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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.04.2007
Aktenzeichen: 5 U 96/06
Rechtsgebiete: EGBGB, SachenRBerG, ZPO, BGB, ZGB


Vorschriften:

EGBGB Art. 233 § 2 a
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 1
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 3
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 7
EGBGB Art. 233 § 4 Nr. 1
EGBGB Art. 233 § 5 Abs. 1 Nr. 2
EGBGB Art. 233 § 5 Abs. 2
EGBGB Art. 233 § 5 Abs. 2 S. 2
SachenRBerG § 5 Abs. 1 Nr. 3 a
SachenRBerG § 5 Abs. 2
ZPO § 275 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 282 Abs. 1
ZPO § 296 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 296 Abs. 2
ZPO § 296 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 531 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
BGB § 988
BGB §§ 812 ff.
BGB § 818
ZGB § 291
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 96/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 05.04.2007

Verkündet am 05.04.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 27. April 2006 - Az. 1 O 139/05 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 9.950,20 €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Zahlung von Nutzungsersatz für die beiden Flurstücke 105/15 und 105/16 der Gemarkung S... mit einer Gesamtgröße von 1.490 m². Der Beklagte nutzt diese Grundstück jedenfalls seit dem 08. Juli 1993 unentgeltlich; ab diesem Zeitpunkt bis zum 31. Dezember 2004 macht die Klägerin, die mittlerweile Eigentümerin der Grundstücke ist, Nutzungsersatzansprüche in Höhe von insgesamt 9.950,20 € geltend, für die Zeit vor dem 16. Februar 2004 aus abgetretenem Recht. Die Ansprüche wurden insoweit von der BvS bzw. der TLG, die zuvor Eigentümer der Grundstücke waren, abgetreten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung unter Aufrechterhaltung des Vollstreckungsbescheides vom 03. März 2005 der Klage insgesamt stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, ein Besitzrecht des Beklagten komme für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht in Betracht. Die Voraussetzungen des Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 a) EGBGB, aus denen sich bis zum 31. Dezember 1994 ein Besitzrecht ergeben könne, lägen nicht vor. Dem stehe bereits entgegen, dass dem Beklagten lediglich eine Baugenehmigung für ein Nebengebäude erteilt worden sei, er aber nach seinem eigenen Vorbringen in den Jahren 1990/91 ein Gebäude fertig gestellt habe, das zu Wohnzwecken eingerichtet gewesen sei und das er bis 1999 zu Erholungszwecken genutzt habe. Der Beklagte habe sich weiter nicht an die genehmigte Grundfläche gehalten und statt der genehmigten 63 m² ein Gebäude mit einer Grundfläche von 105 m² errichtet, bestehend aus vier Zimmern, Küche und Bad. Nach der Baugenehmigung vom 26. Juli 1988 sei eine Nutzung zu Erholungszwecken gerade ausgeschlossen gewesen. Durch Art. 233 § 2 a Abs. 1 EGBGB habe aber lediglich ein baurechtlich zulässiger Status abgesichert werden sollen. Für den Zeitraum ab dem 01. Januar 1995 stehe dem Beklagten ein Besitzrecht ebenfalls nicht zu. Eine solche Berechtigung ergebe sich nicht aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 EGBGB in Verbindung mit den Regelungen des SachenRBerG, denn Ansprüche nach dem SachenRBerG bestünden zu Gunsten des Beklagten nicht. Dem Beklagten sei ein Nutzungsrecht nicht wirksam verliehen worden; der Beklagte habe unstreitig eine Nutzungsurkunde auf der Grundlage der Verordnung vom 09. September 1976 über die Bereitstellung von genossenschaftlich genutzten Bodenflächen zur Errichtung von Eigenheimen auf dem Lande in Verbindung mit § 3 der Bereitstellungsverordnung nicht erhalten. Auch aus § 5 Abs. 1 Nr. 3 a) SachenRBerG ergebe sich keine Anspruchsberechtigung, weil das Gebäude nicht aufgrund einer Baugenehmigung oder mit Billigung staatlicher Stellen errichtet worden sei. Der Beklagte habe schon nicht dargetan, dass er ein Eigenheim im Sinne von § 5 Abs. 2 SachenRBerG errichtet hätte.

