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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.01.2002
Aktenzeichen: 6 U 143/00
Rechtsgebiete: LHO, BGB, VerbrKrG, ZPO


Vorschriften:

LHO § 44
LHO § 117
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 812
BGB § 818 Abs. 3
VerbrKrG § 11
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 Satz 1
ZPO § 546 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 143/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 15. Januar 2002

verkündet am 15. Januar 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht die Richterin am Oberlandesgericht und die Vorsitzende Richterin am Landgericht

auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. Juni 2000 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 8 O 411/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 315.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Das Urteil beschwert die Beklagte mit 241.940,22 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückzahlung eines dem bei ihr geführten Konto der Beklagten gutgeschriebenen Betrages von 238.000,00 DM nebst Zinsen aus ungerechtfertigter Bereicherung (Eingriffskondiktion).

Mit Bescheid vom 06.05.1993 bewilligte das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie des Landes Brandenburg der S GmbH P eine Zuwendung (Projektförderung) von 238.000,00 DM. In dem Bescheid (Blatt 20 d. A.) heißt es unter anderem:

"Ihr Antrag vom 30.11.1992 ...

Auf Ihren Antrag gewähre ich Ihnen für die Zeit von Januar 1993 bis Mai 1993 ... nach den §§ 44, 117 der Landeshaushaltsordnung im Wege der Projektforderung einen Zuschuss bis zur Höhe von 238.000,00 DM..."

Die Beklagte hatte mit Antrag vom 30.11.1992 (Bl. 21 d. A.) beim Ministerium um Gewährung von Zuschüssen zur Förderung der Berufungsbildung im Lande Brandenburg gebeten. Nach diesem Antrag sollten insgesamt 170 Auszubildende acht Wochen lang in einer überbetrieblichen Berufsbildungsstätte und zwar der S GmbH P ausgebildet werden. Ferner war in dem Antrag die Bankverbindung der Beklagten bei der Klägerin mit der Kontonummer genannt.

Mit Überweisungsträger (Blatt 23 d. A.) wies die Landeshauptkasse Potsdam die Landeszentralbank an, einen Betrag von 238.000,00 DM zugunsten der Empfängerin "S GmbH P " zu zahlen. Als Empfängerkonto war das bei der Klägerin geführte Konto der Beklagten genannt. Dort wurde der eingehende Geldbetrag am 09.09.1993 gutgeschrieben.

Am 22.01.1999 belastete die Klägerin im Wege einer Berichtigungsbuchung das Konto der Beklagten mit eben diesem Betrag mit der Begründung, der Auftraggeber habe ihr, der Klägerin, eine falsche Empfängerkontonummer übermittelt. Die Gutschrift sei nicht für die Beklagte bestimmt gewesen. Diesen Geschäftsvorgang machte sie auf Aufforderung der Beklagten rückgängig.

Mit Schreiben vom 12.02.1999 forderte die Klägerin von der Beklagten erfolglos die Rückzahlung des Geldbetrages nebst gezogener Zinsen von 4.535.22 DM bis spätestens 25.02.1999.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe gegen die Beklagte ein direkter Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (Eingriffskondiktion) zu. Im vorliegenden "Dreiecksverhältnis" sei sowohl das sogenannte Deckungsverhältnis als auch das sogenannte Valutaverhältnis fehlerhaft. Es sei nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die sogenannte Durchgriffskondiktion der die Überweisung ausführenden Bank gegen den Empfänger gegeben. Die fehlerhaft ausgeführte Anweisung, nämlich Gutschrift beim falscher Empfänger, stehe dem Fall der von Anfang an fehlenden Anweisung gleich. Auch das Valutaverhältnis zwischen Landeshauptkasse/Ministerium und der Beklagten sei fehlerhaft. Der Beklagten stehe kein Anspruch auf die Fördermittel zu. Das Ministerium habe auch keine Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB an die Beklagte erbringen wollen. Die Beklagte könne sich nicht auf Entreicherung berufen. Bei den zugeflossenen Geldern handele es sich um sach- und zweckgebundene Fördermittel, über die die Beklagte mit Verwendungsnachweis ordnungsgemäß hätte abrechnen müssen. Außerdem habe die Beklagte den Mangel des rechtlichen Grundes für das Behaltendürfen des Geldbetrages gekannt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 242.535,22 DM nebst Zinsen in Höhe von jeweils 5 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf 242.000,00 DM seit dem 26.02.1999 und auf weitere 535,22 DM seit dem 04.11.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe guten Glaubens den Geldbetrag entgegengenommen. Nach der deutschen Wiedervereinigung habe sie mehrfach Zuwendungen und Fördermittel von seiten des Landes erhalten. Zum Zeitpunkt der Kontogutschrift über 238.000,00 DM habe sie Zahlungen in sechsstelliger Höhe erwartet. Auf ihre Nachfrage habe ihr der Filialleiter der Klägerin mitgeteilt, es handele sich bei dem überwiesenen Geldbetrag um Fördermittelzahlungen der Landeshauptkasse.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung könne nur in den jeweiligen Leistungsverhältnissen der Dreieckskonstellation, nicht aber mittels Durchgriffskondiktion erfolgen.

