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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 07.11.2002
Aktenzeichen: 5 U 16/02
Rechtsgebiete: EGBGB, 2. BesitzwechselVO, BGB, ZPO, EGZPO, VO, ZGB/DDR


Vorschriften:

EGBGB Art. 233 § 11 ff.
EGBGB Art. 233 § 11 Abs. 1
EGBGB Art. 233 § 11 Abs. 2
EGBGB Art. 233 § 11 Abs. 3
EGBGB Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1
EGBGB Art. 233 § 11 Abs. 4 Satz 2
EGBGB Art. 233 § 12
EGBGB Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. c
EGBGB Art. 233 § 12 Abs. 2 Ziffer 1
EGBGB Art. 233 § 12 Abs. 3
2. BesitzwechselVO § 4
2. BesitzwechselVO § 8a
2. BesitzwechselVO § 8a Abs. 3
2. BesitzwechselVO § 8 a Abs. 4
BGB § 273
BGB § 670
ZPO § 511
ZPO § 511 a
ZPO § 516
ZPO § 518
ZPO § 519 a. F.
EGZPO § 26 Nr. 5
VO § 15
ZGB/DDR § 286 Abs. 1 Ziffer 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 16/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 07. November 2002

verkündet am 07. November 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche vom 17. Oktober 2002 durch

den Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten vom 17.01.2002 wird das am 13.12.2001 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 10 O 486/00 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 95.695,52 € festgesetzt.

Tatbestand:

Das klagende Land nimmt die Beklage auf Auflassung der im Grundbuch von Z... auf Bl. 125 und 497 - 499 gebuchten Grundstücke der Flur 1, Flurstücke 549 - 552 nach den Vorschriften zur Abwicklung der Bodenreform in Anspruch.

Die streitgegenständlichen Grundstücke bildeten ursprünglich - mit einem bereits im Jahre 1979 abgetrennten Grundstück - ein einheitliches Grundstück, eingetragen in dem Grundbuch von Z... , Band III, Blatt 80, der Flur 1, Flurstück 79/1. Für dieses Grundstück wurde am 04.10.1946 in Abteilung II des Grundbuchs der sogenannte Bodenreformvermerk eingetragen. Am selben Tag wurde R... L..., der Pflegevater der Beklagten, aufgrund des am 30.08.1946 durch die Kreiskommission bestätigten Aufteilungsprotokolls der Gemeindekommission in Z... im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.

Das Grundstück wurde nach Schließung des Grundbuchs auf dem Bestandsblatt 125 unter der Katasterbezeichnung Flur 1, Flurstück 332 fortgeführt.

Im Jahre 1954 errichtete dieser auf dem Grundstück ein Kleinstgebäude mit einer Größe von 43 m² bestehend aus Küche, einer Kammer, einem Zimmer und Trockenboden. Den übrigen Teil des Grundstücks nutzte er zum Gemüseanbau und zur Kleintierhaltung zum Zwecke der Eigenversorgung und zur Erzielung eines geringen Nebenverdienstes zu seiner Kriegsversehrtenrente.

Im Sommer 1979 beabsichtigte die Beklagte gemeinsam mit ihrem Ehemann auf dem Grundstück ein Einfamilienhaus zu errichten. R... L... gab hierfür eine Teilfläche von 0,0552 Hektar an die Bodenkommission zurück. Hierauf hin wurde das Grundstück geteilt: R... L... verblieb ein Bodenreformgrundstück mit einer Größe von 4.359 m² mit der Katasterbezeichnung Z... , Flur 1, Flurstück 332/2. Die weitere Teilfläche von 552 m² wurde in Volkseigentum überführt, auf das Bestandsblatt 371 übertragen und erhielt die Katasterbezeichnung Z... , Flur 1, Flurstück 332/1.

Am 18.07.1979 wurde der Beklagten und ihrem Ehemann, F... S..., ein Nutzungsrecht an dem Grundstück verliehen. In der Folgezeit errichteten sie auf diesem Grundstück ein Einfamilienhaus.

R... L... verstarb am 23.08.1983 und wurde von der Beklagen gem. dem am 11.4.1990 vor dem Staatlichen Notariat ... eröffneten gemeinschaftlichen Testament des Erblassers und seiner zuvor verstorbenen Ehefrau M... L... vom 3. Mai 1966 - UR-Nr. des Staatlichen Notariats ... 60-358-85 - allein beerbt. In der Folgezeit nutzte die Beklagte gemeinsam mit ihrer Familie das Flurstück 332 / 2 weiter, wobei Art um Umfang der Nutzung zwischen den Parteien streitig ist. Am 05.02.1993 wurde die Beklagte als Eigentümerin im Grundbuch von Z... , Blatt 125, eingetragen. Gleichzeitig wurde der Bodenreformvermerk gelöscht.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 07.05.1990 - UR-NR: 20661-90, Staatliches Notariat ... - erwarb die Beklagte und ihr Ehemann, F... S..., das Flurstück 332/1. Ihre Eintragung als Eigentümer im Grundbuch ist am 23.09.1997 erfolgt.