Soweit der Beklagte erstmals mit dem in der mündlichen Verhandlung vom 04. April 2006 überreichten Schriftsatz die Höhe des geltend gemachten Nutzungsentgeltes bestritten habe, sei dieser Vortrag nach § 296 Abs. 2 ZPO verspätet. Dem Beklagten wäre es ohne weiteres möglich gewesen, spätestens innerhalb der eingeräumten Stellungnahmefrist bis zum 01. Dezember 2005 das Vorbringen zur Höhe des Nutzungsentgeltes zu bestreiten. Die Verspätung beruhe auch auf grober Nachlässigkeit, das Zulassen des verspäteten Vorbringens würde zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen, weil dann über die Höhe des Mietwertes ein Sachverständigengutachten einzuholen gewesen wäre. Die geltend gemachte Forderung sei nicht verjährt; die am 31. Dezember 2004 drohende Verjährung sei rechtzeitig durch die Zustellung des Mahnbescheides gehemmt worden. Der Anspruch sei auch nicht verwirkt; insoweit enthalte der Vortrag des Beklagten jedenfalls kein konkretes Vorbringen zum "Umstandsmoment".

Gegen das ihm am 04. Mai 2006 zugestellte Urteil des Landgerichts Neuruppin hat der Beklagte mit am 06. Juni 2006, dem Dienstag nach Pfingsten, bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 04. Juli 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte macht unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens ergänzend geltend, das Landgericht habe es versäumt, ihn hinsichtlich seiner Besitzberechtigung auf seine geänderte Rechtsauffassung hinzuweisen. Ursprünglich sei das Landgericht, wie sich aus dem Protokoll der Sitzung vom 06. Oktober 2005 ergebe, davon ausgegangen, dass ihm, dem Beklagten, ein Recht zum Besitz zustehe. Hätte das Landgericht rechtzeitig auf seine geänderte Rechtsauffassung hingewiesen, wäre es ihm möglich gewesen, die Höhe des Nutzungsersatzes substantiiert rechtzeitig zu bestreiten.

Weiter trägt der Beklagte nunmehr in der Berufungsbegründung vor, das Nebengebäude sei zunächst entsprechend der baurechtlichen Genehmigung errichtet worden und zu Anfang auch bestimmungsgemäß genutzt worden. Zeitnah, aber erst im Anschluss, sei das Nebengebäude dann erweitert worden. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 a SachenRBerG erfüllt. Das zunächst errichtete Mehrzweckgebäude sei vor seiner Erweiterung einem Eigenheim im Sinne von § 5 Abs. 2 SachenRBerG gleichzusetzen, es habe der Vorbereitung der Errichtung eines Eigenheimes gedient.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 27. April 2006 - Az. 1 O 139/05 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO). Das Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Beklagte war in dem streitgegenständlichen Zeitraum unentgeltlicher Besitzer der beiden Flurstücke 105/15 und 105/16 der Gemarkung S..., ohne dass ihm ein Recht zum Besitz zugestanden hätte; er schuldet für den streitgegenständlichen Zeitraum danach auf der Grundlage der §§ 988, 812 ff. BGB Nutzungsersatz in der geltend gemachten Höhe.

1.

Die Klägerin ist für die Geltendmachung des Nutzungsersatzanspruches aktivlegitimiert.

Die Klägerin wurde aufgrund des Ersuchens des Präsidenten der Oberfinanzdirektion ... vom 15. August 2003 am 16. Februar 2004 als Eigentümerin der Grundstücke im Wege der Vermögenszuordnung im Grundbuch eingetragen. Zuvor waren zunächst bis zum 11. Juni 2001 die BvS und von da an die TLG Eigentümerinnen der Grundstücke. Für die Zeit vor dem 16. Februar 2004 wurden aufgrund der Abtretungsvereinbarungen vom 23. Dezember 2004 (Vereinbarung mit der BvS) bzw. vom 21. Dezember 2004 (Vereinbarung mit der TLG) die Ansprüche auf Nutzungsersatz abgetreten. Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Abtretungen sind nicht ersichtlich und werden vom Beklagten auch nicht geltend gemacht.

