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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.03.2007
Aktenzeichen: 6 W 185/06
Rechtsgebiete: ZPO, RPflG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 103
ZPO § 103 Abs. 1
ZPO §§ 104 ff.
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 269
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 567 Abs. 1
ZPO § 567 Abs. 2
ZPO § 569 Abs. 1
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5
RPflG § 11 Abs. 1
BGB § 779
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

6 W 185/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke als Einzelrichterin

am 21. März 2007

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 17.7.2006 - 14 O 490/03 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt 2.729,48 €.

Gründe:

I.

Der Kläger erhob gegen die Beklagte Klage auf Feststellung, dass eine Teilungsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Erbengemeinschaft an einem zum Nachlass gehörenden Grundstück unzulässig sei. Der Kläger nahm die Klage zurück.

Eine Kostenentscheidung durch das Landgericht erging nicht. Die Parteien erklärten übereinstimmend, eine Kostengrundentscheidung sei im Hinblick auf die gesetzliche Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht erforderlich.

Die Beklagte hat die Festsetzung von anwaltlichen Gebühren in Höhe von insgesamt 5.929,22 € beantragt. Darin enthalten war eine 5/10 Prozessgebühr aus den gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Verfahren 3 K 36/2003 vor dem Amtsgericht Frankfurt (Oder) und des hiesigen Verfahrens. Außerdem hat die Beklagte die Festsetzung einer 10/10-Vergleichsgebühr sowie einer 15/10 Vergleichsgebühr aus den Kosten der beiden vorstehend genannten Verfahren beantragt. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass die Parteien sich mit notarieller Urkunde verglichen hätten, mit der die Beklagte an den Kläger ihr Erbteil an dem zur Versteigerung stehenden Grundstück veräußert hat. In der notariellen Urkunde, die die Beklagte im Kostenfestsetzungsverfahren vorgelegt hat, ist die Regelung enthalten, dass der Kläger die Verfahrenskosten der Beklagten aus dem Teilungsversteigerungsverfahren beim Amtsgericht Frankfurt (Oder) 3 K 36/03 und aus dem hiesigen Verfahren übernimmt und dass er die Klage zurücknehmen wird, wenn die in der notariellen Urkunde enthaltene Vereinbarung wirksam wird.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 17.7.2006 die von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 3.199,74 € festgesetzt. Die Vergleichsgebühren und die Differenzprozessgebühr hat es mangels protokolliertem Prozessvergleich nicht festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss, der ihr am 24.7.2006 zugestellt worden ist, wendet sich die Beklagte mit ihrer am 4.8.2006 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie ihren Kostenfestsetzungsantrag weiter verfolgt und geltend macht, der notarielle Vergleich sei ein tauglicher Vollstreckungstitel.

Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 14.8.2006 dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und ihn dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig.

Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Neben den bereits festgesetzten anwaltlichen Gebühren können im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren weder eine Differenzprozessgebühr noch eine Vergleichsgebühr festgesetzt werden.

Es braucht nicht entschieden zu werden, ob eine Kostenfestsetzung überhaupt möglich ist, wenn ein die Kostentragungslast des die Klage zurücknehmenden Klägers gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO feststellender Beschluss nicht ergeht.

Es kann auch offen bleiben, ob und wenn ja in welcher Höhe die Beklagtenvertreterin eine Differenzprozessgebühr oder eine Vergleichsgebühr verdient hat oder nicht. Diese Gebühren sind jedenfalls nicht Kosten des vorliegenden Rechtsstreits. Dies steht einer Festsetzung entgegen.

Nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO hat der Kläger, der die Klage zurücknimmt, die Kosten des "Rechtsstreits" zu tragen. Im Kostenfestsetzungsverfahren können dementsprechend nur die "Prozesskosten" gegen den erstattungspflichtigen Prozessgegner festgesetzt werden, § 103 Abs. 1 ZPO. Anwaltsgebühren sind nur insoweit Prozesskosten, als sie eine Tätigkeit des Rechtsanwalts im gerichtlichen Verfahren vergüten. Die hier geltend gemachten Gebühren sind außerhalb des Prozesses angefallen. Solche Gebühren eignen sich nicht für eine Klärung im Kostenfestsetzungsverfahren. Dieses ist nach seiner Ausgestaltung auf eine rasche, vereinfachte, anhand der Prozessakten vorzunehmende gebührenrechtliche Überprüfung der Tätigkeit des Rechtsanwalts zugeschnitten. Tätigkeiten des Rechtsanwalts aber, die außerhalb des Prozessgeschehens - gleichgültig ob vor oder während des Rechtsstreits - vorgenommen werden, sind aus den Prozessakten nicht ersichtlich, jedenfalls nicht in dem Maße, dass sie eine Überprüfung ermöglichen. Noch viel weniger lässt sich im Kostenfestsetzungsverfahren klären, inwieweit solche außergerichtlichen Tätigkeiten des Rechtsanwalts für die Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung seines Mandanten gemäß § 91 Abs. 1 ZPO notwendig gewesen sind (BGH, Beschluss vom 22.12.2004, XIII ZB 94/04, NJW-RR 2005, 1731, zitiert nach Juris).

