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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.05.2009
Aktenzeichen: 6 W 203/08
Rechtsgebiete: GKG, BGB, KostVfg


Vorschriften:

GKG § 54 Ziff. 1 a. F.
GKG § 54 Ziff. 3 a. F.
GKG § 58 a.F.
GKG § 66 Abs. 2
GKG § 66 Abs. 6 n. F.
BGB § 812
BGB § 812 Abs. 1. HS 1. Altn.
KostVfg § 36
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde der Erinnerungsführer gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 3. September 2008 - 17 O 288/02 - wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Klägerin, die Bundesrepublik Deutschland, hat in dem Rechtsstreit bei dem Landgericht Frankfurt (Oder) (17 O 288/02) die Beklagte, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus den Gesellschaftern R. T. und den unbekannten Erben des V. S. (letztgenannte sind die Erinnerungsführer) auf Abgabe von Willenserklärungen im Zusammenhang mit einem Grundstückskaufvertrag in Anspruch genommen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz sind letztlich überwiegend der Beklagten auferlegt worden.

Mit Kostenrechnung vom 1.9.2003 (KAZ 1003500027209) sind die Gerichtkosten erster Instanz in Höhe von 13.949,83 € der Beklagten als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, vertreten durch den Arzt Dr. T., durch das Landgericht Frankfurt (Oder) in Rechnung gestellt worden.

In der Folgezeit haben die Gesellschafter der Beklagten aus dem Nachlass des verstorbenen V. S. diesen Betrag am 17.3. 2004 gezahlt.

Diese Gesellschafter haben sodann die Rückzahlung dieses Betrages gefordert mit der Begründung, laut Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) in erster Instanz sei Kostenschuldnerin die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Abwicklungsgesellschaft. Irrtümlicherweise sei die Zahlung des Betrages von 13.949,83 € von den Gesellschaftern der Beklagten und zwar aus dem Nachlass des verstorbenen Gesellschafters V. S. entrichtet worden.

Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat die Kostenrechnung vom 1.9.2003 (KAz 1003500027209) gegen die Beklagte - Gesellschaft bürgerlichen Rechts vertreten durch den Arzt Dr. T. - mit Verfügung vom 2.9.2005 auf Null gestellt und zugleich am 2.9.2005 unter KAZ 4405500025447 eine Kostenrechnung in Höhe von 13.949,83 € gegen die Beklagte zum Soll gestellt mit dem Vermerk "bezahlt".

Notariatsassessor J. Sch. hat als Konkursverwalter über den Nachlass des Herrn V. S. zunächst vor dem Landgericht Potsdam (Az. 1 O 134/06) Klage auf Rückzahlung der gezahlten Gerichtskosten erhoben. Seine Klage ist rechtskräftig abgewiesen worden durch Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (11 U 16/07), verkündet am 27.11.2007.

Die Erinnerungsführer, vertreten durch den Notariatsassessor J. Sch., haben schließlich am 20. Mai 2008 Erinnerung gegen die Gerichtskostenrechnung von 13.949,83 € eingelegt und die Rückzahlung des genannten Betrages gefordert.

Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat eine Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Frankfurt (Oder) eingeholt und sodann mit Beschluss vom 3. September 2008 die Erinnerung zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Zahlung der Gesellschafter - der unbekannten Erben nach V. S. - auf die Gerichtskostenschuld sei für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Abwicklungsgesellschaft erfolgt. Neben der Gesellschaft selbst hafte auch der einzelne Gesellschafter mit seinem Privatvermögen, mithin hier mit dem verwalteten Nachlass des vormaligen Gesellschafters S..

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Erinnerungsführer vom 28. Oktober 2008, welche das Landgericht Frankfurt (Oder) dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.

Die Beschwerde der Erinnerungsführer ist zulässig, § 66 Abs. 2 GKG (in der Fassung vom 1.7.2008).

Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die Erinnerungsführer haben keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Gerichtskosten.