Mit notariellem Vertrag vom 30.08.1994 - Urkundenrolle des Notars ... K..., Amtssitz in ..., Nr. 789 - übertrug die Beklagte ihren Kindern M..., Ma... und E... S... jeweils eine noch zu vermessende Teilfläche des Flurstücks 332/2 mit einer Größe zwischen 740 und 800 m².

Auf Ersuchen des Grundstücks- und Vermögensamtes Brandenburg vom 06.10.1999 wurde am 27.01.2000 in Abteilung II eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs nach Art. 233 § 11 Abs. 3 EGBGB für den Kläger eingetragen. Zeitlich nachrangig, am 12.12.2000, wurde zugunsten von M..., E... und Ma... S... in Abteilung II eine Auflassungsvormerkung für die jeweiligen Teilflächen eingetragen. Zwischenzeitlich ist die Eigentumsumschreibung erfolgt. Die übertragenen Grundstücksflächen sind von dem auf Blatt 125 gebuchten Grundstück abgeschrieben und auf die neu angelegten Grundbücher, Blatt 497 - 499 übertragen worden. M... S... ist für das auf Blatt 497 gebuchte Grundstück mit einer Größe von 723 m² (Flur 1, Flurstück 549); E... S... für das auf Blatt 498 gebuchte Grundstück mit einer Größe von 710 m² (Flur 1, Flurstück 551) und Ma... S... für das auf Blatt 499 gebuchte Grundstück mit einer Größe von 710 m² (Flur 1, Flurstück 550) als Eigentümer/in eingetragen worden. Die zugunsten des Klägers eingetragene Vormerkung ist bei Neuanlegung der Grundbuchblätter jeweils in Abteilung II übernommen worden.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei ihm gegenüber als "Besserberechtigten" zur Auflassung der im Klageantrag genannten Grundstücke verpflichtet, da sie nicht zuteilungsfähig sei. Er hat behauptet, bei dem ursprünglich einheitlichen Grundstück habe es sich um eine Hauswirtschaft gehandelt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die Auflassung des Eigentums hinsichtlich der Grundstücke, gelegen in Z...

a) Flur 1, Flurstück 549 (Größe 723 m²),

b) Flur 1, Flurstück 550 (Größe 710 m²),

c) Flur 1, Flurstück 551 (Größe 710 m²),

d) Flur 1, Flurstück 552 (Größe 2.210 m²),

verzeichnet im Grundbuch von Z... , Amtsgericht ... , Blatt 125 zu erklären und darin einzuwilligen, dass das Eigentum an den vorbezeichneten Grundstücken auf ihn übergeht sowie seine Eintragung gegenüber dem Amtsgericht ... - Grundbuchamt - zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei den Grundstücken um Kleinstflächen im Sinne von § 8a Besitzwechselverordnung handele. Sie hat behauptet, auf Grund der örtlichen Gegebenheiten - beide Seiten des ehemaligen einheitlichen Grundstücks grenzen an Privatgärten - habe das Grundstück zu keiner Zeit als Landwirtschaftsbetrieb genutzt werden können. Das ehemalige Flurstück 322 / 2 auch nach dem Tod ihres Pflegevaters von ihr und ihrem Ehemann kleingärtnerisch genutzt worden. Diese Nutzung sei auch über den 15.03.1990 hinaus beibehalten worden.

Hilfsweise hat sich die Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen vorgenommener Verwendungen für Haus und Nebengebäude in Höhe von 200.882,92 DM berufen.

Das Landgericht Potsdam hat durch Urteil vom 13.12.2001 der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger Besserberechtigter im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit.c EGBGB sei. Es ist davon ausgegangen, dass es sich bei den Grundstücken um Kleinstflächen handele, für deren dauerhafte Zuordnung auch im Rahmen der Nachzeichnung der früheren Bodenreformgrundstücke es nicht auf eine zu ermittelnde Zuteilungsfähigkeit ankomme. Allerdings lägen zugunsten der Beklagten nicht die Voraussetzungen des § 8a Abs. 3 Besitzwechselverordnung vor, da diese unstreitig seit 1979 das Nachbargrundstück Flur 1, Flurstück 332/1 mit einer Gesamtfläche von 552 m² nutzt. Bei dieser Sachlage wäre unter Berücksichtigung der herrschenden Bodenrechtspraxis in der DDR nicht zu erwarten gewesen, dass ihr noch eine andere Kleinstfläche zur Nutzung übertragen worden wäre.

Selbst wenn es sich bei den Grundstücken nicht um eine Kleinstfläche handeln würde, wäre die Beklagte nicht zuteilungsfähig, da sie vor dem 15.03.1990 nicht zehn Jahre in der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft tätig und dort ihr überwiegendes Einkommen erzielt hätte. Ab 1984 habe sie vielmehr ihr überwiegendes Einkommen als stellvertretende bzw. hauptamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde W... verdient. Auf die Zuteilungsfähigkeit des Ehemannes der Beklagten komme es nicht an.

Gegen dieses, ihr am 20.12.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 17.01.2002 eingegangen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 18.03.2002 begründet.