Jedenfalls für den streitgegenständlichen Zeitraum ist der Beklagte selbst unentgeltlicher Besitzer der Flächen gewesen.

2.

Das Landgericht ist weiter zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Beklagten für diesen Zeitraum insgesamt kein Recht zum Besitz zusteht, aufgrund dessen er nicht zur Zahlung von Nutzungsersatz verpflichtet wäre.

a)

Für die Zeit bis zum 31. Dezember 1994 ergibt sich ein Recht zum - unentgeltlichen - Besitz nicht aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 a) EGBGB. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift waren nicht gegeben.

Im Anwendungsbereich dieser Regelung ist allgemein anerkannt, dass Voraussetzung für eine solche Berechtigung eine vor dem 03. Oktober 1990 begonnene rechtmäßige Bebauung ist. Dies bedeutet, die Bebauung muss in erster Linie der Baugenehmigung entsprochen haben; für den Fall einer fehlenden Baugenehmigung muss die Bebauung mit Billigung staatlicher Stellen erfolgt sein (m. w. Nachw. aus der obergerichtlichen Rechtsprechung, Palandt/Bassenge, Art. 233 § 2 a EGBGB, Rn. 3; Bamberger/Roth/Kühnholz, Art. 233 § 2 a EGBGB, Rn. 5).

Bei den von dem Beklagten errichteten Gebäude auf den streitgegenständlichen Flächen handelt es sich ersichtlich nicht um ein solches gemäß § 3 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke vom 08. November 1994 (GBl. I Seite 433) in Verbindung mit § 3 Eigentumsverordnung vom 31. August 1978 (GBl. I Seite 425), denn für die Errichtung eines solchen Bauwerkes war bei dem zuständigen Rat eine Bauzustimmung zu beantragen. Dieser war verpflichtet, vor Erteilung der Zustimmung eine Baugenehmigung der staatlichen Bauaufsicht einzuholen.

Eine solche Bauzustimmung bzw. Baugenehmigung hat der Beklagte schon nicht beantragt. Mit Antrag vom 02. Februar 1988 hat er vielmehr lediglich einen Antrag zur Errichtung eines Nebengebäudes, nämlich eines Stalles mit Garage, bei dem Rat der Gemeinde S... beantragt. Diese hat dann mit Zustimmung vom 26. Juli 1988 (Zustimmung Nr. 7/88 zur Errichtung eines Bauwerkes) der Errichtung eines Nebengebäudes zugestimmt, allerdings mit der Auflage, dass eine Nutzung oder Umgestaltung des errichteten Bauwerkes "für eine individuelle Erholungseinrichtung" nicht gestattet wird.

Dieses genehmigte Bauwerk hat dann der Beklagte in der Folgezeit allerdings nicht errichtet. Er hatte hierzu in erster Instanz selbst ergänzend vorgetragen, mit dem Bau des Gebäudes sei 1988 begonnen worden, die Fertigstellung sei ca. 1990/91 erfolgt. Infolge der Wende seien die Wohnhäuser, deren spätere Errichtung geplant gewesen sei, auf den Grundstücken nicht mehr errichtet worden, er, der Beklagte, habe daher das Grundstück als Wochenendgrundstück genutzt. Das Gebäude sei bereits zu Wohnzwecken eingerichtet gewesen. Endgültig eingezogen sei er dann 1999, Umbauten seien nicht mehr erforderlich gewesen (GA 169). In der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2005 hat er ergänzend ausführen lassen, das Gebäude sei so, wie es heute stehe, 1988 errichtet worden und zunächst als Freizeitgrundstück genutzt worden. In erster Instanz war weiter unstreitig, dass die Zustimmung für die Errichtung eines Nebengebäudes mit einer Grundfläche von 63 m², bestehend aus einer Garage, einem Kaninchen- und Hühnerstall und einem Geräteraum erteilt worden ist, tatsächlich aber ein Gebäude mit einer Fläche von 105 m², bestehend aus vier Zimmern, Küche und Bad, errichtet worden ist.

