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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 30.08.2005
Aktenzeichen: 6 U 149/04
Rechtsgebiete: GmbHG, BGB, ZPO, GSB


Vorschriften:

GmbHG § 45
GmbHG § 47
BGB § 708
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 276
BGB § 139
BGB § 531 Abs. 2
ZPO § 511
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 296 a
GSB § 1 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht

Im Namen des Volkes

Urteil

6 U 149/04

Anlage zum Protokoll vom 30.08.2005

Verkündet am 30.08.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... sowie die Richterinnen am Oberlandesgericht ... und ... auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. August 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 28.10.2004 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 32 O 33/03 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Es wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat mit dem am 28.110.2004 verkündeten Urteil de Klage teilweise stattgegeben.

Auf Antrag des Klägers hat es unter anderem festgestellt, dass

"2. Folgende Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 8. März 2003 nichtig sind:

a. Gesellschafterbeschluss zu den im Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 8. März 2003 auf Seite 2/2 genannten Bedingungen der Übertragung des Geschäftsanteils auf die Gesellschaft,

b. Einziehung des Geschäftsanteils von L... M...:

Der Geschäftsanteil von L... M... wird gemäß § 11 Ziffer 2 c der Satzung wegen vorsätzlichen und fahrlässigen Verstoßes gegen das Gesellschaftsinteresse eingezogen."

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen die Verurteilung im Tenor zu 2a und 2b.

Zur Begründung hat das Landgericht zu den in der Berufung allein noch interessierenden Klageanträgen ausgeführt, die Anfechtungsklage betreffend die Gesellschafterbeschlüsse vom 8. März 2003 sei begründet. Hinsichtlich des Beschlusses über die Vorgehensweise der Geschäftsanteilsübertragung des Gesellschafters D... auf die GmbH liege ein Einladungsmangel vor. In der Ladung zur Gesellschafterversammlung sei dieser Tagesordnungspunkt nicht angekündigt worden. Es liege in diesem Punkt auch ein der Anfechtung zugänglicher Beschluss vor. Durch die von der Gesellschafterversammlung beschlossene Vorgehensweise bei der Vorbereitung der Geschäftsanteilsübertragung werde in das Interesse des Klägers als Gesellschafter eingegriffen. Dieser Beschluss begründe Sachzwänge, denen sich ein Gesellschafter später unter Umständen nicht mehr entziehen könne.

Auch der Beschluss betreffend die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers sei nichtig. Zwar liege eine ordnungsgemäße Ladung zur Gesellschafterversammlung mit einer hinreichend deutlichen Ankündigung dieses Tagesordnungspunktes unter der Bezeichnung "Amortisation von Geschäftsanteilen" vor. Hinreichende Gründe für die Einziehung des Geschäftsanteils lägen jedoch nicht vor. Die Regelung in der Satzung der Beklagten (§ 11 Ziffer 2 c), wonach die Einziehung eines Geschäftsanteils bei jedem vorsätzlichen und fahrlässigen Verstoß gegen Gesellschaftsinteressen möglich sei, verstoße gegen die guten Sitten. Ein durch Satzung festgelegtes Einziehungsrecht sei grundsätzlich nur zulässig, wenn es an das Vorliegen konkreter, in der Satzung festgelegter sachlicher Gründe gebunden sei. Der Einziehungsgrund eines fahrlässigen Verstoßes gegen Gesellschaftsinteressen sei so unbestimmt - es genüge bereits leichte Fahrlässigkeit -, dass er einem willkürlichen Ausschluss aus der GmbH ohne Gründe gleich komme. Rechtlich zulässig sei nur eine Einziehung aus wichtigem Grunde. Dass die Person oder das Verhalten des Klägers die Erreichung des Gesellschaftszweckes gefährde oder gar unmöglich mache oder deshalb ein Verbleib des Klägers in der Gesellschaft untragbar erscheine, sei nicht hinreichend dargetan. Die Streitigkeit der Beklagten mit der vom Kläger betriebenen M... Zimmerer GmbH im Zusammenhang mit dem Werkvertrag über die Errichtung des Boarding-Hauses stellten keinen, die Einziehung des Geschäftsanteiles rechtfertigenden Grund dar. Gleiches gelte für die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe als Geschäftsführer der M... Zimmerer GmbH bei Abschluss des Werkvertrages mit der Beklagten die schlechte finanzielle Situation der GmbH verschwiegen. Der Beklagten mussten die finanziellen Verhältnisse der M...

Zimmerer GmbH bekannt gewesen sein, da ihr Mitgesellschafter U... D... bis Ende 2002 und damit zum Zeitpunkt des Abschlusses des Werkvertrages (November 2001) Steuerberater der M... Zimmerer GmbH gewesen sei und Einblick in deren Geschäftsbücher gehabt habe.

Gegen dieses ihr am 8.11.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 6.12.2004 bei Gericht eingegangene, auf die Verurteilung im Tenor zu Ziffer 2a und 2b beschränkte Berufung der Beklagten, welches sie rechtzeitig innerhalb verlängerter Frist begründet hat.

Die Beklagte vertritt nach wie vor die Ansicht, hinsichtlich des vom Tenor zu 2a betroffenen Protokollinhaltes der Gesellschafterversammlung vom 8.3.2003 fehle ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für die begehrte Feststellung. Es liege kein Gesellschafterbeschluss im Sinne von § 45 GmbHG vor. Eine Übertragung des Geschäftsanteils des Gesellschafters D... nach der vorgeschlagenen Vorgehensweise komme zudem nicht mehr in Betracht, da D... über seinen Geschäftsanteil anderweitig verfügt habe. Jedenfalls heute sei ein Feststellungsinteresse des Klägers zu verneinen. Die Einziehung des Geschäftsanteiles des Klägers sei rechtmäßig erfolgt. Die Satzungsregelung sei in diesem Punkte wirksam; der Begriff der Fahrlässigkeit sei ohne weiteres gerichtlich überprüfbar. Zudem sei § 708 BGB, der den Haftungsmaßstab für Gesellschafter einer GbR festlege, nachgiebiges Recht. Die Gesellschafter könnten auch einen strengeren Maßstab vereinbaren. Der in erster Instanz getätigte Sachvortrag lasse sehr wohl den Schluss auf das Vorliegen eines erheblichen Verstoßes gegen Gesellschaftsinteressen zu. Insbesondere der Umstand, dass der Kläger von seinen Mitgesellschaftern am 6.1.2003 treuhänderisch mit der Abwicklung und Überwachung des Zahlungsverkehrs innerhalb des Werkvertragsverhältnisses beauftragt worden sei und grob gegen diese Pflichten verstoßen habe, habe zu einer Zerstörung des Vertrauensverhältnisses der Gesellschafter geführt.

Die Beklagte tätigt neuen Vortrag in der Berufung.

Sie behauptet, bei den an die Firma des Klägers geflossenen Geldmitteln habe es sich um Baugeld im Sinne des Gesetzes über die Sicherung von Bauforderungen gehandelt. Dieses Gesetz stelle ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar. Der Kläger habe durch die unterlassene Weiterleitung der von der Beklagten vereinnahmten Baugelder an seine Subunternehmer gegen dieses Gesetz und zugleich seine gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten verstoßen.

Die Beklagte beantragt,

in Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insoweit abzuweisen, als eine Verurteilung im Tenor zu 2a und 2b erfolgt ist.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Kläger vertritt weiterhin die Ansicht, es fehle bereits an seiner ordnungsgemäßen Einladung zur Versammlung vom 8.3.2003. Die beabsichtigte Einziehung seines Geschäftsanteiles sei ihm nicht bekannt gemacht worden. Die zu diesem Streitpunkt erfolgte Beweiserhebung in erster Instanz durch Vernehmung des Zeugen D... sei nicht verwertbar. Das von der Beklagten aufgeworfene Beweisthema stimme mit der Aussage des Zeugen nicht überein. Soweit von einer nichtigen Ermächtigungsgrundlage in der Satzung für die Geschäftsanteilseinziehung auszugehen sei, komme eine Umdeutung in eine wirksame Regelung nicht in Betracht. Jedenfalls lägen wichtige, die Einziehung rechtfertigenden Gründe nicht vor. Insbesondere sei er, der Kläger, von seinen Mitgesellschaftern nicht mit der treuhänderischen Abwicklung und Überwachung des Zahlungsverkehrs innerhalb des Werkvertrages beauftragt worden. Die an die M... Zimmerer GmbH seitens der Beklagten geflossenen Geldbeträge stellten kein Baugeld im Sinne des Gesetzes über die Sicherung von Bauforderungen dar. Zudem entfalte dieses Gesetz keinerlei Schutzwirkungen zu Gunsten der Beklagten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO.

In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.

1. Zu Recht hat das Landgericht den Beschluss der Beklagten vom 8.3.2003 betreffend die beabsichtigte Vorgehensweise bei der Übertragung des Geschäftsanteils des Gesellschafters D... für nichtig erachtet.

Zwar ist der Kläger entgegen seiner Behauptung entsprechend der Satzung der Beklagten fristgemäß zu dieser Versammlung geladen worden, wie nach der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme feststeht. Die Aussagen der Zeuginnen T... und K... haben die Behauptung der Beklagten zur fristgerechten Einladung gestützt; insoweit wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Ein zur Nichtigkeit des Beschlusses führender Einladungsmangel ist jedoch darin zu sehen, dass dem Kläger in der Ladung dieser Tagesordnungspunkt nicht mitgeteilt worden ist (§ 51 Abs. 2 GmbHG).

Die Willensbekundung der Gesellschafter der Beklagten auf der Versammlung vom 8.3.2003 zu diesem Tagesordnungspunkt stellt auch einen Gesellschafterbeschluss im Sinne von § 47 GmbHG dar. Bereits die formelle Betrachtungsweise führt zu diesem Schluss. Im Protokoll heißt es unter "Beschlussfassung", dem Vorschlag des U... D... "werde einstimmig zugestimmt". Auch materiell lag ein Gesellschafterbeschluss vor. Gesellschafterbeschlüsse sind Akte der Entscheidungsfindung innerhalb der Gesellschaft. Indem die Gesellschafter beschlossen haben, dass der Gesellschafter D... seinen Geschäftsanteil an die GmbH übertragen und er Kommanditist oder stiller Gesellschafter werden solle, ferner zum Ausgleich eine Segelyacht der GmbH erhalten solle, haben sie einen derartigen Akt vorgenommen. Dieser Beschluss stellt, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, die Grundlage für zu schaffende Tatsachen im Zusammenhang mit der Geschäftsanteilsübertragung im Einvernehmen der Gesellschafter dar. Durch die Entscheidung der Gesellschafterversammlung hinsichtlich der zu treffenden Vorbereitungen für eine Anteilsübertragung wird in das Interesse der einzelnen Gesellschafter, mithin auch des Klägers eingegriffen.

Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für die Anfechtungsklage hinsichtlich dieses Beschlusses ist nicht entfallen. Der Vortrag der Beklagten, der Gesellschafter U... D... habe seinen Geschäftsanteil bereits anderweitig übertragen, der Beschluss vom 8.3.2003 könne demzufolge nicht mehr zur Ausführung gelangen, ist unsubstantiiert. Die Beklagte legt nicht dar, dass unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 9 der Satzung der Geschäftsanteil auf sie selbst oder einen Dritten übertragen worden ist.