Die Beklagte greift die Ausführungen im angefochtenen Urteil insoweit an, als das Landgericht die Auffassung vertreten hat, die Beklagte sei nicht zuteilungsfähig, weil sie die Grundstücke als sogenannte Kleinstflächen unter Berücksichtigung der Bodenpolitik in der DDR nicht zugewiesen erhalten hätte. Sie vertieft insoweit ihren erstinstanzlichen Vortrag zur Nutzung des ehemaligen Flurstücks 332/2 zum Stichtag am 15.03.1990.

Sie behauptet, während der gesamten Zeit - auch noch zu Lebzeiten ihrer Pflegeeltern - seien die Teilflächen 332/1 und 332/3 als eine Wirtschaftseinheit betrachtet und gemeinsam gärtnerisch genutzt und bewirtschaftet worden.

Zum Stichtag 15.03.1990 habe sie und ihre Familie auf dem Flurstück 322/2 Hunde (2 Terrier-Mischlinge und 6 Welpen), 24 Hühner, 8 Kaninchen, 13 Tauben, 2 Flugenten mit 15 Jungen, 2 Fasane, 2 Schönsittiche, 2 Rosenköpfchen, 6 Wellensittiche und 5 Schafe gehalten. Die Hühner, Kaninchen und Tauben seien in dem Stall der Pflegeeltern untergebracht gewesen; die Fasane und Sittiche in 2 Volieren auf dem Flurstück 332/2. Die Schafe hätten angepflockt unter einem teilweise überdachten Auslauf hinter dem Stall auf dem Flurstück 332/2 gestanden. Darüber hinaus seien die Beete teilweise - weil es für eine Aussaat noch zu früh gewesen sei - vorbereitet gewesen. Zum Nachweis der Grundstücksnutzung zu kleingärtnerischen Zwecken hat die Beklagte einen "Lageplan der einzelnen Gemüsebeete" zum Stichtag vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 278 d.A verwiesen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass ihr bei dieser Sachlage auch das Flurstück 332/2 als Kleinstfläche zugewiesen worden wäre, da ihr auch keine andere Kleinstfläche zur Verfügung gestanden habe und die Wohnungszuweisung für den Sohn M... aus dem Jahre 1988 sich nur auf das Kleinwohnhaus, nicht aber auf die Grundstücksflächen selbst bezogen habe.

Das Landgericht habe zu Unrecht auch das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts wegen der von ihr behaupteten Aufwendungen verneint. Dieses ergebe sich unmittelbar aus §§ 273, 670 BGB i. V. m. Art. 233 § 11 Abs. 4 Satz 2 EGBGB. Im übrigen hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochten Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 13.12.2001, Az.: 10 O 486/00, wegen offensichtlicher Unrichtigkeit dahingehend zu berichtigen, dass die Beklagte verurteilt wird,

a) die Auflassung des Eigentums hinsichtlich des Grundstücks, gelegen in Z... , Flur 1, Flurstück 549 (Größe: 723 m²) verzeichnet im Grundbuch von Z... des Amtsgerichts ... , Blatt 497, sowie

b) die Auflassung des Eigentums hinsichtlich des Grundstücks, gelegen in Z... , Flur 1, Flurstück 550 (Größe: 710 m²) verzeichnet im Grundbuch von Z... des Amtsgerichts ... , Blatt 499, sowie c) die Auflassung des Eigentums hinsichtlich des Grundstücks, gelegen in Z... , Flur 1, Flurstück 551 (Größe 710 m²) verzeichnet im Grundbuch von Z... des Amtsgerichts ... , Blatt 498, sowie

d) die Auflassung des Eigentums hinsichtlich des Grundstücks, gelegen in Z... , Flur 1, Flurstück 552 (Größe 2.210 m²) verzeichnet im Grundbuch von Z... des Amtsgericht ... , Blatt 125,

zu erklären und darin einzuwilligen, dass das Eigentum an den vorbezeichneten Grundstücken auf ihn übergeht, sowie seine Eintragung gegenüber dem Amtsgericht ... - Grundbuchamt - zu bewilligen.

Der Kläger nimmt auf seinen erstinstanzlichen Vortrag Bezug und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass das Landgericht im Ergebnis zu Recht den Kläger als Besserberechtigten nach Maßgabe des Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. c EGBGB angesehen habe. Dabei sei es allerdings rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass es sich bei den Grundstücken um Kleinstflächen handele. Die Grundstücke seien vielmehr als sogenannte Hauswirtschaft einzuordnen. Bereits aus dem eigenen Vortrag der Beklagten ergebe sich, dass das Grundstück zum Stichtag als Hauswirtschaft genutzt worden sei. Selbst wenn man davon ausginge, dass es sich bei den Grundstücken um Kleinstflächen handeln würde, wären diese unter Berücksichtigung der Besitzwechselverordnung vom 7.8.1985 nicht der Beklagten zugewiesen worden, da sie bereits über ein Wohngebäude einschließlich Hausgarten verfügt habe. In der Besitzwechselverordnung sei nicht vorgesehen gewesen, dass Personen, die bereits über ein Wohngebäude einschließlich Hausgarten verfügten, eine weitere zum Wohnen bestimmte Wohnfläche übernehmen konnten. Dies sei bereits vor dem Hintergrund des bestehenden dringenden Wohnungsbedarfs nicht möglich gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, gem. §§ 511, 511 a, 516, 518, 519 a. F.