Damit hat der Beklagte ein Gebäude errichtet, das nicht den Vorgaben der Zustimmung Nr. 7/88 entsprach. Für einen solchen "Schwarzbau" besteht ein Besitzschutz nach Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 a EGBGB jedoch nicht.

Von seinem erstinstanzlichen Vorbringen ist der Beklagte in der Berufungsinstanz nunmehr teilweise abgerückt. Er macht in diesem Zusammenhang in der Berufungsbegründung erstmals ausdrücklich geltend, in den Jahren 1988 bis 1999 sei das Nebengebäude gemäß der erteilten Baugenehmigung errichtet worden; das Gebäude sei zu Beginn auch bestimmungsgemäß genutzt worden. Zeitnah aber erst im Anschluss sei das Gebäude in seinen gegenwärtigen, erweiterten Zustand versetzt worden.

Dieses Vorbringen ist in mehrfacher Hinsicht unbeachtlich.

Es widerspricht zum Einen dem erstinstanzlichen eigenen Vortrag des Beklagten, wonach das Gebäude von Anfang an in seiner jedenfalls bis 1999 genutzten Form errichtet worden war, ohne - was in der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2007 erörtert worden ist - dass dieser Widerspruch erläutert worden wäre. Das Vorbringen ist aber auch deswegen unbeachtlich, weil sich aus ihm nicht ergibt, wie die behauptete "zeitnahe Erweiterung" zeitlich genauer einzuordnen ist und wer diese, die von der Zustimmung vom 26. Juli 1988 abweicht, genehmigt hat.

Es kommt hinzu, dass dieses Vorbringen, das von der Klägerin bestritten ist, in der Berufungsinstanz neu ist und schon deswegen nicht berücksichtigt werden kann. Es sind - was ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2007 erörtert worden ist - keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Voraussetzungen, unter denen nach § 531 Abs. 2 ZPO ein solches neues Vorbringen in der Berufungsinstanz berücksichtigt werden könnte, vorliegen. Danach ist im Ergebnis von einem ungenehmigten Schwarzbau auszugehen, für den bis zum 31. Dezember 1994 ein Besitzschutz nicht bestand. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass der Beklagte selbst geltend gemacht hat, das Gebäude durchgehend bis 1999 zu Erholungszwecken genutzt zu haben und für solche Fallgestaltungen die Vorschriften des Art. 233 § 2 a EGBGB nach Art. 233 § 2 a Abs. 7 EGBGB ohnehin keine Anwendung finden.

b)

Für die Zeit ab dem 01. Januar 1995 besteht ein Besitzschutz des Beklagten ebenfalls nicht, weil die Voraussetzungen des § 2 a Abs. 1 Satz 3 EGBGB in Verbindung mit den Regelungen des SachenRBerG nicht gegeben sind.

Eine Berechtigung des Beklagten nach dem SachenRBerG scheitert bereits daran, dass der Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht eröffnet ist.

Nach § 4 Nr. 1 SachenRBerG ist Gegenstand der Sachenrechtsbereinigung der Erwerb oder der Bau eines Eigenheimes; gemäß § 5 Abs. 2 SachenRBerG sind Eigenheime Gebäude, die für den Wohnbedarf bestimmt sind und eine oder zwei Wohnungen enthalten.

