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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.11.2007
Aktenzeichen: 5 U 179/06
Rechtsgebiete: BGB, BrbgStrG, StraßenVO/DDR 1974, EGZGB/DDR, ZGB/DDR


Vorschriften:

BGB § 94 Abs. 1 Satz 1
BGB § 95 Abs. 1
BGB § 195 a.F.
BGB § 222 Abs. 1 a.F.
BGB § 1004
BGB § 1004 Abs. 1
BrbgStrG § 6
BrbgStrG § 14
BrbgStrG § 14 Abs. 4
BrbgStrG § 18 Abs. 1
BrbgStrG § 20 Abs. 1
BrbgStrG § 46 Abs. 2 lit. c
BrbgStrG § 48 Abs. 7 Satz 1
StraßenVO/DDR 1974 § 4 Abs. 1
StraßenVO/DDR 1974 § 4 Abs. 3
EGZGB/DDR § 11 Abs. 1 Satz 1
ZGB/DDR § 474 Abs. 1 Nr. 3
ZGB/DDR § 475 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 179/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 08.11.2007

Verkündet am 08.11.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth und Tombrink auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 30. August 2006 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus - 3 O 334/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung und Sicherstellung der Zufahrt zu ihrem Grundstück von dessen östlicher Grenze her.

Die Klägerin ist aufgrund Kaufvertrages vom 19. Juni 1998 seit dem 12. Oktober 1999 eingetragene Eigentümerin des Flurstücks ... der Flur 5 der Gemarkung S..., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Lübben von S... Blatt 43 mit einer Größe von 1.630 m². Das Grundstück grenzt westlich an eine Gasse (unbefestigter Schotterweg), die südlich in die C... Straße und nördlich in den L...weg einmündet. Östlich grenzt das Grundstück überwiegend an einen südlichen Ausläufer des Flurstücks 295 (vormals: Flurstück 80/3) der Flur 5, das im Eigentum der Beklagten steht und im Grundbuch des Amtsgerichts Lübben von S... Blatt 156 als "Verkehrsfläche (Straße) - L...weg" bzw. "Straßenverkehrsfläche" ausgewiesen ist, und im Übrigen, in einem kleineren südlichen Abschnitt der Ostgrenze, an das Flurstück 95 der Flur 5, das sich im Eigentum der Eheleute G... und F... B... befindet. An der östlichen Grenze des Grundstücks der Klägerin steht auf dem Flurstück 295 - 8,10 m entfernt von der Nordostecke des Grundstücks der Klägerin - eine von den Eheleuten B... genutzte Scheune. Nördlich und südlich dieser Scheune befand sich auf dem Flurstück 295 entlang der Ostgrenze des Grundstücks der Klägerin ein Holzlattenzaun, den die Eheleute B... später durch einen Maschendrahtzaun ersetzten. Das Grundstück der Klägerin hatte somit von Osten her keine Zugangsmöglichkeit. Es war zum Zeitpunkt des Erwerbs durch die Klägerin mit einem Haus bebaut, das von der westlichen Grenze des Grundstücks her mit Weg und Zufahrt zu erreichen war, und hatte die postalische Anschrift "C... Straße 10". Die Eheleute B... erwarben das Flurstück 95 mit der postalischen Anschrift "L...weg 18" im Jahre 1966. Es war und ist mit einem Einfamilienhaus bebaut, das mit einem kleinen westlichen Teil auf das Flurstück 295 überragt, insoweit also auf das Flurstück 295 übergebaut worden ist. Die Eheleute B... gingen davon aus, dass der südliche Bereich des südlichen Ausläufers des Flurstücks 295 mit der Scheune und dem überragenden Teil des Wohnhauses zu dem von ihnen erworbenen Flurstück 95 gehört und nutzten diese Teilfläche des Flurstücks 295 als ihr Eigentum. Den von ihnen genutzten Teil des südlichen Ausläufers des Flurstückes 295 grenzten die Eheleute B... durch ein Tor nach Norden (d.h. zum übrigen Teil des Flurstücks 295) hin ab.

Nach dem Erwerb des Flurstücks 98 wurde das darauf stehende Gebäude abgerissen und beantragte die M..., B.... u.a. GbR, zu deren Gesellschaftern auch die Klägerin zählt, eine Baugenehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit drei Wohneinheiten. Nach der hierfür eingereichten Baubeschreibung sollten die Zufahrt und der Zugang zum Grundstück hauptsächlich von Osten über eine Stichstraße vom L...weg aus erfolgen. Am 5. Juli 1999 wurde dem Grundstück/Neubau der Klägerin durch das Amt O... die Grundstücks/Haus-Nummer "L...weg 18a" zugeteilt. Am 3. September 1999 erteilte der Landkreis D... die beantragte Baugenehmigung. Diese Baugenehmigung enthält als Anlage einen Lageplan, der von den Antragstellern eingereicht worden war. Dieser Lageplan zeigt an der östlichen Grundstücksgrenze die Scheune und die Einzäunung und sieht im nördlichen Bereich der östlichen Grundstücksgrenze (ausgehend von der Nordostecke des Grundstücks) eine Zufahrt/einen Zugang mit einer Breite von 4,80 m vor. Auf Betreiben der Klägerin erließ das Amt O... am 26. Juni 2001 eine Verfügung, mit der den Eheleuten B... aufgegeben wurde, den Zaun entlang der östlichen Grenze des Grundstücks der Klägerin im Bereich der in der Baugenehmigung vorgesehenen Zufahrt auf einer Strecke von 4,80 m zu entfernen. Mit Schreiben vom 26. Juni 2001 teilte das Amt O... der Klägerin mit, dass dem entsprechend die Zuwegung zum Flurstück 98 ab dem 2. Juli 2001 über das "Flurstück 80/3" (295) gewährt werde. Der Rückbau-/Abrissverfügung kamen die Eheleute B... im Juli 2001 nach.