Der Senat hat über den Rechtsstreit nach dem vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses geltenden Berufungsrecht zu entscheiden, da die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene erstinstanzliche Urteil ergangen ist, vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist, § 26 Nr. 5 EGZPO.

Die Berufung ist auch begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf (unentgeltliche) Auflassung der Grundstücke gem. Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. c EGBGB, weil die Bewirtschaftung der Kleinstfläche, bei dem es sich um Bodenreformland handelt, zum Stichtag am 15.03.1990 nicht aufgegeben war.

1.

Die Vorschriften über die Abwicklung der Bodenreform sind auf den vorliegenden Sachverhalt gem. Art 233 § 11 Abs. 1 EGBGB anwendbar.

Bei den streitgegenständlichen Grundstücken handelt es sich um aus der Bodenreform stammende Grundstücke i. S. v. Art. 233 § 11 Abs. 1 EGBGB. Im Grundbuch von Z... in Abt. II des Grundbuchs von Z... , Band 3, Bl. 80 (alt) war ein entsprechender Vermerk eingetragen, nach welchem das damals noch einheitliche Grundstück (Flur 1, Flurstück 79/1) nach den Bodenreformvorschriften gem. Art. IV Ziff. 1 der Verordnung über die Bodenreform vom 6. September 1945 weder ganz noch teilweise veräußert, verpachtet oder verpfändet werden durfte. Dieser Vermerk ist für das Flurstück 322 / 2, aus dem die streitgegenständlichen Grundstücke durch Teilung hervorgegangen sind, erst am 5.2.1993 gelöscht worden.

Lediglich für die im Jahre 1979 abgetrennte Teilfläche, die die katstermäßige Bezeichnung Flur 1, Flurstück 322 / 1 erhalten hat und die in Volkseigentum überführt wurde, ist der Bodenreformvermerk seinerzeit gelöscht worden. Diese ist jedoch nicht streitgegenständlich.

2.

Die Beklagte ist durch den Erbfall gem. § 1922 BGB Eigentümerin des Flurstücks 322/ 2 geworden.

Ursprünglicher Eigentümer war der Arbeiter R... L... , der Pflegevater der Beklagten. Diesem wurde auf Grund des am 30.8.1946 durch die Kreiskommission bestätigten Aufteilungsprotokolls der Gemeindekommission in Z... das damals noch einheitliche Grundstück der Flur 1, Flurstück 79/1 übertragen. Herr L... wurde am 4.10.1946 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.

Die Beklagte ist gem. 1922 BGB Rechtsnachfolgerin nach dem am 23.08.1983 verstorbenen R... L... . Die Beklagte hat diesen gem. dem am 11.4.1990 vor dem Staatlichen Notariat ... eröffneten gemeinschaftlichen Testament des Erblassers und seiner zuvor verstorbenen Ehefrau M... L... vom 3. Mai 1966 - UR-Nr. des Staatlichen Notariats ... 60-358-85 - allein beerbt. Sie ist damit mit dem Erbfall auch Eigentümerin des Grundstücks geworden. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshof ergibt sich die Eigentumszuweisung im Wege der Erbfolge bereits aus der Stellung als Erbe, nach dem im Grundbuch eingetragenen Bodenreformeigentümer. Der Eigentumszuweisung durch den durch das zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz eingeführten Artikel 233 § 11 Abs. 2 EGBGB bedurfte es daher nicht, wenn man nunmehr mit dem Bundesgerichtshof der Vererblichkeit des Bodenreformeigentums ausgeht (Urteil vom 17.12.1998, VIZ 1999, 157 ff.).

Da das Bodenreformeigentum von öffentlich-rechtlichen Zuteilungs- und Rückführungs- und Übertragungsvorschriften überlagert war, hatte es dennoch gem. Art. 233 § 11 Abs. 3 i. V. m. § 12 EGBGB nur dann Bestand, wenn kein Anspruch eines nach dieser Vorschrift Besserberechtigten besteht oder der Ausnahmefall der Kleinstfläche vorliegt.

Letzteres ist hier der Fall.

a)

