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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 11.07.2002
Aktenzeichen: 5 U 221/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, EGZPO


Vorschriften:

BGB § 117
BGB § 125
BGB § 313 Satz 1
BGB § 812
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1
BGB § 812 Abs. 2
BGB § 812 Abs. 3
BGB § 818 Abs. 2
ZPO § 511
ZPO § 511 a
ZPO § 516
ZPO § 518
ZPO § 519
EGZPO § 26 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 221/99 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 11.07.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2002 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... sowie den Richter am Oberlandesgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 30. September 1999 - 5 O 30/99 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, die Löschung der im Grundbuch von ...Grundbuch Blatt 252, Flur 2, Flurstück 51/5, in Abteilung II eingetragenen Auflassungsvormerkung Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages von 330.000,00 DM zu bewilligen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits (erster und zweiter Instanz) werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen des Gemeinschuldners S...verlangt die Löschung einer zu Gunsten der Beklagten im Grundbuch von ...Blatt 252 eingetragenen Auflassungsvormerkung, weil der zu Grunde liegende Kaufvertrag gem. § 117 BGB nichtig sei.

Der spätere Gemeinschuldner S... erwarb im Jahre 1992 das Grundstück der Gemarkung ... Flur 2, Flurstück 91/5, mit einer Fläche von 6.944 m² zum Preise von 10.000,00 DM, wobei auf einer Teilfläche dieses Grundstücks bereits ein Wohngebäude aufstand. Er wurde am 10. Mai 1994 als Eigentümer im Grundbuch von ... Blatt 252 eingetragen. Auf seinen Antrag hin wurde ihm entsprechend einem Vorbescheid vom 11. Februar 1993 im November 1993 für dieses Grundstück eine Baugenehmigung für den Neubau eines Einfamilienwohnhauses erteilt. Eine im Januar 1994 beurkundete Veräußerung einer unvermessenen Teilfläche zu einem Kaufpreis von 30.000,00 DM scheiterte.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 16. August 1995 verkaufte der spätere Gemeinschuldner aus dem Grundstück eine bereits vermessene und daher bestimmte Teilfläche von ca. 5.944 m², das spätere Flurstück 91/7, zum Preise von 20.000,00 DM an die Beklagten zu je 1/ 2 Miteigentumsanteilen. Vereinbarungsgemäß erfolgte die Übergabe des Grundstücks am Tage der Beurkundung. Am 1. September 1995 wurde zu Gunsten der Beklagten eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Die Beklagten haben den Kaufpreis von 20.000,00 DM gezahlt.

Im Zusammenhang mit diesem Grundstückskaufvertrag erteilten die Beklagten unter Bezugnahme auf ein Angebot vom 14. August 1995 sowie eine Baubeschreibung dem Verkäufer S... Auftrag zur Komplettherstellung des Wohnhauses. In diesem Bauvertrag (Bl. 22 ff. d. A.) hatten die Parteien u. a. vereinbart:

"Lohn- und Lohnnebenkosten gelten als Festpreis, wobei 50.000,00 DM erst zwei Jahre nach Fertigstellung vom Auftraggeber an Auftragnehmer zu zahlen sind.

- Der AG sichert eine wöchentliche Baukontrolle zu.

- Sollte der AG den Bauvertrag aus Gründen kündigen oder stornieren, die allein der AG zu vertreten hat, so wird eine Konventionalstrafe in Höhe von 50.000,00 DM innerhalb von vier Wochen nach Kündigung oder Stornierung fällig.

- Für die Sicherheit der Materialien auf dem Bau trägt der AN die Verantwortung."

Auf der Basis der erteilten Baugenehmigung errichteten die Beklagten auf dem gekauften Grundstück ein Einfamilienwohnhaus. Sie zeigten gegenüber der Baubehörde die Übernahme der Planung des Gebäudes sowie ihre eigene Bauherrenschaft an (Bl. 91 d. A.).

Zum Jahresende 1996 war das Wohnhaus fertiggestellt.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 1. April 1998 wurde über das Vermögen des Herrn S... das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und der Kläger zum Gesamtvollstreckungsverwalter bestellt.