Die Beklagte hat sich ferner auf Entreicherung berufen. Sie habe den Geldbetrag vollständig aufgebraucht für diverse Anschaffungen, nämlich den Erwerb eines Hausgrundstückes sowie den Beiträge in Höhe von mehr als 300.000,00 DM auslösenden Beitritt zur Kreishandwerkerschaft und dem Landesinnungsverband. Derartige Ausgaben hätte sie nicht getätigt ohne den ihr zugeflossenen Geldbetrag.

Die Beklagte hat sich ferner auf Verwirkung berufen.

Das Landgericht Potsdam hat mit dem am 28.06.2000 verkündeten Urteil der Klage mit Ausnahme eines geringen auf die Zinsforderung entfallenden Betrages stattgegeben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe ein direkter Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen die Beklagte zu. Die Beklagte habe mit der Gutschrift auf ihrem bei der Klägerin gefühlten Konto ohne rechtlichen Grund etwas im Sinne des § 812 erlangt, und zwar nicht im Wege einer Leistung, sondern in "sonstiger Weise". Es fehle bereits an der zurechenbaren Veranlassung der streitgegenständlichen Vermögenmehrung durch die Landeshauptkasse. Die Landeshauptkasse habe ausschließlich und wirksam den Auftrag erteilt, eine Gutschrift bei der S GmbH P zu bewirken. Da niemand eine Leistung an die Beklagte erbracht habe, habe diese die Kontogutschrift in "sonstiger Weise" erlangt, und zwar auf Kosten der Klägerin, deren Vermögen sich durch die Gutschrift unmittelbar vermindert habe. Im Ergebnis interessengerecht sei es daher, einen Bereicherungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte anzunehmen. Eine Entreicherung auf Seiten der Beklagten sei nicht eingetreten. Sofern diese die Mittel für den Ankauf eines Grundstückes verwendet habe, sei ihr Vermögen um eben den Wert dieses Grundstückes vermehrt worden. Was die Beitragszahlungen an den Innungsverband und die Kreishandwerkerschaft anbelange, so fehle es schon an einem adäquatkausalem Zusammenhang zwischen der Bereicherung und den von der Beklagten getätigten Zahlungen. Die Voraussetzungen der Verwirkung seien nicht gegeben. Es fehle ein berechtigtes Vertrauen der Beklagten dahin, der streitgegenständliche Anspruch werde nicht mehr gegen sie geltend gemacht werden. Unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben habe schon die Höhe des gutgeschriebenen Betrages - immerhin beinahe eine Viertelmillion - der Annahme entgegengestanden, der Berechtigte, wer immer dies sein möge, werde den Geldbetrag nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne, mögen es auch mehrere Jahre sein, nicht zurückverlangen.

Gegen dieses ihr am 11.07.2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 09.08.2000 bei Gericht eingegangene Berufung, welche sie mit dem am 08.09.2000 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Beklagte hält das angegriffene Urteil für unrichtig.

