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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 29.11.2007
Aktenzeichen: 5 U 208/06
Rechtsgebiete: GBBerG, BGB, SachenR-DV


Vorschriften:

GBBerG § 9 Abs. 1
BGB § 894
SachenR-DV § 1
SachenR-DV § 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 208/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 29. November 2007

Verkündet am 29. November 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Oktober 2006 - Az.: 17 O 530/05 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 10.000 Euro.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von den nunmehrigen Beklagten als Rechtsnachfolger des ursprünglich beklagten Wasserverbandes F.../L... die Bewilligung der Löschung einer auf ihrem Grundstück (Gemarkung C..., Flur 3, Flurstück 35/1) eingetragenen Grunddienstbarkeit.

Auf dem Grundstück werden gemäß der Leitungs- und Anlagenrechtsbescheinigung vom 16. Februar 2005 ein Abwasserpumpwerk und eine Abwasserleitung betrieben. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Anlage bereits am 3. Oktober 1990 betrieben wurde und dann zunächst von der M... Wasserversorgung und Abwasserbehandlung GmbH (M.. GmbH) betrieben wurde, die durch Umwandlung aus dem ehemaligen VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung F... entstanden war.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, aufgrund der Vereinbarung vom 28. März 1995 sei der ursprüngliche Beklagte als Betreiber der Anlage seit dem 31. Dezember 1994 anzusehen. Ob der dieser am 28. März 1995 eine eigene Rechtspersönlichkeit besessen habe, sei unerheblich. Sei dies nicht der Fall gewesen, sei die Anlage im Besitz der M... GmbH i. L. gewesen. Die Anlage sei dann der Gemeinde, die Mitglied des Verbandes gewesen sei, übereignet worden. Mit rechtskräftiger Gründung des ursprünglich Beklagten sei die Anlage dann auf diesen übergegangen.

Gegen das ihr am 30. Oktober 2006 zugestellte Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) hat die Klägerin mit am 24. November 2006 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 21. Dezember 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens macht die Klägerin weiterhin geltend, der Beklagte sei im März 1995 nicht rechtsfähig gewesen, so dass er keinen Vertrag habe abschließen können; eine nichtexistente Partei könne auch keine Anlage betreiben. Nicht einmal der Beklagte habe hilfsweise geltend gemacht, die Anlage sei zwischenzeitlich von der Gemeinde betrieben worden. Der ursprünglich Beklagte habe nicht vorgetragen, ihm sei durch Vertrag vom 2. Juli 1993 der Besitz an der Anlage überlassen worden; ein solcher Vertrag sei nicht vorgelegt worden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Oktober 2006 den Beklagten zu verurteilen, der Löschung der auf dem Grundstück Gemarkung C..., Flur 3, Flurstück 35/1, eingetragen im Grundbuch von C... Blatt 160 zu seinen Gunsten am 17. März 2005 eingetragenen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zuzustimmen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens die angefochtene Entscheidung.

Nach Hinweis des Senates hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 1. November 2007 den Nutzungsüberlassungsvertrag vom 2. Juli 1993, die Satzung des Wasserverbandes F.../L... und ein Schreiben des Landrates des Landkreises B... vom Juli 1992 vorgelegt, wonach die von der Verbandsversammlung am 31. Juli 1991 beschlossene Satzung zur Gründung eines Wasserverbandes aufsichtsbehördlich genehmigt werde.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO).

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg, weil durch die Eintragung der Grunddienstbarkeit nach § 9 Abs. 1 GBBerG das Grundbuch nicht im Sinne des § 894 BGB unrichtig wurde.

1.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Abwasserbeseitigungsanlage (Pumpstation und Abwasserleitung) auf dem Grundstück der Klägerin sowohl am 3. Oktober 1990 als auch am 11. Januar 1995 betrieben wurde (§§ 9 Abs. 1 GBBerG i. V. m. § 10 SachenR-DV). Die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Entstehen der Grunddienstbarkeit am 11. Januar 1995 sind damit gegeben. Zwischen den Parteien ist allein streitig, ob der Beklagte hinsichtlich dieser Anlage Rechtsnachfolger der M... GmbH i. L. geworden ist und insoweit als Berechtigter im Sinne der vorgenannten Vorschriften anzusehen ist.

2.

Das Landgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Berechtigung des Beklagten bereits aus dem Übertragungsvertrag vom 28. März 1995 zwischen der M... GmbH i. L. und dem Wasser- und Abwasserverband F.../L... ergibt. Aus diesem Vertrag, der inhaltlich von der Klägerin nicht in Frage gestellt wird, folgt, dass bereits mit Vertrag vom 2. Juli 1993 mit Wirkung zum 1. Juli 1993 ein Nutzungsüberlassungsvertrag abgeschlossen worden war, durch den der Besitz an der gesamten Wasser- und Abwasseranlage im Bereich des Verbandsgebietes auf den Wasser- und Abwasserverband F.../L... übertragen wurde. In dem Vertrag vom 28. März 1995 ist weiter festgehalten, dass der Zweckverband für sein Gebiet die Aufgaben der Wasserversorgung, Abwasserbehandlung und Abwasserbeseitigung gem. § 2 Abs. 2 der Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 und § 3 Abs. 2 der Gemeindeordnung vom 15. Oktober 1993 übernommen hat.

Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, die Abwasseranlage habe in dem Vertrag vom 28. März 1995 deswegen nicht auf den Beklagten bzw. den damaligen Wasser- und Abwasserverband F.../L... übertragen werden können, weil der Wasser- und Abwasserverband F.../L... als Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß dem Feststellungsbescheid der unteren Kommunalaufsicht des Landkreises O... erst am 18. Oktober 1997 rechtlich existent geworden sei; mangels eigener Rechtsfähigkeit sei daher am 28. März 1995 kein wirksamer Vertrag geschlossen worden.

Mit der Klägerin kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Wasser- und Abwasserverband F.../L... als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne des § 5 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg vom 19. März 1991 (GKG) erst am 18. Oktober 1997 existent geworden ist. Daraus kann aber im Gegenschluss nicht gefolgert werden, dass zuvor der Wasser- und Abwasserverband überhaupt keine eigene Rechtspersönlichkeit besessen habe und deswegen auch nicht am Rechtsverkehr habe teilnehmen können. Hat eine Zweckverbandsgründung, wie hier im vorliegenden Fall, in den Jahren 1991/1992 zunächst nicht dazu geführt, dass der Zweckverband als Körperschaft öffentlichen Rechts wirksam entstanden ist, so hat dies dann, wenn, ebenfalls wie vorliegend, der "Zweckverband" tätig geworden ist und die beteiligten Gemeinden in der Folgezeit das Ziel weiter verfolgt haben, eine Körperschaft öffentlichen Rechts entstehen zu lassen, dazu geführt, dass eine aus den beteiligten Gemeinden bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstanden ist, der nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes insoweit eine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt. Es kommt nämlich, wie grundsätzlich bei Rechtsverhältnissen öffentlich-rechtlicher Natur, eine entsprechende Anwendung zivilrechtlicher Rechtsgrundsätze in Betracht, soweit diese Ausdruck allgemeiner Rechtsgedanken und damit zur Lückenfüllung geeignet sind. Auf die Beteiligung nicht rechtsfähiger öffentlich-rechtlicher Verbände am Privatrechtsverkehr sind demzufolge die Rechtsgrundsätze derjenigen zivilrechtlichen Kooperation anzuwenden, die jeweils am weitestgehenden mit der Struktur des betreffenden öffentlich-rechtlichen Verbandes übereinstimmt (BGH NJW 2001, 748, 749). Dies ist im vorliegenden Fall die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinne der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.

Als solche Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestand der Wasserverband F.../L... seit seiner Gründung im Jahre 1991 bis zum Oktober 1997, als er wirksam als Körperschaft öffentlichen Rechts entstanden ist. Als solche Gesellschaft bürgerlichen Rechts war der Wasserverband F.../L... ohne weiteres in der Lage, mit der M... GmbH i. L. am 28. März 1995 einen Übertragungsvertrag unter anderem über die streitgegenständliche Abwasserbeseitigungsanlage zu schließen. Andere Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit des Vertrages sind nicht ersichtlich, so dass der Wasserverband F.../L... Rechtsnachfolger der M... GmbH i. L. hinsichtlich der streitgegenständlichen Abwasserbeseitigungsanlage geworden ist. Der Wasser- und Abwasserverband F.../L... konnte ohne weiteres auch in der Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Abwasseranlage betreiben, weil es nach § 1 Satz 3 SachenR-DV nicht darauf ankommt, in welcher Rechtsform ein Versorgungsunternehmen einer Abwasserbeseitigungsanlage betreibt.

Ist danach aber bereits im Jahre 1995 der Wasser- und Abwasserverband F.../L... Rechtsnachfolger der M... GmbH i. L. geworden, so ist die Grunddienstbarkeit nach § 9 Abs. 1 GBBerG i. V. m. § 1 SachenR-DV zu recht zu seinen Gunsten eingetragen worden. Das Grundbuch ist durch diese Eintragung nicht unrichtig im Sinne des § 894 BGB geworden, so dass bereits deswegen die Berufung der Klägerin keine Aussicht auf Erfolg hat.

3.

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausginge, dass der Übertragungsvertrag vom März 1995 deswegen unwirksam war, weil es an einem Vertragspartner der M... GmbH i. L. gefehlt hat, so wäre diese Eigentümerin der Anlage geblieben mit der Folge, dass sie sich nach wie vor unerkannt in Liquidation befände und die Grunddienstbarkeit zu ihren Gunsten nach § 1 Satz 3 SachenR-DV i. V. m. § 9 Abs. 1 GBBerG hätte eingetragen werden müssen. Auch in diesem Falle stünde der Klägerin aber ein Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB nicht zu. Ist nämlich die Grunddienstbarkeit wirksam kraft Gesetzes entstanden, nur ein falscher Berechtigter eingetragen, so hat nur der wirkliche Rechtsinhaber den Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB, nicht dagegen der Eigentümer. Dessen Rechtsstellung wird durch die Angabe eines falschen Berechtigten nicht beeinträchtigt. Gläubiger des Anspruches nach § 894 BGB ist nur, wer durch die Unrichtigkeit unmittelbar beeinträchtigt ist (Münchener Kommentar/Wacke, 4. Auflage, § 894 BGB, Rdnr. 15 m. w. N.; Palandt/Bassenge, § 894 BGB, Rdnr. 6). Auch in diesem Fall hätte also die Berufung der Klägerin keinen Erfolg.

4.

Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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