2. Zu Recht hat das Landgericht den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 8.3.2003 betreffend die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers für nichtig erklärt.

a. Zwar ist der Kläger ordnungsgemäß, insbesondere fristgemäß und unter Mitteilung der anstehenden Tagesordnungspunkte (§ 51 Abs. 1 und 2 GmbHG) zu dieser Gesellschafterversammlung geladen worden. Dem Kläger war bekannt, was unter der in der Einladung angekündigten "Amortisation" zu verstehen ist. Auf Grund der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger mit dem Zeugen D... vor dem 8.3.2003 ein Gespräch geführt hat, in welchem der Zeuge den Kläger auf die anstehende Versammlung hingewiesen hat mit den Worten: "Du weißt, dass wir beschlossen haben, in der nächsten Sitzung Deinen Anteil einzuziehen, wenn Du nicht für diese Sachen gerade stehst." Diese Aussage des Zeugen zielte auf das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 24.1.2003. In diesem Protokoll heißt es: "Beschlussfassungen Beschluss M... 4:

L. M... hat schuldhaft gegen wesentliche Interessen der Gesellschaft verstoßen. Das Amortisationsverfahren soll eingeleitet werden, wenn L... M... die vorstehenden Punkte nicht akzeptiert und umgehend erfüllt. - einstimmig".

Dem Kläger war damit klar, dass mit Amortisation die beabsichtigte Einziehung seines Geschäftsanteils gemeint ist.

Entgegen der Ansicht des Klägers korrespondiert die zitierte Aussage des Zeugen D... sehr wohl mit dem von der Beklagten vorgegebenen Beweisthema, nämlich "Erörterung des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 24. Januar 2003 zwischen dem Zeugen D... und dem Kläger", wie es sich aus der terminsvorbereitenden Ladung des Landgerichtes vom 29.1.2004 ergibt (§ 273 Abs. 2 Nr. 4 ZPO).

b. Der Beschluss betreffend die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers ist in Ermangelung des Vorliegens eines wichtigen Grundes nichtig.

Als Grundlage der Geschäftsanteilseinziehung kann § 11 der Satzung der Beklagten, wonach ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen Gesellschaftsinteressen zur Einziehung berechtigt, allerdings nur eingeschränkt dienen.

Diese Regelung verstößt teilweise gegen die guten Sitten und ist daher teilweise nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB).

Es kann dabei dahinstehen, ob sich die Sittenwidrigkeit bereits aus dem Fehlen einer hinreichenden Konkretisierung der Einziehungsgründe in der Satzung ergibt. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Einziehungsgrund des "fahrlässigen Verstoßes" nicht hinreichend genau formuliert sei, da die Bandbreite des fahrlässigen Verhaltens unendlich weit, nämlich von der leichten bis zur groben Fahrlässigkeit reiche. Diese Argumentation kann nicht überzeugen. Nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Regelung sollte als Einziehungsgrund jedwede Art fahrlässigen Verhaltens ausreichend sein. Auch die leichteste Verfehlung sollte zum Verlust des Geschäftsanteiles führen. Welches Verhalten unter den Begriff der Fahrlässigkeit zu subsummieren ist, ergibt sich aus § 276 BGB in Verbindung mit zahlreicher, den gesetzlichen Begriff ausfüllender Rechtsprechung. Die gerichtliche Nachprüfbarkeit beanstandeten Gesellschaftsverhaltens ist daher sichergestellt.

Jedenfalls folgt die teilweise Nichtigkeit der Satzung daraus, dass diese in § 11 den Mitgesellschaftern im Ergebnis das Recht einräumt, einem Gesellschafter ohne sachlichen Grund den Geschäftsanteil zu entziehen. Nur ein derartiger sachlicher Grund rechtfertigt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Ausschluß aus der Gesellschaft oder die Einziehung des Geschäftsanteils; eine darüber hinausgehende gesellschaftsvertragliche Regelung überschreitet den Rahmen des rechtlich und sittlich Erlaubten (Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 34 Rn. 16 m. w. H.).