Die Klägerin errichtete auf dem Flurstück 98 ein Mehrfamilienhaus mit drei Wohneinheiten. Nach den Planungen der Klägerin soll das Mehrfamilienhaus in Wohnungseigentum aufgeteilt werden, und zwar in zwei Wohnungen im südlichen Teil des Hauses (EG und 1. OG) und eine gynäkologische Praxis im nördlichen Teil des Hauses. Wegen der Zufahrt und des Zugangs zum Grundstück der Klägerin von der östlichen Grenze her kam es zu weiterem mehrfachen Schriftwechsel.

Gemäß Beschlussvorlage vom 31. August 2001 beschloss die Gemeindevertretung der Beklagten am 13. September 2001, den Eheleuten B... die von ihnen bereits genutzte südliche Teilfläche des südlichen Ausläufers des Flurstücks 295 zu verkaufen. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit einer im Oktober 2001 bei dem Verwaltungsgericht Cottbus eingereichten Klage. Diese Klage wurde durch - inzwischen: rechtskräftiges - Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 16. November 2006 (4 K 1839/01) mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen.

Die Klägerin begehrt die Gewährung der Zufahrt zu ihrem Grundstück von der östlichen Grenze her, und zwar im gesamten Bereich nördlich der Scheune der Eheleute B... auf einer Strecke von 8,10 m und im Bereich südlich dieser Scheune auf einer Strecke von 10,20 m.

Mit Anwaltsschreiben vom 26. April 2002 teilten die Eheleute B... der Klägerin mit, dass sich der Zaun neben der östlichen Grenze des Grundstücks der Klägerin auf Gemeindeland befinde und daher nicht im Eigentum der Eheleute B..., sondern im Eigentum der Beklagten stehe.

Die Klägerin hat geltend gemacht, bei dem südlichen Ausläufer des Flurstückes 295 handele es sich insgesamt um öffentliches Straßenland. Jedenfalls bis 1966 sei auch der von den Eheleuten B... genutzte südliche Bereich des südlichen Ausläufers des Flurstücks 295 vollständig als Straße genutzt worden. Die Widmung als öffentliche Straße ergebe sich aus unvordenklicher Verjährung (§ 48 Abs.7 BrbgStrG) und werde durch die Angaben zur Nutzungsart im Kataster und im Grundbuch bestätigt. Als Eigentümerin des angrenzenden Flurstücks 98 stehe ihr, der Klägerin, der ungehinderte Zugang zu dieser Straße zu. Gemäß Bauantrag und Baugenehmigung sowie entsprechend der Zuteilung der Grundstücks/Hausnummer habe das Flurstück 98 seine Zufahrt und seinen Zugang von der Ostgrenze her. Die Bauplanung sei auf die östliche Zuwegung hin eingerichtet und so auch mit dem Bauamt abgestimmt worden. Der Zugang bzw. die Zufahrt über die begehrte Breite von 8,10 m nördlich der Scheune und von 10,20 m südlich der Scheune werde benötigt, um 5 Rettungs- und Krankentransportfahrzeugen die ungehinderte Zu- und Abfahrt zur Arztpraxis zu ermöglichen und die im südöstlichen Teil des Flurstücks 98 vorgesehenen drei Kfz.-Stellplätze erreichen zu können; eine Zufahrt zu den südöstlichen Stellplätzen über die nordöstliche Einfahrt würde der Zuordnung des Grund und Bodens zu dem sich in Teilung in Wohnungseigentum befindlichen Grundstück zuwiderlaufen. Die Herstellung einer Zuwegung von der Westgrenze her sei ihr, der Klägerin, nicht zumutbar, da die Patienten dann an der im südlichen Teil des Gebäudes befindlichen Wohnung, die ein großes Fenster aufweise, vorbeigehen müssten, um zu dem an der Ostseite des Gebäudes liegenden Eingang zu gelangen. Die Einschränkung der Zufahrt bzw. des Zuweges von der östlichen Grundstücksgrenze her auf eine Breite von lediglich 4,80 m stelle eine Störung des Eigentums der Klägerin dar und begründe einen Abwehranspruch aus § 1004 BGB. Die Beklagte sei als Eigentümerin des Flurstücks 295 und des hierauf stehenden Zaunes zur Beseitigung dieser Störung verpflichtet. Der Anspruch aus § 1004 BGB sei nicht verjährt. Maßgeblich für den Verjährungsbeginn sei nämlich der Zeitpunkt, in dem sich die Störung des Eigentums erstmals auswirke, bzw. der Zeitpunkt der letzten Einwirkung auf das Grundstückseigentum. Erstmals ausgewirkt habe sich die Zugangsbehinderung auf der östlichen Grenze des Grundstücks erst durch die Errichtung des Neubaus, da erst seitdem die Zuwegung von Osten her erforderlich geworden sei. Die letzte störende Einwirkung auf das Flurstück 98 liege in der Veränderung (Rückbau) des Zaunes im Juli 2001.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die Beeinträchtigung des Grundstücks der Klägerin zu unterlassen, indem sie durch geeignete Maßnahmen die Zufahrtsmöglichkeiten zu dem Flurstück 98 der Flur 5 der Gemarkung S... über den L...weg dergestalt sicherstellt, dass eine Zufahrt zum Grundstück L...weg 18a über den L...weg (Flurstück 295) an der Nord-Ost-Seite des Flurstückes 98 über eine Breite von 8,10 m und an der Süd-Ost-Seite des Flurstückes 98 über eine Breite von 10,20 m möglich ist. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage unter dem Gesichtspunkt der hinreichenden Bestimmtheit des Klageantrags erhoben und im Übrigen entgegnet: Der südliche Teil des südlichen Ausläufers des Flurstückes 295 sei seit 1966 mit Duldung der Gemeinde durch die Eheleute B... als redliche Eigenbesitzer genutzt worden; er sei nicht als öffentliches Straßenland gewidmet und zu keiner Zeit als öffentliche Straße zum Gemeingebrauch zur Verfügung gestellt oder genutzt worden. Die Baugenehmigung erlaube die Zuwegung zum Flurstück 98 von der Ostseite her nur über die bereits eröffnete Breite von 4,80 m und habe sich zudem nicht auf die Einrichtung einer Arztpraxis, sondern auf die Errichtung von drei Wohnungen bezogen. Das Flurstück 98 (Grundstück der Klägerin) werde nach wie vor von der Westgrenze her erschlossen und sei schon immer von dort her begangen und befahren worden. Aufgrund der Zugangs- und Zufahrtsmöglichkeit über den 4,80 m breiten Abschnitt im nördlichen Teil der Ostgrenze und über die gesamte Breite der Westgrenze sei das Flurstück 98 hinreichend an das öffentliche Straßenland angebunden. Weitere Zufahrt-/Zugangsmöglichkeiten seien nicht erforderlich. Eine Teilung in Wohnungseigentum sei bisher nicht erfolgt. Sie, die Beklagte, könne die verlangte Zuwegung im Bereich südlich der Scheune an der östlichen Grenze des Flurstücks 98 im Übrigen nicht herstellen, ohne ihr obliegende Duldungspflichten gegenüber den Eheleuten B... zu verletzen. Die vorhandene Bebauung mit den Stallungen und dem Eigenheim der Familie B... lasse eine Umfahrung der Scheune mit einem Pkw nicht zu. Die Klägerin sei ihrerseits aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis (§ 242 BGB) verpflichtet, es zu dulden, dass ihr Grundstück auf der Ostgrenze nur über den 4,80 m breiten Zuweg erreichbar sei, da ein weitergehender Zuweg von der Ostseite her nicht erforderlich sei. Letztlich greife der Anspruch der Klägerin wegen Verjährung und Verwirkung nicht durch.

