe eines selbständigen Schuldversprechens, das neben den Rückzahlungsverpflichtungen der Kläger aus den Darlehensverträgen weitere eigenständige und davon unabhängige Leistungsansprüche gegen diese schafft, zu sehen.

Die Unwirksamkeit nach §§ 3, 5 AGBG betrifft grundsätzlich die Klausel im Ganzen und nicht nur den gegen das Klauselverbot verstoßenden Teil. Eine geltungserhaltende Reduktion auf im Zusammenhang mit der Darlehensaufnahme bestehende persönliche Verpflichtungen ist ausgeschlossen (Palandt/Heinrichs, 59. Aufl., Vorbem vor AGBG 8 Rn. 9).

Ist hiernach die Erklärung in Anlage A des Kaufvertrages schon inhaltlich nicht von der Vollmacht gedeckt, ist sie unwirksam. Eine Genehmigung durch die Kläger liegt nicht vor. Insbesondere kann eine Genehmigung nicht in der Inanspruchnahme des Darlehens gesehen werden. Denn diesem Verhalten kann ein entsprechendes Erklärungsbewußtsein nicht entnommen werden.

Auf die Frage, ob die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde in das persönliche Vermögen der Kläger unzulässig ist, weil der Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 134 BGB wegen Fehlens der Genehmigung nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG nichtig ist und deswegen die der Zwangsvollstreckung zugrundeliegenden Darlehensverträge für die Kläger von der K als Vertreter ohne Vertretungsmacht abgeschlossen wurden, kommt es hiernach nicht an.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück