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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 22.09.2005
Aktenzeichen: 5 U 26/05
Rechtsgebiete: BGB, ZVG


Vorschriften:

BGB § 816 Abs. 2
ZVG § 52 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 26/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 22.09.2005

Verkündet am 22.09.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 1. September 2005 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 17. Februar 2005 - Az. 1 O 379/04 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 51.129,29 €

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt im Wege der ungerechtfertigten Bereicherung von den Beklagten wegen der Löschung einer Grundschuld über 100.000,00 DM in dieser Höhe Wertersatz.

Die Klägerin und ihr geschiedener Ehemann erwarben im Spätsommer des Jahres 1987 das Grundstück im ... 80 in B.... Am 15. Oktober 1987 wurde zu Gunsten der ...-Bank eine (nachrangige) Grundschuld über 100.000,00 DM eingetragen. Bereits am 4. Juli 1988 erteilte die ...-Bank der Klägerin und ihrem Ehemann eine Löschungsbewilligung für diese Grundschuld; eine Löschung erfolgte jedoch zunächst nicht.

Die Klägerin und ihr Ehemann trennten sich Anfang der 90iger Jahre; die Klägerin beantragte im Jahre 1994 die Zwangsversteigerung des Grundstücks, das schließlich am 28. April 1997 von den Beklagten ersteigert wurde. Die in Abteilung III des Grundbuchs unter der laufenden Nr. 2 eingetragene Grundschuld über 100.000,00 DM wurde in das geringste Gebot aufgenommen.

Nachdem die Klägerin zunächst pauschal vorgetragen hatte, das durch die genannte Grundschuld gesicherte Darlehen sei noch in den 80iger Jahren zurückgezahlt worden, haben die Beklagten vorgetragen, sie hätten der Klägerin und ihrem Ehemann H... L... seinerzeit ein Darlehen über 100.000,00 DM eingeräumt und deswegen sei es zu einem Kreditvertrag mit der ...-Bank nicht gekommen. Dem ist die Klägerin bereits in I. Instanz nicht mehr entgegengetreten.

Im März 2002 erteilte die ... Bank - die Rechtsnachfolgerin der ...-Bank - den Beklagten eine Löschungsbewilligung, ohne dass die Klägerin dem zugestimmt hätte. Auf Antrag der Beklagten vom 25. März 2002 wurde sodann die unter der laufenden Nr. 2 eingetragene Grundschuld im Grundbuch gelöscht. Das Grundstück wurde mittlerweile an einen Dritten weiterveräußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB auf Zahlung von 51.129,20 € stehe der Klägerin gegen die Beklagten nicht zu. Es könne dahinstehen, ob - wie die Klägerin meine - die streitgegenständliche Grundschuld zu einer Eigentümergrundschuld geworden sei, da eine Verfügung der ... Bank über diese Grundschuld gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann nicht wirksam gewesen wäre. Eine solche Verfügung der Bank wäre auch nicht nachträglich durch Genehmigung wirksam geworden, weil es jedenfalls an der Genehmigung des weiteren Berechtigten H... L...fehle.

Gegen das ihr am 21. Februar 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 15. März 2005 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21. Mai 2005, mit am 18. Mai 2005 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Klägerin rügt unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens die Rechtsanwendung durch das Landgericht. Sie trägt ergänzend vor, bereits aus dem Umstand, dass die Löschungsbewilligung vom März 2002 als Name des Kunden "L..." ausweise, ergebe sich, dass H... L... die Erteilung dieser Löschungsbewilligung veranlasst habe und damit einverstanden gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 17. Februar 2005 - Az. 1 O 379/04 - die Beklagten zu verurteilen, an sie und ihren früheren Ehemann, H...L..., 51.129,29 € nebst 5% Zinsen seit dem 1. April 2002 zu zahlen.

Die Beklagten zu 1 und 2 beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO). In der Sache bleibt das Rechtsmittel der Klägerin ohne Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagten aus § 816 Abs. 2 BGB keinen Anspruch auf Zahlung von Wertersatz in der geltend gemachten Höhe.

1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht darauf an, ob H... L... im Jahre 2002 oder später mit der Erteilung der weiteren Löschungsbewilligung einverstanden war oder nicht. Die Verfügung über die Grundschuld ist zwischenzeitlich unabhängig vom Willen des früheren Ehemanns der Klägerin schon dadurch wirksam geworden, dass ein Dritter das Grundstück gutgläubig lastenfrei erworben hat.

2. Die Klägerin hat deswegen gegen die Beklagten keinen Bereicherungsanspruch aus § 816 Abs. 2 BGB, weil schon nach der im Jahre 1988 erteilten Löschungsbewilligung bei der Klägerin und ihrem früheren Ehemann kein Recht mehr verblieben ist, das ihnen durch die spätere Löschung der Grundschuld auf Grund der im Jahre 2002 den Beklagten erteilten Löschungsbewilligung hätte entzogen werden können.

a) Die Klägerin beruft sich zur Begründung ihres Anspruchs im Wesentlichen auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Februar 1989 (- IX ZR 145/87 - NJW 1989, 1349). In dem vom BGH entschiedenen Fall hatten die (Wider-)Beklagten in der Zwangsversteigerung ein Grundstück erstanden, auf dem eine Sicherungsgrundschuld eingetragen war und eine zu sichernde Forderung - wie im vorliegenden Fall - nicht mehr bestand. Die gesicherte Bank hatte dann erstmals nach dem Zuschlag in der Zwangsverseigerung gemäß den Bestimmungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Löschung der Grundschuld - allerdings erstmals - gegenüber den neuen Eigentümern bewilligt.