Geht man von dem unstreitigen erstinstanzlichen Vorbringen des Beklagten aus, so wurde abweichend von der Bauzustimmung ein Gebäude errichtet, das von Anfang an durchgehend bis 1999 zur Erholungszwecken genutzt wurde; ein Wohnbedarf im Sinne von § 5 Abs. 2 SachenRBerG sollte damit gerade nicht gedeckt werden. Geht man zu Gunsten des Beklagten von seinem zweitinstanzlichen Vortrag aus, so wurde zunächst ein Nebengebäude (Garage und Stall) errichtet und bestimmungsgemäß genutzt. Aber auch solche Gebäude unterfallen nicht der Sachenrechtsbereinigung. Der Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang nicht auf die Regelungen in § 5 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG berufen, denn die Bestimmungen über Eigenheime gelten nur für solche Nebengebäude, die im Zusammenhang mit dem Bau eines Eigenheimes errichtet wurden, zu diesem also in einem funktionalen Zusammenhang stehen; § 5 Abs. 2 S. 2 SachenRBerG erweitert den Anwendungsbereich des Gesetzes nur auf solche Nebengebäude, deren Nutzung im Verhältnis zu dem Eigenheim von untergeordneter Bedeutung ist und ein baulicher Zusammenhang mit dem Hauptgebäude noch besteht (Eickmann, § 5 SachenRBerG, Rdnr. 68; Czub, in: Czub/Schmidt-Räntshc/Frenz, § 5 SachenRBerG, Rdnr 154). Die isolierte Errichtung von Nebengebäuden wird von dieser Regelung nicht erfasst.

Es kommt hinzu, dass dem Beklagten ein Nutzungsrecht für die Errichtung eines solchen Gebäudes nicht verliehen worden ist, so dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG auch aus diesem Grunde nicht vorliegen. Entgegen dem Vorbringen des Beklagten war die Praxis bei der Verleihung von Nutzungsurkunden in der DDR nicht nachlässig. Es wurde regelmäßig eine Nutzungsurkunde ausgehändigt, diese war für das wirksame Entstehen eines Nutzungsrechtes erforderlich. Nach § 291 ZGB in Verbindung mit den Regelungen der Bereitstellungsverordnung erfolgte die Zuweisung der Bodenfläche, die nicht größer als 500 m² je Eigenheim sein sollte, durch Ausstellung einer Urkunde durch den Vorstand der LPG. Die Urkunde war vom Rat der Stadt bzw. der Gemeinde zu bestätigen; das Nutzungsrecht entstand mit dem in der Urkunde angegebenen Zeitpunkt (§ 3 Abs. 1 und 2 der Verordnung über die Bereitstellung von genossenschaftlich genutzten Bodenflächen zur Errichtung von Eigenheimen auf dem Lande vom 09. September 1976, GBl. I Seite 426). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

c)

Damit fehlt es an einer Besitzberechtigung des Beklagten für den gesamten geltend gemachten Zeitraum, so dass er auf der Grundlage der §§ 988, 812, 818 BGB zur Zahlung von Nutzungsersatz verpflichtet ist.

3.

Der Beklagte hat die Höhe des geltend gemachten Nutzungsersatzes nicht wirksam bestritten.

Die Klägerin hatte den Anspruch im Einzelnen bereits in der Anspruchsbegründung unter anderem auf ein eingeholtes Privatgutachten gestützt und berechnet. Dem war der Beklagte zunächst bis zur letzten mündlichen Verhandlung vom 04. April 2006 nicht entgegengetreten. Die Höhe des Anspruches wurde erstmals mit dem in dieser Verhandlung überreichten Schriftsatz vom 04. April 2006 (GA 199) bestritten.

Das Landgericht hat dieses Vorbringen zu Recht nach § 296 Abs. 2 Satz 2 ZPO zurückgewiesen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt.

Das Bestreiten erfolgte im Sinne des § 282 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig, es hätte bei ordnungsgemäßer Prozessführung bereits in der Erwiderung auf die Anspruchsbegründung erfolgen müssen. Die prozessuale Sorgfalt wurde dadurch auch in ungewöhnlichem Maße verletzt, denn es hätte einleuchten müssen, dass jedenfalls vorsorglich auch die Höhe des Anspruches bestritten werden muss, wenn Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung durch die Klägerin bestanden. Das Zulassen des verspäteten Vorbringens hätte weiter zu einer Verzögerung des Rechtsstreits geführt, denn es hätte Beweis zur Höhe des Anspruches durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben werden müssen.

