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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 25.06.2009
Aktenzeichen: 5 W (Lw) 10/08
Rechtsgebiete: LwVG, LwAnpG, ZPO, BGB


Vorschriften:

LwVG § 22 Abs. 1
LwVG § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2
LwVG § 40 Abs. 1
LwAnpG § 44
LwAnpG § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
LwAnpG § 49
LwAnpG § 51a
LwAnpG § 65 Abs. 1 Satz 1
LwAnpG § 65 Abs. 2
LwAnpG § 65 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 780
ZPO § 780 Abs. 1
ZPO § 780 Abs. 2
BGB § 288 Abs. 1 a.F.
BGB § 291
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt.
BGB § 818 Abs. 2
BGB § 1922
BGB § 1967
BGB § 1975
BGB § 1984 Abs. 1
BGB § 2032
BGB § 2058
BGB § 2059 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Königs Wusterhausen vom 8. August 2008 - 5 Lw 47/97 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Antragstellerin 46.064,88 € nebst 4% Zinsen aus 18.322,55 € seit dem 12. März 1997 und aus weiteren 27.742,33 € seit dem 31. Juli 2000 zu zahlen.

Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.

Der Gegenantrag wird zurückgewiesen.

Die weitergehende Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens in erster Instanz haben die Antragstellerin zu 1/9 und die Antragsgegnerin zu 8/9 zu tragen. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin zu 1/6 und der Antragsgegnerin zu 5/6 auferlegt. Ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen tragen die Beteiligten selbst.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 56.080,91 € festgesetzt, mit Ausnahme der Entscheidungsgebühr nach § 35 Abs.4 Satz 1 Nr.2, § 40 Abs.1 LwVG (i.V.m. § 65 Abs.3 LwAnpG); für diese Gebühr beträgt der Gegenstandswert 46.064,88 €.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin als Verwalterin über den Nachlass nach dem am 5. Januar 2008 verstorbenen früheren Antragsgegner R... S... (im Folgenden: Erblasser) auf Rückgewähr von geleisteter Abfindung nach § 44 LwAnpG in Anspruch.

Die Antragstellerin ist aufgrund Umwandlungsbeschlusses vom 24. Januar 1991 und Eintragung vom 27. Juni 1993 Rechtsnachfolgerin der LPG (T) N..., die ihrerseits aus der LPG Typ III "A... B..." N... hervorgegangen war.

Der Erblasser war neben seinem am 11. Mai 1983 verstorbenen Schwiegervater W... K... seit dem 1. Januar 1973 Mitglied der LPG Typ III "A... B..." N... und später Mitglied der hieraus hervorgegangenen LPG (T) N.... Gemäß Übernahmeprotokoll vom 10. Juli 1973 brachten der Erblasser und sein Schwiegervater W... K... gemeinsam insgesamt 44,66 ha landwirtschaftliche Nutzflächen ein und leisteten Inventarbeiträge im Wert von 176.130,80 M; der hierin enthaltene zusätzliche Inventarbeitrag von 2.291,20 M wurde in der Folgezeit zurückgezahlt, so dass ein Inventarbeitrag im Werte von insgesamt 173.839,60 M verblieb; auf eingebrachte Tiere entfiel ein Anteil von 69.368,- M. W... K... wurde von seiner am 19. März 1985 verstorbenen Ehefrau M... K... allein beerbt und diese durch die Ehefrau des Erblassers (früheren Antragsgegners), Frau B... S....