Der BGH hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, da nach den Versteigerungsbedingungen die eingetragenen Grundschulden bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigt wurden und nicht durch Zahlung zu decken waren, seien sie nach § 52 Abs. 1 S. 1 ZVG bestehen geblieben. Dadurch seien die Ersteher in Höhe des Nennbetrages der Grundschulden von einer Zahlung befreit, so dass die Übernahme dieser dinglichen Rechte einen Teil des von ihnen geschuldeten Versteigerungserlöses bildeten. Ob bestehenbleibende Grundpfandrechte im Zeitpunkt des Zuschlags valutierten, sei ohne Bedeutung, denn die rechtliche und wirtschaftliche Belastung des Erstehers sei in beiden Fällen dieselbe. Ob ein bestehenbleibendes Grundpfandrecht im Zeitpunkt des Zuschlags valutiert sei, könne lediglich für die Frage Bedeutung haben, ob der Ersteher später wegen des Grundpfandrechts den im Grundbuch ausgewiesenen Grundpfandgläubiger oder den früheren Grundstückseigentümer befriedigen müsse.

b) Obwohl der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall im Ansatz mit dem hier zu entscheidenden Sachverhalt vergleichbar ist, ist im Ergebnis ein bereicherungsrechtlicher Anspruch der Klägerin nicht gegeben; die Klägerin ist schon nicht Berechtigte im Sinne des § 816 Abs. 2 BGB.

aa) Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag ein Sachverhalt zu Grunde, bei dem zum Zeitpunkt des Zuschlags in der Zwangsversteigerung im Ergebnis die Frage, in welcher Form die Sicherheit nach Wegfall des Sicherungszwecks zurückzugewähren ist, noch offen war. Der Anspruch auf Rückgewähr der Sicherheit konnte zu diesem Zeitpunkt also noch durch Verzicht auf die Grundschuld, durch Erteilung einer Löschungsbewilligung oder durch Rückabtretung erfüllt werden.

Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang dann weiter ausgeführt: "Nachdem jedoch durch den Zuschlag in der Zwangsversteigerung die Klägerin Eigentümerin des belasteten Grundstücks geworden war, war eine Erfüllung des Rückgewähranspruchs durch Verzicht auf die Grundschuld oder durch Erteilung von Löschungsbewilligungen für sie nicht mehr möglich. Denn diese Art der Rückgewähr konnte . . . den Rückgewährberechtigten nicht mehr zugute kommen. Ein Verzicht würde nunmehr dazu führen, dass die . . . neue Grundstückseigentümerin die Grundschulden erwarb, eine Löschung der Grundschulden das nunmehr ihr gehörende Grundstück entlasten. Die . . . hätte demnach den Rückgewähranspruch nur noch durch eine Abtretung der Grundschulden . . . erfüllen können".

bb) Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, so bestand im Zeitpunkt der Erteilung der zweiten Löschungsbewilligung im Jahre 2002 eine vermögenswerte Rechtsposition der Klägerin und ihres früheren Ehemannes, die durch diese Erteilung und die nachfolgende Löschung der Grundschuld hätte beeinträchtigt werden können, nicht mehr; die Klägerin und H...L... hatten zu diesem Zeitpunkt aus dem Sicherungsvertrag mit der Bank keinen Anspruch mehr auf Abtretung der Grundschuld.

Die durch die Grundschuld gesicherte Bank hatte bereits im Jahre 1988 der Klägerin und ihrem früheren Ehemann eine Löschungsbewilligung erteilt. In der Erteilung der Löschungsbewilligung (§ 875 Abs. 1 S. 1 BGB) ist konkludent die Aufgabeerklärung hinsichtlich der eingetragenen Sicherheit zu sehen (BGHZ 60, 46, 52; Münchener Kommentar/Wacke, 4. Auflage, § 875 BGB Rdnr. 6). Die Klägerin und ihr Ehemann hatten als damals eingetragene Eigentümer diese Löschungsbewilligung auch entgegengenommen. Damit war aber der Anspruch auf Rückgewähr der Sicherheit nach Wegfall des Sicherungszwecks bereits im Jahre 1988 und damit lange vor dem Zuschlag des Grundstücks an die Beklagten in der Zwangsversteigerung erfüllt. Eine Rückgewähr der Sicherheit in Form der Abtretung der Grundschuld mit der Folge, dass dann eine Eigentümergrundschuld entstanden wäre, schuldete die Bank nicht mehr. Entgegen der Auffassung der Klägerin schuldete die Bank auch nicht die Löschung der Grundschuld, sondern allein die Abgabe der Erklärungen, die erforderlich sind, um die Löschung der Grundschuld durch das Grundbuchamt auf entsprechenden Antrag hin herbeizuführen. Damit konnte aber bereits vor Beginn der Zwangsversteigerung zu Gunsten der Klägerin (und ihres früheren Ehemanns) keine vermögenswerte Rechtsposition mehr entstehen, die durch die Löschung der Grundschuld aufgrund der im Jahre 2002 erneut erteilten Löschungsbewilligung hätte beeinträchtigt werden können. Die Beklagten jedenfalls haben dadurch zu Lasten der Klägerin nichts erlangt.

1. Auf die weiteren Fragen, ob sich die Beklagten mit Erfolg auf einen Wegfall der Bereicherung berufen können oder dem geltend gemachten Bereicherungsanspruch die weitere Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. Mai 2003 (NJW 2003, 2673) entgegensteht, kommt es danach nicht mehr an.

2. Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 20, 711, 709 S. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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