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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.01.2002
Aktenzeichen: 6 U 1/01
Rechtsgebiete: DÜG, GesO, ArbGG, KO, ZPO, AFG


Vorschriften:

DÜG § 1
GesO § 17
GesO § 17 III Nr. 1
GesO § 17 III Nr. 1 a
GesO § 13
GesO § 13 I Nr. 3
GesO § 13 I Nr. 3 a
ArbGG § 5
KO § 59
KO § 59 I Nr. 3 a
KO § 591 Nr. 3 b
KO § 591 Nr. 3 a
ZPO § 253 II Nr. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 971
AFG § 141 a
AFG § 141 b
AFG § 141 b III
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 1/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

verkündet am 15.01.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2001 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwenke und die Vorsitzende Richterin am Landgericht Eberhard

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 15.10.2000 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 12 O 318/99 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Urteil des Landgerichts wie folgt gefasst wird:

Der Beklagte wird verurteilt,

1. an den Kläger 19.020 DM (brutto) nebst 4 % Zinsen seitdem 10.08.2000 bis 30.09.2001 und 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskontsatz-Überleitungsgesetz vom 09.06.1998 seit dem 01.10.2001 zu zahlen.

2. dem Kläger eine geänderte Lohnbescheinigung für das Kalenderjahr 1996 unter Berücksichtigung der zu leistenden Zahlungen auf der Lohnsteuerkarte und dem Sozialversicherungsheft zu erteilen.

3. für die Monate Juni, Juli, August und September 1996 nicht gezahlte Gehälter des Klägers in Höhe von monatlich 6.340 DM brutto zur Tabelle gemäß § 17 III Nr. 1 GesO anzuerkennen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung im Betrage von 29.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Das Urteil beschwert den Beklagten um 22.556 DM.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger war angestellter Geschäftsführer der G W GmbH "O M" mit Sitz in. Über das Vermögen dieser GmbH ist durch Beschluss des Amtsgerichts F vom 01.04.1997 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet worden. Der Beklagte wurde als Verwalter bestellt. Der Kläger hielt während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH keine Geschäftsanteile an dieser.

Im Geschäftsführeranstellungsvertrag des Klägers vom 19.07.1993 heißt es auszugsweise:

"§ 3

(1) Dem Geschäftsführer obliegt die verantwortliche Leitung des gesamten Betriebes. Er ist Dienstvorgesetzter sämtlicher Arbeitnehmer der Gesellschaft und für alle Personalangelegenheiten verantwortlich und zuständig.

(2) Der Geschäftsführer hat die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe des Gesetzes und des Gesellschaftsvertrages zu führen und hierbei die ihm von der Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen zu befolgen.

(3) Zu folgenden Geschäften hat er die vorherige Genehmigung des Aufsichtsrates einzuholen:

a) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken,

b) Errichtung von Zweigniederlassungen,

c) Abschluss von Dienstverträgen mit Angestellten,

d) Aufnahme von Krediten von mehr als 200.000 DM;

(1) Der Geschäftsführer hat seine ganze Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. ...

§ 4

(1) Der Geschäftsführer erhält als Vergütung für seine Tätigkeit ein monatliches Gehalt nach dem gültigen Tarifvertrag Gruppe VI des Arbeitgeberverbandes der Wohnungswirtschaft.

§ 5 Urlaub

1. Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen bezahlten Jahresurlaub. .... Nicht genommener Urlaub kann im nächsten Kalenderjahr nur bis einschließlich April nachgeholt werden.

2. Der Zeitpunkt des Urlaubs wird von der Gesellschaft festgelegt. .....

3. Der Jahresurlaub richtet sich nach den Bestimmungen des jeweils gültigen Tarifvertrages und einer evtl. vorhandenen Betriebsvereinbarung für Angestellte.

§ 6 Dienstreisen

4. Aufwendungen bei Geschäftsreisen werden mit den lohnsteuerlichen Sätzen vergütet.

Der Geschäftsführeranstellungsvertrag des Klägers ist zum 31.05.1996 fristlos gekündigt worden. In einem anschließenden Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) - Kammer für Handelssachen - haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, nach dem der Anstellungsvertrag einverständlich per 31.03.1997 aufgehoben worden ist.