Die nur leicht fahrlässige Pflichtverletzung eines Gesellschafters kann keinen sachlichen Grund für die Einziehung seines Geschäftsanteils, also den gewichtigsten Eingriff in seine Rechtsstellung innerhalb der Gesellschaft, nicht rechtfertigen. Das Gesellschaftsverhältnis ist im Unterschied zum reinen Austauschverhältnis auf ein gedeihliches Zusammenwirkung zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles angelegt. Ist nun jede noch so geringe Verfehlung eines Gesellschafters geeignet, die Einziehung zu rechtfertigen, so hängt die Einziehung letztlich stets von der Ermessensentscheidung der Mehrheit der Gesellschafter ab. Diese könnten frei entscheiden, ob eine noch so geringe oder verzeihliche Verfehlung die Gesellschaftsinteressen tangiert. Eine solche Satzungsregelung beschränkt die Entscheidungsfreiheit des einzelnen Gesellschafters, insbesondere was die Wahrnehmung seiner Rechte als Gesellschafter anbelangt, in einer mit den guten Sitten nicht zu vereinbarenden Weise, weil er unter beständigem Druck mit der Vorstellung leben muss, bei der noch so geringsten Verfehlung seinen Gesellschaftsanteil verlieren zu können.

Soweit sie die Einziehung des Geschäftsanteils bei mittel- bis grob fahrlässigen und vorsätzlichen Verfehlungen und damit aus sachlichen Gründen ermöglicht, bleibt die Einziehungsklausel in der Satzung der Beklagten jedoch gem. § 139 BGB wirksam. Die Klausel entspricht insoweit im vorliegenden Fall dem hypothetischen Parteiwillen; auch bleibt ohne den unwirksamen Teil ein Klauselinhalt übrig, der für sich allein einen Sinn behält (BGHZ 107, 351) und unter dem Gesichtspunkt des § 138 BGB unanstößig erscheint. Die Anwendung von § 139 BGB steht hier nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes betreffend nichtige Klauseln in AGB's, weil die Interessenlage bei individuell ausgehandelten Gesellschaftsvertragen anders geartet ist (BGHZ, a. a. O.).

Die Einziehung des Geschäftsanteiles des Klägers scheitert aber, weil von einem vorsätzlichen oder grob- bis mittelfahrlässigen Verstoßes gegen Gesellschaftsinteressen nicht ausgegangen werden kann.

Zwar macht die hierfür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte mehrere Pflichtverletzungen des Klägers geltend. Ihr Vortrag reicht jedoch nicht aus für die begründete Annahme eines vorsätzlichen oder grob bis mittelfahrlässigen Verstoßes.

Soweit die Beklagte geltend machen will, der Kläger habe bei Abschluss des Werkvertrages die schlechte finanzielle Situation seiner M... Zimmerer GmbH verschwiegen, hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass der Beklagten bei Abschluss des Werkvertrages im November 2001 die finanzielle Lage der GmbH auf Grund der Kenntnisse ihres Gesellschafters U... D..., welcher bis Ende 2002 der Steuerberater der vom Kläger betriebenen GmbH war, bekannt gewesen sein musste.

Der Vortrag der Beklagten, die M... Zimmerer GmbH habe die von der Beklagten empfangenen Geldbeträge im Rahmen des Werkvertrages nicht an ihre, das Werk errichtende Subunternehmer weitergeleitet, sondern sonstige Dritte befriedigt, kann unter bestimmten Voraussetzungen geeignet sein, einen gravierenden Verstoß gegen Gesellschaftsinteressen der Beklagten darzustellen. Dies hängt mit den Besonderheiten des Werkvertragsrechtes zusammen. Zahlt ein Bauherr an seinen Bauunternehmer nahezu den gesamten Werklohn aus, obwohl noch keine Abnahme erfolgt ist, und leitet der Bauunternehmer diese Gelder nicht an die das Werk erstellende Subunternehmer weiter, so befindet sich der Bauherr im Falle des Vorliegens von Baumängeln und eingetretener Insolvenz des Bauunternehmens in einer schlechten rechtlichen Situation. Soweit ihm nämlich der Bauunternehmer Gewährleistungsrechte gegen seine Subunternehmer abgetreten haben sollte, was in der Baubranche regelmäßig geschieht, sind diese abgetretenen Ansprüche nicht durchsetzbar. Haben die Subunternehmer ihre Werkvergütung nicht erhalten, können sie gegen Mängelbeseitigungsansprüche ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Dies bedeutet, dass der Bauherr letztlich noch einmal zahlen muss und zwar an die Subunternehmer, damit er Mängelbeseitigung erhält.

