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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 01.12.2006
Aktenzeichen: 5 W 50/06
Rechtsgebiete: AO, ZPO, VwVG BRB


Vorschriften:

AO § 22
AO § 322
ZPO § 17 Abs. 4 Satz 3
ZPO § 569 Abs. 1 Satz 1
VwVG BRB § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

5 W 50/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Kosyra als Einzelrichterin

am 1. Dezember 2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 02. Mai 2006 - 1 O 73/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Eigentümer des im Grundbuch von G... Blatt 940 ON 5 eingetragenen Grundstücks ... Straße ... und ..., Flur 5, Flurstück 6, 7, 8 und 9. Er ist Alleineigentümer seit dem 18.03.2005. Vor diesem Zeitpunkt stand das fragliche Grundstück im Eigentum der aus dem Kläger und einer Frau K... bestehenden GbR. Frau A... K... ist darüber hinaus Gesellschafterin einer weiteren GbR, bestehend aus den Gesellschaftern A... K..., J... E... und E... J.... Diese GbR hatte im Jahre 1993 umfänglichen Grundbesitz in V... Grundbuch von V... Blatt 237, Flur 2, Flurstücke 13, 14 und 15 erworben. Für diese Immobilien hatte die GbR rückständige Gebühren des Beklagten nicht entrichtet. Mit Vollstreckungsankündigung des Beklagten vom 13.08.2002 drohte der Beklagte der Frau A... K... eine Vollstreckung der offenen Gebührenbescheide an. Mit Antrag vom 12. Mai 2003 auf Eintragung einer Sicherungshypothek führte der Beklagte durch die Vollstreckungsbehörde - das Amt T... - die Zwangsvollstreckung der Gebührenbescheide durch. In dem Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek an das Amtsgericht Potsdam heißt es, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts B.../K... als Grundstückseigentümer dem Beklagten Wasser- und Abwasserabgaben in Höhe von insgesamt 19.006,45 € schulde. Es werde zugleich die Vollstreckbarkeit bescheinigt und die Eintragung der Zwangssicherungshypotheken in der genannten Höhe auf dem bezeichneten Grundstück beantragt. Daraufhin wurden durch das Amtsgericht Potsdam im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens am 13.05.2003 vier Zwangssicherungshypotheken in Höhe von jeweils 4.751,61 € eingetragen worden.

Der Kläger hat vorgetragen, weder er noch die B.../K... GbR seien jemals Schuldner der den Grundbucheintragungen zugrunde liegenden Forderungen des Beklagten gewesen. Mit Schreiben vom 10.07.2003 teilte der Kläger dies dem Amt T... mit. Eine Antwort erhielt er nicht. Mit gleich lautenden Schreiben vom 18.09.2003 an den Beklagten sowie das Amt T... forderte er die Adressaten auf, für die Löschung der eingetragenen Zwangssicherungshypotheken Sorge zu tragen. Eine Reaktion erfolgte hierauf nicht.

Der Beklagte hat die Unzulässigkeit des Rechtswegs gerügt und ausgeführt, für die vom Kläger begehrte Löschungsbewilligung sei der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Die Zwangshypotheken seien im Wege des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens gemäß § 5 Verwaltungsvollstreckungsgesetz Brandenburg in Verbindung mit § 322 Abgabenordnung eingetragen worden. Es handele sich vorliegend um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 02. Mai 2006 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Potsdam verwiesen. Es hat dazu ausgeführt, die vorliegende Streitigkeit sei öffentlichrechtlicher Natur, da der beklagte Verband dem Kläger nicht "in Augenhöhe" entgegentrete, sondern aufgrund einer dem beklagten Verband eingeräumten Befugnis, im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens zu handeln, also im Über- und Unterordnungsverhältnis. Zur Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte gehörten nicht nur die Beseitigung rechtswidriger Verwaltungsakte, sondern auch die der Folgen eines solchen.

