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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.09.2002
Aktenzeichen: 5 U 197/01
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 280 Abs. 1 a.F.
BGB § 281
BGB § 281 Abs. 1 a.F.
BGB § 282
BGB § 283
EGBGB §§ 11 ff.
EGBGB § 11 Abs. 2 Satz 2
EGBGB § 11 Abs. 3
EGBGB § 11 Abs. 5
EGBGB § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit c
EGBGB § 12 Abs. 3
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 100 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 543 n.F
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 197/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 19. September 2002

verkündet am 19. September 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juli 2002 durch

den Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Matthiessen sowie den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 22. Juni 2001 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - Az. 1 O 439/99 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger jeweils 2.172,99 € (= 4.250 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 15. September 1999 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Beklagten jeweils 2/25 und der Kläger 21/25 zu tragen. Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Das klagende Land (im Folgenden: "der Kläger") macht einen Anspruch auf Erlösauskehr nach der Veräußerung eines vormaligen Bodenreformgrundstücks geltend.

Das Grundstück der Gemarkung G, Flur, Flurstück, heute eingetragen im Grundbuch von G des Amtsgerichts B auf Blatt, stammt aus der Bodenreform Es wurde - zusammen mit weiteren Flächen - aufgrund des am 25. Juli 1946 bestätigten Aufteilungsprotokolls der Gemeindekommission in G Frau G, geb. M zugewiesen. Im Grundbuch wurde ein Bodenreformsperrvermerk eingetragen. Bei dem Grundstück handelt es sich um eine Ackerfläche in einer Größe von 1.712 m2. G nahm später den Nachnamen ihres (zweiten) Ehemannes, des Beklagten zu 1., an. Sie verstarb am 29. März 1978 und wurde durch den Beklagten zu 1. und die gemeinsame Tochter, die Beklagte zu 2., jeweils zur Hälfte beerbt. Am 15. März 1990 war noch die Verstorbene im Grundbuch eingetragen. Beide Beklagte waren nicht zuteilungsfähig.

Am 28. September 1992 schlössen die Beklagten einen notariellen Kaufvertrag zur Veräußerung des Grundstücks für einen Kaufpreis in Höhe von 53.072,00 DM. In § 11 lit. h belehrte der Notar die Beteiligten über eine mögliche zukünftige gesetzliche Regelung zur Einführung einer Vermögensabgabe für die Veräußerung eines Bodenreformgrundstücks.

Der Kaufpreis wurde am 23. Juni 1993 überwiesen. Er wurde sodann in Höhe von 50.000,00 DM auf einem Festgeldkonto der Beklagten zu 2. und ihres Ehemannes bei der Deutschen Bank angelegt.

In der Folgezeit wurden an dem von beiden Beklagten bewohnten Hausgrundstück in Göttin Baumaßnahmen zu einem Gesamtbetrag in Höhe von 60.143,59 DM durchgeführt. Hierzu wurden folgende Rechnungen gelegt:

- Rechnung vom 29. November 1994 der K GmbH über 20.114,31 DM (abzüglich. 2 % Skonto)

- Rechnung vom 31. Dezember 1994 der K GmbH über 13.171,74 DM

- Rechnung vom 4. Januar 1996 des Installateurbetriebes K über 1.175,014 DM

- Rechnung vom 10. April 1996 des Dachdeckermeisters B über 13.981,56 DM

- Rechnung vom 24. Oktober 1997 der Firma A GmbH über 11.700,84 DM

Von dem eingerichteten Festgeldkonto wurden am 1. Dezember 1994 20.000,00 DM, am 19. April 1996 13.000 DM und am 22. Oktober 1997 17.000,00 DM abgehoben.

Durch Schreiben vom 10. August 1998 machte der Kläger gegenüber den Beklagten erstmalig Ansprüche nach den Vorschriften zur Abwicklung der Bodenreform geltend.