Der Kläger hat behauptet, der am 16. August 1995 geschlossene Grundstückskaufvertrag sei nichtig, da er nur zum Schein abgeschlossen worden sei. Tatsächlich habe das Grundstück nicht für 20.000,00 DM, sondern für insgesamt 70.000,00 DM verkauft werden sollen. Um Grunderwerbssteuern zu sparen, sei nur ein Kaufpreis von 20.000,00 DM beurkundet worden. Die Parteien hätten mündlich eine Zusatzvereinbarung geschlossen, dass die Beklagten weitere 50.000,00 DM nach Ablauf von zwei Jahren an den Verkäufer zahlen sollten. Da der Gemeinschuldner für die Vereinbarung, dass er noch weitere 50.000,00 DM als Kaufpreis zu erhalten habe, Sicherheiten verlangt habe, hätten die Vertragsparteien diesen Betrag von 50.000,00 DM in einem zwischen ihnen geschlossenen Bauvertrag als zusätzliche Lohnkosten mit aufgenommen. Dieser Betrag von 50.000,00 DM sei auch nicht in der Schlussrechnung erschienen, da es sich nicht um ein Entgelt für Bauleistungen gehandelt habe. Wegen bestehender Zahlungsschwierigkeiten habe er die Beklagte zu 2. bereits im September 1997 aufgesucht und auf schnelle Zahlung der 50.000,00 DM gedrängt, obwohl der Betrag vereinbarungsgemäß erst im Jahre 1998 habe fällig werden sollen. An diesem Tage haben der Gemeinschuldner und die Beklagte zu 2. eine Vereinbarung unterzeichnet, wonach die vereinbarte Nachzahlung von 50.000,00 DM auf 30.000,00 DM gemindert werden sollte. Gleichzeitig sei vereinbart worden, dass die Summe von 30.000,00 DM als Abfindung für alle Ansprüche, die sich aus dem Grundstückskaufvertrag ergeben, gelten sollte. An den Gemeinschuldner seien jedoch hierauf letztlich nur - insoweit unstreitig -3.000,00 DM in bar gezahlt worden.

Der Kläger hat vorgetragen, der Kaufpreis von 20.000,00 DM sei für das Grundstück völlig unangemessen gewesen. Der Gemeinschuldner habe für ein angrenzendes Grundstück mit einer Fläche von ca. 1.000 m² einen Kaufpreis von 30.000,00 DM erhalten. Für das streitgegenständliche Grundstück hingegen habe eine Baugenehmigung vorgelegen und es sei bereits ein Fundament vorhanden gewesen, auf welchem die Beklagten auch das Haus errichtet haben. Somit sei mindestens ein Preis von 20,00 DM/m² erzielbar gewesen. Der beurkundete Kaufpreis läge damit 80 % unter dem Normalpreis. Selbst wenn der beurkundete Vertrag das tatsächlich Gewollte wäre, sei der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig, da ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, die Löschung der im Grundbuch von ... Blatt 252, Flur 2, Flurstück 91/5 - Abteilung II - eingetragenen Auflassungsvormerkung zu bewilligen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise,

die Verurteilung zur Rückauflassung nur Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises auszusprechen.

Der Kläger hat beantragt,

den Hilfsantrag abzuweisen.

Die Beklagten haben bestritten, dass es sich um ein Scheingeschäft gehandelt habe und ein höherer Preis als 20.000,00 DM für das Grundstück vereinbart worden sei. Sie haben hierzu vorgetragen, ursprünglich habe der spätere Gemeinschuldner S... auf dem streitgegenständlichen Grundstück selbst ein Haus errichten wollen. Einen Vorbescheid durch den Landkreis habe er bereits erhalten. Mit der Planung des Hauses habe er das Ingenieurbüro H...der Beklagten zu 2. beauftragt. Das Umweltamt des Landkreises P... habe jedoch diesem Bau nur unter bestimmten Auflagen zugestimmt, da sich die vorgesehene Baufläche planungsrechtlich nicht im Innenbereich der Gemeinde S... befunden habe. Bei dem Grundstück habe es sich somit nicht um Bauland gehandelt. Lediglich die Genehmigung zum Bau eines einzelnen Wohnhauses sei erteilt worden.