Mit Schreiben vom 21. August 1990 kündigte der Erblasser seine Mitgliedschaft in der LPG (T) N... und forderte zugleich die Rückgabe des eingebrachten Bodens, die Rückgewähr der geleisteten Inventarbeiträge sowie eine "Gewinnausgleichszahlung für die Jahre 1972 bis 1991". In der Zeit von September bis November 1990 erhielt der Erblasser hierauf von der LPG (T) N... insgesamt 26 Mastschweine (Schlachtschweine) sowie insgesamt 27 (vom Erblasser selbst ausgewählte) Kühe, davon 13 leukose-positiv und 14 leukose-negativ. In einem von beiden Beteiligten unterzeichneten Schriftstück mit Datum vom 13. November 1990 wurde festgehalten, dass mit der Übergabe dieser Tiere "die Ansprüche an Inventarbeitrag Tiere an Herrn S... von Seiten der LPG T N... abgegolten (sind)". Für 22 Schweine erzielte der Erblasser einen Schlachtpreis von 3.388,48 DM und für die 13 leukose-positiven Kühe einen Schlachtpreis von 7.980,75 DM. Des Weiteren erhielt der Erblasser von der LPG (T) N... Futtermittel und bewegliches Inventar (Technik); hierüber wurde am 30. November 1990 ein Protokoll aufgenommen, das von dem Erblasser indes nicht unterzeichnet wurde. Es war bezweckt, dem Erblasser die ehedem als Inventarbeitrag geleisteten Tiere und beweglichen Gegenstände (Technik) "Stück für Stück" zurück zu gewähren. Am 20. Dezember 1990 leistete die LPG (T) N... bzw. die Antragstellerin an den Erblasser eine Zahlung in Höhe von 10.000,- DM und am 13. August 1991 eine weitere Zahlung in Höhe von 25.835,80 DM. Mit Schreiben vom 12. August 1991 forderte der Erblasser von der Antragstellerin eine weitergehende Abfindung in Gestalt der Vergütung für die Bodennutzung und der Verzinsung der Inventarbeiträge (§ 44 Abs.1 Satz 2 Nr.2 LwAnpG). Hierauf zahlte die Antragstellerin an den Erblasser 28.274,- DM (davon 1.955,70 DM verrechnet mit einem Zahlungsanspruch der Antragstellerin gegen den Erblasser). Die Abfindungsansprüche des Erblassers wurden bevorzugt bedient, da der Erblasser Wiedereinrichter war. Die Höhe des abfindungsrelevanten Eigenkapitals war der Antragstellerin damals nicht bekannt. Die DM-Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990 - zugleich: Umwandlungsbilanz - wies ein Eigenkapital in Höhe von 1.924.216,35 DM aus. Mit Schreiben vom 14. April 1997 machte der Erblasser weitergehende Abfindungsansprüche nach § 44 LwAnpG geltend.

Am 27. Februar 1997 hat die Antragstellerin gegen den Erblasser (früheren Antragsgegner) bei dem Amtsgericht Rathenow einen Mahnbescheid erwirkt, der dem Erblasser am 12. März 1997 zugestellt worden ist und ihm aufgegeben hat, an die Antragstellerin 35.835,80 DM zu zahlen. Nach Eingang des Widerspruchs des Erblassers und Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Königs Wusterhausen hat die Antragstellerin ihr Zahlungsbegehren mit Schriftsatz vom 28. Juni 2000, dem Erblasser zugestellt am 31. Juli 2000, auf einen Betrag von 109.684,73 DM nebst 4 % Zinsen aus 35.835,80 DM seit dem 27. Februar 1997 und aus (weiteren) 73.848,83 DM seit Rechtshängigkeit erweitert.

Die Antragstellerin hat geltend gemacht, der Erblasser sei um die an ihn erbrachten Abfindungsleistungen in einem Umfang von mindestens 109.684,73 DM ungerechtfertigt bereichert. Er habe an Sach- und Geldleistungen insgesamt 180.892,35 DM erhalten [nämlich: Tiere im Wert von 69.368,- DM; bewegliches Inventar/Technik im Wert von 34.500,- DM; Futtermittel im Wert von 12.914,55 DM sowie Zahlungen in Höhe von insgesamt 64.109,80 DM]. Unter Zugrundelegung eines abfindungsrelevanten Eigenkapitals von 357.799,- DM und einer Gesamtsumme von Inventarbeiträgen von 892.608,69 DM ergebe sich für die Ansprüche nach § 44 Abs.1 Satz 2 Nr.1 LwAnpG nur eine Quote von 40,085% und somit für den Abfindungsanspruch des Erblassers eine berechtigte Höhe von allenfalls 69.683,60 DM [Überzahlung danach: 111.208,75 DM]. Tatsächlich sei zum Stichtag sogar keinerlei abfindungsrelevantes Eigenkapital vorhanden gewesen, so dass dem Erblasser keinerlei Abfindungsleistung zugestanden habe. Eine abschließende und verbindliche Einigung zwischen den Beteiligten habe es mit Blick auf das Schriftstück vom 13. November 1990 allenfalls hinsichtlich der Abgeltung des Anspruchs nach § 44 Abs.1 Satz 2 Nr.1 LwAnpG in Bezug auf die eingebrachten Tiere gegeben.