Aus § 812, 1. Abs. 1.HS 1. Altn. BGB ergibt sich ein solcher Anspruch nicht, da die Erinnerungsführer ihre Leistung nicht ohne Rechtsgrund erbracht haben.

Bei Entscheidung über die Frage, wer die Gerichtskosten erster Instanz zu tragen hat, ist die Fassung des Gerichtskostengesetzes zum Zeitpunkt der Klageerhebung (Dezember 2001) anzuwenden. Es gilt mithin das Gerichtskostengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.12.1975, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.12.1998 (BGBl I, S. 2600).

Gemäß Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) hat die Beklagte, nämlich die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Dr. R. T. und V. S. als Abwicklungsgesellschaft die Gerichtskosten, zu tragen.

§ 54 Ziff. 1 und 3 GKG (a. F.) bestimmen, dass Kostenschuldner der Gerichtskosten derjenige ist, dem durch gerichtliche Entscheidung die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind, ferner derjenige, der für die Kostenschuld eines anderen kraft Gesetzes zu haften hat.

Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner, § 58 GKG (a.F.).

Danach ist die Beklagte Kostenschuldner im Sinne von § 54 Ziff. 1 GKG (a. F.), da ihr die Kosten durch eine gerichtliche Entscheidung auferlegt worden sind.

Weiter sind die Gesellschafter der Beklagten Kostenschuldner nach § 54 Ziff. 3 GKG (a. F.). Danach haftet der persönlich haftende Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft in gleicher Weise wie die in die Kosten verurteilte Partei (§§ 128 ff., 171 HGB; Hartmann, Kostengesetze, 30. Aufl., § 54 Rn. 21; Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl., § 29 GKG Rn. 31).

In gleicher Weise haftet der Gesellschafter bürgerlichen Rechts für die Verbindlichkeiten der BGB-Gesellschaft persönlich (BGHZ, 142, 315; BGHZ 146, 341). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes eine verpflichtungsfähige Rechtsperson und in dieser Eigenschaft primär aus den sie betreffenden Schuldverhältnissen berechtigt und verpflichtet; ihre Gesellschafter selbst haften kraft Gesetzes gegenüber Dritten generell für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Eine solchermaßen gesetzliche Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsschulden kann nur durch Konsens mit einem Vertragspartner abbedungen bzw. beschränkt werden (BGHZ 142, 315).

Soweit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bürgerlichen Rechts persönlich haftet, entspricht dieses Verhältnis demjenigen zwischen der OHG und der Haftung ihrer Gesellschafter (BGHZ 146, 341).

So liegt der Fall hier. Die Gesellschafter bürgerlichen Rechts, nämlich Dr. R. T. und der verstorbene V. S. bzw. sein Nachlass haften für die Verpflichtungen, mithin auch die Gerichtskostenschulden, für welche die Beklagte als Gesellschaft bürgerlichen Rechts haftet. Die Kostenschuldnerstellung nach § 54 Ziff. 3 GKG (a.F.) tritt ohne gerichtliche Entscheidung kraft Gesetzes ein (LAG Köln, AnWBl. 1996, 416). Demzufolge hat der Kostenbeamte die ursprüngliche Gerichtskostenrechnung (KAZ 1003500027209) auf den Namen des Dr. T. als Gesellschafter der BGB-Gesellschaft ausgestellt.

Der Kostenbeamte bei dem Landgericht Frankfurt (Oder) hat unter Heranziehung der Regelung in § 54 Ziff. 3 GKG (a. F.) auch den weiteren Gesellschafter der Beklagten, mithin die Erinnerungsführer als Kostenschuldner in Anspruch ansehen dürfen. Folgerichtig hat der Kostenbeamte die ursprüngliche Gerichtskostenrechnung (KAZ 1003500027209) auf Null gestellt und mit neuer Kostenrechnung vom 2.9.2005 (KAZ 4405500025447) die Gesellschafter der Beklagten, nämlich die unbekannten Erben nach dem vormaligen Gesellschafter V. S., auf Gerichtskostenzahlung in Anspruch genommen, allerdings mit dem Vermerk "bezahlt".