Der Preis sei daher auch nicht sittenwidrig, da für Grünland, und nur solches sei ihnen verkauft worden, laut Mitteilung des Gutachterausschusses vom 14. April 1999 pro m² 0,25 DM bis 0,80 DM durchschnittlich zu erzielen seien.

Das bereits vorhandene Streifenfundament sei nicht werterhöhend gewesen, da es zunächst, nach zwei Jahren Bauruhe, habe freigeschachtet werden müssen. Hierfür seien ebenfalls Kosten in Höhe von ca. 4.000,00 DM entstanden. Wenn man überhaupt von Bauland sprechen könne, dann nur für eine Fläche von maximal 500 m², soweit ein Haus darauf errichtet worden sei. Bei dem von dem Kläger angenommenen Preis von 20,00 DM/m² ergebe sich dann ein Preis von 14.396,80 DM. Es handele sich aber eben nicht um ortsüblich erschlossenes Bauland.

Die Beklagten haben ferner bestritten, dass in der Lohnkostenvereinbarung in Höhe von 50.000,00 DM eine zusätzliche Kaufpreisabrede enthalten sei. Vielmehr sei, so haben sie vorgetragen, diese Vereinbarung über die Lohnkosten getroffen worden, um den Unternehmergewinn des späteren Gemeinschuldners für seine Bauleistungen festzulegen. Die Fälligkeit sei für 1998 vereinbart worden, weil sie, die Beklagten, damit gerechnet hätten, dass sie vor diesem Zeitpunkt nicht als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen würden und somit vorher auch keine Kredite erhalten würden, um den Gemeinschuldner bezahlten zu können. Im Übrigen habe der Gemeinschuldner das Haus nur "halb fertig" gebaut. Einige Gewerke seien durch Drittfirmen errichtet worden. Außerdem seien gegenüber dem Gemeinschuldner mehrfach Mängel gerügt worden. Eine Beseitigung sei jedoch nicht erfolgt.

Die Vereinbarung vom 7. September 1997 (Bl. 25 d. A.) sei auf Drängen des Gemeinschuldners zustande gekommen, der sich in einer Notsituation an die Beklagte zu 2. gewandt habe. Er habe dringend Geld gebraucht und befürchtet, die eidesstattliche Versicherung abgeben zu müssen. Die Beklagte zu 2. habe dieses Schreiben unter Zeitdruck aufgesetzt und nicht bemerkt, dass es richtig hätte heißen müssen: "dass die im Bauvertrag zum o. g. Grundstück vereinbarte Nachzahlung in Höhe von 50.000,00 DM" und nicht wie versehentlich geschrieben "dass die im Kaufvertrag zum o. g. Grundstück vereinbarte Nachzahlung ...". Nachvollziehbar sei auch die in diesem Zusammenhang getätigte Bezugnahme auf Baumängel und Fristen, für die eine Minderung von 20.000,00 DM vereinbart worden sei. Die Fälligkeit der noch zu zahlenden 30.000,00 DM habe sich jedoch nicht verändert.

Im Übrigen sei diese Vereinbarung ausweislich der Urkunde für das Ingenieurbüro H...und nicht für die Beklagten zu 1. und 2. abgeschlossen worden.

Nach Beweiserhebung durch Vernehmung des Zeugen S... hat das Landgericht Neuruppin mit Urteil vom 30. September 1999 die Beklagten zur Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung verurteilt Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages von 23.000,00 DM. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kaufvertrag vom 16. August 1995 sei nichtig, da die Erklärungen über den Kaufpreis von 20.000,00 DM nur zum Schein abgegeben worden seien. Das gewollte Rechtsgeschäft, Zahlung eines Kaufpreises von 70.000,00 DM, sei infolge fehlender Beurkundung nichtig. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte und der Zeuge S... ein Scheingeschäft abgeschlossen hätten. Die Aufnahme der zusätzlichen Lohnforderungen in Höhe von 50.000,00 DM im Bauvertrag sei ausschließlich zur Absicherung der restlichen Kaufpreisforderung in Höhe von 50.000,00 DM erfolgt. Der Wert des Grundstücks sei 70.000,00 DM gewesen, da eine Baugenehmigung vorgelegen habe. Der Zeuge sei glaubwürdig, er habe sich in Geldnot befunden. Die Beklagte zu 2. habe selbst die Erklärung vom 7. September 1997 aufgesetzt, in dem nicht vom Bauvertrag, sondern vom Kaufvertrag gesprochen werde.