Der Kläger hat zunächst mit der Klage gegen jeden der Beklagten einen Betrag in Höhe von 13.268,00 DM geltend gemacht und die Klage sodann auf den vollen Veräußerungserlös erweitert.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Anspruch auf Auskehrung des Veräußerungserlöses zu. Er hat gemeint, es sei nicht glaubhaft, dass die Beklagten im Zeitraum der Begleichung der Rechnungen ab Ende 1994 noch in Unkenntnis über die Ansprüche auf Auskehrung des Veräußerungserlöses gewesen seien. Der Kläger hat behauptet, zu diesem Zeitpunkt sei in der Tagespresse bereits über die Regelungen des 2. Vermögensrechtsänderungsgesetzes berichtet worden. Jedenfalls seien den Beklagten aufgrund der Baumaßnahmen Werterhöhungen zugute gekommen, die - so hat der Kläger gemeint - auszugleichen seien.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an ihn je 26.358,00 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, ein Wertersatzanspruch bestehe nicht. Sie haben behauptet, den Veräußerungserlös für die aufgeführten Handwerkerrechnungen ausgegeben zu haben. Ihnen sei bis zum Zugang des Schreibens vom 10. August 1998 nicht bekannt gewesen, dass ein Anspruch des Klägers auf den Veräußerungserlös bestanden habe.

Das Landgericht hat die Klage durch am 22. Juni 2001 verkündetes Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, den Beklagten sei die Herausgabe des Surrogates des Bodenreformgrundstücks unverschuldet unmöglich geworden. Es sei durch die Unterlagen belegt, dass der aus der Veräußerung stammende Erlös auf einem Festgeldkonto separiert und in der Folgezeit in drei Teilbeträgen zur Begleichung der Handwerkerrechnungen ausgegeben worden sei. Es sei unerheblich, wer Auftraggeber der Werkleistungen gewesen sei, da die Rechnungen offenkundig aus dem erzielten Erlös beglichen worden seien. Die Unmöglichkeit der Herausgabe sei auch unverschuldet. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagten schuldhaft über das Bestehen des Anspruches des Klägers im Ungewissen gewesen seien. Nach der Rechtsprechung des BGH hätten die Beklagten lediglich die aus dem Streitstoff eventuell folgenden Kenntnismöglichkeiten zu widerlegen. Aus dem Streitstoff ergäben sich jedoch keine Anhaltspunkte für eine Kenntnis. Ein Zahlungsanspruch bestehe auch nicht im Hinblick auf Werterhöhungen am Wohnhaus der Beklagten. Der unmittelbare Ersatz im Sinne des § 283 BGB sei im Vermögen der Beklagten nicht mehr vorhanden. Ein weiterer Ersatz in Form von Verkehrswerterhöhungen des Grundbesitzes ordne § 281 BGB nicht an.

Gegen dieses, ihm am 13. August 2001 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 13. September 2001 eingegangenen Berufung, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13. November 2001 durch an diesem Tage bei Gericht eingegangen Schriftsatz begründet hat.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger einen Anspruch auf jeweils 13.268,00 DM gegen beide Beklagte weiter. Er meint, nach der Rechtsprechung des BGH obliege es den Beklagten, die Möglichkeit der Kenntnisnahme zu widerlegen. Jedenfalls, so behauptet der Kläger, sei seit dem Jahr 1993 von eine Kenntnisnahmemöglichkeit auszugehen. Dies ergebe sich aus Veröffentlichungen in der Zeitschrift "Guter Rat", der Bauernzeitung, einer Veröffentlichung in der MAZ vom 2. März 1995, einem Beitrag im Magazin "Fakt" in der ARD am 29. und 30. September 1997 sowie weiteren Veröffentlichungen im Juli und September 1997. Unabhängig hiervon ist der Kläger der Auffassung, die Beklagten hätten Wertersatz für die von ihnen erlangte Befreiung von Verbindlichkeiten zu leisten.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 22. Juni 2001, Az. 1 O 439/99, die Beklagten zu verurteilen, an ihn je DM 13.268,00 zuzüglich 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die gegnerische Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Sie behaupten, die vom Kläger aufgeführten Veröffentlichungen nicht zur Kenntnis genommen zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Parteien, insbesondere auf die Berufungsbegründung vom 13. November 2001 (BL 216 ff. d.A.) und die Berufungserwiderung vom 15. März 2002 (Bl. 239 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Der Senat hat über die Berufung nach dem vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Reform des Zivilprozesses geltenden Berufungsrecht zu entscheiden, da die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene erstinstanzliche Urteil ergangen ist, vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO).

II.

