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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 29.11.2005
Aktenzeichen: 6 W 162/05
Rechtsgebiete: KostO, ZPO


Vorschriften:

KostO § 2 Nr. 1
KostO § 5 Abs. 1 Satz 1
KostO § 11 Abs. 1 Satz 1
KostO § 13
KostO § 14 Abs. 5 Satz 1
KostO § 14 Abs. 5 Satz 2
KostO § 163
ZPO § 717 Abs. 2
ZPO § 788 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

6 W 162/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Kostenansatzsache

betreffend das im Grundbuch von O... Blatt 7592 eingetragene Eigentum

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...

am 29. November 2005

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1.) gegen den Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 2.6.2005 - 5 T 122/05 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Bundesrepublik Deutschland, die Beteiligte zu 3.), betrieb aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil des Landgerichts B... vom 1.4.1999 die Vollstreckung gegen den Beteiligten zu 1.) durch Eintragung einer Zwangssicherungshypothek in Höhe von 4.000.000 DM zu Lasten des betroffenen Grundeigentums. Die Eintragung erfolgte am 26.10.2000. Das Kammergericht änderte mit Urteil vom 5.6.2001 das landgerichtliche Urteil und wies die Klage gegen den Beteiligten zu 1.) ab. Mit Beschluss vom 17.9.2002 nahm der Bundesgerichtshof die Revision der Beteiligten zu 3.) nicht an.

Die Beteiligte zu 3.) und der Beteiligte zu 1.) beantragten daraufhin unter dem 13.11.2002 und dem 28.11.2002 die Löschung der Sicherungshypothek. Auf die Kostenrechnung des Amtsgerichts O.../Grundbuchamt vom 28.2.2003 zahlte der Beteiligte zu 1.) die Gebühren in Höhe von 1.566,00 €. Daraufhin erfolgte die Löschung des Rechts.

Der Beteiligte zu 1.) hat mit Schriftsatz vom 7.2.2005 die Erstattung der von ihm zur Herbeiführung der Löschung gezahlten Gebühren begehrt. Dies hat das Amtsgericht als Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 28.2.2003 angesehen und sie mit Beschluss vom 9.3.2005 zurückgewiesen. Dagegen hat der Beteiligte zu 1.) unter dem 29.3.2005 Beschwerde eingelegt. Er hat geltend gemacht, er sei von den Kosten gemäß § 13 KostO befreit. Die Staatskasse, die Beteiligte zu 2.), hat die Auffassung vertreten, § 13 KostO sei nicht einschlägig, weil es an einem gesetzlichen Anspruch des Beteiligten zu 1.) auf Erstattung der Kosten gegen die Beteiligte zu 3.) fehle.

Das Landgericht hat die Beschwerde des Beteiligten zu 1.) durch Beschluss vom 2.6.2005 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwar hafteten der Beteiligte zu 1.) und die Beteiligte zu 3.) als Gesamtschuldner. Da die Beteiligte zu 3.) von der Kostenlast befreit sei, treffe den Beteiligten zu 1.) die Kostenlast allein. § 13 KostO sei nicht einschlägig. Der Schadensersatzanspruch des § 717 Abs. 2 ZPO sei kein unmittelbarer gesetzlicher Kostenerstattungsanspruch. Ein solcher ergebe sich nur aus § 788 Abs. 3 ZPO, die Kosten für die Löschung der Sicherungshypothek stellten jedoch keine Kosten der Zwangsvollstreckung dar.

Der Beteiligte zu 1.) hat die vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluss zugelassene weitere Beschwerde mit Schriftsatz vom 1.7.2005 eingelegt. Die Beteiligte zu 2.) ist der sofortigen Beschwerde entgegengetreten. Die Beteiligte zu 3.), der der Senat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, hat sich nicht geäußert.

II.

1.) Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1.) ist nach § 14 Abs. 5 Satz 1 KostO in der seit dem 1.7.2004 geltenden Fassung zulässig, weil sie das Landgericht zugelassen hat.

Die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde richtet sich nicht nach der KostO in der Fassung des ZPO-RG v. 27.7.2001. Dies ergibt sich aus § 163 KostO. Danach finden nur für die Beschwerde und die Erinnerung die vor dem 1.7.2004 geltenden Vorschriften weiter Anwendung, wenn - wie hier - die Kosten vor dem 1.7.2004 angesetzt worden sind. Diese Vorschrift gilt ausdrücklich nicht für die weitere Beschwerde. Auf sie ist ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Kostenansatzes neues Recht anzuwenden, wenn über sie - wie hier - nach dem 1.7.2004 entschieden wird (Rohs/Wedewer, KostO, § 163 Rn 6; die entgegengesetzte Auffassung findet keine Stütze im Gesetz, so aber Lappe, KostO, 16. Aufl. 2005, § 163 Rn 2).

2.) Die weitere Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts i. S. d. § 14 Abs. 5 Satz 2 KostO.

Löschungsanträge sind hier sowohl vom Grundstückseigentümer als auch vom Gläubiger der Sicherungshypothek gestellt worden. Grundsätzlich sind damit beide Kostenschuldner, und zwar als Gesamtschuldner, §§ 2 Nr. 1, 5 Abs. 1 Satz 1 KostO. Die Beteiligte zu 3.) als Gläubigerin der Sicherungshypothek ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 KostO von den Kosten befreit. Grundsätzlich müsste der Beteiligte zu 1.) deshalb die Kosten allein tragen.