Letztmalig zahlte die GmbH dem Kläger im Mai 1996 sein Gehalt. Für die Monate Januar, Februar und März 1997 gewährte ihm das Arbeitsamt Konkursausfallgeld.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für die Monate Juni, Juli, August und September 1996 gegen den Beklagten ein Anspruch auf Gehaltszahlung nach § 17 III Nr. 1 a GesO und für die Monate Oktober, November und Dezember 1996 nach § 13 I Nr. 3 a GesO zu. Dies ergebe sich bereits aus dem sozialen Schutzcharakter dieser Vorschriften.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn das sich aus dem Bruttogehalt in Höhe von 6.340 DM ergebende Nettogehalt für die Monate Oktober, November und Dezember 1996 nebst 4 % Zinsen zu zahlen;

den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger eine geänderte Lohnbescheinigung auf der Lohnsteuerkarte und dem Sozialversicherungstarif zu erteilen; den Beklagten zu verurteilen, für die Monate Juni, Juli, August und September 1996 gezahlte Gehälter des Klägers zur Tabelle gemäß § 17 III Nr. 1 GesO anzuerkennen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat gemeint, dem Kläger stünden keine Ansprüche zu, weil er nicht Arbeitnehmer im Sinne der §§ 13 I Nr. 3 a, 17 III Nr. 1 a GesO sei.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Dem Kläger stehe sowohl ein Massenanspruch im Sinne des § 13 I Nr. a GesO als auch ein Anspruch nach § 17 III Nr. 1 a GesO zu, der außerhalb des Gesamtvollstreckungsverfahrens im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden könne. Der Kläger sei Arbeitnehmer im Sinne der genannten Vorschriften. Grundsätzlich sei zwar ein Geschäftsführer einer GmbH nicht als Arbeitnehmer anzusehen. Dieser Einordnung liege jedoch der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff zugrunde. Der sozialrechtliche Arbeitnehmerbegriff sei demgegenüber weiter gefasst. Danach könnten auch Geschäftsführer einer GmbH eine Sozialversicherungspflichtige Tätigkeit unter Umständen sogar dann ausüben und als Arbeitnehmer anzusehen sein, wenn sie - allerdings nicht wesentlich - an der Gesellschaft beteiligt seien und nicht als Unternehmer zu gelten hätten. Diese Voraussetzungen seien in der Person des Klägers erfüllt.

Gegen diese ihm am 01.12.2000 zugestellte Entscheidung wendet sich der Kläger mit der am 29.12.2000 begründeten Berufung. Diese hat er mit am letzten Tag der verlängerten Frist zur Berufungsbegründung, am 28.02.2001 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte ist der Auffassung, ausgehend vom Wortlaut des § 13 I Nr. 3 a GesO, der ausdrücklich von "Lohn- oder Gehaltsforderungen von Arbeitnehmern" spreche, seien nach der Legaldefinition des § 5 ArbGG Organe juristischer Personen keine Arbeitnehmer. Es bestehe kein Anlass, diesen arbeitsrechtlichen Zentralbegriff für andere Rechtsgebiete aufzuweichen und in Konkurrenz dazu einen "sozialrechtlichen Arbeitnehmerbegriff" zu kreieren. Dies gelte um so mehr, als der Vorstand einer Aktiengesellschaft auch nach sozialrechtlichen Maßstäben nicht privilegiert und trotz der bekannten Aufweichung des Arbeitnehmerbegriffes durch BAG und BSG das BSG bis heute an der Entscheidung vom 22.04.1987 festgehalten hat, nach der Vorstandsmitglieder einer insolvent gewordenen Aktiengesellschaft keinen Anspruch auf Konkursausfallgeld haben. Unabhängig davon mache die Formulierung in § 13 I Nr. 3 GesO im Gegensatz zur Konkursordnung deutlich, dass nach der GesO nur die als besonders schutzbedürftig angesehenen Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne gemeint seien. Denn die anderen Privilegierungen des § 591 Nr. 3 b) KO, die vom Status her der Position eines Fremdgeschäftsführers entsprächen, seien von der GesO gerade nicht übernommen worden. Jedenfalls sei das rückständige Gehalt des Geschäftsführers ausgehend von der unterschiedlichen Terminologie der §§ 13 und 17 GesO keine Masseschuld nach § 13 GesO, sondern allenfalls eine vorrangige Forderung nach § 17 GesO.