In der Sache hat die Berufung in geringem Umfang Erfolg. Aufgrund des neuen Sachvortrages des Klägers in der Berufungsinstanz ist das angefochtene Urteil teilweise abzuändern. Dem Kläger steht gegen jeden der Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 BGB a.F. ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.172,99 € (= 4.250 DM) zu. In diesem Umfang trifft die Beklagten ein Verschulden an der Unmöglichkeit der Herausgabe des Erlöses aus der Veräußerung eines aus der Bodenreform stammenden Grundstücks, auf den der Kläger gemäß § 281 Abs. 1 BGB a.F.. i.V.m. Art. 233 § 11 Abs. 3 i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit c EGBGB Anspruch hatte.

1. Es steht in der Berufungsinstanz nicht im Streit, dass die Beklagten zunächst gemäß Art. 233 § 11 Abs. 3 i.V.m § 12 Abs. 2 Nr. 2 lit. c EGBGB zur unentgeltlichen Auflassung einer ideellen Hälfte des vormaligen Bodenreformgrundstücks verpflichtet waren. Dem Beklagten zu 1. stand gemäß Art. 233 § 11 Abs. 5 EGBGB als Ehemann der eingetragenen Eigentümerin des Bodenreformgrundstücks das Miteigentum an dem Grundstück zu 1/2 zu. Das weitere hälftige Miteigentum hätten die Beklagten nur beanspruchen können, wenn sie zuteilungsfähig i.S.d. Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB gewesen wären. Dies haben sie nicht vorgetragen und es ist auch nicht ersichtlich, woraus sich diese Zuteilungsfähigkeit ergeben sollte. Der hierauf gerichtete Auflassungsanspruch ist jedoch mit der rechtswirksamen Übertragung des Bodenreformgrundstücks wegen des Unvermögens der Beklagten zur Auflassung untergegangen (vgl. BGH, VIZ 1999,157, 161).

2. Auch der zunächst gemäß § 281 Abs. 1 BGB entstandene Anspruch auf Herausgabe des von den Beklagten in Gestalt der Hälfte des Veräußerungserlöses erlangten Ersatzes für das Bodenreformgrundstück besteht nicht mehr. Dieser Anspruch ist mit dem Eingang des Veräußerungserlöses bei den Beklagten entständen. Er richtete sich hinsichtlich beider Beklagter jeweils auf ein Viertel des Veräußerungserlöses. Nach Art. 233 § 11 Abs. 5 EGBGB stand dem Beklagte zu 1. als Miteigentümer des Grundstücks die eine Hälfte des Veräußerungserlöses zu. Die ändere Hälfte ist in den Nachlass gefallen und beiden Erben gemäß Art. 233 § 11 Abs. 2 Satz 2 EGBGB jeweils zur Hälfte zugefallen. Es besteht hierbei keine (ungeteilte) Erbengemeinschaft, sondern eine Bruchteilsgemeinschaft (vgl. Palandt-Bassenge, BGB, 60. Auflage 2001, Art. 233 § 11 EGBGB Rdnr. 7). Mit dem Zufluss des Veräußerungserlöses sind beide Erben jeweils zur Hälfte Eigentümer des hälftigen Erlöses geworden. Dieser Anspruch auf das Surrogat in Gestalt des Veräußerungserlöses ist jedoch untergegangen, da die Beklagten den Geldbetrag nach den zutreffenden und durch die Berufung auch nicht mehr angegriffenen Feststellingen des Landgerichts für Baumaßnahmen an dem von beiden Beklagten bewohnten Eigenheim ausgegeben haben.

3. Dem Kläger steht jedoch wegen des Verbrauchs des Veräußerungserlöses ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB im tenorierten Umfang zu. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht.

a) Nach der Rechtsprechung des BGH, der auch der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung folgt, ist das Unvermögen zur Auflassung des Grundstücks oder zur Auskehrung des Veräußerungserlöses nicht generell vorwerfbar und führt daher nicht stets zu einem Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB. Den Erben des Bodenreformeigentümers trifft jedoch gemäß § 282 BGB die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sein Unvermögen unverschuldet war (vgl. BGH, VIZ 1990, 616, 617). Der BGH nimmt in ständiger Rechtsprechung an, dass mit der Verkündung des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes keineswegs von der Kenntnis des Erben des Bodenreformeigentümers von dem Bestehen des Anspruchs des Landes auf das Grundstück oder das Surrogat in Gestalt des Veräußerungserlöses auszugehen ist. Der BGH stellt vielmehr auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung in den allgemeinen Medien ab (ebda; ebenso VIZ 2000, 613). Ab diesem Zeitpunkt ist die Weitergabe des Veräußerungserlöses schuldhaft.