"Kleinstflächen" sind Grundstücke i. S. v. Art. 1 Nr. 2 d der VO über die Bodenreform der Provinz Brandenburg vom 20. Oktober 1945 (Verordnungsblatt der Provinzverwaltung Mark Brandenburg Nr. 1 Satz 6). Die VO betraf "kleine Grundstücke (Parzellen)", die Arbeitern, Angestellten, Handwerkern oder aber an Umsiedler und Flüchtlinge, die ihr Hab und Gut durch die "hitlerische Kriegspolitik" verloren hatten (Art. 1 Ziff. 2 c, d der vorgenannten VO i.V.m. 2. AusführungsVO zu Art IV Ziffer 8) zum Zwecke des Gemüseanbaus und damit zur Eigenversorgung zur Verfügung gestellt werden sollten. Damit war die Landverteilung, obgleich grundsätzlich der landwirtschaftliche Aspekt bei der Bodenreform im Vordergrund stand, an nicht landwirtschaftlich tätige Empfänger nicht ausgeschlossen. Die vorgenannte VO beschrieb als Kleinstflächen nicht Grundstücke einer bestimmten Größe, sondern Grundstücke bis zu 0,5 ha, die einem bestimmten Zweck, nämlich Selbstversorgung der Familie mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, durch Arbeiter und Angestellte zu dienen bestimmt waren (Art IV Ziffer 8 der 2. AusführungsVO). Dies zeigt auch der Vergleich mit Art. 1 Nr. 2 a und b der VO, der die Vergrößerung des Ackerlandes bereits bestehender Bauernhöfe unter 5 ha sowie die Schaffung neuer selbstständiger Bauernwirtschaften für Landlose, Landarbeiter und kleine Pächter zum Gegenstand hatte (Senat, Urteil vom 17.10.2002 - 5 U 239/01 - , unveröffentlicht , OLG Naumburg, OLG-Report 1999, 153).

Bei diesen Grundstücken, die in § 15 der VO über die Auseinandersetzung bei Besitzwechsel von Bauernwirtschaften aus der Bodenreform vom 21.6.1951 (GBl/DDR I 1951, S. 629 ff.) auch als "Kleinparzelle" bezeichnet wurden, kommt es auf eine Zuteilungsfähigkeit nicht an. Die Nachfolge in die als Kleinstflächen aus dem Bodenfonds den Begünstigten zugeteilten Grundstücke wurden nicht durch § 4 der 2. Besitzwechselverordnung vom 9. September 1975 bzw. 7. Januar 1998 (GBl. d. DDR I 1975, S. 629; 1988, S. 25), sondern durch § 8 a der 2. Besitzwechselverordnung bestimmt. Dabei kam es nicht darauf an, ob der Übernehmer in der Lage ist, das Grundstück "bäuerlich" zu nutzen. Der Begünstigte war zu ihrer "Bewirtschaftung" schlechthin verpflichtet (§ 15 der VO vom, 21. Juni 1951, § 9 der 2. Besitzwechselverordnung, vgl. BGH in VIZ 1997, 296 = DTZ 1997, S. 224). Danach waren gem. § 8 a Abs. 4 der 2. Besitzwechselverordnung Kleinstflächen aus der Bodenreform, die nicht in den staatlichen Bodenfonds zurückgeführt werden, durch Besitzwechsel unter Berücksichtigung der Größe an einen oder mehrere Bewerber zu übertragen, sofern diese die Flächen entsprechend der für Kleinstflächen aus der Bodenreform vorgesehenen Nutzung bewirtschaften werden und nicht bereits unbefristet eine Kleinstfläche in dergleichen Nutzungsart bewirtschaften. Die nach dem Recht der DDR unterschiedlichen Zuteilungsgrundsätze sind in Art. 233 § 11 ff. EGBGB übersehen worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes führen die Unterschiede dazu, dass der Frage der Zuteilungsfähigkeit i. S. v. Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB im Rahmen der Entscheidung über das Bestehen eines Anspruchs aus Art. 233 § 11 Abs. 3 EGBGB ebenso wie nach den Bodenreformvorschriften bei einer Kleinstfläche keine Bedeutung zukommt (BGH, VIZ 1997, 296). Ein Anspruch auf Auflassung einer Kleinstfläche steht dem Fiskus in Nachzeichnung des § 8 a der 2. BesitzwechselVO an den Fiskus nur zu, sofern es von dem Erben bei Ablauf des 15.3.1990 nicht mehr als Kleinstfläche aus der Bodenreform bewirtschaftet wurde (so BGH VIZ 1997, S. 296, 297; Senat, a.a.O.) oder diesem unbefristet eine weitere Kleinstfläche der gleichen Nutzungsart zur Verfügung stand.

Danach ist der geltend gemachte Auflassungsanspruch unbegründet.

b)

Das ursprünglich noch einheitliche Grundstück der Flur 1, Flurstück 79/1 ist dem Pflegevater der Beklagten, R... L... , im Jahre 1946 auf Grund der VO über die Bodenreform vom 6.9.1945 der Provinz Brandenburg als Kleinstfläche zugeteilt worden. Das Grundstück wurde diesem nicht als "Arbeitseigentum" zur bäuerlichen Bewirtschaftung übergeben. R... L... ist unter der Zuordnung als "Arbeiter" als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden. Dass er durch die Bewirtschaftung des knapp 5000 m² großen Grundstück seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie hätte bestreiten können, war ausgeschlossen. Er war - unstreitig - zu keinem Zeitpunkt (hauptberuflich) als Landwirt tätig. R... L... bezog lediglich eine minimale Kriegsverletztenrente. Ihm wurde die knapp 0,5 ha große Fläche zum Zwecke des Gemüseanbaus und damit zur Selbstversorgung zugeteilt. Hierfür sprechen - neben der Größe - auch die örtlichen Gegegebenheiten des Grundstücks. Auf Grund des Zuschnitts und der Lage des Grundstücks - an beiden Längsseiten grenzen Gärten an - wäre eine Nutzung zu landwirtschaftlichen Zwecken nicht möglich gewesen, da die hierfür erforderliche Technik nicht hätte eingesetzt werden können. Unstreitig hat R... L... das Grundstück auch zum Anbau von Gemüse, der Haltung von Tieren, der Erzeugung von Futter für diese Tiere und damit zur Eigenversorgung bis zu seinem Tode genutzt

Dass R... L... das Grundstück als Kleinstfläche zugewiesen wurde, wird letztlich auch durch den innerbehördlichen Schriftverkehr aus den 70iger Jahren bestätigt.