Jedoch kann der Vortrag der Beklagten zur unterbliebenen Weiterleitung ihrer Gelder an die den Bau ausführenden Subunternehmer der M... Zimmerer GmbH der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen.

Der Kläger hat nicht in Abrede gestellt, seinen Subunternehmern Vergütungen vorenthalten zu haben, dies jedoch mit mangelhafter Leistung der Subunternehmer begründet. Dieser Vortrag des Klägers wird gestützt durch denjenigen der Beklagten, wonach sie verschiedene Subunternehmer zur Beseitigung von in deren Gewerken liegende Mängel aufgefordert haben soll, welche diese jeweils mit dem Hinweis auf offene Vergütungsforderungen gegen die M... Zimmerer GmbH verweigert haben. Die Beklagte wäre nun gehalten gewesen, im einzelnen darzulegen, welchen Subunternehmern in welchem Umfange die M... Zimmerer GmbH in ungerechtfertigter Weise Werklohn schuldig geblieben sein soll.

Zwar macht die Beklagte geltend, der Kläger sei seiner Subunternehmerin Fa. T..., welche die Installation und die Heizungsanlage geliefert habe, 35.000 € schuldig geblieben. Sie, die Beklagte, habe diese Subunternehmerin selbst bezahlen müssen und habe bis heute Rechtsstreitigkeiten mit dieser. Dieser Vortrag ist nicht ausreichend im Hinblick auf das unbestrittenen Vorbringen des Klägers, die M... Zimmerer GmbH habe mit der Fa. T... wegen Forderungen aus mehreren Bauvorhaben einen Vergleich geschlossen und an diese 25.000 € gezahlt; dennoch habe die Fa. T... nach Zahlung des Betrages Klage gegen die M... Zimmerer GmbH beim Landgericht Frankfurt (Oder) erhoben, diese letztlich aber zurücknehmen müssen.

Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang nicht dargelegt, welche berechtigten Forderungen der Fa. T... im Zusammenhang mit der Errichtung des Boarding-Hauses zugestanden haben und in welchem Umfange dies letztlich nicht befriedigt worden sein.

Auch der Vortrag der Beklagten zu den Subunternehmerverträgen der Fa. K..., der Fa. E... und Fa. V..., welchen der Kläger in größerem Umfange Geld schuldig geblieben sein soll, ist unzureichend. Die Beklagte legt bereits nicht hinreichend dar, dass den genannten Subunternehmen berechtigte Forderungen gegen die M... Zimmerer GmbH zugestanden haben. Offensichtlich wiesen die Gewerke dieser Subunternehmer Mängel auf, andernfalls sich ein Nachbesserungsverlangen der Beklagten gegen diese Unternehmen nicht erklären lässt. Hiermit korrespondiert der Vortrag des Klägers, Zahlungen an Subunternehmer seien nur insoweit unterblieben, als diese mangelhaft geleistet hätten.

Ein Einziehungsgrund kann auch nicht darin gesehen werden, dass nach Behauptung der Beklagten der Kläger mit der treuhänderischen Abwicklung des Zahlungsverkehrs an sich selbst innerhalb des Werkvertragsverhältnisses beauftragt worden sei und sich pflichtwidrig die komplette Vergütung ohne Abzug des vereinbarten Sicherheitseinbehaltes habe auszahlen lassen. Nach dem Vortrag des Beklagten soll der Kläger Auszahlungen von 955.000,19 DM/488.284 € an die M... Zimmerer GmbH veranlasst haben. Die im Werkvertrag vom 24.11.2001 vorgesehene Vergütung belief sich auf netto 823.276,56 DM/420.934,62 € (Bl. 71 d. A.). Dem hat der Kläger, welcher eine treuhänderische Beauftragung in Abrede stellt, entgegengehalten, eine Überzahlung liege nicht vor, da zwischen den Parteien mehrere Nachtragsvereinbarungen getroffen worden seien, z. B. diejenige vom 29.4.2002 (Bl. 323 d. A.), wodurch sich der Werklohn auf insgesamt 505.732 € erhöht habe. Er, der Kläger, habe lediglich 469.038,56 € erhalten, die Beklagte schulde ihm noch 36.693 €. Die Beklagte, die nunmehr gehalten gewesen wäre, die an den Kläger geflossenen Zahlungen im Einzelnen und die dem Kläger aus dem Werkvertrag einschließlich Nachträgen zustehende Gesamtvergütung darzulegen, hat hierauf nicht weiter vorgetragen.

