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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 04.03.2008
Aktenzeichen: 6 W 115/07
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

6 W 115/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts in Brandenburg durch den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig als Einzelrichter

am 4. März 2008

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Potsdam vom 22. Januar 2007 (51 O 164/05) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts vom 22.1.2007, mit der er eine Beschwer in Höhe von 1.010,00 € geltend macht, ist unbegründet. Die Reisekosten der Prozessbevollmächtigten des Klägers sind nicht erstattungsfähig und mithin bei der Kostenausgleichung nicht zu berücksichtigen.

Nach der Rechtsprechung des BGH, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, ist die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsorts ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Eine Partei, die einen Rechtsstreit zu führen beabsichtigt oder selbst verklagt ist und ihre Belange in angemessener Weise wahrgenommen wissen will, wird in aller Regel einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsorts aufsuchen, um dessen Rat in Anspruch zu nehmen und ihn gegebenenfalls mit der Prozessvertretung zu beauftragen. Sie wird dies wegen der räumlichen Nähe in der Annahme tun, dass zunächst ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich ist. Diese Erwartung ist berechtigt, denn für eine sachgemäße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung ist der Rechtsanwalt zunächst auf die Tatsacheninformation der Partei angewiesen. Diese kann in aller Regel nur in einem persönlichen, mündlichen Gespräch erfolgen (BGH, Beschluss vom 13.7.2004, X ZB 40/03, Rn. 10 - zitiert nach juris).

Anders liegt es, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies ist nach der Rechtsprechung des BGH, der der erkennende Senat folgt, unter anderem regelmäßig dann der Fall, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (BGH, a.a.O., Rn. 11 - zitiert nach juris). Ein solches Unternehmen ist in der Lage, einen am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Prozessbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren (BGH, Beschluss vom 4.7.2005, II ZB 14/04, Rn. 6 - zitiert nach juris).

Diese für ein Gewerbeunternehmen entwickelten Grundsätze können auf einen Insolvenzverwalter übertragen werden. Ein als Rechtsanwalt zugelassener Insolvenzverwalter ist ohne weiteres imstande, einen am Prozessgericht tätigen Rechtsanwalt sachgerecht über den Gegenstand des jeweiligen Verfahrens zu unterrichten. Dies gilt jedenfalls für einen Rechtsstreit, der nicht besonders umfangreich und schwierig ist (BGH, Beschluss vom 13.6.2006, IX ZB 44/04, Rn. 7, 8 - zitiert nach juris). Das ist hier der Fall.

Der Kläger hat eine Werklohnforderung aus einem Bauvertrag eingeklagt. Der Rechtsstreit wies als Bausache jedenfalls keine besonderen Schwierigkeiten auf und war auch nicht besonders umfangreich. Insolvenzrechtliche Fragen, die zudem besondere Schwierigkeiten hätten aufweisen müssen, sind nicht aufgeworfen worden. Unter diesen Umständen war ein eingehendes persönliches Mandantengespräch weder zur Ermittlung des Sachverhaltes, noch zur Rechtsberatung erforderlich. Im Anschluss an eine schriftliche Informationserteilung hätten Beratung und Abstimmung des prozessualen Vorgehens schriftlich, fernmündlich oder mit Hilfe anderer Kommunikationsformen erfolgen können.

Der Kläger als Insolvenzverwalter hatte, bevor er sich zur Klagerhebung entschloss, sich die erforderlichen Informationen zu verschaffen, die er seinen Prozessbevollmächtigten schriftlich übermitteln konnte. Der Kläger hat in diesem Sinne auch bestätigt, den Sachverhalt aufbereitet und dem Prozessbevollmächtigten mitgeteilt zu haben. Während des Prozesses eventuell erforderliche weiter Informationen konnte er - ggf. nach zu haltender Rückfrage bei Mitarbeitern der Schuldnerin - schriftlich, fernmündlich oder auf anderem Wege seinen Prozessbevollmächtigten übermitteln. Der Kläger wäre auch kein unzumutbares Risiko bei der Auswahl eines Rechtsanwaltes in P... eingegangen, denn es wäre jedenfalls nicht größer als das jeder anderen Partei gewesen, die sich eines Rechtsanwalts zur Führung eines Prozesses bedienen muss.

Dem steht entgegen der Auffassung des Klägers die Entscheidung des BGH zur Erstattung fiktiver Reisekosten eines "Hausanwalts" (Beschluss vom 28.6.2006, IV ZB 44/05 - zitiert nach juris) nicht entgegen. Diese Entscheidung verhält sich zu einem Versicherungsunternehmen, dem zunächst grundsätzlich zuzubilligen ist, einen Rechtsanwalt seines Vertrauens an seinem Geschäftssitz mit der Wahrnehmung der Prozessvertretung in Versicherungsfällen zu beauftragen. Anders ist es bei dem Versicherungsunternehmen nur dann, wenn, was in seiner innerbetrieblichen Organisationshoheit liegt, es eine mit qualifiziertem Personal ausgestattete Abteilung zur Bearbeitung der Versicherungsfälle eingerichtet und diesem Personal auch die Betreuung und Begleitung der Prozesse übertragen hat. Weil der klagende Insolvenzverwalter aber als Partei selbst Rechtsanwalt ist, ist davon auszugehen, dass er von vornherein selbst als Partei einen Rechtsanwalt mit Sitz am Prozessgericht sachgerecht schriftlich zu informieren und die weitere Beratung und Abstimmung des prozessualen Vorgehens schriftlich oder telefonisch vorzunehmen in der Lage ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13.7.2004, X ZB 40/03, Rn. 13). Die Frage der innerbetrieblichen Organisationshoheit stellt sich bei ihm unter diesem Gesichtspunkt nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 II ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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