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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 27.03.2008
Aktenzeichen: 6 W 199/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

6 W 199/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Eberhard - als Einzelrichterin -

am 27. März 2008

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Potsdam vom 16.10.2007 - 4 O 111/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.500 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Gemäß Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 22.11.2006 haben die Kosten des Rechtsstreits die Klägerin zu 81 %, die Beklagte zu 19 % zu tragen.

Die Klägerin hat mit Antrag vom 12.3.2007 ihre außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zur Festsetzung im Wege der Ausgleichung angemeldet.

Unter anderem hat sie Kosten für zwei Privatgutachten (Gutachten vom 5.12.2000 und vom 31.5.2006) zum Betrag von insgesamt 3.996,37 € zur Festsetzung angemeldet.

Das Landgericht Potsdam hat mit Beschluss vom 16.10.2007 die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 4.634,85 € festgesetzt.

Das Landgericht hat dabei die angemeldeten Sachverständigenkosten für nicht erstattungsfähig erachtet. Hinsichtlich ebenfalls angemeldeter Gerichtskosten hat das Landgericht ausgeführt, diese seien bereits ausgeglichen, ein Erstattungsanspruch ergebe sich nicht.

Gegen diesen ihr am 31.10.2007 zugestellten Beschluss richtet sich die am 14.11.2007 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin, mit welcher sie weiter die Erstattung der Kosten der beiden Sachverständigengutachten verfolgt. Ferner meint die Klägerin, ein Ausgleich der Gerichtskosten sei entgegen der Behauptung aus der Anlage des Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht durchgeführt worden; der Beklagte habe nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts die Gerichtskosten zu 19 % zu tragen.

Das Landgericht Potsdam hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

1.

Soweit die Klägerin meint, entsprechend den Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss habe ein Ausgleich der Gerichtskosten erfolgen müssen, kann ihr nicht gefolgt werden. Ausweislich des Kostenfestsetzungsbeschlusses sind die Gerichtskosten in die Berechnung der auszugleichenden Kosten nicht mit eingeflossen. Vielmehr ist die Rechtspflegerin bei dem Landgericht davon ausgegangen, dass die Gerichtskosten bereits ausgeglichen sind und sich ein Erstattungsanspruch nicht ergibt. Dies ist zutreffend.

Aus den Akten ergibt sich, dass an die Klägerin bzw. ihren Prozessbevollmächtigten ein Überschuss der gezahlten Gerichtskosten in Höhe von 316,92 € am 24.4.2007 zurückerstattet worden ist.

Hinsichtlich der Gerichtskosten hat daher keine Ausgleichung stattzufinden.

2.

Zu Recht hat das Landgericht Potsdam die angemeldeten Sachverständigenkosten für nicht erstattungsfähig erachtet.

a.

Was das Gutachten vom 5.12.2000 anbelangt, fehlt es an den rechtlichen Voraussetzungen für die Berücksichtigung dieser Kosten. Wie der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat (BGHZ 153, 235; NJW 2006, 2415), ist Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit die Prozessbezogenheit des Privatgutachtens. Das Privatgutachten wird nicht allein durch seine Vorlage im Rechtsstreitprozess bezogen. § 91 Abs. 1 ZPO sieht eine Erstattungspflicht nur für die dem Gegner erwachsenen "Kosten des Rechtsstreits " vor. Dadurch soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremden Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und auf diese Weise den Prozess verteuert. Jede Partei hat grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dadurch entstandenen Aufwand selbst zu tragen. Deshalb genügt die Vorlage eines in einem anderen Zusammenhang erstellten Gutachtens allein nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss vielmehr in unmittelbarer Beziehung zu dem Rechtsstreit stehen. Es muss sowohl ein zeitlicher als auch ein sachlicher Zusammenhang bestehen.

Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Zwischen dem im Dezember 2000 erstellten Gutachtens und der im März 2006 anhängigen Klage besteht bereits kein hinreichender zeitlicher Zusammenhang.

Aus diesem Grunde ist es daher unerheblich, ob und in welchem Umfange das Gutachten vom 5.12.2000 in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht erörtert worden ist. Selbst wenn das Gericht ein solches Gutachten zu seiner Entscheidungsfindung herangezogen hat, ist die Prozessbezogenheit wegen des fehlenden zeitlichen Zusammenhanges zu verneinen.

b.