Die Ausstellung einer neuer Kostenrechnung betreffend dieselbe Kostenschuld erfolgte zum Zwecke der Klarstellung entspr. § 36 KostVfg, da mehrere Kostenschuldner als Gesamtschuldner haften und sich intern Ausgleichsansprüche ergeben können.

Danach ist die Landesjustizkasse nicht gehalten, den vereinnahmten Betrag von 13.949,83 € zurückzuzahlen. Der Betrag ist richtigerweise aus dem Vermögen des verstorbenen Gesellschafters S. entrichtet worden.

Bereits im Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes im Rechtsstreit Land Brandenburg ./. Sch. ( AZ 11 U 16/07) ist ausgeführt, dass der von Herrn Sch. verwaltete Nachlass des verstorbenen Gesellschafters S. für die Gerichtskosten haftet.

Diese Zahlung durch die Erinnerungsführer ist auf die Gerichtskostenschuld der beklagten Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfolgt und hat diese zum Erlöschen gebracht.

Soweit die Erinnerungsführer mit ihrer Beschwerde vortragen, sie seien nicht einzelvertretungsberechtigter Gesellschafter der Beklagten gewesen, greift dies nicht. Es ist nicht darauf abzustellen, ob innerhalb der BGB-Gesellschaft Einzelvertretungsberechtigung oder gemeinschaftliche Geschäftsführung vorliegt (§§ 709, 710 BGB). Maßgeblich ist vielmehr, wie bereits oben dargestellt, dass die Gesellschafter persönlich unbeschränkt für die von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründeten Verpflichtungen haften.

Nicht gehört werden können die Erinnerungsführer auch mit der Argumentation, die Landesjustizkasse habe sich zunächst an das Gesamthandvermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Abwicklungsgesellschaft zu halten. Bei der Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschafter bürgerlichen Rechts handelt es sich nicht etwa um eine Hilfshaftung, sondern nach der Regelung in § 54 Ziff. 3 GKG (a. F.) um eine unmittelbare direkte Haftung der Gesellschafter gegenüber der Staatskasse. Demzufolge greift auch die Auffassung der Erinnerungsführer nicht, wonach eine Leistung ohne Rechtsgrund vorliege und ein Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegeben sei.

Rechtsgrund für die Leistung zugunsten der Landesjustizkasse ist § 54 Ziff. 3 GKG (a. F.).

Der Rückforderungsanspruch der Erinnerungsführer ist auch nicht deshalb begründet, weil das Konkursverfahren über den Nachlass des vormaligen Gesellschafters V. S. eröffnet worden ist.

Bei der Gerichtskostenforderung handelt es sich nicht um eine Forderung gegen die Masse. Diese Forderung wäre nur dann Konkursforderung und zur Tabelle anzumelden, wenn der Tatbestand für ihre Entstehung in vollem Umfang nach der Konkurseröffnung erfüllt worden wäre (Jäger, KO, 9. Aufl., § 3 Rn 32).

Daran fehlt es. Der Gerichtskostenanspruch wäre Konkursforderung nur, soweit die Gebührenforderung vor der Konkurseröffnung bestanden hätte (Jäger, a.a.O., § 3 Rn 89). Hier war bei Einleitung des Rechtsstreits das Konkursverfahren jedoch bereits eröffnet.

Schließlich vermag auch der Vortrag der Erinnerungsführer der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, wonach ihr Vertreter, Notariatsassessor J. Sch., mit Schreiben des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 13.4.2005 aus der Haftung entlassen worden sei. Danach ist Herr Sch. persönlich aus der Mithaft entlassen worden, da kein Rechtsgrund bestanden hat für seine Inanspruchnahme als Zweitschuldner. Diese Mithaftentlassung bezog sich nicht auf die hier verfahrensgegenständliche Haftung für Gerichtskosten der I. Instanz, sondern für Gerichtskosten im Berufungsverfahren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 6 GKG (n. F.).

Ende der Entscheidung

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