Sie behauptet nunmehr, in der Überweisung der Landeshauptkasse sei eine Leistung an sie, die Beklagte, im Sinne des § 812 BGB zu sehen. Die Leistung sei auch mit Rechtsgrund erfolgt. Gemäß dem Willen des zuwendenden Ministeriums habe sie als Veranstalter der Lehrganges aufgrund ihres Antrages vom 30.11.1992 Zuwendungsempfängerin sein sollen. Dies härten von ihr mittlerweile eingeleitete Recherchen und Gespräche mit Mitarbeitern des Ministeriums, insbesondere mit der für die Prüfung des Antrages vom 30.11.1992 zuständigen Mitarbeiterin Frau R ergeben. Aus welchen Gründen der Zuweisungsbescheid vom 06.05.1993 an die S GmbH P adressiert worden sei, habe sich nicht aufklären lassen. Diese GmbH sei lediglich die ausführende Bildungsstätte für die Durchführung der Ausbildungskurse ihrer Mitgliedsbetriebe gewesen. Die Fördermittel stellten Zuschüssen zu den von den einzelnen Ausbildungsbetrieben zu tragenden Kosten dar. Die Beklagte behauptet ferner, im Zeitpunkt der Bewilligung sei die Berufsförderungsmaßnahme bereits durchgeführt gewesen. Ein Verwendungsnachweis der empfangenen Gelder sei heute nur noch schwer zu führen, da die S GmbH P - unstreitig - bereits 1995/1996 ihren Betrieb eingestellt habe. Offensichtlich wolle die Klägerin den streitgegenständlichen Geldbetrag auch für sich selbst behalten. Diese trage noch nicht einmal vor, dass eine Rückzahlung an das zuständige Ministerium erfolgen solle.

Die Beklagte beantragt,

in Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil erster Instanz.

Sie legt nunmehr einen Überweisungsauftrag vor (Blatt 311 d. A.), wonach sie an die Landeszentralbank einen Betrag von 238.000,00 DM gezahlt hat; der Auftrag weist als Empfänger dieses Geldbetrages das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg aus.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass auch nach dem zweitinstanzlichen Vortrag der Beklagten eine Leistung der Landeshauptkasse im Sinne von § 812 BGB nicht vorliege. Maßgeblich sei allein der Inhalt der Anweisung, wonach der Geldbetrag an die S GmbH P zu überweisen war. Für das Valutaverhältnis sei allein ausschlaggebend, dass es an einem Zuwendungsbescheid zugunsten der Beklagten fehle.

Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 19.06.2001 (Blatt 374 d. A.) eine amtliche Auskunft des Ministeriums für Wirtschaft. Mittelstand und Technologie des Landes Brandenburg zu der Behauptung der Beklagten eingeholt, tatsächlich habe die zuwendende Behörde die Fördermittel von 238.000,00 DM ihr auszahlen wollen, irrtümlich sei als Empfängerin die S GmbH P im Zuwendungsbescheid genannt worden. Wegen des Inhaltes der erteilten Auskunft vom 08.08.2001 wird auf Blatt 385 bis 394 d. A. Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

Zu Recht hat das Landgericht der Klage in dem tenorierten Umfang stattgegeben. Gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative BGB steht der Klägerin gegen die Beklagte der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des überwiesenen Betrages von 238.000,00 DM nebst Kapitalnutzung in Form von 0,5 % Zinsen vom 09.09.1993 bis 30.06.1998 (3.940,22 DM) zu.

1.

Die Beklagte hat durch Gutschrift auf ihrem bei der Klägerin geführten Konto ohne rechtlichen Grund etwas erlangt und zwar nicht durch "Leistung" sondern in "sonstiger Weise". Die Klägerin kann von der Beklagten als Empfängerin unmittelbar die Herausgabe der unrechtmäßigen Bereicherung verlangen. Zwischen den Parteien und dem anweisenden Ministerium besteht ein bereicherungsrechtliches Dreiecksverhältnis. Dessen Problematik liegt darin, dass eine reale Zuwendung zwischen zwei Personen - dem Zuwendenden und dem Empfänger - Rechts- bzw. Erfüllungswirkungen im Regelfall nicht in deren Verhältnis, sondern im Verhältnis zwischen dem Zuwendenden und einem Dritten sowie im Verhältnis zwischen dem Dritten und dem Empfänger herbeiführen soll. Der Zuwendende ist im Verhältnis zum Empfänger nur Erfüllungsgehilfe des Dritten, für den er die Zuwendung unmittelbar an den Empfänger vollzieht.

Zwar ist der Bereicherungsausgleich bei Dreiecksverhältnissen, zu denen auch der Fall der Giroüberweisung zählt, im Fall der Leistung kraft Anweisung grundsätzlich innerhalb des jeweiligen Leistungsverhältnisses vorzunehmen, also zwischen Anweisendem und Angewiesenem (Deckungsverhältnis) und zum anderen zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger (Valutaverhältnis). Von diesem Grundsatz gibt es die nachstehend zitierten Ausnahmen, wobei es auf die Besonderheiten des einzelnen Falles ankommt.

Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass dem Angewiesenem (hier die Klägerin) jedenfalls dann ein unmittelbarer Bereicherungsanspruch gegen den Anweisungsempfänger (hier die Beklagte) zusteht, wenn es an einer wirksamen Anweisung fehlt und dem Anweisungsempfänger dieser Umstand bei Empfang des Leistungsgegenstandes bekannt war. Mangels Zurechenbarkeit einer unwirksamen Anweisung kommt ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich zwischen der Bank und dem Zuwendungsempfänger unter Umständen auch dann in Betracht, wenn dieser den Gültigkeitsmangel nicht kannte (BGH, MDR 2001, Seite 1126).

Ein direkter Durchgriff des Zuwendenden auf den Zuwendungsempfänger ist ferner vom Reichsgericht und dem Bundesgerichtshof in den Fällen des sogenannten Doppelmangels - in dem sowohl das Deckungs- als auch das Valutaverhältnis mangelhaft ist - für zulässig erachtet worden.

Im vorliegenden Falle sind die Voraussetzungen der beiden zitierten Ausnahmen erfüllt.

a. Die Landeshauptkasse bzw. das hinter ihr stehende Ministerium erteilte - wirksam - die Anweisung, der S GmbH P 238.000,00 DM zu überweisen. Die klagende Bank rührte diese Anweisung unrichtig aus. Sie nahm nicht eine Überweisung auf das Konto der genannten GmbH vor, sondern auf ein Konto der Beklagten. In der Anweisung der Landeshauptkasse war die Empfängerin richtig, die zugleich genannte Kontonummer war falsch. Fallen bei einer Anweisung bzw. einem Überweisungsauftrag Empfängerbezeichnung und Kontonummer auseinander, so ist im Regelfalle die Empfängerbezeichnung maßgeblich (BGH, NJW 1987, Seite 1825). Die Klägerin musste sich demnach bei Ausführung des Überweisungsantrages nach der namentlichen Bezeichnung der Empfängerin richten. Die irrtümliche Überweisung an einen anderen als den in der Anweisung benannten Empfänger stellt einen Unterfall der von Anfang an fehlenden Anweisung dar (BGHZ 66, 372). Die beiden Fallkonstellationen sind vergleichbar. Die falsche Ausführung wird durch die erteilte Anweisung nicht gedeckt. Der Anweisende hat die fehlgeleitete Zahlung nicht veranlasst und muss sich diese nicht als eigene Leistung an den Empfänger zurechnen lassen. Von der oben dargestellten Regel der Maßgeblichkeit der Empfängerbezeichnung ist vorliegend nicht abzuweichen. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass dem Anweisenden bei der Mitteilung des Empfängernamens ein Fehler unterlaufen ist und nach dessen Willen Zuwendungsempfängerin die Inhaberin des bezeichneten Kontos, also die Beklagte, sein sollte. Weder die anweisende Landeshauptkasse noch das dahinterstehende Ministerium wollten der Beklagten die Fördermittel zuwenden. Dies steht fest aufgrund der amtlichen Auskunft des Ministeriums vom 08.08.2001, wie unten noch näher auszuführen sein wird.

Die Beklagte konnte bei Kontogutschrift auch nicht davon ausgehen, dass der Anweisende ihr selbst diesen Betrag zukommen lassen wollte. Sie hat nach ihrem eigenen Vortrag ermitteln können, dass Anweisende die Landeshauptkasse, also das Land Brandenburg bzw. eines seiner Ministerien war. Die Beklagte war zum Zeitpunkt der Kontogutschrift mit staatlichen Fördermittelverfahren vertraut, hatte sie doch schon einzelne Anträge auf Fördermittel in der Vergangenheit gestellt. Wie allgemein und damit auch der Beklagten bekannt ist, kommt der Staat seiner Aufgabe als Fördermittelgeber in der Regel durch den Erlass eines sogenannten begünstigenden Verwaltungsaktes nach. Der Beklagten ist ein solcher Verwaltungsakt nicht zugegangen. Einen solchen Verwaltungsakt/Fördermittelbescheid benötigte die Beklagte aber, andernfalls sie den plötzlichen Geldsegen gar nicht den einzelnen, von ihren Anträgen umfassten Förderprojekte zuordnen konnte. Die Beklagte hatte nach ihrem eigenen Vortrag Fördermittelanträge für ihre Mitglieder gestellt, diesen sollten letztendlich die Gelder zufließen. Sie war sozusagen nur Verteilerstelle. Bei Erhalt des Geldes konnte die Beklagte - ohne einen entsprechenden Verwaltungsakt/Fördermittelbescheid - nicht davon ausgehen, dass dieser Geldbetrag durch den Anweisenden ihr für ihr eigenes Vermögen zugewendet werden sollte. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten annehmen wollte, sie habe durch Anträge Fördermittelverfahren für eigene Zwecke eingeleitet, konnte also auch mit Zahlungen zugunsten ihres Vermögens rechnen, so konnte sie bei Empfang des Geldes dennoch nicht darauf vertrauen, der Anweisende wolle damit gerade ihrem Vermögen etwas zuwenden. Die Beklagte legt nicht substantiiert dar, aufgrund welcher Umstände sie annehmen dürfte, der Betrag von 238.000,00 DM sei für sie persönlich sozusagen zum Verbleib und nicht für Maßnahmen in ihren Mitgliedsbetrieben bestimmt gewesen.