Auch die Kosten des Gutachtens vom 31. Mai 2006 sind nicht erstattungsfähig. Die Kosten eines während des Rechtsstreits von einer Partei eingeholten Privatgutachtens sind nur ganz ausnahmsweise zu erstatten. Grundsätzlich ist es Angelegenheit des Gerichts, auf substantiierten Vortrag der Parteien hin Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Soweit nun die Klägerin in der Beschwerde vorträgt, sie habe auf Grund der Erörterung im Termin vor dem Landgericht Potsdam am 17.5.2006 Anlass gehabt, ein Privatgutachten zum Zwecke der Substantiierung ihres Vortrages einzuholen, kann ihr nicht gefolgt werden.

Aus dem Protokoll vom 17.5.2006 ergibt sich, dass dem Gericht der mit der Klage geltend gemachten Ausgleichsanspruch auf Grund des Mietvertrages und Schreiben des Verwalters vom 7.4.2003 zweifelhaft erschien. Das Gericht wies ausdrücklich darauf hin, dass die Ergänzungsvereinbarung vom 11.10.1994 zu § 5 des Mietvertrages hinsichtlich der streitgegenständlichen Erstattungspflicht als unklar angesehen werden könne. Zur Klärung dieser entscheidungserheblichen rechtlichen Frage war die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich.

Demzufolge hat das Gericht die Klage auch mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe ein Ausgleichsanspruch auf Grund Vereinbarung der Parteien nicht zu.

Auch hinsichtlich der Frage einer anderen Anspruchsgrundlage, nämlich derjenigen aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB), war die Einholung des Gutachtens vom 31. Mai 2006 nicht angezeigt.

Zwar ergibt sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.5.2006, dass das Gericht auf Bedenken hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Anspruches hingewiesen hat. Allein dieser Hinweis genügt nicht, die Erstattungsfähigkeit der Privatgutachterkosten zu bejahen.

Die Klärung streitigen Parteivorbringens obliegt grundsätzlich dem Prozessgericht im Wege der Beweisaufnahme. Es ist nicht Aufgabe der Partei, die gerichtliche Beweiserhebung vorwegzunehmen. Den Parteien obliegt es vielmehr, die erforderlichen rechtlich relevanten Tatsachen substantiiert vorzutragen um so die Anordnung der Beweiserhebung durch das Gericht zu veranlassen. Nur ausnahmsweise, wenn nämlich eine ausreichende Grundlage für das erforderliche tatsächliche Vorbringen einer Partei allein durch einen Sachverständigen beschafft werden kann, also das Gutachten zur Durchsetzung des mit der Klage verfolgten Anspruchs erforderlich ist, wobei bei prozessbegleitenden Gutachten ein strengerer Maßstab an die Notwendigkeit der Beauftragung eines Sachverständigen anzulegen ist als im Stadium vor Klageerhebung, können die Kosten eines Sachverständigengutachtens ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen sein.

Geht es also der Partei darum, sich die Grundlagen für ihr weiteres Vorbringen zu beschaffen, ist ausschlaggebend, ob die Partei selbst und ohne sachverständige Hilfe den prozessfördernden Vortrag tätigen kann oder ob sie hierfür einen Sachverständigen benötigte. Dabei kommt es auf die objektive Erforderlichkeit und Geeignetheit aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei an.

Die vorstehenden Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle nicht erfüllt. Das Gutachten vom 31.5.2006 hat als Ausgangspunkt der Untersuchung die Vereinbarung der Parteien aus dem Mietvertrag vom 11.10.1994, wonach bei Beendigung des Mietvertrages "... eine Erstattung des Zeitwertes bezüglich jener Investitionen erfolgen solle, die nicht nur für dieses Gewerbe bestimmt waren ...".

Aus dem Protokoll vom 17.5.2006 ergibt sich jedoch, dass das Gericht bereits erhebliche rechtliche Zweifel betreffend den Anfall einer Erstattungspflicht nach den Vereinbarungen des Mietvertrages hatte. Will das Gericht aber bereits den Anspruch dem Grunde nach verneinen, erscheint ein Gutachten aus der Sicht einer objektiven Partei über die Höhe einer entsprechenden Erstattung nicht notwendig.

Für eine Anspruchsgrundlage aus ungerechtfertigter Bereicherung kam es nicht auf die dem Gutachten zugrunde liegende Fragestellung an, sondern darauf, ob durch die Investitionen in die Gebäude ein messbarer Vermögensvorteil auf Seiten der Beklagten angefallen ist, indem diese z.B. einen höheren Mietzins erzielen kann - so das Urteil des Landgerichts Potsdam (dort S. 7).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens war gemäß § 3 ZPO festzusetzen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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