Der Erblasser (frühere Antragsgegner) ist dem Zahlungsbegehren der Antragstellerin entgegengetreten und hat mit Schriftsatz vom 14. September 2000 seinerseits von der Antragstellerin die Zahlung eines Betrages von 72.055,20 DM nebst 4% Zinsen seit dem 1. Dezember 1990 begehrt (Gegenantrag). Mit Schriftsatz vom 19. September 2003 hat er sein Zahlungsbegehren auf einen Betrag von 30.137,67 € (nebst Zinsen) ermäßigt. Er hat geltend gemacht, dass ausreichendes abfindungsrelevantes Eigenkapital für die vollständige Erfüllung der Abfindungsansprüche nach § 44 LwAnpG zur Verfügung stehe; insoweit liege auch eine verbindliche Einigung der Beteiligten vor. Die Gesamtsumme der Inventarbeiträge belaufe sich nur auf 687.066,48 DM. Die an ihn erbrachten Abfindungsleistungen seien hinsichtlich der übergebenen Tiere auf einen Wert von nur 24.811,22 DM bzw. 18.706,- DM und hinsichtlich der übergebenen beweglichen Inventarstücke/Technik mit einem Wert von allenfalls 2.500,- DM zu veranschlagen. Die Futtermittel seien nicht als Abfindungsleistung zu berücksichtigen, weil diese Leistung dem entspreche, was der Erblasser seinerseits in der Zeit vom 1. Januar bis zum 30. April 1973 außerhalb von Inventarbeiträgen als Futtermittel an die LPG geleistet gehabt habe. Die in dem Protokoll vom 30. November 1990 angegebenen Sachwerte habe der Erblasser nicht als verbindlich akzeptiert gehabt.

Nach dem Tod des Erblassers am 5. Januar 2008 sind seine Erben an seiner Stelle in das Verfahren eingetreten. Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2008 haben sie erklärt, sich die beschränkte Erbenhaftung gemäß § 780 ZPO vorzubehalten.

Das Landwirtschaftsgericht hat - nach Abschluss eines Zwischenstreits über die Gerichtszuständigkeit (Beschluss des Senats vom 22. Mai 2003 [5 W (Lw) 47/02]) - Beweis erhoben über die Höhe des abfindungsrelevanten Eigenkapitals durch Einholung von Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. H Ma... (I... AG) (Gutachten vom 30. Januar 2002) und Dr. H... Ka... (Gutachten vom 5. November 2007).

Mit Beschluss vom 8. August 2008 hat das Landwirtschaftsgericht die Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin 56.080,91 € (= 109.684,73 DM) nebst 4 % Zinsen aus 18.300,28 € (= 35.792,24 DM) seit dem 27. Februar 1997 und aus weiteren 37.710,10 € (= 73.754,55 DM) seit dem 31. Juli 2000 zu zahlen, und den Zahlungsantrag (Gegenantrag) der damaligen Antragsgegner [Erben] zurückgewiesen. Die Gerichtskosten hat es den (damaligen) Antragsgegnern auferlegt. Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten hat das Landwirtschaftsgericht abgesehen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragstellerin stehe ein Anspruch aus § 812 Abs.1 BGB in dem beantragten Umfange zu. Auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. Ka..., das von den Beteiligten nicht beanstandet worden sei, ergebe sich ein negatives abfindungsrelevantes Eigenkapital (- 522.537,- DM) und somit keinerlei Abfindungsanspruch des Erblassers. Er habe gleichwohl - unberechtigt - Abfindungsleistungen im Werte von insgesamt 180.892,35 DM erhalten. Eine verbindliche Gesamtvereinbarung über die Abfindung des Erblassers, die einen selbständigen Rechtsgrund für diese Leistungen hätte hergeben können, sei nicht getroffen worden. Einen Einwand im Sinne von § 780 ZPO hätten die Antragsgegner nicht näher dargelegt.