Der Beklagte beantragt,

in Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 10.10.2000 (12 O 318/99) die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

unter Zurückweisung der Berufung den Beklagten zu verurteilen,

1. an ihn für die Monate Oktober, November und Dezember 1996 ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 6.340 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.08.2000 bis 30.09.2001 und 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskontsatz-Überleitungsgesetz vom 09.06.1998 seit dem 01.10.2001 zu zahlen,

2. ihm eine geänderte Lohnbescheinigung für das Kalenderjahr 1996 unter Berücksichtigung der zu leistenden Zahlungen auf der Lohnsteuerkarte und dem Sozialversicherungsheft zu erteilen und

3. für die Monate Juni, Juli, August und September 1996 nicht gezahlte Gehälter des Klägers in Höhe von monatlich 6.340 DM brutto zur Tabelle gemäß § 17 Abs. 3 Ziffer 1 GesO anzuerkennen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung des Beklagten (§§ 511, 511 a I, 516, 518, 519 ZPO) ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht der Klage entsprochen. Dem Kläger stehen gegen den Beklagten die geltend gemachten Ansprüche aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils, denen der Senat folgt, zu.

1. Der Klageantrag zu 1) ist nunmehr zulässig. Durch die Fassung des Schriftsatzes vom 26.11.2001 entspricht er dem Erfordernis des § 253 II Nr. 2 ZPO.

Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf Zahlung des Bruttolohnes und auf Zahlung von Verzugszinsen (§ 288 11 BGB) aus dem Bruttolohn zu (BAG NJW 2001, 3570 ff). Der unter Nr. 1 tenorierte Betrag stellt die Summe des Bruttolohnes der Monate Oktober, November und Dezember 1996 dar.

2. Der Kläger hat ferner einen Anspruch auf Zahlung aus § 13 I Nr. 3 a GesO, der außerhalb des Gesamtvollstreckungsverfahrens im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden kann. Er ist Arbeitnehmer im Sinne dieser Bestimmung.

Der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff umfasst grundsätzlich nur abhängig beschäftigte Arbeiter und Angestellte, nicht aber Organe oder sonstige vertretungsberechtigte Personen (vgl. § 5 ArbGG, § 14 KSchG). Demzufolge wird auch der Geschäftsführer einer GmbH grundsätzlich nicht als Arbeitnehmer angesehen, weil der Geschäftsführeranstellungsvertrag Dienstvertrag ist und kein Arbeitsvertrag, da der Geschäftsführer als Vertretungsorgan der Gesellschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt (OLG Jena ZIP 1996, 242; Palandt-Putzo, BGB, 61. Aufl., Einf. v. § 611 BGB, Rn. 23 m.w.N.). Jedoch sind bereits im Bereich des Arbeitsrechts ausnahmsweise Schutzvorschriften auf den Geschäftsführer einer GmbH bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen analog anwendbar (BAG ZIP 1988, 91; BAG DB 1991, 2595).

Der sozialrechtliche Arbeitnehmerbegriff ist demgegenüber weiter (Smid, GesO, 3. Aufl., Rn. 54 zu § 13). So können z.B. Geschäftsführer einer GmbH eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit u.U. sogar dann ausüben, wenn sie - allerdings nicht wesentlich - an der Gesellschaft beteiligt sind. Der Senat bestimmt den Arbeitnehmer im insolvenzrechtlichen Sinne in Anlehnung an den sozialrechtlichen Arbeitnehmerbegriff. Denn im Hinblick auf die übereinstimmende Zielsetzung insbesondere der KauG-Versicherung und der Verbesserung des Schutzes der Arbeitnehmer im Konkurs ist eine einheitliche Inhaltsbestimmung der in §§ 141 a, 141 b AFG und in § 13 GesO - der § 59 KO vergleichbaren Bestimmung - enthaltenen Begriffe "Arbeitnehmer" und "Arbeitsentgelt" erforderlich. Vor allem zwingt die in § 141 b III AFG erfolgte Gleichsetzung des "Anspruchs auf Arbeitsentgelt" mit den "Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, die ... Masseschulden nach § 59 I Nr. 3 a KO sein können", dazu, den mit dem Gesetz über Konkursausfallgeld erfassten Personenkreis und dessen "Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis" inhaltsgleich zu bestimmen (BSG ZIP 1987, 924, 925).