Das Landgericht hat die Klägerin persönlich angehört, einen Ortstermin durchgeführt und weiteren Beweis durch uneidliche Vernehmung der Zeugen F... B..., G... B... und R... G... erhoben; insoweit wird auf den Inhalt des Terminsprotokolls vom 11. August 2006 Bezug genommen. Mit seinem am 30. August 2006 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin stehe ein Anspruch gegen die Beklagte aus § 1004 BGB bezüglich des nördlich von der Scheune gelegenen Zaunes zu, sei insoweit aber verjährt. Durch den entlang der Ostgrenze angebrachten Zaun werde das Eigentum der Klägerin bezüglich der Nutzung des Grundstücks entsprechend der erteilten Baugenehmigung beeinträchtigt. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Unterlassung der Behinderung des Zugangs zum öffentlichen Verkehrsraum zu. Dies gelte allerdings nur für den Bereich nördlich der Scheune, da der südliche Ausläufer des Flurstückes 295 nur bis dahin als dem Gemeingebrauch gewidmeter öffentlicher Verkehrsraum anzusehen sei. Insoweit habe das Flurstück 295 nämlich der Zufahrt zum Grundstück der Familie B... gedient. Der südlich davon gelegene Bereich des südlichen Ausläufers des Flurstückes 295 sei hingegen seit 1966 ausschließlich durch die Eheleute B... und nicht als öffentliche Straße genutzt worden. An der Scheune werde der Zuweg auch äußerlich deutlich erkennbar beendet. Hinsichtlich des nördlich der Scheune gelegenen Zaunes sei die Beklagte als Eigentümerin des Flurstückes 295, auf dem sich der Zaun befinde, zur Beseitigung der Störung verpflichtet. Dieser Anspruch sei jedoch verjährt. Der Lauf der Verjährungsfrist habe nicht erst 1999 mit dem Neubau des Gebäudes auf dem Flurstück 98 begonnen, sondern bereits mit der Errichtung des Maschendrahtzaunes durch die Eheleute B... im Jahre 1966, da hiermit die Zuwegung von der Ostseite her versperrt und die Nutzung des Flurstücks 98 schon hierdurch beeinträchtigt worden sei. Gegen dieses ihr am 13. September 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Eingang vom 4. Oktober 2006 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 27. November 2006 durch Verfügung vom 13. November 2006 - mit Schriftsatz vom 27. November 2006, eingegangen am selben Tage, begründet.