Gegen diesen ihnen am 1. September 2008 zugestellten Beschluss haben die Erben (damalige Antragsgegner) mit Eingang vom 11. September 2008 sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Rathenow vom 25. September 2008 (8 VI 100/08) ist auf Antrag der (damaligen) Antragsgegner [Erben] die Nachlassverwaltung über den Nachlass des Erblassers angeordnet worden. Die Nachlassverwalterin ist hierauf an Stelle der Erben als (jetzige) Antragsgegnerin in das Verfahren eingetreten.

Die Antragsgegnerin macht geltend, dass am 30. November 1990 eine abschließende und verbindliche Vereinbarung über die Abgeltung der Abfindungsansprüche des Erblassers getroffen worden sei, die einen selbständigen ("kondiktionsfesten") Rechtsgrund für die an ihn erbrachten Abfindungsleistungen darstelle. Der Wert der in diesem Zusammenhang erfolgten Sachleistungen betrage hinsichtlich der Tiere nur 12.427,- DM bzw. 12.700,- DM und hinsichtlich des beweglichen Inventars/Technik nur 7,- DM ("Erinnerungswert"). Die geleisteten Futtermittel seien nicht berücksichtigungsfähig.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Zahlungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin hat ihren Zahlungsantrag (mit Zustimmung der Antragsgegnerin) im Termin vom 25. Juni 2009 teilweise zurückgenommen und auf die Rückforderung der Abfindungszahlung von 64.109,80 DM sowie des Wertes der geleisteten Tiere (25.985,27 DM) - insgesamt: 90.095,07 DM (= 46.064,88 €) - nebst Zinsen beschränkt. Sie beantragt, mit dieser Maßgabe

die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin verteidigt die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts und entgegnet im Übrigen: Eine verbindliche Gesamteinigung sei zwischen den Beteiligten nicht zustande gekommen; der Erblasser habe stets weitere Leistungen verlangt. Hingegen hätten sich die Beteiligten verbindlich über die Bewertung der an den Erblasser übergebenen Tiere und Technik verständigt; hieran seien die Antragsgegner gebunden.

II.

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Sie ist gemäß § 65 Abs.2 Satz 1 LwAnpG i.V.m. § 22 Abs.1 LwVG an sich statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden; zuständig für die Entscheidung über die Beschwerden ist das Brandenburgische Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - (§ 65 Abs.1 Satz 3 und Abs.2 Satz 1 LwAnpG, §§ 9, 22 Abs.1 LwVG, § 20 Abs.1, §§ 21, 22 Abs.1 FGG).

2. Das Rechtsmittel hat indes nur insoweit Erfolg, als die Antragstellerin ihr Zahlungsbegehren zurückgenommen hat. In dem nach dieser teilweisen Antragsrücknahme verbliebenen Umfang von 90.095,07 DM (= 46.064,88 €) ist das Zahlungsbegehren der Antragstellerin zulässig und gemäß § 812 Abs.1 Satz 1 1.Alt., § 818 Abs.2 BGB (i.V.m. §§ 44, 51a LwAnpG i.V.m. §§ 1922, 1967, 2032, 2058, 2059 Abs.2 BGB) begründet.

a) Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig.

Die Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts folgt aus § 65 Abs.1 Satz 1 und Abs.2 i.V.m. §§ 44, 51a LwAnpG. Dies hat der Senat in seinem Beschluss vom 22. Mai 2003 [5 W (Lw) 47/92] im Einzelnen ausgeführt. Da die Rückforderung angeblich zu Unrecht geleisteter Abfindung nach §§ 44, 51a LwAnpG die Kehrseite des Abfindungsanspruchs nach §§ 44, 51a LwAnpG darstellt, gilt auch für das Rückforderungsbegehren der Rechtsweg und die Zuständigkeitsregelung nach § 65 Abs.1 Satz 1 und Abs.2 i.V.m. §§ 44, 51a LwAnpG (s. etwa BGH AgrarR 1993, S.88; AgrarR 1995, S.27, 28; Senat, AgrarR 1996, S.129, 130; OLGR 1996, S.22, 23).