Der Geschäftsführer einer GmbH kann daher Entgeltansprüche nach §§ 13 I Nr. 3 a, 17 III Nr. 1 a GesO geltend machen, wenn er als Arbeitnehmer anzusehen ist, d.h., nur eine unwesentliche Beteiligung am Gesellschaftsvermögen hat und nicht als Unternehmer gilt. Das ist hier der Fall.

Nach der Rechtsprechung des BSG zu § 141 b AFG ist Arbeitnehmer, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Wirtschaftliche Abhängigkeit wird nicht gefordert. Persönlich abhängig ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb der Beschäftigte, der in den Betrieb eingegliedert ist und einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, das Zeitdauer und Ort der Arbeitsausführung umfasst. Dieses Weisungsrecht kann allerdings besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Kennzeichnend für eine selbständige Tätigkeit ist das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die Möglichkeit, frei über Arbeitsort und Arbeitszeit zu verfugen. Wenn eine Tätigkeit Merkmale aufweist, die auf Abhängigkeit und auf Unabhängigkeit hinweisen, ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist zunächst die vertragliche Ausgestaltung des Verhältnisses. Weicht dieses jedoch von den tatsächlichen Verhältnissen ab, so sind diese entscheidend (BSG ZIP 1983, 103, 104).

In Würdigung aller Umstände befand sich der Kläger in persönlicher Abhängigkeit von der Gesamtschuldnerin. Er war als Geschäftsführer nicht zugleich Gesellschafter der Gesellschafterin, so dass er keinen Einfluss auf die Beschlussfassung der Gesellschafter ausüben konnte. Zwar wird als weiteres maßgebliches Kriterium der persönlichen Abhängigkeit angesehen, dass der Geschäftsführer einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Dienste umfassenden Direktionsrecht der Gesellschafter unterliegt.

Als selbständig wird der Geschäftsführer hingegen angesehen, wenn er seine Tätigkeit im wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (BAG ZIP 1992, 1496, 1498). Allerdings ist die Weisungsgebundenheit nur eines von mehreren Unterscheidungselementen und kann bei Geschäftsführern, die Dienste höherer Art leisten, stark eingeschränkt sein. Die Dienstleistung ist trotzdem fremdbestimmt, wenn sie in der vorgesehenen Ordnung des Betriebes aufgeht. Obwohl der Kläger nach dem in erster Linie maßgeblichen Anstellungsvertrag in der Gestaltung seiner Tätigkeit und Bestimmung seiner Arbeitszeit im wesentlichen frei war, spricht mehr für seine Arbeitnehmerstellung. So wird in § 3 II des Geschäftsführervertrages bereits ausdrücklich festgehalten, dass der Kläger als Geschäftsführer die ihm von der Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen 201 befolgen hatte. Wenn das auch nur eine Wiederholung der nach dem GmbH-Gesetz bestehenden Gesetzeslage ist, deutet dieser Umstand bereits daraufhin, dass die Dienstleistung des Klägers in der vorgesehenen Ordnung des Betriebes aufging. Gestützt wird das durch § 3 III des Anstellungsvertrages, nach dem er u.a. für den Erwerb, die Veräußerung und Belastung von Grundstücken sowie die Aufnahme von Krediten von mehr als 200.000 DM die vorherige Genehmigung des Aufsichtsrates einholen musste. Mögen dies jedoch noch für einen Geschäftsführer typische Beschränkungen sein, widerspricht jedenfalls das Erfordernis der Einholung der vorherigen Genehmigung des Aufsichtsrates auch für den Abschluss von Dienstverträgen mit Angestellten und damit die fehlende Entscheidungsfreiheit bei der Einstellung von Angestellten entscheidend der Annahme eines freien Dienstvertrages des Klägers.