Gegen diesen ihm am 15. Mai 2006 zugestellten Beschluss des Landgerichts Potsdam hat der Kläger mit Schriftsatz vom 22. Mai 2006, bei Gericht eingegangen am 23. Mai 2006 sofortige Beschwerde eingelegt, mit dem Antrag, den Beschluss vom 02. Mai 2006 aufzuheben und zu erkennen, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei. Er ist nach wie vor der Ansicht, es handele sich vorliegend nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Zudem sei das klägerische Grundstück nicht im Bereich der Gemeinden belegen, für welche der Beklagte im Rahmen seiner hoheitlichen Befugnisse Gebührenbescheide erlassen könne. Der Beklagte habe sich ungefugter Weise hoheitliche Befugnisse angemaßt und damit in rein zivilrechtlicher Sicht eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme auf einem völlig fremden Grundstück durchgesetzt. Der Beklagte verfüge über keinerlei rechtliche Grundlage, um von den Möglichkeiten des Verwaltungszwangsverfahrens Gebrauch machen zu können. Gegen ihn, den Kläger, habe es überhaupt keinen Gebührenbescheid gegeben. Von daher stünden sich die Parteien auch nicht im Über- und Unterordnungsverhältnis gegenüber. Es gehe um die Beseitigung zivilrechtlicher Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.

II.

Die gemäß § 17 Abs. 4 Satz 3, § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zutreffend den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Potsdam verwiesen.

Ob eine Streitigkeit dem bürgerlichen Recht zuzuordnen und damit der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist (§ 13 GVG), hängt, wenn es an einer ausdrücklichen Rechtszuweisung fehlt, von der Natur des Rechtsverhältnisses ab, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Die Abgrenzung vollzieht sich in der Regel an Hand der materiell-rechtlichen Einordnung des streitigen Rechtsverhältnisses. Dabei kommt es nicht auf die Bewertung durch die klagende Partei, sondern darauf an, ob sich das Klagebegehren nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen bei objektiver Würdigung aus dem Sachverhalt herleitet, der nach bürgerlichem Recht zu beurteilen ist (vgl. BGH NJW 1993 S. 1799 ff). Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt dann vor, wenn sich der Streitgegenstand als unmittelbare Folge des öffentlichen Rechts darstellt. Dies wiederum ist der Fall, wenn sich das Klagebegehren aus einem Sachverhalt ergibt, der nach Maßgabe des öffentlichen Rechts zu beurteilen ist. Maßgeblich ist hier, ob die Handlung des Beklagten, gegen die der Kläger sich wendet, hoheitlicher oder privater Natur ist.

So verhält es sich hier. Der Kläger beantragt mit seiner Klage die Aufhebung bzw. die Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung der Löschung der von ihr auf der Grundlage von § 5 VwVG BRB i. V. m. § 22 AO erwirkten Eintragung einer Zwangshypothek auf dem im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücks. Zur Überprüfung stehen die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen als solche. Für die Frage nach dem einschlägigen Rechtsweg ist einzig die Natur dieser Maßnahmen entscheidend (vgl. OVG für das Land Schleswig-Holstein vom 10.02.1995, Az. 4 O 26/94 zitiert nach Juris). Die Eintragung der Zwangshypothek erfolgte durch das Amtsgericht Potsdam aufgrund des Antrages des Amtes T..., das im Wege der Amtshilfe für den Beklagten tätig wurde. Hier geht es nicht um die Frage, ob die Eintragung aus grundbuchrechtlicher sicht zu beanstanden war. Das Grundbuchamt hatte nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung - materiell-rechtlich wirksame Gebührenbescheide - vorlagen. Unstreitig erfolgte die Zwangsvollstreckungsmaßnahme - die Eintragung der Zwangshypothek - nach den Vorschriften des Verwaltungszwangsverfahrens, also des Verwaltungszwangs. Dass es sich bei den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften des Brandenburgischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes um öffentlich-rechtlich zu beurteilende Normen handelt, steht nicht in Frage. Der der Vollstreckung zu Grunde liegende Sachverhalt ist auch dem öffentlichen Recht zu zu ordnen. Der Kläger wehrt sich dagegen, dass er nicht, wie vom Beklagten behauptet, Schuldner der Abwassergebühren sei. Dies ist eine nach den Vorschriften des öffentlichen Rechts und nicht etwa nach zivilrechtlichen Normen zu beurteilende Frage.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: bis 6.000,00 €

Ende der Entscheidung

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