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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 24.09.2008
Aktenzeichen: 6 W 151/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 252
BGB §§ 145 ff.
BGB § 313 Abs. 1
BGB § 779
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Juli 2008 (31 O 37/07) aufgehoben, soweit mit ihm die Aussetzung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits 42 O 758/07 Landgericht Dresden angeordnet wird.

Gründe:

I.

Die gem. § 252 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Denn entgegen der Auffassung des Landgerichts hängt die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht von der Wirksamkeit des am 13.7.2007 im Rahmen des im Tenor näher bezeichneten Rechtsstreits abgeschlossenen Prozessvergleichs, den der Beklagte mit Schreiben vom 3.6.2008 angegriffen hat, ab.

1. Der Prozessvergleich ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gem. § 779 BGB unwirksam. Zwar ist anerkannt, dass der mit Doppelnatur ausgestattete Prozessvergleich insgesamt hinfällig ist, wenn die zivilrechtliche Seite der Vereinbarung aufgrund zivilrechtlicher Vorschriften keine Wirksamkeit entfaltet.

Die Voraussetzungen für eine Unwirksamkeit gem. § 779 BGB sind jedoch nicht gegeben. Die Vorschrift regelt einen speziellen Fall der Störung der Geschäftsgrundlage bei übereinstimmend unrichtiger Annahme eines für den Vertragsschluss maßgeblichen Umstandes. An einer derartigen Störung der Geschäftsgrundlage aber fehlt es.

Die Parteien haben im Prozess vor dem Landgericht darüber gestritten, ob der Beklagte zur Unterlassung der vom Kläger als unlauter eingestuften Werbung für die von ihm angebotenen Kessel verpflichtet war oder nicht. Der Streit erwuchs aus der unterschiedlichen Auffassung zur Frage, ob der vom Beklagten über E. angebotene Heizkessel generell zugelassen war - so der Beklagte - oder spezieller Zulassung bedurfte - so der Kläger. Dass bei Abschluss des Prozessvergleichs der Beklagte sich die nach seiner Darstellung unrichtige Auffassung des Klägers zu Eigen gemacht hatte, hat der insoweit darlegungspflichtige Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Dafür, dass die Parteien im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses gerade nicht übereinstimmend die Auffassung des Klägers zu Grunde gelegt haben, spricht im Übrigen die Kostenregelung des Vergleichs. Diese sieht keinen Ersatz außergerichtlicher Auslagen des Klägers vor, wie es zu erwarten gewesen wäre, wenn der Beklagte seine Auffassung und die daraus resultierende Rechtsposition endgültig aufgegeben haben würde.

2. Soweit der Beklagte eine Anpassung des Prozessvergleichs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage begehrt, kann diese gem. § 313 Abs. 1 BGB erst nach dem 3.6.2008 - dem Datum seines Schreibens an das Landgericht Dresden, mit dem er die Anpassung verlangt und damit sein Gestaltungsrecht ausgeübt hat - wirksam geworden sein. Die ihm vom Kläger vorgeworfenen Verstöße gegen seine vergleichsweise eingegangene Unterlassungsverpflichtung sollen aber im Jahre 2007, also zu einem Zeitpunkt begangen worden sein, in dem die vergleichsweise Regelung in vollem Umfang wirksam war.

3. Der Rechtsstreit ist im Übrigen auch deshalb ohne weiteres Zuwarten auf die Entscheidung im Rechtsstreit vor dem Landgericht Dresden entscheidungsreif, weil der Beklagte bei Zugrundelegung des Klägervorbringens nicht gegen die vergleichsweise eingegangene Unterlassungsverpflichtung verstoßen hat und deshalb nicht zur Zahlung der geforderten Vertragsstrafe verpflichtet ist.

Der Beklagte durfte nach dem eindeutigen Vergleichswortlaut den bei E. eingestellten Heizkessel ... ohne den versprochenen Hinweis auf die fehlende generelle Zulassung und die deshalb erforderliche Einzelfallzulassung anbieten, weil dieser lediglich eine Nennwärmeleistung von 13.5 Kilowatt aufwies.

Heizkessel mit höherer Nennwärmeleistung hat der Beklagte nicht "angeboten" im Sinne von Ziffer 1. des Prozessvergleichs. Dabei kann dahinstehen, ob die Unterlassungsverpflichtung sich nach dem Willen der Parteien überhaupt auf jegliche Werbung für den Verkauf derartiger Heizkessel oder - wofür das Fehlen der üblichen Formulierung "oder zu bewerben" spricht - nur auf im Sinne der §§ 145 ff. BGB bindende Vertragsangebote beziehen sollte.

Ein Angebot zum Verkauf derartiger Heizkessel im Sinne der §§ 145 ff. BGB hat der Beklagte schon deshalb mit den E.-Angeboten, auf die der Kläger seine Vertragsstrafenforderung stützt, nicht abgegeben, weil es an jeglicher hierauf bezüglicher Preisangabe fehlt. Er hat aber auch den Verkauf solcher Kessel nicht beworben. Die dem Angebot beigefügte Tabelle, die Kessel mit größerer Leistung aufführt, stellt noch keine Werbung für den Absatz derartiger Geräte durch das Unternehmen des Beklagten dar. Denn aus ihr konnte ein Verbraucher/Kunde nicht schließen, dass und zu welchen Konditionen der Beklagte sich zur Lieferung auch derartiger Kessel erbot; selbst ein Hinweis, dass diese "auch lieferbar" seien, fehlt in der Internetanzeige.

II.

Eine Entscheidung über die Kosten der sofortigen Beschwerde ist nicht veranlasst; über sie hat das Prozessgericht erster Instanz zu entscheiden (Baumbach-Lauterbach-Hartmann, Rdnr. 9 zu § 252 ZPO).

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil es an den hierfür erforderlichen Voraussetzungen mangelt.

Ende der Entscheidung

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