Die Klägerin verfolgt ihre Klage weiter und führt ergänzend aus: Auch der neben und südlich der Scheune gelegene Teil des südlichen Ausläufers des Flurstückes 295 sei gemäß § 14 BrbgStrG als öffentliches Straßenland anzusehen, da keine Entwidmung erfolgt sei. Der Anspruch aus § 1004 BGB sei auch nicht verjährt. Der Lauf der Verjährungsfrist habe frühestens mit dem Neubau des Gebäudes auf dem Flurstück 98 begonnen; hiermit sei eine Nutzungsänderung erfolgt und eine Zuwegung von der Ostgrenze des Grundstücks her erforderlich geworden. Die Eheleute B... hätten den Maschendrahtzaun im Übrigen nicht schon 1966, sondern frühestens 1975 errichtet. Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, die Beeinträchtigung des Grundstücks der Klägerin zu unterlassen, indem sie durch geeignete Maßnahmen die Zufahrtsmöglichkeiten zu dem Flurstück 98 der Flur 5 der Gemarkung S... über den L...weg 18a dergestalt sicherstellt, dass eine Zufahrt zum Grundstück L...weg 18a über den L...weg (Flurstück 295) an der Nord-Ost-Seite des Flurstückes 98 über eine Breite von 8,10 m und an der südöstlichen Seite des Flurstückes 98 über eine Breite von 10,20 m möglich ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil des Landgerichts, wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und erwidert im Übrigen: Der südliche Ausläufer des Flurstücks 295 sei zu keinem Zeitpunkt als öffentlicher Weg gewidmet oder genutzt worden. Hiergegen sprächen insbesondere auch die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die seit 1800 vorhandene Scheune und die Lage des Eigenheimes der Eheleute B... (Überbau). Die jeweiligen Eigentümer des Flurstückes 95 hätten den streitigen Teil des südlichen Ausläufers des Flurstückes 295 schon seit 1880 als "eigenes Grundstück" genutzt; seitdem sei dieser Bereich nicht als öffentliche Straße genutzt worden. Das Eigentum der Klägerin am Flurstück 98 werde angesichts der bestehenden Zuwegung von der gesamten Westgrenze her und auf dem 4,8o m breiten Abschnitt im nördlichen Teil der Ostgrenze nicht beeinträchtigt. Die Beschränkung der Zuwegung von der Ostseite her auf eine Breite von 4,80 m entspreche dem Bauantrag der Klägerin und der hierauf erteilten Baugenehmigung. Verjährung wäre auch dann eingetreten, wenn man davon ausginge, dass die Eheleute B... den Maschendrahtzaun erst 1975 errichtet hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akten des Verwaltungsgerichts Cottbus 4 K 1839/01 [OVG Berlin-Brandenburg 1 N 24.07] haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II.

1. Die Berufung der Klägerin ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 511 Abs.1 und 2 Nr.1, §§ 517, 519, 520 ZPO).

2. In der Sache selbst hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

a) Die Klage ist zulässig. Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf die Anforderungen an einen hinreichend bestimmten Klageantrag (§ 253 Abs.2 Nr.2 ZPO). Der auf einen Anspruch aus § 1004 Abs.1 BGB gestützte Klageantrag muss die zu beseitigende bzw. unterlassende Beeinträchtigung so konkret angeben, dass die für die Zwangsvollstreckung erforderliche Bestimmtheit gesichert ist (§ 253 Abs.2 Nr.2 ZPO); es ist allerdings nicht anzugeben, durch welche Maßnahmen dies im einzelnen zu geschehen hat, da hierüber der Anspruchsgegner (Störer) entscheidet - sofern nicht nur eine bestimmte Maßnahme die Beseitigung der Störung gewährleistet (s. BGHZ Bd.67, S.252, 253 f.; BGHZ Bd.121, S.248, 251; BGH NJW 1983, S.751, 752; NJW-RR 1996, S.659; NJW 2004, S.1035, 1037; Palandt/Bassenge, BGB, 66.Aufl.2007, § 1004 Rdn.51; Münch. Komm.-Medicus, BGB, Bd.6, 4.Aufl.2004, § 1004 Rdn.101). Nach diesen Vorgaben stehen der Zulässigkeit des Klageantrags keine durchgreifenden Bedenken entgegen. Die Klägerin begehrt nicht lediglich die Beseitigung des auf dem Flurstück 295 entlang der Ostgrenze des Flurstücks 98 stehenden Zaunes nördlich und südlich der von den Eheleuten B... genutzten Scheune, sondern die umfassende Sicherstellung der Zuwegung (Zufahrt) zu ihrem Grundstück (Flurstück 98) auf dem 8,10 m breiten Abschnitt der Ostgrenze nördlich der Scheune und auf dem 10,20 m breiten Abschnitt der Ostgrenze südlich der Scheune.

b) Die Klage ist indes nicht begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 1004 Abs.1 BGB zu, da keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Einordnung des streitbefangenen Teils des südlichen Ausläufers des Flurstücks 295 als öffentliche Straße vorliegen. Zudem wäre ein Anspruch aus § 1004 Abs.1 BGB - jedenfalls - verjährt.

aa) Maßgebliche Anspruchsgrundlage ist § 1004 Abs.1 BGB. Die Klägerin ist Eigentümerin des Flurstücks 98 und die Beklagte Eigentümerin des östlich angrenzenden Flurstücks 295, auf dem sich der streitige Maschendrahtzaun befindet und von dem aus die Klägerin die Sicherstellung der Zuwegung zu ihrem Grundstück begehrt.