Durch die Anordnung der Nachlassverwaltung mit Beschluss des Amtsgerichts Rathenow vom 25. September 2008 (8 VI 100/08) hat auf der Seite der Antragsgegner ein Parteiwechsel stattgefunden. Mit der Anordnung der Nachlassverwaltung verliert der Erbe (bzw. die Miterbengemeinschaft) gemäß § 1984 Abs.1 BGB die Prozessführungsbefugnis in Bezug auf vermögensrechtliche Streitigkeiten, die den Nachlass betreffen [für Passivprozesse ausdrücklich angeordnet in § 1984 Abs.1 Satz 3 BGB; für Aktivprozesse folgt dies aus § 1984 Abs.1 Satz 1 BGB]; prozessführungsbefugt ist nunmehr allein der Nachlassverwalter als Partei kraft Amtes (s. RGZ Bd.135, S.305, 307; Palandt/Edenhofer, BGB, 68.Aufl.2009, § 1984 Rdn.3 und § 1985 Rdn.1; Münch.Komm.-Siegmann, BGB, Bd.9, 4.Aufl.2004, § 1984 Rdn.6 und § 1985 Rdn.1; s. auch Zöller/Vollkommer, ZPO, 27.Aufl.2009, § 51 Rdn.7 und vor § 50 Rdn.21; Baumbach/Hartmann, ZPO, 67.Aufl.2009, Grdz. § 50 Rdn.9). Dementsprechend ist die Nachlassverwalterin als jetzige Antragsgegnerin anstelle der Erben (bisherige Antragsgegner) in das Verfahren eingetreten.

b) Der Antrag der Antragstellerin ist im zuletzt noch geltend gemachten Umfang von 90.095,07 DM (= 46.064,88 €) begründet.

Der Anspruch folgt aus § 812 Abs.1 Satz 1 1.Alt., § 818 Abs.2 BGB i.V.m. §§ 44, 51a LwAnpG i.V.m. §§ 1922, 1967, 2032, 2058, 2059 Abs.2 BGB.

Anerkanntermaßen kann die LPG bzw. ihr Rechtsnachfolger Abfindungsleistungen unter dem Gesichtspunkt der Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückfordern, wenn und insoweit dem Leistungsempfänger kein Abfindungsanspruch zugestanden hat (s. hierzu BGH AgrarR 1995, S.27, 28; RdL 2008, S.104, 106; Senat, AgrarR 1996, S.129, 131).

Nach den Feststellungen des Landwirtschaftsgerichts stand dem Erblasser auf der Grundlage von §§ 44, 49, 51 a LwAnpG (1991) kein Abfindungsanspruch zu, weil zum Stichtag der hier maßgeblichen Umwandlungsbilanz - zugleich: Schlussbilanz - der LPG (T) N... (vgl. dazu BGH VIZ 2001, S.455, 456; AgrarR 1994, S.297, 298) keinerlei abfindungsrelevantes Eigenkapital vorhanden gewesen ist (§ 44 Abs.6, § 51a Abs.3 LwAnpG). Dies hat die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung nicht angegriffen. Soweit sie im Verhandlungstermin vom 25. Juni 2009 gewisse Zweifel an der Wertbemessung des Sachverständigen Dr. Ka... geäußert hat, hat sie diese Zweifel nicht hinreichend substantiiert. Der Senat hat deshalb auch keinen Anlass gesehen, hierzu eine weitergehende Sachaufklärung zu betreiben.

§ 44 LwAnpG enthält zwingendes - d.h. durch Vollversammlungs- oder Vorstandsbeschluss nicht abdingbares - Recht (s. BGH VIZ 1994, S.132 f. = AgrarR 1994, S.156, 157; AgrarR 1994, S.161, 162; OLG Rostock, AgrarR 2004, S.272; Schweizer, in: Kimme, Offene Vermögensfragen, § 44 LwAnpG Rdn.58).