Dass eine solche Kenntnis oder Kenntnisnahmemöglichkeit nicht bestand, müssen die zur Herausgabe Verpflichteten, hier die Beklagten, darlegen und beweisen. Da es sich aber um einen Negativbeweis handelt, dürfen die Anforderungen an die Beweisführung nach der angeführten Rechtsprechung des BGH jedoch nicht überspannt werden. Der Erbe des Bodenreformeigentümers muss nicht von vornherein alle denkbaren Möglichkeiten einer Kenntnisnahme ausschließen, er kann sich vielmehr darauf beschränken, die aus dem Streitstoff eventuell folgenden Möglichkeiten der Kenntnisnahme auszuschließen (BGH, VIZ 2000, 613).

b) Die Veräußerung des Grundstücks durch Vertrag vom 28. September 1992 ist nicht schuldhaft. Zu diesem Zeitpunkt musste den Beklagten, wie nachstehend ausgeführt, das Bestehen des mit dem Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz begründeten Auflassungsanspruchs nicht bekannt sein. Auch die Belehrung in § 11 lit. h des Notarvertrages über eine mögliche künftige gesetzliche Regelung zur Einführung einer Vermögensabgabe im Falle der Veräußerung ist zu Kenntniserlangung über die bereits zuvor in Kraft getretenen vollständig anders gearteten Regelungen in Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB nicht geeignet. Dass ein unmittelbarer Anspruch auf das Grundstück oder den Veräußerungsseriös bestehen könnte, ergibt sich aus der Belehrung gerade nicht.

c) Der Verbrauch des Veräußerungserlöses war nach Auffassung des Senats ab Ende September/Anfang Oktober 1997 vorwerfbar. Zu diesem Zeitpunkt lagen Veröffentlichungen in den allgemeinen Medien vor, die diesen Verschuldensvorwurf nach der Rechtsprechung des BGH begründen. Nach dieser Rechtsprechung ist es unerheblich, ob der Verpflichtete die jeweilige Veröffentlichung im Einzelfall zur Kenntnis genommen hat. Ausreichend für die Begründung des Verschuldensvorwurfs ist der Umstand, dass durch die Veröffentlichung in den allgemeinen Medien die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand.

Welchen Umfang und welche Qualität eine Veröffentlichung in den allgemeinen Medien zur Begründung des Verschuldensvorwurfs haben muss, hat der BGH bislang nicht entschieden. Nach Auffassung des erkennenden Senats muss eine solche Veröffentlichung zunächst von ihrem Inhalt her auf die Möglichkeit des Bestehens eines Anspruchs des Landes auf ein ererbtes Bodenreformgrundstück oder den aus der Veräußerung erzielten Erlös hinweisen. Die Aufmachung der Veröffentlichung muss dabei geeignet sein, den Verpflichteten als Betroffenen auf die Veröffentlichung hinzuweisen. Schließlich muss es sich um ein allgemeines Medium handeln, wobei der Senat die Veröffentlichung in einem solchen Medium für ausreichend hält, wenn dieses in der Region des Verpflichteten verbreitet ist. Keine allgemeinen Medien sind danach Regional- oder auch überörtliche Tageszeitungen, die in der Region keine wesentliche Verbreitung haben. Dass sie im Einzelfall, etwa an Bahnhofskiosken oder an einzelnen Verkaufsstellen in der Region erhältlich sind, kann hierfür nicht ausreichen. Medien, die für ein Fachpublikum bestimmt sind oder ein spezielles Interesse des Lesers voraussetzen, sind ebenfalls nicht als allgemeine Medien anzusehen. Zu den allgemeinen Medien zählen auch Rundfunk- und Fernsehberichte, jedenfalls wenn diese im Hauptprogramm der auch in der Region verbreiteten Sender ausgestrahlt werden. Veröffentlichungen in anderen als den allgemeinen Medien vermögen den Verschuldensvorwurf des § 280 Abs. 1 BGB a.F. nur dann zu begründen, wenn diese durch den Verpflichteten im Einzelfall zur Kenntnis genommen worden sind.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend von einer Kenntnisnahmemöglichkeit Ende September 1997 auszugehen. Nach der vom Kläger vorgelegten Dokumentation hat das am 29. September 1997 um 21.00 Uhr im ersten Programm der ARD ausgestrahlte MDR-Magazin "Fakt" (Wiederholung im Vormittagsprogramm des Folgetages) über mögliche Ansprüche des Landes auf Bodenreformgrundstücke und den Veräußerungserlös berichtet. Diese Kenntnisnahmemöglichkeit haben die Beklagten nicht widerlegt. Art und Umfang der Ausstrahlung im Hauptabendprogramm der ARD sind nach Vorstehendem für die Kenntnisnahmemöglichkeit ausreichend.