Zutreffend hat das Landgericht entschieden, dass die Sondervorschrift des § 13 KostO nicht eingreift. Nach dieser Vorschrift hat die Gebührenfreiheit eines Gesamtschuldners zur Folge, dass sich der Gesamtbetrag der Gebühren um den Betrag vermindert, den die befreiten an die nichtbefreiten Beteiligten auf Grund gesetzlicher Vorschrift zu erstatten hätten. Damit soll verhindert werden, dass der nicht befreite Gebührenschuldner in vollem Umfang zur Zahlung herangezogen wird und dann über den Umweg einer gesetzlichen Ausgleichspflicht doch beim kostenbefreiten (Mit-) Gebührenschuldner Rückgriff nimmt.

Voraussetzung dafür, dass der nicht befreite Kostenschuldner unmittelbar von der Kostenbefreiung eines anderen Kostenschuldners profitiert, ist gemäß § 13 KostO, dass die Ausgleichspflicht des befreiten Kostenschuldners gegenüber dem nicht befreiten Kostenschuldner auf "gesetzlicher Vorschrift" beruht. § 717 Abs. 2 ZPO ist keine derartige gesetzliche Vorschrift.

Als gesetzliche Vorschriften, nach denen dem nicht befreiten Beteiligten ein Rückgriffsrecht gegen den befreiten Beteiligten zustehen, kommen nur diejenigen Vorschriften in Betracht, in denen die Kostentragung im Verhältnis der mehreren Kostenschuldner zueinander als solche unmittelbar geregelt ist, nicht dagegen solche gesetzliche Vorschriften, aus denen sich eine Erstattungspflicht des befreiten Kostenschuldners nur mittelbar ergibt (Rohs/Weweder, KostO, § 13 Rn 7). Zu derartigen mittelbaren Erstattungspflichten gehören Schadensersatzpflichten, die die Erstattung von Kosten umfassen.

Zutreffend hat der Beteiligte zu 2.) darauf hingewiesen, dass es nicht Aufgabe des Kostenbeamten ist, festzustellen, ob ein nicht befreiter Beteiligter gegen einen befreiten Beteiligten einen Schadensersatzanspruch geltend machen kann, der auch die erhobenen Kosten erfasst.

Dem Beteiligten zu 1.) ist zuzugeben, dass es für ihn umständlich ist, zunächst die Kostenschuld zu begleichen und diese Kosten in einem besonderen Verfahren bei der Beteiligten zu 3.) zu liquidieren. Es kann deshalb im Einzelfall erwägenswert sein, das Abstellen auf die "gesetzliche Vorschrift" i. S. d. § 13 KostO vom Zweck der Norm her so zu verstehen, dass beim Kostenansatz das Innenverhältnis dann zu berücksichtigen ist, wenn es feststeht und offen liegt (so Lappe, KostO, 16. Aufl. 2005, Rn 6). Jedoch kann bei Schadensersatzansprüchen gemäß § 717 Abs. 2 ZPO nicht davon ausgegangen werden, dass ein derart feststehendes Innenverhältnis gegeben ist. Grund und Höhe eines solchen Anspruchs können nicht schon aus der Grundbuchakte und aus gesetzlichen Vorschriften entnommen werden. Zwar wird der Schadensersatzanspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO im Regelfall dem Grunde nach relativ einfach festgestellt werden können. Allerdings hat im vorliegenden Verfahren noch nicht einmal die den erstinstanzlichen Vollstreckungstitel abändernde Entscheidung Eingang in die Grundbuchakte gefunden. Im übrigen ist es möglich, dass die Abänderung des erstinstanzlichen Vollstreckungstitels aufgrund von Vorbringen erfolgt, das erst im Berufungsverfahren eingeführt worden ist. In einem derartigen Fall kann eine Haftung gemäß § 717 Abs. 2 ZPO dem Grunde nach ausscheiden (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 717 Rn 3 m. w. N.) oder doch jedenfalls zu einer Kürzung des Schadensersatzanspruchs wegen Mitverschuldens führen. Der Schuldner des Anspruchs aus § 717 Abs. 2 ZPO kann auch materiellrechtliche Einwendungen erheben. Die Prüfung dieser Einwendungen obliegt dem Richter, nicht dem Kostenbeamten beim Grundbuchamt. Der Beteiligte zu 1.) muss deshalb darauf verwiesen werden, Ansprüche gemäß § 717 Abs. 2 ZPO bei der Beteiligten zu 3.) geltend zu machen, dies auch notfalls gerichtlich.

Zutreffend hat das Landgericht auch darauf hingewiesen, dass dem Beteiligten zu 1.) gegen die Beteiligte zu 3.) auch kein unmittelbarer Kostenerstattungsanspruch aus § 788 Abs. 3 ZPO zusteht. Die Kosten für die Löschung der Sicherungshypothek sind keine Kosten der Zwangsvollstreckung (Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 788 Rn 13 Stichwort "Löschung" m. w. N.). Es sind vielmehr Kosten, die durch die Beseitigung der Folgen der Zwangsvollstreckung entstanden sind.

III.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet, §§ 14 Abs. 9, 131 Abs. 1 Satz 1 KostO. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.566,00 € festgesetzt, §§ 131 Abs. 2, 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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