Freilich ist eine Individualvereinbarung über den Abfindungsanspruch (insbesondere im Sinne einer "Abgeltungsvereinbarung") als schuldrechtlicher Vertrag eigener Art zulässig und kann einen selbständigen ("kondiktionsfesten") Rechtsgrund für die Abfindungsleistung geben (s. dazu BGH AgrarR 1994, S.298, 299 = WM 1994, S.1766, 1767; AgrarR 1999, S.56 f.; Senat, AgrarR 1996, S.229, 231). Für eine solche Individualvereinbarung zwischen der Antragstellerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin und dem Erblasser (früheren Antragsgegner) ergibt sich aber kein genügender Anhalt. Gegen eine individuelle "Gesamtvereinbarung" ("Abgeltungsvereinbarung") spricht, dass hierüber kein beiderseits unterzeichnetes Schriftstück existiert und der Erblasser (frühere Antragsgegner) fortdauernd - unter anderem mit Schreiben vom 26. Juni 1991, 12. August 1991 und 14. April 1997 sowie mit dem von ihm angebrachten Gegenantrag ("Widerklage") - zum Ausdruck gebracht hat, dass aus seiner Sicht keine abschließende Vereinbarung vorliege und er daher weitergehende Abfindungsleistungen beanspruchen könne. Das - vom Erblasser (früheren Antragsgegner) nicht (mit)unterzeichnete - Rückführungsprotokoll vom 30. November 1990 enthält keinen tragfähigen Hinweis auf das Vorliegen einer individuellen Abfindungsvereinbarung im Sinne einer abschließenden Gesamtregelung ("Abgeltungsvereinbarung"). Dies gilt auch für das beiderseits unterzeichnete Schriftstück vom 13. November 1990. Darin wird zwar ausgeführt, dass mit der Übergabe der dort erwähnten Tiere "die Ansprüche an Inventarbeitrag Tiere an Herrn S... von Seiten der LPG T N... abgegolten (sind)" (s. dazu auch das Rückführungsprotokoll vom 30. November 1990, Seite 2/oben). Hieraus geht aber nicht hinreichend eindeutig hervor, dass damit eine abschließende Regelung in Gestalt einer selbständigen schuldrechtlichen Vereinbarung geschaffen werden sollte, sondern lediglich ein Einvernehmen über die "Erledigung" der Position "Rückerstattung Inventarbeitrag Tiere", die nur einen Teil der Abfindungsansprüche betrifft; die abschließende Gesamtregelung, die einen selbständigen Rechtsgrund hätte hergeben können, stand also gerade noch aus. Es handelte sich lediglich um eine unselbständige Vereinbarung im Rahmen der Durchführung der Erfüllung des (vermeintlichen) Abfindungsanspruchs des Erblassers.

Mithin ist der Anspruch der Antragstellerin dem Grunde nach berechtigt. Der Höhe nach erstreckt er sich auf den Wertersatz für sämtliche an den Erblasser (früheren Antragsgegner) erbrachten Abfindungsleistungen (§ 818 Abs.2 BGB). Demzufolge umfasst der Anspruch der Antragstellerin insbesondere auch die (nach teilweiser Antragsrücknahme nurmehr geltend gemachten) Abfindungszahlungen in Höhe von insgesamt 64.109,80 DM [20. Dezember 1990: 10.000,- DM; 13. August 1991: 25.835,80 DM; 14. April 1992: 28.274,- DM (davon 1.955,70 DM verrechnet mit einem Zahlungsanspruch der Antragstellerin gegen den Erblasser)] sowie den Wertersatz für die übergebenen Tiere in Höhe von 25.985,27 DM.

Der Wertersatz für die übergebene Tiere berechnet sich wie folgt: Dem Erblasser übergeben wurden 26 Mastschweine (Schlachtschweine) sowie insgesamt 27 (vom Erblasser selbst ausgewählte) Kühe, davon 13 leukose-positiv und 14 leukose-negativ. Für die Ermittlung des Wertersatzes (§ 818 Abs.2 BGB) kommt es auf den objektiven Verkehrswert zum Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit der Herausgabe der Tiere an (s. BGH NJW 2006, S.2847, 2851 f.; Palandt/Sprau, aaO., § 818 Rdn.19). Für 22 Schweine erzielte der Erblasser einen Schlachtpreis von 3.388,48 DM und für die 13 leukose-positiven Kühe einen Schlachtpreis von 7.980,75 DM; in seinem Schriftsatz vom 14. September 2000 hat der Erblasser für die leukosefreien Kühe einen Wert von 1.000,- DM pro Stück eingeräumt. Danach ergibt sich für die Kühe ein Gesamtwert von 21.980,75 DM und für die 26 Schweine ein Gesamtwert von 4.004.52 DM (3.388,48 DM : 22 = 154,02 DM x 26 = 4.004,52 DM), für sämtliche Tiere also eine Summe von 25.985,27 DM .