Hinzu kommt, dass der Staat - wie allgemein bekannt - bei Fördermittelverfahren in der Regel von Gesetzes wegen (hier § 44 LHO) einen detaillierten Verwendungsnachweis nach Abschluss der geförderten Maßnahme verlangt. Die Beklagte musste aufgrund des Umstandes, dass ihr weder ein Zuwendungsbescheid zugegangen noch ein Verwendungsnachweis abgefordert worden war, davon ausgehen, dass der Geldregen irrtümlich auf sie niedergegangen sei. Diese "strenge" Betrachtungsweise benachteiligt die Beklagte nicht.

Der auf eine wirksame Anweisung vertrauende und das Empfangene verbrauchende Zuwendungsempfänger kann im allgemeinen nach § 818 Abs. 3 BGB vor den rechtlichen Folgen einer Direktkondiktion der Bank geschützt werden.

b. Es liegt auch ein sogenannter Doppelmangel vor, der den Durchgriff der Klägerin auf die Beklagte rechtfertigt. Das Deckungsverhältnis ist, wie oben ausgeführt, wegen Überweisung an der falschen Empfänger fehlerhaft. Auch das Valutaverhältnis weist einen Mangel auf. Der Beklagten steht gegenüber dem Anweisenden kein Anspruch auf die Zuwendung zu. Ein solcher konnte nur durch einen die Beklagte begünstigenden Verwaltungsakt begründet werden. Daran fehlt es. Der Zuwendungsbescheid vom 06.05.1993 enthält auch nicht etwa einen Schreibfehler bezüglich des Fördermittelbegünstigten. Es ist nicht anzunehmen, dass nach dem Willen des Fördermittelgebers Empfängerin die Beklagte sein sollte, dass aufgrund eines Versehens die S GmbH P als solche bezeichnet und aufgrund sogenannten tatsächlichen Verwaltungshandelns, nämlich Veranlassung der Zahlung auf das Konto der Beklagten, dieser Fehler korrigiert worden ist.

Zum einen hat das zuwendende Land von der Klägerin den fehlgeleiteten Geldbetrag zurückverlangt und damit eindeutig zu erkennen gegeben, dass der Wille des zuwendenden Ministeriums nicht auf Mehrung des Vermögens der Beklagten gerichtet war. Das Land Brandenburg hat den Geldbetrag auch zurückerhalten. Dies ist dem Widerrufsbescheid vom 03.02.1999 (Blatt 308, 309 d. A.) und dem Überweisungsbeleg (Blatt 311 d. A.) zu entnehmen.

