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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 12.01.2006
Aktenzeichen: 6 W 204/05
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 278 Abs. 6
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 567
ZPO § 569
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 98 ZPO ergibt sich nichts anderes. Nach dessen Sa
ZPO § 98 Satz 1
ZPO § 98 Satz 2
BRAGO § 23 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht

Beschluss

6 W 204/05

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Richter am Oberlandesgericht ... als Vorsitzenden, die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...

am 12. Januar 2006 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Potsdam vom 4.8.2005 - 12 O 640/02 - abgeändert.

Die von den Klägern als Gesamtschuldner an die Beklagte auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Potsdam vom 10. Mai 2005 zu erstattenden Kosten werden auf 4.715,30 € nebst Zinsen von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) ab dem 19.5.2005 festgesetzt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.565 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger haben im Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 15.10.2004 der Beklagten einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, in welchem es unter anderem heißt: "Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits allein."

Das Landgericht Potsdam hat mit Beschluss vom 10.5.2005 den Vergleich der Parteien nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt.

In diesem heißt es unter Ziffer 2: "Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner."

Mit Antrag vom 18.5.2005 hat die Beklagte um Festsetzung ihrer außergerichtlichen Kosten nachgesucht, unter anderem um Festsetzung einer Vergleichsgebühr.

Mit Beschluss vom 4.8.2005 hat das Landgericht Potsdam die von den Klägern an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 3.150,20 € festgesetzt. Die Vergleichsgebühr hat es unberücksichtigt gelassen mit der Begründung, der Beschluss vom 10.5.2005 verhalte sich nur über die Kosten des Rechtsstreits, nicht aber über diejenigen des Vergleiches. Diese seien als gegeneinander aufgehoben anzusehen (§ 98 Satz 1 ZPO).

Gegen diesen ihr am 5.8.2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 19.8.2005 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten.

Diese meint, nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur umfasse der in einem Vergleich verwendete Begriff "Kosten des Rechtsstreits" grundsätzlich die Vergleichsgebühr.

Zudem habe sie, die Beklagte, immer klargestellt, dass ein Vergleich nur dann geschlossen werden könne, wenn sie nicht an den Kosten des Rechtsstreits beteiligt werde.

Die Kläger behaupten, die Übernahme der Vergleichskosten der Beklagten seien nicht Gegenstand der Parteienvereinbarung gewesen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig, §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO.

Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Die Kläger haben der Beklagten auch eine Vergleichsgebühr in Höhe von 1.565,10 € (10/10 Vergleichsgebühr nach § 23 Abs. 1 BRAGO x 90 %) zu erstatten.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts umfasst die Kostenregelung im Vergleich der Parteien auch die Gebühr nach § 23 Abs. 1 BRAGO.

Nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung und Literatur umfasst eine Regelung in einem gerichtlichen Vergleich über die Kosten des Rechtsstreits im Regelfalle auch die Kosten eines Vergleichs. Der Prozessvergleich ist Teil des Rechtsstreits, er beendet diesen. Die durch ihn ausgelösten anwaltlichen Gebühren zählen zu den Prozesskosten. Den Begriff "Kosten des Rechtsstreits" verwendet das Gesetz in § 91 Abs. 1 ZPO. Danach sind unter Kosten des Rechtsstreits die Prozesskosten zu verstehen, welche einerseits zerfallen in Kosten nach dem GKG und andererseits in außergerichtliche Kosten. Unter letzteren versteht man die nach BRAGO bzw. RVG anfallenden Anwaltskosten (Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rn. 1; vor § 91 Rn. 2 - 5).

Sind nun in einem Vergleich die "Kosten des Rechtsstreits" unter den Parteien verteilt oder von einer Partei ganz übernommen worden, dann sind in der Regel die Vergleichskosten einbezogen, so dass der vereinbarte Verteilungsmodus gilt (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 104 Rn. 21 e; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22.Aufl., § 98 Rn 12); OLG Düsseldorf, MDR 1999, 119; OLG Frankfurt/Main, Anwaltsblatt 1983, 186; OLG München MDR 1997, 787; LAG Düsseldorf, MDR 2001, 655; OLG Hamburg, OLGR 1996, 45).

Aus § 98 ZPO ergibt sich nichts anderes. Nach dessen Satz 1 sind die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs nur dann als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien anderes vereinbart haben. Dies ist hier jedoch der Fall.

Dass § 98 in Satz 1 und 2 die Kosten des Vergleiches den Kosten des Rechtsstreits gegenüberstellt, bedeutet nicht etwa, dass die Kosten des Vergleichs nicht zu denen des Rechtsstreits gehören. Die Trennung im Wortlaut der Vorschrift ist vielmehr dadurch bedingt, dass die in Satz 2 angesprochenen Kosten, welche bereits Gegenstand der rechtskräftigen Entscheidung sind, nicht in die Aufhebungsvermutung des Satzes 1 miteinbezogen werden sollen (Stein/Jonas/Bork, a.a.O., § 98 Rn 2).

Anderes kann nur dann gelten, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass die Parteien trotz der Verwendung des Begriffes "Kosten des Rechtsstreits" die hierfür erzielte Regelung nicht auf die Kosten des Vergleichs erstreckt wissen wollten. Allerdings ist im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens eine Auslegung der Kostenabrede nur in beschränktem Umfange möglich. Als Grundlage der Auslegung kommt die protokollierte Erklärung der Parteien selbst in Betracht sowie im Falle des § 278 Abs. 6 ZPO die Vergleichsvorschläge der Parteien selbst. Bei der Auslegung ist nur der erkennbare, also der sich aus den Urkunden ergebende Wille der Parteien maßgebend.

Im vorliegenden Falle sind keinerlei Umstände ersichtlich, die daraufhin deuten, dass eine Erstreckung der Kostenvereinbarung auf die Kosten des Vergleiches nicht gewollt war.

Soweit die Kläger im Beschwerdeverfahren vortragen, die Formulierung im Vergleichsvorschlag, sie wollten " die Kosten des Rechtsstreits allein " tragen, bedeute, sie wollten die Vergleichskosten nur bezüglich ihres eigenen Anwaltes übernehmen, überzeugt dies bei der gebotenen objektiven Auslegung nicht. Die im Vergleichsvorschlag der Kläger vom 15.10.2004 verwendete Formulierung "Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits allein", lässt eher die Auslegung zu, die Kläger wollten alleinige Kostenschuldner der Prozesskosten sein.

Zu dem bereits festgesetzten Betrag war daher die Vergleichsgebühr in Höhe von 1.565,10 € hinzuzurechnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens war gem. § 63 Abs. 2 GKG festzusetzen.

Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, da die Frage, inwieweit die Formulierung "Kosten des Rechtsstreits" im Regelfalle auch die Vergleichsgebühr umfasst, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO).



Ende der Entscheidung

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