In einem Schreiben des Abteilungsleiters des Rates des Kreises ... vom 13.7.1979 an den Rat der Gemeinde Z... ist das Grundstück ausdrücklich als "Kleinparzelle" bezeichnet worden. Diese Bezeichnung entspricht - wie bereits ausgeführt - der in § 15 der VO über die Auseinandersetzung bei Besitzwechsel von Bauernwirtschaften aus der Bodenreform vom 21.6.1951 genannten Bezeichnung. Dass in der Folgezeit wiederum die Bezeichnung als "Kleinstflächen aus der Bodenreform" (§ 9 der 2. Besitzwechselverordnung vom 7.8.1975) üblich geworden ist, ist insoweit unerheblich, da sich gerichtsbekanntermaßen "Umbenennungen" in der Praxis nur sehr zögerlich durchsetzen Des Weiteren ist das Grundstück von 0,49 ha in einem Schreiben des Rates der Gemeinde Z... an den Rat des Kreises ... vom 26.5.1975 in einer Aufstellung über die Besitzer von Kleinstflächen von unter 1 ha ausdrücklich aufgeführt. Aus beiden Schreiben ergibt sich, dass die zuständigen örtlichen Organe, nämlich der Rat der Gemeinde Z... und der Rat der Gemeinde ... das Grundstück als Kleinstfläche "registriert" und als solche auch behandelt haben.

c)

Das Grundstück hat seine Eigenschaft als "sogenannte Kleinstfläche" - abgesehen von dem abgetrennten Flurstück 332/1 - auch in der Folgezeit bis zum 15.03.1990 nicht verloren. Das Grundstück wurde nicht in eine LPG oder in den staatlichen Bodenfonds zurückgeführt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Pflegevater der Beklagten auf dem Grundstück ein Kleinhaus und Nebengelaß errichtet hat. Auch Kleinstflächen konnten zu Wohnzwecken bebaut werden. Gegenteiliges läßt sich aus den Bodenreformvorschriften nicht herleitet.

Für die rechtliche Einordnung ist insoweit auch unerheblich, dass das Grundstück als "Acker mit Wohnhaus" im Grundbuch bezeichnet worden war. Dennoch ist - entgegen der Auffassung des Klägers - das Grundstück nicht als sog. "Hauswirtschaft" i.S. von Art 233 § 12 Abs. 2 Ziffer 1 EGBGB zu behandeln.

Aus den Ausführung unter a) ergibt sich, das Kleinstflächen bereits nach den Regelungen in der VO über die Bodenreform der Provinz Brandenburg vom 20. Oktober 1945 ein anderes Schicksal als das eigentliche Bodenreformland nehmen sollten, weil diese den Berechtigten nicht als "Arbeitseigentum" zur bäuerlichen Nutzung zugewiesen wurden. Folgerichtig bezieht sich die Besitzwechselverordnung vom 21.06.1951 in erster Linie auf sog. "Neubauernwirtschaften". Nach § 15 der VO sollten Kleinstflächen, die von dem bisherigen Eigentümer aufgegeben wurden, nicht - wie die Neubauernwirtschaften - an "neue Bodenbewerber" ausgeteilt und damit einer landwirtschaftlichen Bewirtschaftung zugeführt werden, sondern der Kleingartenhilfe des FdGB oder ablieferungspflichtigen Betriebe oder anderen Kleingärtnern zur Verfügung gestellt werden. Dieser Gedanke wird in §§ 8, 8a der 2. BesitzwechselVO aufgegriffen und an die weitere gesellschaftliche Entwicklung angepaßt.

Der Begriff der Hauswirtschaft wird hingegen in dem LPG-Gesetz und den Musterstatuten ( Ziffer 64 Musterstatut Typ I, Ziffer 67 Musterstatut Typ III, jeweils Ziffer 9 (3) Musterstatut der LPG Tierproduktion und Pflanzenproduktion) gebraucht. Nach Ziffer 13 Abs. 4 des Musterstatuts der LPG (P) und LPG (T) waren die Mitglieder verpflichtet, ihren gesamten Boden der genossenschaftlichen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Von der umfassenden Einbringungspflicht ausgenommen waren nur die Flächen bis 0,5 ha, die die Mitglieder für ihre persönliche Hauswirtschaft genutzt haben. Kleinstflächen unterlagen hingegen nicht der Einbringungspflicht, weil sie - wie ausgeführt - nicht zur landwirtschaftlichen Nutzung zugewiesen wurden.