Zum anderen steht aufgrund der amtlichen Auskunft des Ministeriums vom 08.08.2001 fest, dass die Projektforderung willentlich der S GmbH P gewährt worden ist und nach Ansicht des Ministeriums von Rechts wegen auch nur dieser bewilligt werden konnte. Die Beklagte selbst konnte in Ermangelung eigener Bildungsstätten nicht gefördert werden. Sie war nur als Mittler der ihr zugehörigen Betriebe anzusehen. Die Auskunft vom 08.08.2001 ist klar und in jeder Hinsicht nachvollziehbar. Es handelt sich dabei auch nicht etwa um eine schriftliche Aussage der Ministeriumsmitarbeiterin Frau R, wie die Beklagte meint, sondern um eine der Behörde selbst zuzurechnende Stellungnahme. Daneben ist es rechtlich unerheblich, welche Erklärungen Sachbearbeiter des Ministeriums, so auch Frau R der Beklagten in Gesprächen am 11.12.2001 und 12.02.2001 gegeben haben sollen. Die von der Beklagten zum Beweis hierfür benannten Zeugen R, P und B waren nicht zu vernehmen. In einer hierarchisch geordneten Behörde ist nicht die Vorstellung und der Wille des einzelnen Sachbearbeiters maßgeblich, sondern derjenige des diese Behörde nach dem Gesetz Vertretende. Dessen Willensbildung erfolgt in der Regel aufgrund eines an den Vorschriften des Gesetzes orientierten Entscheidungsfindungsvorganges.

Es ist ferner rechtlich unerheblich, ob der Fördermittelbescheid vom 06.05.1993 rechtswidrig war, wie die Beklagte meint. Zum einen sind auch rechtswidrige Verwaltungsakte wirksam (Kopp, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 108), zum anderen fehlt es auch dann, wenn man die Rechtswidrigkeit des Fördermittelbescheides annimmt, nach wie vor an einem die Beklagten begünstigenden Verwaltungsakt.

Die Beklagte hat das Erlangte zurück zu gewähren, nämlich 238.000,00 DM sowie die gutgeschriebenen Zinsen von 3.940,22 DM, wie das Landgericht zutreffend ausführt.

2.

Auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) kann sich die Beklagte bereits aufgrund ihres eigenen Vertrages nicht berufen. Die Beklagte ging davon aus, dass die ihr aus der Landeshauptkasse zufließenden Gelder Fördermittel darstellten. Dass derartige Mittel zweckgebunden sind, war der Beklagten bekannt, auch wenn ihr der konkrete Förderzweck mangels Vorliegen eines Bescheides unklar sein mochte. Die Beklagte ist darüber hinaus - so ihr Vortrag - als Sammelstelle für die Förderanträge ihrer Mitgliedsbetriebe und als potentielle Fördermittelverteilerstelle gegenüber dem zuwendenden Ministerium tätig geworden. Der bewillige Geldbetrag sollte nicht bei ihr verbleiben, sondern ihren Mitgliedsbetrieben zufließen. Die Beklagte durfte bei dieser Konstellation nicht annehmen, sie sei berechtigt, mit den erhaltenen Fördermitteln ihr eigenes Vermögen zu vermehren bzw. damit Anschaffungen zu tätigen. Sie kann sich nicht auf Entreicherung berufen, andernfalls sie nämlich b2sser stünde, als wenn sie den Geldbetrag rechtmäßig aufgrund eines Fördermittelbescheides erhalte i hätte. In diesem Falle hätte sie das Geld an die Ausbildungsbetriebe weiterleiten müssen. Ist es gar nicht zur Durchführung von Schulungsmaßnahmen gekommen, konnte sie also einen positiven Verwendungsnachweis nicht führen, so wäre der Fördermittelbescheid widerrufen worden und die Beklagte hätte die empfangenen Mittel zurückzahlen müssen. In keinem Falle hätte sie mit dem Geld nach Belieben verfallen dürfen. Tat sie es dennoch, dann nur in bösem Glauben.

Die einzig denkbare rechtlich erhebliche Entreicherung könnte in der Weiterleitung des Geldes an die Ausbildungsbetriebe gesehen werden. Dafür will die Beklagte es aber nicht verwendet haben.

3.

Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht verwirkt (§ 242 BGB). Schon die Voraussetzungen des "Zeitmomentes" sind nicht erfüllt. Bei Ansprüchen, die einer 30-jährigen Verjährung unterliegen, ist eine Zeitspanne des Untätigbleibens von mindestens sieben bis acht Jahren erforderlich. Die hier verstrichene Zeit von fünf Jahren und vier Monaten Untätigkeit (09.09.1993 bis 22.01.1999 - Tag der Berichtigungsbuchung) ist unzureichend.

Auch das Umstandsmoment ist nicht erfüllt, wie das Landgericht umfassend und zutreffend ausführt. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird insoweit Bezug genommen.

4.

Die Schätzung des geltend gemachten Zinsanspruches durch das Landgericht (§ 287 ZPO) in Anlehnung an § 11 VerbrKrG ist nicht zu beanstanden.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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