Eine Berichterstattung in den allgemeinen Medien ergibt sich aus dem Sach- und Streitstand vor September 1997 nicht. Bei der vom Kläger angeführten "Bauernzeitung" handelt es sich um eine Publikation für ein Fachpublikum, zu dem die gerade nicht in der Landwirtschaft tätigen Verpflichteten nicht zählen. Das ebenfalls angeführte Magazin "Der gute Rat" ist zwar - senatsbekannt. - in den neuen Ländern verbreitet, setzt jedoch ein spezielles Interesse an Ratgeberthemen voraus und erfüllt daher das Kriterium der Allgemeinheit nicht. Auch die Veröffentlichung in der "Märkischen Allgemeinen Zeitung" am 1. März 1995 ist nicht ausreichend. Zwar handelt es sich hierbei um die am Wohnort der Beklagten verbreitete örtliche Tageszeitung. Der nur unscheinbare Prozessbericht ("Aus dem Oberlandesgericht: Vermögensamt gerügt") ist jedoch von seiner Aufmachung her nicht geeignet, als Berichterstattung über die Abwicklung der Bodenreform angesehen zu werden. Der Bericht in der "Berliner Morgenpost" vom 11. Juli 1997 vermag ebenfalls einen Verschuldensvorwurf nicht zu begründen. Diese Tageszeitung ist - senatsbekannt - in Brandenburg mit Ausnahme des engeren Berliner Umlandes nicht hinreichend verbreitet. Einer Einordnung der Veröffentlichung im "Neuen Deutschland" am 1. September 1997 bedarf es im Hinblick auf den im selben Monat ausgestrahlten Fernsehbericht nicht.

d) Vorwerfbar ist danach die Abbuchung von 17.000 DM am 22. Oktober 1997 und deren Verbrauch. Dieser Abbuchung lag ein Auftrag für eine Wärmedämmfassade zugrunde, für den am 24. Oktober 1997 ein Angebot unterbreitet worden ist. Es kann daher nicht angenommen werden, dass der Auftrag bereits vor September 1997 ausgelöst und ausgeführt worden ist. Maßgeblich kann daher nur der Zeitpunkt der Abhebung im Oktober 1997 sein, der nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung in den allgemeinen Medien lag.

Von dem Betrag von 17.000 DM ist allerdings nur die Hälfte anzusetzen, da die Hälfte des Veräußerungserlöses dem Beklagten zu 1. ohnehin zustand. In Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte geht der Senat davon aus, dass jeweils anteilig dem Beklagten zu 1. zustehende Beträge einerseits und vom Kläger zu beanspruchende Beträge beider Beklagter andererseits ausgegeben worden sind. Es besteht daher ein Anspruch des Klägers in Höhe von insgesamt 8.500 DM, der sich jeweils zur Hälfte gegen beide Beklagte richtet.

3. Ein weitergehender Anspruch des Klägers nach § 281 Abs. 1 BGB auf Herausgabe des Ersatzes des für den Verbrauch des Veräußerungserlöses Erlangten - also gewissermaßen auf das Surrogat des Surrogates - besteht nicht.