Gegen das ihnen am 6. Oktober 1999 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 4. November 1999, eingegangen bei Gericht am selben Tage, Berufung eingelegt und dieselbe - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 4. Januar 2000 - mit weiterem Schriftsatz vom 4. Januar 2000, eingegangen bei Gericht am selben Tage, begründet.

Unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens rügen die Beklagten mit der Berufung, der Zeuge S... habe die Unwahrheit bekundet. Sie behaupten hierzu, der Notar E... habe sich nicht geweigert, den Vertrag zu beurkunden, weil der Kaufpreis zu niedrig gewesen sei, sondern weil er der Auffassung gewesen sei, es handele sich um einen Bauträgervertrag, da der Zeuge S... das Haus für die Beklagten bauen sollte, die Parteien jedoch nur einen Grundstückskaufvertrag beurkunden wollten. Ein Schreiben mit diesem Inhalt sei dem Zeugen E... durch den Zeugen S... übermittelt worden. Ein Bauträgervertrag sollte jedoch nicht abgeschlossen werden.

Unrichtig sei auch, dass es sich bei den 50.000,00 DM im Bauvertrag nicht um Lohnkosten, sondern um eine zusätzliche, d. h. "schwarz", vereinbarte Zahlung auf den Kaufpreis handele. Dies ergebe sich aus dem Vergleich der Preiskalkulationen. Die Kostenkalkulation durch den Zeugen S... vom 4. April 1995 (Bl. 97 ff. d. A.) enthalte bereits Lohnkosten über 130.000,00 DM. Die zweite Kostenkalkulation vom 14. Mai 1996 (richtig jedoch: 14. Mai 1998) weise ebenfalls die Lohn- und Lohnnebenkosten mit insgesamt 130.000,00 DM aus, nämlich 80.000,00 DM Lohnkosten und 50.000,00 DM Lohnnebenkosten, zwei Jahre nach Objektübergabe fällig. Die Vereinbarung von Konventionalstrafen in Bauverträgen sei üblich. Das es sich bei der Höhe der Konventionalstrafe um 50.000,00 DM handele, sei Zufall.

Der Kaufpreis von 70.000,00 DM sei unrealistisch. Es habe lediglich die Baugenehmigung vorgelegen. Die begonnenen Fundamente seien letztlich wertlos gewesen. Eine Bodenplatte sei nicht vorhanden gewesen, sondern lediglich die Frostschütze des Fundamentes.

Wenn auch keine Schlussrechnung über 50.000,00 DM gelegt worden sei, so seien jedenfalls die vereinbarten Lohnnebenkosten prozentual in Rechnung gestellt worden.

Die Aussage des Zeugen, er habe auf Abschluss der Vereinbarung vom 7. September 1997 gedrängt, um eine Sicherheit zu haben, sei nicht verständlich, da die Sicherheit im Bauvertrag vorhanden gewesen sei. Zu dieser Vereinbarung sei es in einer für die Beklagte zu 2. zeitlich gedrängten Situation gekommen, als sie mit ihrer Familie im Begriff war, zum Besuch ihrer Eltern aufzubrechen.

Bei der vereinbarten Nachzahlung von 50.000,00 DM handele es sich um die "Nachzahlung" von Lohn- und Lohnnebenkosten von 50.000,00 DM zwei Jahre nach Fertigstellung, die durch die Vielzahl der angezeigten Mängel und den Bauverzug im Einvernehmen auf 30.000,00 DM reduziert worden sei.

Ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehe nicht.

Darüber hinaus stünde ihnen, den Beklagten, ein weitergehendes Zurückbehaltungsrecht als durch das Landgericht zuerkannt zu. Sie hätten eine erhebliche Vermögensvermehrung des Schuldners vorgenommen. Die Bauleistungen seien bezahlt. Der aktuelle Verkehrswert des Grundstücks belaufe sich auf 400.000,00 DM. Unter Berücksichtigung einer Summe von 39.800,00 DM als Wert für Grund und Boden hätten sie eine Werterhöhung in Höhe von 360.200,00 DM vorgenommen, die auszugleichen sei. Darüber hinaus hätten sie notwendige und nützliche Verwendungen, wie Grundstückssteuer, Versicherungsbeiträge, in Höhe von insgesamt 12.672,32 DM aufgewendet.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 30. September 1999 - 5 O 30/99 -abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Im Wege der Anschlussberufung beantragt der Kläger, das erstinstanzliche Urteil wie folgt abzuändern:

Die Beklagten zu verurteilen, die Löschung der im Grundbuch von ... Grundbuch Blatt 252, Flur 2, Flurstück 91/5, in Abteilung II eingetragenen Auflassungsvormerkung zu bewilligen.

Die Beklagten beantragen,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens das landgerichtliche Urteil und behauptet, Motiv für das Scheingeschäft sei gewesen, die Grundsteuer zu sparen und die Notarkosten zu sparen. Der Kaufpreis von 70.000,00 DM sei für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 16. August 1995 realistisch gewesen. Es treffe nicht zu, dass der Zeuge S... die Bauleistungen zu knapp kalkuliert habe.

Wegen des Parteivorbringens im Einzelnen wird auf die jeweiligen Schriftsätze der Parteien sowie auf die hierzu überreichten Unterlagen Bezug genommen.

Die Grundakte zum Grundbuch von ... Blatt 252 des Amtsgerichts Prenzlau war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Der Senat hat gemäß den Beweisbeschlüssen vom 17. August 2000 sowie 8. März 2001 Beweis durch Vernehmung der Zeugen E... und S... sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift des Sitzungsprotokolls vom 8. Februar 2001 (Bl. 442 ff. d. A.) einschließlich des Berichterstattervermerks über die Zeugenaussagen (Bl. 445 ff. d. A.) sowie auf das Gutachten des Sachverständigen K... vom 7. August 2001 (Bl. 473 ff. d. A.) sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 13. Juni 2002 (Bl. 602 ff. sowie Bl. 608 f. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO zulässige Berufung der Beklagten, für die gem. § 26 Nr. 5 EGZPO die alten Berufungsrechtsvorschriften maßgebend sind, ist teilweise begründet; die unselbstständige Anschlussberufung des Klägers ist hinsichtlich des Zurückbehaltungsrechts wegen der gezahlten Kaufpreisforderung begründet.

Der Kläger hat gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 812 Abs. 2, Abs. 3 BGB gegen die Beklagten einen Anspruch auf Bewilligung der Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung, jedoch nur Zug um Zug gegen Erstattung der Aufwendungen der auf Grund der Bebauung durch die Beklagten herbeigeführten Werterhöhung des Grundstücks. Ein vormerkungsfähiger Eigentumsverschaffungsanspruch der Beklagten besteht nämlich nicht, weil der von den Parteien geschlossene Grundstückskaufvertrag vom 16. August 1995 gem. § 313 Satz1, § 125 BGB nichtig ist, weil die Verpflichtungen der Parteien unvollständig beurkundet worden sind.

Nach dem Ergebnis der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senates fest, dass die Parteien für die Veräußerung des Grundstücks, für das bereits eine bestandskräftige Baugenehmigung vorlag, einen Preis von 70.000,00 DM vereinbart haben, tatsächlich aber nur einen solchen von 20.000,00 DM beurkunden ließen, wobei zugleich der spätere Gemeinschuldner, der Zeuge S..., damit aber auch den aus dem Projekt T.../ B... entgangenen Bauauftrag wieder ausgeführt wissen wollte, ohne als Bauträger tätig zu sein, um seinen in finanziellen Schwierigkeiten befindlichen Handwerksbetrieb zu retten. Deshalb war es dem Zeugen S... gleichgültig, ob eine Beurkundung über 70.000,00 DM erfolgte und auf diese Weise die Zahlungspflicht der Beklagten nachweisbar war oder ob der Differenzbetrag von 50.000,00 DM anderweitig schriftlich fixiert wird und sodann auf diese Weise die Zahlungspflicht der Beklagten nachgewiesen werden konnte.

Der Senat folgt den glaubhaften Bekundungen des Zeugen S.... Ausweislich der Grundakte ... Blatt 252, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wurde der Grundstückskaufvertrag zwischen dem Zeugen S... und den Käufern B... sowie T... nicht vollzogen. Der beurkundende Notar hat den Antrag auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung wegen der Nichterfüllung der vertraglichen Vereinbarungen sowie des erklärten Widerrufs zurückgenommen (Bl. 72 d. BA). Der Zeuge sollte für diese Käufer ein Einfamilienhaus errichten, wobei die Planung für dieses Haus durch die Beklagte zu 2. erfolgt war und er, der Zeuge, durch die Gründung der Fundamente bereits mit der Bauausführung begonnen hatte, als die Auftraggeber nicht mehr auffindbar waren und es deshalb nicht zur Verwirklichung des Projektes kam. Um die damit verbundenen finanziellen Einbußen auszugleichen, musste der Zeuge S... für den Bauauftrag einen neuen Auftraggeber finden, um seine "Firma über Wasser zu halten", und für das Trenngrundstück einen neuen Käufer. Er fand beides in den Beklagten, wobei die Beklagte zu 2., die die Situation auf Grund ihrer Vorbefasstheit mit der Bauplanung kannte, sich als Käufer anbot. Dabei musste der Zeuge die Bedingungen der Beklagten zu 2. akzeptieren. Demgemäß schlossen die Parteien den Bauvertrag Bl. 22 ff. d. A. mit dem Inhalt, dass der Zeuge faktisch als Lohnunternehmer tätig wurde und das Baumaterial durch die Beklagte - mit Ausnahme des Fachwerks - unmittelbar bezahlt wurde, sowie unter dem 16. August 1995 den Grundstückskaufvertrag mit einem zwar vereinbarten Kaufpreis von 70.000,00 DM, jedoch nur beurkundetem Preis von 20.000,00 DM.

Nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen wurde ein Kaufpreis von 70.000,00 DM vereinbart. Da die Beklagte zu 2. jedoch nur einen Betrag von 20.000,00 DM beurkunden lassen wollte, wurde der Betrag von 50.000,00 DM im Bauvertrag als zusätzliche Forderung gekennzeichnet, die in jedem Falle zu zahlen war, was dadurch zum Ausdruck gebracht wurde, dass der Betrag von 50.000,00 DM, der erst später fällig werden sollte, im Falle einer Stornierung oder Kündigung des Bauvertrages sofort in Höhe von 50.000,00 DM zu zahlen war. Die Bekundungen des Zeugen S.. waren offen, in sich geschlossen und nachvollziehbar. Nachweislich hat der Zeuge S... für dieses Grundstück bereits zuvor einen Kaufpreis von 30.000,00 DM erzielt. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass der Käufer dasselbe Grundstück für einen geringeren Preis verkauft, zumal er bereits mit Errichtung des Streifenfundaments werterhöhende Maßnahmen an dem Grundstück ausgeführt hat. Zudem musste der Zeuge auf Grund der finanziellen Situation seines Betriebes einen möglichst hohen Preis erzielen, was ihn allerdings wiederum in einen Zugzwang zum Verkauf brachte, so dass seine Verhandlungsposition gegenüber einem Erwerber nicht besonders stark war.

Auch wenn keine echte Unterverbriefung vorliegen sollte, weil der Zeuge nach eigenen Bekundungen bereit war, auch 20.000,00 DM zu akzeptieren, wenn ihm die restlichen 50.000,00 DM auf andere Art und Weise beweisbar gezahlt werden, so haben die Parteien gleichwohl gegen das Formgebot des § 313 Satz 1 BGB verstoßen.