Nach § 1004 Abs.1 BGB kann der Grundstückseigentümer die Beseitigung und Unterlassung der Behinderung der Zu- und Abfahrt (bzw. des Zu- und Abgangs) vom bzw. zum öffentlichen Straßenland verlangen (vgl. BGH NJW 1998, S.2058, 2059 f.; NJW 2000, S.2901 f.; OLG Karlsruhe, NJW 1978, S.274; Palandt/Bassenge, aaO., § 1004 Rdn.11; Münch.Komm.-Medicus, aaO., § 1004 Rdn.32).

bb) Die Beklagte ist als Eigentümer des Flurstücks 295 tauglicher Gegner des geltend gemachten Anspruchs der Klägerin aus § 1004 Abs.1 BGB.

Anspruchsgegner ist - als "Zustandsstörer" - auch der Eigentümer der Sache, von der die Beeinträchtigung ausgeht, sofern die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf seinen Willen zurückgeht; so liegt es etwa dann, wenn die Aufrechterhaltung der Beeinträchtigung (Störung) auch vom Willen des Eigentümers abhängt (s. BGHZ Bd.142, S.66, 69; BGH NJW-RR 1996, S.659 f.; NJW-RR 2001, S.1208; NJW-RR 2003, S.953, 955; NJW 2005, S.1366, 1368 f.; Palandt/Bassenge, aaO., § 1004 Rdn.19, 21). Die Aufrechterhaltung der Zufahrtsbeschränkung zum Grundstück der Klägerin (Zaunanlage) hängt auch vom Willen der Beklagten ab; sie ist als (möglicher) "Zustandsstörer" mithin tauglicher Verpflichteter eines Anspruchs der Klägerin aus § 1004 Abs.1 BGB. Als Eigentümerin des Flurstücks 295 ist die Beklagte gemäß § 94 Abs.1 Satz 1 BGB auch Eigentümerin des hierauf errichteten, neben der Ostgrenze des Grundstücks der Klägerin stehenden Maschendrahtzaunes. Dafür, dass die Eheleute B... den Zaun "nur zu einem vorübergehenden Zweck" oder "in Ausübung eines (dinglichen) Rechts an einem fremden Grundstück" im Sinne von § 95 Abs.1 BGB errichtet hätten, ist kein hinreichender Anhalt gegeben. Die Eheleute B... gingen bei der Errichtung des Zaunes vielmehr irrtümlich davon aus, dass der betroffene Grund und Boden zu dem in ihrem Eigentum stehenden Flurstück 95 gehört. Als Eigentümerin des Flurstücks 295 und des hierauf errichteten Zaunes hat die Beklagte ohne weiteres die rechtliche Möglichkeit, die Beseitigung des Zaunes und die Sicherstellung der begehrten Zufahrt zum Grundstück der Klägerin zu veranlassen. Ein dies hinderndes Besitzrecht der Eheleute B... ist nicht ersichtlich. Sollte es sich bei dem betroffenen südlichen Bereich des südlichen Ausläufers des Flurstückes 295 um eine öffentliche Straße handeln, so läge eine unerlaubte (nämlich: den Gemein- und Anliegergemeingebrauch nach § 14 BrbgStrG dauernd ausschließende) Sondernutzung durch die Eheleute B... vor, gegen die die beklagte Gemeinde gemäß § 20 Abs. 1 BrbgStrG [i.V.m. § 18 Abs.1, § 46 Abs.2 lit. c), § 9 Abs.4 Satz 3 BrbgStrG] vorgehen könnte.

cc) Die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 1004 Abs.1 BGB liegen aber nicht vor.

Der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung steht der Klägerin nur dann zu, wenn und soweit es um den (erforderlichen) Zugang zu öffentlichem Straßenland geht und somit auch der Anliegergemeingebrauch der Klägerin (§ 14 Abs. 4 BrbgStrG) betroffen ist. Hierfür findet sich jedoch kein genügender Anhalt.

(1) Eine ausdrückliche (förmliche) Widmung des betroffenen Grundstücksbereiches (südlicher Ausläufer des Flurstücks 295) als öffentliche Straße (§ 6 BrbgStrG) ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

(2) Für eine Widmung nach § 48 Abs.7 Satz 1 BrbgStrG findet sich keine hinreichende Grundlage.