Dem kann der Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe darauf vertrauen dürfen, das Landgericht könne bereits den Anspruchsgrund nicht feststellen. Grundlage für diesen Einwand des Beklagten sind die Ausführungen des Landgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 06. Oktober 2005 (GA 138 ff). Soweit das Landgericht hier darauf hingewiesen hat, bis zum 31. Dezember 1994 könne sich ein Besitzschutz daraus ergeben, dass vor dem 02. Oktober 1990 das Mehrzweckgebäude errichtet wurde, machte dieser Hinweis ein Bestreiten der Höhe des Anspruches schon deswegen nicht entbehrlich, weil davon die Zeit ab dem 01. Januar 1995 nicht erfasst war. Für eine Berechtigung nach den SachenRBerG, für die es ab dem 01. Januar 1995 ankam, erachtete das Landgericht aber den Vortrag des Beklagten ausweislich des von diesem in Bezug genommenen Protokolls noch nicht für ausreichend. Ein hinreichendes Vertrauen darauf, ein Bestreiten der Höhe des Anspruches könne vor diesem Hintergrund entbehrlich sein, konnte durch diesen Hinweis nicht entstehen.

Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass möglicherweise auch die Voraussetzungen des §§ 296 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorliegen, weil die Höhe des Anspruchs nicht innerhalb der nach § 275 Abs. 1 Satz 1 ZPO gesetzten Frist zur Erwiderung auf die Anspruchsbegründung bestritten worden war.

Ist das Vorbringen danach aber zu Recht als verspätet zurückgewiesen worden, so kann es nach § 531 Abs. 1 ZPO in der Berufungsinstanz ebenfalls keine Berücksichtigung mehr finden. Danach ist die Höhe des geltend gemachten Nutzungsersatzes als unstreitig anzusehen und besteht in der geltend gemachten Höhe.

4.

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ist nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat, der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (zuletzt BGH NJW 2006, 219; Palandt/Heinrichs, § 242 BGB, Rn. 87 m.w.N.). Neben dem Erfordernis, dass das Recht längere Zeit trotz entsprechender Möglichkeit nicht geltend gemacht worden ist, muss, zur Verwirklichung des sogenannten "Umstandsmoment", der Verpflichtete sich aufgrund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet haben, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und wegen des geschaffenen Vertrauenstatbestandes muss die verspätete Geltendmachung des Rechts als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheinen. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Schuldner im Hinblick auf die Nichtgeltendmachung des Rechts Vermögensdispositionen getroffen hat (m. w. Nachw., Palandt/ Heinrichs, § 242 BGB, Rn. 95).

Solche Umstände, die - geht man von der Erfüllung des sogenannten "Zeitmoments" zu Gunsten des Beklagten aus - eine verspätete Geltendmachung des Anspruchs auf Nutzungsersatz als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheinen lassen, hat der Beklagte nicht dargetan. Er hat nicht dargelegt, in welcher Weise er sich auf die Nichtgeltendmachung von Nutzungsersatzansprüchen eingerichtet hat und warum die jetzige Geltendmachung auf dieser Grundlage eine unzumutbare Beeinträchtigung darstellen soll. Aus dem von ihm in diesem Zusammenhang vorgelegten Anlagenkonvolut B 4 (GA 126 ff.) ergibt sich lediglich, dass sich der Beklagte Mitte der 90er Jahre um einen Ankauf der streitgegenständlichen Flächen bemüht hatte und hierüber verhandelt worden war. Warum sich hieraus ergeben soll, dass ein Anspruch auf Nutzungsersatz weder besteht noch geltend gemacht werden wird, ist nicht konkret dargetan. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte im Hinblick hierauf Vermögensdispositionen getroffen hat, die einer Geltendmachung des Nutzungsersatzes, der der Höhe nach nach dem unbebauten Grundstück berechnet ist, nach Treu und Glauben entgegenstehen konnte.

Die Berufung war nach alldem insgesamt zurückzuweisen.

5.

Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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