Darüber hinaus gilt Folgendes:

Haben der Rat der Gemeinde Z... und der Rat der Gemeinde, obwohl ihnen bekannt war, dass das Grundstück zu Wohnzwecken genutzt wird, dieses - wie sich aus dem unter b) dargestellten innerbehördlichen Schriftverkehr ergibt - weiterhin als "Kleinstfläche" behandelt, kann nun nichts anderes gelten, denn durch Art 233 §§ 11 ff EGBGB soll die Zuweisung des Bodenreformlandes nicht allein aufgrund der Bodenreformvorschriften, sondern auch unter Berücksichtigung ihrer praktischen Handhabung nachgezeichnet werden.

Letztlich sind die Grundstücke auch vor dem Hintergrund, dass im Jahre 1988 der Sohn der Beklagten, M... S... , eine Wohnungszuweisung für das von dem Pflegevater 1948/49 errichtete Wohnhaus erhalten hatte, weiter als Kleinstfläche zu behandeln. Zum einen bezog sich die Zuweisung nur auf das 43 m² große Wohnhaus und nicht auf das gesamte Grundstück. Zum anderen erfolgte die Zuweisung von Wohnraum nach der WohnraumlenkungsVO unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an Grundstück und Gebäude. d)

Handelt es sich nach alledem bei dem ehemaligen Flurstück 322/2 um eine Kleinstfläche, wäre die Beklagte nur zur Auflassung verpflichtet, wenn sie bei Ablauf des 15.03.1990 das Grundstück nicht mehr bewirtschaftet hätte oder ihr eine weitere Kleinstfläche zur Verfügung stand.

Beides ist indessen nicht der Fall.

aa)

Aufgrund der detaillierten Schilderung der Beklagten über Art und Umfang der Nutzung des ehemaligen Flurstücks 322/2 und den glaubhaften Bekundungen des Zeugen F... S... , der Ehemann der Beklagten, steht zur Überzeugung des Senats weiter fest, dass die Bewirtschaftung des Grundstücks bis zum Stichtag am 15.03.1990 nicht aufgegeben war, sondern die Beklagten mit ihrer Familie in erheblichem Umfang Gemüse und Futtermittel angebaut und Tiere, wie Hühner, Kaninchen, Tauben, Flugenten, Fasane, Schönsittiche, Rosenköpfchen, Wellensittiche und Schafe gehalten hat.

Der Zeuge hat die Behauptungen der Beklagten zu Art und Umfang der Bewirtschaftung des ehemaligen Flurstücks 322/ 2 zum Stichtag am 15.03.1990 in vollem Umfang bestätigt.

Der Zeuge hat glaubhaft glaubhaft bekundet, dass seine Familie das ehemaligen Flurstück 322 / 2 als Gartenland, zum Roggenanbau und zur Kleintierhaltung nach 1983 weiter genutzt habe und auch jetzt noch - wenn auch seit den 90iger Jahren etwas reduziert - weiter bewirtschafte. Er hat hierzu Art und Umfang der Bewirtschaftung im Einzelnen geschildert und ausgesagt, dass er auf dem Grundstück ununterbrochen - und auch noch "nach der Wende" - Gurken, Kartoffeln, Lauch, Steckzwiebeln, Mohrrüben und Blumenkohl angebaut habe. Die geernteten Gurken, Zwiebeln und den Blumenkohl hätten sie zu großen Teilen an die LPG abgegeben und die übrige Ernte für sich und als Futter für ihre Tiere verbraucht. Auf dem ehemaligen Flurstück 322 / 2 hätten sie Hühner, Kaninchen, Tauben, Enten, Gänse Fasane, Vögel, Schafe und auch zeitweilig 2 Schweine gehalten, die teilweise in dem Stall, den R... L... im Jahre 1948 / 1949 hinter dem Haus errichtet hatte, untergebracht gewesen seien. Auf der weiteren Fläche sei Roggen angebaut worden, den er an die LPG abgeliefert und dafür Weizen zur Verfütterung für das Federvieh erhalten habe. Erst einige Jahre nach der Wende habe er auf einem Teil der Roggenanbaufläche Rasen zur Gewinnung von Heu angesäht

Der Senat glaubt dem Zeugen. Zwar hat der Zeuge als Ehemann der Beklagten ein Interesse daran, dass die aus dem ehemaligen Flurstück 322 / 2 hervorgegangenen Grundstücke letztlich in seiner Familie bleiben und damit am Ausgang des Rechtsstreits. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Zeuge wahrheitswidrig zu Gunsten der Beklagten ausgesagt hat. Seine Schilderungen waren lebensnah und führten zu einer deutlichen Reaktivierung seines Erinnerunsgvermögens. Die von der Beklagten behauptete und von dem Zeugen bestätigte Grundstücksnutzung stellt zweifelsfrei eine Bewirtschaftung der Grundstücksfläche als Kleinstfläche aus der Bodenreform dar.

Dieses Beweisergebnis vermochte der Kläger nicht zu erschüttern.