Ein die Einziehung des Geschäftsanteils rechtfertigender Verstoß gegen Gesellschaftsinteressen kann auch nicht darin gesehen werden, dass nach der Behauptung der Beklagten der Kläger Rechnungen über Baunebenleistungen gelegt haben soll, die laut Vertrag von ihm selbst zu tragen gewesen wären. Zwar listet die Beklagte die betreffenden Rechnungen im einzelnen auf (Bl. 52 d. A.). Unerfindlich ist jedoch, inwiefern diese Leistungen vom Kläger zu zahlen gewesen wären. Welche Nebenleistungen der Kläger zu tragen hatte, ergibt sich aus dem Protokoll vom 16.12.2001 (Bl. 82 d. A., dort Ziffer 6). Danach hatte die M... Zimmerer GmbH für Rechnungen aufzukommen betreffend Brandschutzgutachten, Statik und Bodengutachten. Lediglich die von der Beklagten genannte Rechnung der Fa. R... 6/02 betreffend Statik (2.601,75 €) könnte den von der M... Zimmerer GmbH laut Protokoll zu tragenden Nebenleistungen zugeordnet werden. Ein Betrag von 2.601,75 € könnte, selbst wenn der Kläger diesen Betrag der Beklagten rechtswidriger Weise in Rechnung gestellt hätte, die Einziehung des Geschäftsanteiles nicht rechtfertigen.

Der Vortrag der Beklagten, bei den an den Kläger bzw. die M... Zimmerer GmbH geflossenen Mitteln habe es sich um Baugeld gehandelt, dieses habe der Kläger pflichtwidrig verwendet, kann nicht die Einziehung des Geschäftsanteiles rechtfertigen. Es kann dahinstehen, ob dieser erstmals in der Berufung getätigte Vortrag Berücksichtigung finden kann (§ 531 Abs. 2 ZPO). Das Gesetz über die Sicherung von Bauforderungen schützt nur diejenigen Baugläubiger, die an der Erstellung des Bauwerkes beteiligt waren, also die Subunternehmer. Selbst wenn zu Gunsten der Beklagten davon auszugehen wäre, dass jedenfalls ein Teil der geflossenen Kreditbeträge Baugeld im Sinne des § 1 Abs. 3 GSB war, kann die Beklagte aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. GSB keinerlei Rechte für sich herleiten.

Der nach der mündlichen Verhandlung zur Akte gereichte, nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 29.08.2005 führt zu keinem anderen rechtlichen Ergebnis. Es kann dabei dahinstehen, ob dieser Vortrag wegen § 531 Abs. 2 bzw. § 296 a ZPO noch Berücksichtigung finden kann. Nach dem Vortrag des Klägers beläuft sich der gesamte Werklohn einschließlich Nachtragsvereinbarung auf 505.732 €, so dass in der Entgegennahme einer Abschlagssumme von gesamt 420.934,62 € ein Verstoß gegen Regelungen des Werkvertrages und der VOB/B nicht erblickt werden kann. Es hätte der Beklagten oblegen, im einzelnen den insgesamt vereinbarten Werklohn und die darauf getätigten Abschlagszahlungen darzulegen. Dies ist unterblieben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.



Ende der Entscheidung

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