Nach § 48 Abs.7 Satz 1 BrbgStrG gelten Straßen, die nach bisherigem Recht öffentlich genutzt wurden, "nach § 6 [BrbgStrG] als gewidmet". Diese Vorschrift geht insbesondere darauf zurück, dass das Recht der DDR eine förmliche Straßenwidmung nicht kannte; maßgeblich für die Einstufung als öffentliche Straße war allein die Freigabe für die öffentliche Nutzung durch die zuständigen Stellen, in der Regel also der tatsächliche Anschluss an das bestehende Straßennetz (s. hierzu und im folgenden: BVerwG VIZ 2003, S.284 f.; OVG Magdeburg, LKV 1998, S.278 f.; OVG des Landes Brandenburg, LKV 2005, S.505, 506 f.; Jupe, Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht in Brandenburg [Stand: 2007], Kap. 11.00 Ziffer 2.1.2.1 und Kap. 17.00 Ziffer 1.2.4). Nach der Verordnung über das Straßenwesen vom 18. Juli 1957 [GBl. DDR I, S.377] (StraßenVO/DDR 1957; s. dazu insb. OVG Magdeburg, ebd.) genügte für die Öffentlichkeit einer (kommunalen) Straße, wenn sie bisher tatsächlich öffentlich genutzt und der Benutzung durch die Verkehrsteilnehmer seitens der Rechtsträger bzw. Eigentümer nicht widersprochen wurde, oder wenn sie durch die Räte der Kreise bzw. Städte und Gemeinden nach Zustimmung der Rechtsträger oder Eigentümer dem öffentlichen Verkehr (formlos) freigegeben wurde (§ 3 Abs.2 Straßen-VO/DDR 1957). Entscheidungen der Räte der Bezirke und Kreise über die Öffentlichkeit einer Straße waren nur im Falle von Unklarheiten oder Streitigkeiten vorgesehen (§ 4 StraßenVO/DDR 1957). Die am 1. Januar 1975 in Kraft getretene Straßenverordnung der DDR vom 22. August 1974 [GBl. DDR, S.515] (StraßenVO/DDR 1974) setzte diese Rechtslage im Wesentlichen fort (s. dazu insb. BVerwG, ebd.; OVG des Landes Brandenburg, ebd.). Danach waren öffentliche Straßen alle Straßen, Wege und Plätze, die der öffentlichen Nutzung durch den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr dienen (§ 3 Abs.1 Satz 1 Straßen-VO/DDR 1974). Die in § 4 Abs.1 und 3 StraßenVO/DDR 1974 vorgesehene "Entscheidung über die Öffentlichkeit" einer (Gemeinde-)Straße durch die Räte der Städte und Gemeinden erlangte (äußerst geringe) praktische Bedeutung wiederum nur im Falle von Unklarheiten oder Streitigkeiten (BVerwG, ebd.; OVG des Landes Brandenburg, ebd.; Jupe, ebd.) sowie im Falle des Entzugs der Öffentlichkeit einer Straße.

Entscheidend für die Einstufung als "öffentliche Straße" war sonach allein die - zugelassene, gebilligte oder geduldete - tatsächliche Nutzung der Straße für den öffentlichen Verkehr.

§ 48 Abs.7 Satz 1 BrbgStrG erfasst damit auch alle vor 1957 liegenden Fälle der "faktischen Widmung" und der Widmung kraft "unvordenklicher Verjährung"; letztgenannte setzt voraus, dass ein Weg seit langer Zeit einem in der Meinung der Rechtmäßigkeit geübten und widerspruchslos geduldeten öffentlichen Verkehr gedient hat (s. dazu etwa Kodal/Krämer, StraßenR, 6.Aufl.1999, S.131 f., 231; Jupe, aaO., Kap. 11.00 Ziffer 2.1.2.2).

Indizien für die Beantwortung der Frage, ob der hier betroffene südliche Ausläufer des Flurstückes 295 tatsächlich als "öffentliche Straße" genutzt worden ist, können sich aus der Ausübung der Wegepolizei, Eintragungen in Karten, Plänen und Katastern, der Beschaffenheit und der Funktion (dem Zweck) der (Wege-)Fläche und ihrer "Erkennbarkeit" als "öffentlicher Weg" ergeben (vgl. dazu Kodal/Krämer, StraßenR, 6.Aufl.1999, S.130 f.; Jupe, aaO., Kap. 11.00 Ziffer 2.1.2). Danach finden sich vorliegend indes überwiegende Anhaltspunkte, die gegen die Einordnung dieses Bereiches als "öffentliche Straße" sprechen.

Zwar ist der streitbefangene südliche Ausläufer des heutigen Flurstücks 295 bereits in der Urkarte von 1836/37 als Zuweg (Sackgasse) gezeichnet, ebenso in der Katasterkarte von 1866 und in der aktuellen Liegenschaftskarte. Seit dem Urkataster wird das gesamte heutige Flurstück 295 im Liegenschaftskataster unverändert als "Straße" (bzw. "Verkehrsfläche") ausgewiesen. Auch im Grundbuch wird das heutige Flurstück 295 insgesamt als "Straßenverkehrsfläche" bezeichnet. Dies spricht für sich genommen dafür, dass auch der hier streitige Bereich des südlichen Ausläufers des Flurstücks 295 zum öffentlichen Wegenetz der Gemeinde gehört (hat).