c) Ob der Nachlass ausreichend ist, um den geltend gemachten Anspruch zu bedienen, bedarf hier keiner Beurteilung. Dies hätte das Landwirtschaftsgericht freilich nicht davon abhalten dürfen, den im Schriftsatz der Antragsgegner vom 7. Juli 2008 erklärten Vorbehalt nach § 780 Abs.1 ZPO in seinem Beschluss auszusprechen. Der Vorbehalt der Beschränkung der Erbenhaftung nach § 780 Abs.1 ZPO ist durch Einrede des Erben geltend zu machen und ohne sachliche Prüfung der Auskömmlichkeit des Nachlasses im Falle der Verurteilung des Erben im Urteilstenor (bzw. - hier - im Beschlusstenor) auszusprechen (s. dazu BGH NJW 1983, S.2378, 2379; NJW 1991, S.2839, 2840; KG, NJW-RR 2003, S.941, 942 f.; NJW 2006, S.2561, 2562 f.; OLG Koblenz, NJW-RR 2006, S.377, 378; Zöller/Stöber, ZPO, 27.Aufl.2009, § 780 Rdn.10-12; Baumbach/Hartmann, ZPO, 67.Aufl.2009, § 780 Rdn.4, 5 und 7; Musielak/Lackmann, ZPO, 6.Aufl.2008, § 780 Rdn.6, 7). Folge dieses Vorbehalts ist die Möglichkeit, dass der verurteilte Erbe im Wege der Vollstreckungsgegenklage den Ein-wand der beschränkten Erbenhaftung geltend machen kann; ohne diesen Vorbehalt ist ihm dies verwehrt (§ 780 Abs.1, §§ 781, 785, 767 ZPO). Gemäß § 780 Abs.2 ZPO ist der Vorbehalt allerdings nicht (mehr) erforderlich, wenn das Urteil über eine Nachlassverbindlichkeit gegen einen Nachlassverwalter erlassen wird (s. dazu etwa BGH FamRZ 1984, S.473), da mit der Anordnung der Nachlassverwaltung gemäß § 1975 BGB die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass eintritt. Sonach bedarf es vorliegend nicht mehr des Ausspruchs des Vorbehalts nach § 780 Abs.1 ZPO, weil inzwischen - am 25. September 2008 - die Nachlassverwaltung angeordnet worden und die Nachlassverwalterin anstelle der bisherigen Antragsgegner [Erben] als Partei kraft Amtes in das Verfahren eingetreten ist, so dass der dem Zahlungsantrag stattgebende Beschluss ("Urteil") (über eine Nachlassverbindlichkeit) nunmehr "gegen einen Nachlassverwalter" erlassen wird.

d) Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 291, 288 Abs.1 BGB (a.F.), für den Teilbetrag von 35.835,80 DM (= 18.322,55 €; nicht, wie das Landwirtschaftsgericht ausgesprochen hat: "18.300,28 €") allerdings nicht bereits für den Zeitraum ab Erlass des Mahnbescheides (27. Februar 1997), sondern erst ab Zustellung des Mahnbescheides (12. März 1997) (§ 696 Abs.3 ZPO).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 65 Abs.2 Satz 1 LwAnpG i.V.m. § 34 Abs. 1, § 44 Abs. 1 LwVG. Die Gerichtskosten hat der Senat nach dem Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten in der jeweiligen Instanz aufgeteilt. Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten nach § 45 Abs.1 LwVG hat der Senat keinen Anlass gesehen, nachdem die Beschwerde der Antragsgegnerin insofern erfolgreich gewesen ist, als die Antragstellerin ihren Zahlungsantrag im Beschwerdeverfahren teilweise (in einem nicht unerheblichen Umfange) zurückgenommen hat. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 65 Abs.2 und 3 LwAnpG i.V.m. §§ 33, 35 Abs.1 Nr.4 LwVG i.V.m. §§ 18, 30 KostO.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gemäß § 24 Abs.1 Satz 2 LwVG sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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