Gestützt wird diese Annahme durch § 3 IV des Geschäftsführervertrages, nach dem der Kläger seine ganze Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen hatte, sie also nicht teilweise anderweitig zur Einkommenserzielung einsetzen durfte. Deutlicher Ausdruck der einem Arbeitnehmer vergleichbaren Stellung des Klägers ist die Vergütung der Tätigkeit des Klägers nach Tarifvertrag (§ 4) und sein Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub entsprechend den Bestimmungen des jeweils gültigen Tarifvertrages und einer eventuell vorhandenen Betriebsvereinbarung für die Angestellten. Schließlich sollten Aufwendungen für Geschäftsreisen des Klägers mit lohnsteuerlichen Sätzen vergütet werden. Damit wurde der Kläger nach außen hin deutlich erkennbar Angestellten des Betriebes gleichgesetzt. Auch das monatliche Einkommen des Klägers - 6.340 DM brutto - bewegte sich in einem für leitende Angestellte in den neuen Bundesländern üblichen Bereich.

Dieser Wertung steht nicht entgegen, dass BAG und BSG Vorstandsmitgliedern einer insolvent gewordenen Aktiengesellschaft keinen Anspruch auf Konkursausfallgeld unabhängig von der Größe der Gesellschaft und unabhängig von einer eventuellen Kapitalbeteiligung des Vorstandsmitgliedes zubilligen. Denn die für die Abgrenzung der Arbeitnehmer- oder Arbeitgeber-Eigenschaft der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer maßgeblichen Gesichtspunkte sind jedenfalls auf die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft schon wegen ihrer wesentlich anders gestalteten und vor allem weitaus unabhängigeren Stellung nicht zu übertragen. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft ist ein Verfassungsorgan der Aktiengesellschaft, das die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten hat (§ 76 I AktG). In diesem Zusammenhang kommt auch dem Umstand, dass dem Vertretungsverhältnis ein Anstellungsvertrag zwischen der Aktiengesellschaft und dem Vorstandsmitglied zugrunde liegt (§ 84 AktG), keine eigenständige Bedeutung zu. Vor allem durch diese, aber auch durch weitere Vorschriften des AktG (§§ 78, 82, 88 ff. AktG) ist die Organstellung des Vorstandsmitgliedes von Aktiengesellschaften nicht arbeitnehmer-, sondern arbeitgeberähnlich ausgestattet. Sie leisten keine weisungsgebundenen Dienste, sondern erteilen als Organ der Gesellschaft vielmehr solche Weisungen. Gleiches gilt für die Bezüge der Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaften, die nicht nach arbeitsrechtlichen, sondern nach besonderen aktienrechtlichen Grundsätzen (§ 87 AktG) festgesetzt werden. Schließlich schränken auch die Vorschriften über die Stellung des Aufsichtsrates im Verhältnis zum Vorstand (§§ 111, 112 AktG) die Arbeitgeberfunktion der Vorstandsmitglieder nicht ein. Diese rechtliche Beurteilung gilt für alle Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften unabhängig von der Größe der Gesellschaft und unabhängig davon, ob die Vorstandsmitglieder Kapitalbeteiligungen an der Gesellschaft halten oder nicht. Denn durch den Umfang der Kapitalbeteiligung ändert sich nichts daran, dass das Vorstandsmitglied allein auf Grund seiner Stellung als Vorstandsmitglied (§ 84 AktG) eine unternehmerähnliche, unabhängige Stellung im Unternehmen hat und deshalb nicht Arbeitnehmer im Sinne der §§ 141 a, 141 b AFG, § 591 Nr. 3 a KO ist (BSG ZIP 1987, 924 ff.).

3. Nach den vorstehenden Ausführungen ist der Kläger auch als Gehaltsforderungsinhaber im Sinne des § 17 III Nr. 1 a GesO anzusehen mit der Folge, dass ihm der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung zur Tabelle zusteht. Aus seiner Arbeitnehmerstellung im Sinne des § 13 I Nr. 3 a GesO resultieren Gehaltsforderungen i.S.d. § 17 III Nr. 1 a GesO.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 971, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision im Hinblick darauf zugelassen, dass höchstrichterlich noch nicht vollständig geklärt ist, unter welchen Voraussetzungen der Geschäftsführer einer GmbH Arbeitnehmer i.S.d. § 13 I Nr. 3 a GesO und Anspruchsberechtigter nach § 17 III Nr. 1 a GesO sein kann, insbesondere im Hinblick auf die Entscheidungen 4es Thüringischen OLG vom 14.3.2001 (OLG-Report 2001, 272 ff.) und vom 30.11.1995 (ZIP 1996, 241 ff.), der anders als der erkennende Senat entscheidend auf die Weisungsgebundenheit abstellt (§ 5461 Nr. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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