Dagegen sprechen jedoch die seit langer Zeit so bestehenden örtlichen Verhältnisse, insbesondere die Bebauung dieses Bereiches mit einer Scheune (seit 1880), einem nördlich daran angrenzenden, 1971 abgerissenen Schuppen und einem übergebauten Teil des Wohnhauses der Eheleute B.... Die Eheleute B... gingen unstreitig davon aus, dass der streitbefangene südliche Abschnitt des südlichen Ausläufers des Flurstückes 295 zu dem von ihnen erworbenen Flurstück 95 gehörte. Gemäß Kaufvertrag vom 21. Mai 1965 erwarb der Voreigentümer M... Sch... das Flurstück 95 als Hofraum, der mit einem Einfamilienhaus sowie "Stall, Scheune, Wagenschuppen und Hühnerstall" bebaut war. Auch im Kaufvertrag vom 9. Mai 1966, aufgrund dessen die Eheleute B... das Flurstück 95 von den Eheleuten M... und A... Sch... erwarben, ist davon die Rede, dass der veräußerte Grundbesitz (unter anderem) aus einem mit einem Einfamilienhaus bebauten Hofraum besteht. Dafür, dass das Einfamilienhaus nicht allein auf dem Flurstück 95 stehen, sondern teilweise auf das Flurstück 295 übergebaut worden sein könnte, war danach kein Anhalt ersichtlich. Die Lage von Wohnhaus, Scheune und Schuppen deutete augenscheinlich darauf hin, dass der streitbefangene Bereich des südlichen Ausläufers des Flurstückes 295 zum Flurstück 95 und damit zum Eigentum der Eheleute B... gehörte. Dies findet seinen Ausdruck auch in der Begründung der Beschlussvorlage der beklagten Gemeinde vom 31. August 2001. Die Zeugen F... und G... B... haben bestätigt, dass die Ostgrenze des Grundstücks der Klägerin schon vor 1966 mit der Scheune, einem nördlich davon stehenden (alten und 1971 abgerissenen) Schuppen und einem Holzlattenzaun abgeschlossen und somit von dem südlichen Ausläufer des Flurstücks 295 her nicht zugänglich war. Die seit vielen Jahrzehnten vorhandene Bebauung mit der (1880 errichteten) Scheune, dem nördlich daran angrenzenden (ebenfalls "alten", 1971 abgerissenen) Schuppen und dem Überbau des Wohnhauses der Eheleute B... steht der Annahme dagegen, dass der streitige Teil des südlichen Ausläufers des Flurstückes 295 in dieser Zeit als öffentliche Straße genutzt worden ist. Da die Bebauung bis in die Zeit vor 1900 zurück reicht (jedenfalls auch schon im Kaufvertrag von 1965 erwähnt worden ist), erscheint die Behauptung der Klägerin, dass der von den Eheleuten B... genutzte südliche Teil des südlichen Ausläufers des Flurstückes 295 (jedenfalls: bis 1966) vollständig als öffentliche Straße genutzt worden sei, unsubstantiiert (§ 138 ZPO) und damit dem angebotenen Zeugenbeweis nicht zugänglich.

Auch die äußere Beschaffenheit des südlichen Ausläufers des Flurstückes 295 spricht gegen die Nutzung des streitigen Abschnittes als öffentlicher Weg. Nach den Feststellungen des Landgerichts im Ortstermin vom 11. August 2006 besteht der Weg zur östlichen Grenze des Grundstücks der Kläger aus festgefahrenem Mutterboden und wird ab der Scheune erkennbar beendet. Der Einordnung als "öffentliche Straße" steht auch der Zweck der streitigen Wegefläche entgegen: Der südliche Ausläufer des Flurstücks 295 diente über mehrere Jahrzehnte praktisch nur der Zuwegung zum "Besitz" der Eheleute B.... Das Flurstück 98 war über Jahrzehnte hinweg - unstreitig - ausschließlich von seiner Westgrenze her befahren und begangen worden. Entgegen der Ansicht des Landgerichts rechtfertigt die Nutzung des südlichen Ausläufers des Flurstückes 295 allein durch die Eheleute B..., deren Besucher und Lieferanten noch nicht die Einstufung des Wegabschnittes als "öffentliche" Straße.

Nach alldem sprechen überwiegende Anhaltspunkte gegen die Einstufung des streitigen Bereiches des südlichen Ausläufers des Flurstückes 295 als "öffentliche Straße". Sollte die streitige Fläche in sehr früher Zeit einmal faktisch als öffentlicher Weg genutzt worden sein, so wäre dieser Status durch die Bebauung und Absperrung des Weges wieder wirksam beseitigt worden. Spiegelbildlich zu dem Vorgang einer bloß "faktischen" Widmung konnte eine Einziehung des solchermaßen "gewidmeten" Weges nämlich auch durch faktische Sperrung für den Verkehr erfolgen (vgl. Kodal/Krämer, aaO., S. 289, 299).

(3) Zudem reicht der Anliegergemeingebrauch nach § 14 Abs.4 BrbgStrG nur soweit, wie die Benutzung der Straße zur Nutzung des Grundstückes "erforderlich" ist. Das Grundstück der Klägerin ist seit ehedem von der Westgrenze her befahr- und begehbar. Zwar ergibt sich aus der Zuordnung der Grundstücks-/Haus-Nummer "L...weg 18a" und der auf die Baubeschreibung zum Bauantrag zurückgehenden Baugenehmigung, dass das Grundstück der Klägerin einen Zuweg von der Ostgrenze her haben muss, allerdings nur in der bereits hergestellten Breite von 4,80 m im nördlichen Abschnitt der Ostgrenze des Grundstücks, wie dies auch in dem Lageplan zum Baugenehmigungsantrag und der hierauf ergangenen Baugenehmigung vorgesehen ist. Die Erforderlichkeit einer darüber (d.h. über die Zuwegung von der Westgrenze her und über den 4,80 m breiten Abschnitt im nördlichen Teil der Ostgrenze) hinausgehenden Zuwegung von der Ostgrenze her hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt.

dd) Unbeschadet dessen wäre ein Anspruch der Klägerin aus § 1004 Abs.1 BGB - jedenfalls - verjährt und somit nicht mehr durchsetzbar (§ 222 Abs.1 BGB [a.F.]; § 472 Abs.1 ZGB/DDR).