Bei der hier erfolgten Streitbeendigung durch Klagerücknahme nach Abschluss eines notariellen Vertrages zwischen den Parteien, bei der es nicht zur Protokollierung eines gerichtlichen Vergleichs kommt, liegt es nicht klar zutage, ob die gewählte Handlungsform auf einem Konsens beruht, der die Voraussetzungen eines materiell-rechtlichen Vergleichs im Sinn des § 779 BGB erfüllt. Dementsprechend müsste die Klärung dieser Rechtsfrage der Interpretation des Kostenbeamten vorbehalten bleiben. Das hat zur Folge, dass das Kostenrisiko der Partei, die die Kosten übernimmt, im Ungewissen bleibt. Dies würde ihrem berechtigten und schutzwürdigen Interesse zuwiderlaufen, den Umfang der sie treffenden Last zuverlässig abschätzen zu können. Weil die Kostenfestsetzung klare und praktikable Verhältnisse erfordert, werden eine anwaltliche Vergleichsgebühr und eine Differenzprozessgebühr wegen eines Mehrvergleichs nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung deshalb nur dann festgesetzt, wenn die Parteien einen als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vor einem deutschen Gericht haben protokollieren lassen (BGH NJW 2002, 3713, zitiert nach Juris). Einen solchen Vergleich haben die Parteien nicht abgeschlossen. Eine notarielle Urkunde, wie sie die Parteien errichtet haben, kann allenfalls ein Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO sein.

Auch aus der von den Parteien errichteten notariellen Urkunde kann eine Kostenfestsetzung nicht erfolgen.

Zwar kann eine notarielle Urkunde grundsätzlich Grundlage für eine Kostenfestsetzung gemäß den §§ 103, 104 ff. ZPO sein, soweit es um die Kosten der aus ihr betriebenen Zwangsvollstreckung geht (vg. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.3.1990, 10 W 26/90, MDR 1990, 639, zitiert nach Juris). Jedenfalls gehören aber die hier geltend gemachten Kosten nicht zu den Kosten der Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde. Vielmehr handelt es sich bei der zwischen den Parteien vereinbarten Kostenübernahme durch den Kläger um eine in dieser Urkunde titulierte, nicht bezifferte Hauptforderung, die in dieser Weise nicht vollstreckungsfähig ist.

Selbst wenn man aber zugunsten der Beklagten unterstellen wollte, dass die notarielle Urkunde eine "Kostengrundentscheidung" für das vorliegende Prozessrechtsverhältnis darstellen sollte, geht die in der notariellen Urkunde vorgesehene Kostentragungspflicht des Klägers nicht weiter als seine Kostentragungslast gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. In der notariellen Urkunde heißt es, dass sich der Kläger zur Übernahme der Verfahrenskosten (Gerichts- und Anwaltskosten) der Beklagten" in dem vorliegenden Verfahren "sowie der zur Rechtverfolgung notwendigen Fahrt-, Anwesenheits- und Übernachtungskosten zum Gerichtstermin am 15.4.2004" verpflichtet. Die sprachliche Fassung dieser Regelung ist ersichtlich an den §§ 91, 269 ZPO orientiert. Wenn diese allgemeinen zivilprozessualen Regelungen wie vorstehend ausgeführt eine Festsetzung der Vergleichsgebühr nicht ermöglichen, scheidet eine entsprechende Kostentragungslast des Klägers auch aufgrund der notariellen Urkunde aus. Eine ausdrückliche Verpflichtung eine Vergleichsgebühr und eine Differenzprozessgebühr zu erstatten, lässt sich der notariellen Urkunde nicht entnehmen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf den §§ 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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