Nach der Rechtsprechung bedarf ein Vertrag, der als solcher dem Formgebot des § 313 Satz 1 BGB nicht unterliegt, dann der notariellen Beurkundung, wenn er mit einem Grundstücksgeschäft im Sinne dieser Vorschrift eine rechtliche Einheit bildet. In diesem Falle muss die zwischen den Teilen des einheitlichen Geschäfts bestehende Abhängigkeit urkundlichen Ausdruck finden, wobei es, wie auch sonst, genügt, dass das Gewollte sich andeutungsweise im Beurkundeten wiederfindet. Eine rechtliche Einheit bilden die Verträge nach der Rechtsprechung, wenn sie den Willen der Parteien gemäß derart voneinander abhängen, dass sie miteinander stehen und fallen sollen. Dies setzt nicht voraus, dass die Abhängigkeit der Verträge wechselseitig ist. Auch bei einseitiger Abhängigkeit stehen und fallen beide Geschäftsteile mit dem Vertrag, von dem der andere abhängt. Andererseits ist ein solches Abhängigkeitsverhältnis kein hinreichender Grund, das für den einen Vertrag geltende Formgebot auf den anderen auszudehnen. Maßgeblich ist, ob die mit dem Normzweck verbundenen Funktionen des § 313 Satz 1 BGB, wie z. B. Warn-/Schutzfunktion, Gewährsfunktion für richtige, vollständige und rechtswirksame Wiedergabe des Parteiwillens, Beweisfunktion, die Erstreckung des Formgebots auf das verbundene Geschäft erfordern (BGH NJW 2000, S. 951). So liegt der Fall hier.

Leistungsgegenstand war neben der Eigentumsverschaffungspflicht nicht die bereits vorhandene und bis dahin erstellte Genehmigungsplanung, diese war sowieso bereits durch die Beklagte zu 2. erbracht und stellte sich als Eigenleistung des Bauherrn dar. Es war auch nicht so, dass der spätere Gemeinschuldner verpflichtet war, das Eigentum an einem mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück zu verschaffen. Der spätere Gemeinschuldner war vorliegend gerade nicht Bauträger. Er konnte und wollte wegen der finanzielle Situation nicht Bauherr sein. Dies waren die Beklagten. Sie haben die vorhandene Baugenehmigung entsprechend der Bauordnung des Landes Brandenburg auf sich übertragen. Jedoch war der spätere Gemeinschuldner verpflichtet, ein Haus zu errichten, wofür die Beklagten ein mit einem Streifenfundament versehenes Grundstück erworben haben. Der Abschluss des Grundstückskaufvertrages war von dieser Verpflichtung abhängig. Dies wollte jedenfalls der Zeuge S...und dies war für die Beklagten auch erkennbar, zumal beide Parteien, wie sich den Bekundungen des Zeugen E..., der die Beurkundung des Vertrages wegen dieser rechtlichen Bedenken abgelehnt hatte, entnehmen lässt, der Problematik der unvollständigen Beurkundung bewusst waren.

Wegen der Formnichtigkeit ist die durch den Kaufvertrag erlangte Buchposition in Form der Auflassungsvormerkung mangels Bestehen des Eigentumsverschaffungsanspruchs gem. § 812 BGB zurückzugewähren.

Die Bebauung des Grundstücks mit einem Einfamilienhaus durch die Beklagten steht der Rückforderung des Klägers nicht entgegen. Die Rückgewähr des Erlangten ist den Beklagten nämlich dadurch nicht unmöglich geworden, § 818 Abs. 2 BGB.

Grundsätzlich kann der Bereicherungsgläubiger den Bereicherungsgegenstand herausverlangen, wenngleich - auch ohne Erhebung einer Einrede durch den Bereicherungsschuldner - nur Zug um Zug gegen Ausgleichung der Aufwendungen, die der Bereicherungsschuldner im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit der vertraglichen Vereinbarung gemacht hat. Nur wenn die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder der Empfänger aus einem anderen Grund zur Herausgabe außer Stande ist, schuldet er Wertersatz gem. § 818 Abs. 2 BGB. Eine solche Unmöglichkeit kann dann vorliegen, wenn das Grundstück nach der Übereignung an den Bereicherungsschuldner bebaut wird oder ein bebautes Grundstück wesentlich umgestaltet und damit wirtschaftlich betrachtet ein anderer Gegenstand geworden ist (BGH WM 1981, S. 1081 [1083] = NJW 1981, S. 2687 [2689]; BGH WM 1987, S. 1533 [1534]). Das Grundstück hat durch die Bebauung keine Funktionsänderung erfahren. Es war, wenn auch im Außenbereich liegend, bereits auf einer Teilfläche mit einem Wohnhaus bebaut und sollte auf einer weiteren Teilfläche mit einem zweiten Einfamilienhaus bebaut werden.