Der Anspruch aus § 1004 Abs.1 BGB unterlag der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB [a.F.] (s. BGHZ Bd.60, S.235, 238 f.; Bd.125, S.56, 63; BGH NJW 1990, S.2555, 2556; OLG Köln, ZMR 1994, S.115, 117; Palandt/Bassenge, BGB, 61.Aufl.2002, § 1004 Rdn.45; Münch.Komm.-Medicus, aaO., § 1004 Rdn.84). Der Lauf dieser Verjährungsfrist beginnt mit Errichtung der Störungsquelle, sofern die Störungsquelle als störend erkennbar wird bzw. sich als störend auswirkt (s. BGHZ Bd.60, S.235, 242; Bd.125, S.56, 63 f.: Münch.Komm.-Medicus, aaO., § 1004 Rdn.85). Mit jeder neuen, auch gleichartigen, Einwirkung entsteht ein neuer Anspruch und beginnt die diesbezügliche Verjährungsfrist von neuem an zu laufen, nicht aber bei Fortdauer schädigender Einwirkungen durch ein und dieselbe Handlung (s. dazu BGHZ Bd.60, S.235, 241; BGH NJW 1990, S.2555, 2556; NJW-RR 2006, S.235, 236; OLG Köln, ZMR 1994, S.115, 117; Palandt/Bassenge, BGB, 66.Aufl.2007, § 1004 Rdn.45; Münch.Komm.-Medicus, aaO., § 1004 Rdn.85). Wechselt das Eigentum am gestörten Grundstück, so entsteht kein neuer Anspruch aus § 1004 Abs.1 BGB und berührt dies nicht den bisherigen Lauf oder Ablauf der Verjährungsfrist (s. BGHZ Bd.60, S.235, 240; Bd.125, S.56, 65; BGH NJW 1990, S.2555, 2556; OLG Köln, ZMR 1994, S.115, 117; Palandt/Bassenge, aaO., § 1004 Rdn.45; Münch.Komm.-Medicus, aaO., § 1004 Rdn.86).

Die Abschließung der Ostgrenze des Grundstücks der Klägerin und die damit verbundene Behinderung des Zugangs zum südlichen Ausläufer des Flurstückes 295 erfolgte hier nach glaubhafter Aussage der Zeugen B... spätestens 1971. Gemäß § 11 Abs.1 Satz 1 EGZGB/DDR galt für die Verjährungsfrist ab dem 1. Januar 1976 das ZGB/DDR. Maßgebend war danach die vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 474 Abs.1 Nr.3, § 475 Nr.3 ZGB/DDR, die mit Ablauf des 31. Dezember 1979 endete. An diesem Ergebnis würde sich nichts ändern, wenn man mit dem Berufungsvorbringen der Klägerin davon ausginge, dass die Eheleute B... den Maschendrahtzaun erst 1975 errichtet hätten. Am 1. Januar 1980 war der Anspruch der Klägerin sonach verjährt (§ 472 Abs.1 ZGB/DDR) und blieb es auch nach Wieder-Inkrafttreten des BGB am 3. Oktober 1990 (s. Art.231 § 6 Abs.1 Satz 1 EGBGB).

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist für den Verjährungsbeginn nicht auf den Neubau des Mehrfamilienhauses auf dem Flurstück 98 in 1999/2000 oder auf den Rückbau des Zaunes im Jahre 2001 abzustellen. Denn die vollständige Abschließung der Ostgrenze des Flurstücks 98 erfolgte spätestens 1971, als nach Aussage der Zeugen B... anstelle des abgerissenen Schuppens nördlich der Scheune ein Maschendrahtzaun errichtet wurde. Schon hiermit war der Zugang des Flurstücks 98 zum südlichen Ausläufer des Flurstückes 295 vollständig unterbunden worden und das Eigentum am Flurstück 98 erkennbar und spürbar beeinträchtigt. Die darin (etwa) liegende Störung des Eigentums am Flurstück 98 war bereits eingetreten und wirkte sich nicht erst mit dem Neubau in 1999/2000 aus. Die mit dem Neubau in 1999/2000 gfs. verbundene Verstärkung der Beeinträchtigung des Grundstückseigentums der Klägerin geht nicht auf eine neue Einwirkung auf ihr Grundstück zurück, sondern stellt sich als Fortdauer schädigender Einwirkungen der spätestens 1971 erfolgten störenden Handlung dar. In dem teilweisen Abbau des Zaunes im Jahre 2001 auf einer Breite von 4,80 m im nördlichen Bereich der Ostgrenze liegt keine neue störende Einwirkung auf das Grundstück der Klägerin, sondern eine Reduzierung der zuvor bestehenden störenden Einwirkung. Eine solche bloße Reduzierung führt nicht dazu, dass hinsichtlich der verbliebenen störenden Grenzanlagen ein neuer Anspruch aus § 1004 Abs.1 BGB entsteht oder die Verjährungsfrist für diesen Anspruch erneut zu laufen beginnt. ee) Danach kann offen bleiben, ob einem Anspruch der Klägerin aus § 1004 Abs.1 BGB gemäß § 242 BGB mit Erfolg noch der Einwand der Verwirkung oder des Rücksichtnahmegebotes aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis entgegen gehalten werden könnte.

3. Das Vorbringen der Klägerin im - nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom 6. November 2007 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Es verbleibt nach wie vor bei - erheblichen - Zweifeln an der Einstufung des streitigen Grundstückstücksbereiches als "öffentliche Straße" und - jedenfalls - beim anspruchshemmenden Einwand der Verjährung.

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs.1 ZPO und auf § 708 Nr.10, § 713, § 544 ZPO, § 26 Nr.8 EGZPO. Gründe für die Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof nach § 543 Abs.2 Satz 1 ZPO sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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