Dass die Beklagte die Bewirtschaftung zum Stichtag am 15.03.1990 aufgegeben hat, ergibt sich - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht aus den von der Beklagten zur Akte gereichten Fotos (Bl. 80 ff). Die Fotos vermitteln, da sie nur sehr kleine Ausschnitte des ehemaligen Flurstücks 322 / 2 zeigen, keinen Gesamteindruck von der tatsächlichen Grundstücksnutzung. Zudem stammen die Aufnahmen mit Ausnahme des Fotos auf Bl. 80 d.A. nach der Aussage des Zeugen F... S... aus der Zeit nach 1994. Der Volleyplatz auf dem Foto Blatt 81 wurde nach den Bekundungen des Zeugen beispielsweise erst vor 4 Jahren angelegt.

bb)

Die Beklagte hat auch keine weitere Kleinstfläche aus der Bodenreform als Gartenland bewirtschaftet.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei dem, der Beklagten und ihrem Ehemann im Jahre 1979 zur Bebauung mit einem Einfamilienhaus übergebenen Flurstück 322 / 1 mit einer Größe von 552 m², an dem ihnen mit Urkunde vom 18.7.1997 ein Nutzungsrecht verliehen wurde und das sie auf Grundlage des notariellen Kaufvertrag vom 07.05.1990 zu Eigentum erworben haben, nicht um eine solche Kleinstfläche. Diese Fläche war seit 1979 kein Bodenreformland mehr. Dass Grundstück ist, nachdem R... L... diese Teilfläche zurückgegeben hatte, in den staatlichen Bodenfonds zurückgeführt und in Volkseigentum überführt worden. Der Bodenreformvermerk wurde entsprechend gelöscht.

cc)

Der Umstand, dass die Beklagten und ihr Ehemann auf Grund des verliehenen Nutzungsrechts ein Besitzrecht gem. § 286 Abs. 1 Ziffer 1 ZGB/DDR an dem Einfamilienhausgrundstück eingeräumt worden war, hätte bei ordnungsgemäßer Anwendung der 2. BesitzwechelVO durch den zuständigen Rat des Kreises nicht zur Rückführung des Grundstücks in den staatlichen Bodenfonds oder zur Vergabe an andere Bewerber geführt.

Durch § 8 a Abs. 3 der 2. BesitzwechselVO war es nicht ausgeschlossen, dass ein Erbe eines Bodenreformeigentümers, der Eigentümer oder Nutzer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück war, eine ererbte Kleinstfläche aus der Bodenreform zur gärtnerischen Bewirtschaftung behalten konnte. Vermieden werden sollte lediglich, dass jemand im Wege der Erbfolge mehrere Kleinstflächen und damit über 0,5 ha (Art IV Ziffer 8 der 2. AusführungsVO zur Durchführung der Bodenreform) bewirtschaftet, weil eine Bewirtschaftung einer größeren Fläche nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht zur Eigenversorgung - nur dieser sollten die Kleinstflächen dienen - erforderlich war. Das Flurstück 322 / 1 war der Beklagten und ihrem Ehemann im Übrigen auch nicht zur gärtnerischen Nutzung zugewiesen worden. Bereits die Größe der Grundstücksfläche von 552 m² macht deutlich, dass auf diesem Grundstück eine Nutzung in dem für das ehemaligen Flurstück 322/2 festgestellten Umfang nicht möglich gewesen wäre. Auch aus dem Zuschnitt des Flurstücks 332/1 ergibt sich, dass dieses nicht für eine gärtnerische Nutzung bestimmt war. Das Haus auf dem Flurstück 332/1 ist in der Straßenflucht zu den übrigen Hausgrundstücken - erheblich zurückversetzt zur Straße - errichtet worden. Hinter der bebauten Fläche findet sich nur eine geringe Rasenfläche. Das Grundstück läuft auch nicht an der Grenze zum Nachbargrundstück, Flurstück 333, aus. Optisch stellt sich das Flurstück 332/1 als "Teilstück" des Flurstücks 332/2 dar. Dies wiederum korrespondiert mit dem Vortrag der Beklagten, dass die Teilfläche nur abgegrenzt wurde, um die Finanzierung des auf dieser Teilfläche errichteten Einfamilienhauses absichern zu können. Insoweit ist im Übrigen auch das Vorbringen der Beklagten, die Flurstücke 332/1 und 332/2 hätten auch nach der Abtrennung im Jahre 1979 eine Wirtschaftseinheit dargestellt, die von ihrem Pflegevater bis zu dessen Tod und ihr gemeinsam genutzt wurden, nachvollziehbar.

Nach alledem steht dem Kläger kein Anspruch auf Auflassung der streitgegenständlichen Grundstücke gem. Art 233 § 11 Abs. 3, § 12 EGBGB zu. Folglich war das angefochtene Urteil antragsgemäß abzuändern.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Über die Zulassung der Revision hat der Senat gem. § 543 ZPO n. F. entschieden. Für die Revision gelten bereits die Vorschriften des Gesetzes über die Reform des Zivilprozesses, wenn die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht - wie hier - nach dem 31. Dezember 2001 geschlossen worden ist, § 26 Nr. 7 EGZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Sache weist weder grundsätzliche Bedeutung auf, noch ist die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Der Senat ist der Rechtsprechung des BGH gefolgt.

Die Festsetzung des Berufungstreitwertes beruht auf § 12 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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