a) Hierzu beruft sich der Kläger darauf, die Beklagten hätten durch die Zahlung des erlangten Geldbetrages die Befreiung von verschiedenen Verbindlichkeiten gegenüber den Bauhandwerkern erlangt. Hierfür sei Wertersatz zu leisten. An diesen Ausführungen ist zutreffend, dass nach ganz herrschender Auffassung im Schrifttum (Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Auflage, § 281 Rdnr. 35; MünchKomm-Emmerich, BGB, 4. Auflage, § 281 Rdnr. 29, 24, jeweils m.w.N.) für den Fall, dass ein herauszugebender Geldbetrag für die Befreiung von einer Verbindlichkeit ausgegeben worden ist, nach § 281 BGB Wertersatz zu leisten ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des BGH zur Rechtslage nach Art. 233 § 11 ff. BGB (BGH, VIZ 2000, 236, 238). Allerdings bezieht sich dies nur auf solche Verbindlichkeiten, die vor dem Eingang des herauszugebenden Geldbetrages oder jedenfalls unabhängig von diesem bestanden haben. Der BGH stellt darauf ab, ob bestimmte Verträge auch dann abgeschlossen worden wären, wenn der Erlös aus dem Bodenreformland nicht zugeflossen wäre (BGH, VIZ 2000, 236, 238). Ist eine Verbindlichkeit nur im Hinblick auf den Eingang des Geldbetrages begründet worden und hat der Schuldner den Geldbetrag dann zur Erfüllung dieser Forderung beglichen, ist in seinem Vermögen kein Surrogat in Gestalt der Befreiung von einer Verbindlichkeit vorhanden. Ohne den erwarteten Geldzufluss wäre die Verbindlichkeit gar nicht erst begründet worden. Die Befreiung von ihr stellt dann auch kein zu ersetzendes Surrogat dar.

So liegt der Fall hier. Nach dem in zweiter Instanz unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten haben diese die Sanierung des Einfamilienhauses nur wegen des zusätzlichen Geldzuflusses aus dem Verkauf des Bodenreformgrundstücks veranlasst. Dies ist im Hinblick auf die gesonderte Anlegung und den Verbrauch für die Baumaßnahme auch plausibel.

b) Surrogat kann dann nur die Gegenleistung für den Verbrauch des Veräußerungserlöses sein. Der Anspruch nach § 281 Abs. 1 BGB kann sich nach der Rechtsprechung des BGH - entgegen den Ausführungen des Landgerichts - grundsätzlich auch auf die für die Weitergabe des Erlöses aus dem Verkauf eines Bodenreformgrundstücks erhaltene Gegenleistung beziehen (BGH, VIZ 1999, 616, 617). Diese hat der Kläger vorliegend jedoch nicht geltend gemacht. Die Gegenleistung in Gestalt von Bauleistungen dürfte vorliegend auch nicht herausgabefähig sein. Soweit bewegliche Sachen in das Einfamilienhaus eingebaut worden sind, sind diese in das Eigentum der Grundstückseigentümer übergegangen. Ob dies die Beklagten sind (oder möglicherweise der Ehemann der Beklagten zu 2.), ist nicht vorgetragen. Auch eine bezifferte Berechnung etwaiger Wohnwertverbesserungen, auf die sich der Kläger im Termin berufen hat, liegt nicht vor.

III.

Die Kostenentscheidung für die erste Instanz beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Die Kosten der Berufungsinstanz hat der Senat gemäß § 97 Abs. 2 ZPO dem Kläger auferlegt, da sein teilweises Obsiegen in dieser Instanz auf neuem Sachvortrag zu den Kenntnisnahmemöglichkeiten der Beklagten beruht. Diesen Vortrag hätte er bereits in erster Instanz anbringen können und wäre hierzu nach der Prozesslage vom Standpunkt einer sorgfältigen und gewissenhaften Prozessführung auch verpflichtet gewesen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Über die Zulassung der Revision hat der Senat gemäß § 543 ZPO n.F. entschieden. Für die Revision gelten bereits die Vorschriften des Gesetzes über die Reform des Zivilprozesses, wenn die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht - wie hier - nach dem 31. Dezember 2001 geschlossen worden ist (§ 26 Nr. 7 EGZPO). Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen vor. Die Frage, welche Art der Veröffentlichung als eine solche in den all gemeine a Medien im Sinne der Rechtsprechung des BGH anzusehen ist, weist grundsätzliche Bedeutung auf. Der vorliegende Fall gibt nach Ansicht des erkennenden Senats Anlass für eine nähere Konkretisierung der diesbezüglichen Rechtsprechung des BGH.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 13.567,64 € = 26.536 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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