Auf dem verkaufen Teilstück, dem späteren Flurstück 91/7, war schon mit der Bebauung eines Wohnhauses begonnen worden, da die Streifenfundamente schon errichtet waren. Zwar wurde durch die Vervollständigung der Bebauung, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, der Wert dieses Grundstücks erheblich erhöht, doch unter Berücksichtigung aller Umstände, auch derjenigen, die zum Abschluss des Vertrages geführt haben, ist die Herausgabe nicht unmöglich. Zudem verlangt der Kläger nicht Wertersatz, sondern das von der Auflassungsvormerkung befreite Eigentum.

Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung von gegenseitigen Verträgen hat nach den Grundsätzen der so genannten Saldotheorie zu erfolgen. Durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile wird ermittelt, für welchen Beteiligten sich ein Überschuss ergibt. Dieser Beteiligte ist Gläubiger eines einheitlichen, von vornherein durch Abzug der ihm zugeflossenen Vorteile beschränkten Bereicherungsanspruchs. Er darf sich nicht damit begnügen, das von ihm auf Grund des unwirksamen Vertrages Geleistete zurückzuverlangen, sondern muss bei der Darlegung seines Bereicherungsanspruches sogleich das mit berücksichtigen, was die andere Partei hingegeben hat, um den Vertrag zu erfüllen. Das gilt auch dann, wenn die Leistungen ungleichartig sind. Dann hat der Bereicherungsgläubiger die ungleichartige Gegenleistung schon im Klageantrag derart zu berücksichtigen, dass er ihr Rückgewähr Zug um Zug anbietet. Bei dem von dem Kläger geltend gemachten Rückforderungsanspruch handelt es sich um einen einheitlichen Anspruch, der von vornherein richtigerweise auf eine Zug-um-Zug-Leistung gerichtet ist. Zwar hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 7. März 2002 - ZIP 2002, S. 858 ff. - entschieden, dass der Käufer für den Fall, dass der Konkursverwalter die Löschung einer Auflassungsvormerkung, die vor Konkurseröffnung über das Vermögen des Grundstückseigentümers auf Grund eines formnichtigen Kaufvertrages zu Gunsten des Käufers eingetragen wurde, kein Zurückbehaltungsrecht wegen der von ihm vor Konkurseröffnung an den verkaufenden Eigentümer erbrachten Kaufpreiszahlungen entgegensetzen kann. Dem ist insoweit zu folgen, als mit Rücksicht auf die insgesamt durch die Beklagten geleistete Gegenleistung von 23.000,00 DM kein konkursbeständiges Leistungsverweigerungsrecht besteht. Der Kläger übersieht jedoch, dass die Beklagten im Rahmen des Bereicherungsausgleichs nach der Saldotheorie einen darüber hinausgehenden Anspruch wegen der von ihnen getätigten Aufwendungen auf Grund der Bebauung des Grundstücks geltend machen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auf Grund des Sachverständigengutachtens und der nachvollziehbaren Darlegungen des Sachverständigen K... bei seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat fest, dass der Wert dieser Aufwendungen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung 330.000,00 DM beträgt. Anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall handelt es sich in dem vorliegenden Fall bei den Aufwendungen jedoch nicht um eine vertraglich vereinbarte Gegenleistung, sondern um eine Leistung, die die Beklagten als Bauherren in Erwartung der Erfüllung des Kaufvertrages erbracht haben.

Aus dem oben Gesagten ergibt sich sogleich die Begründetheit der Anschlussberufung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Über die Zulassung der Revision hat der Senat gem. § 543 ZPO n. F. entschieden. Für die Revision gelten bereits die Vorschriften des Gesetzes über die Reform des Zivilprozesses, wenn die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht - wie hier - nach dem 31. Dezember 2001 geschlossen worden ist, § 26 Nr. 7 EGZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen vor, da der vorliegende Fall eine Abgrenzung gegenüber dem durch den BGH mit Urteil vom 7. März 2002, IX ZR 457/99 entschiedenen Fall beinhaltet.

Ende der Entscheidung

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