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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 20.06.2003
Aktenzeichen: 6 W 23/03
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 128 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

6 W 23/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Vergütungsverfahren betreffend Prozesskostenhilfe

in dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterinnen am Oberlandesgericht ... und ...

am 20. Juni 2003

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Staatskasse vom 13.12.2002 wird der Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 21.11.2002 teilweise abgeändert und neu gefasst.

Die der Rechtsanwältin M... B... aus ... aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden festgesetzt auf 860,80 €.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Dem Mandanten der Antragstellerin, dem Kläger und Berufungsbeklagten, ist in zweiter Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Antragstellerin bewilligt worden.

Mit Versäumnisurteil vom 24.4.2002 sind die Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten auferlegt worden.

Mit Antrag vom 6.6.2002 hat die Antragstellerin die Festsetzung ihrer Vergütung im Prozesskostenhilfeverfahren und Gewährung derselben aus der Staatskasse beantragt (§ 128 BRAGO). Unter anderem hat sie die Festsetzung einer Dokumentenpauschale von 78,10 € (404 Stück Ablichtungen aus der Gerichtsakte erster Instanz) begehrt.

Mit Entscheidung vom 11.7.2002 ist die an die Antragstellerin aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 819,20 € ohne Berücksichtigung der begehrten Dokumentenpauschale festgesetzt worden.

Auf die Erinnerung der Antragstellerin hat das Landgericht Cottbus mit Beschluss vom 21.11.2002 die an die Antragstellerin zu zahlende Vergütung unter Berücksichtigung der Kopierkosten auf insgesamt 909,80 € festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Staatskasse vom 13.12.2002. Der Bezirksrevisor meint, im vorliegenden Falle komme aus Gründen sparsamer Prozesskostenführung im Prozesskostenhilfeverfahren eine Erstattung der Ablichtungskosten nicht in Betracht. Maximal sei die Notwendigkeit der Ablichtung von 77 Blatt Gerichtsakten anzunehmen, so dass eine Dokumentenpauschale von höchstens 29,05 € ausgelöst worden sei, mithin maximal 853,42 € zu Gunsten der Antragstellerin festzusetzen wären.

Das Landgericht Cottbus hat der Beschwerde der Staatskasse nicht abgeholfen und diese dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, § 128 Abs. 4 BRAGO. Der Beschwerdewert beträgt 56,38 € und übersteigt den Grenzwert von 50,00 €.

Die Beschwerde kann form- und fristlos eingelegt werden.

Die Beschwerde hatte in der Sache auch teilweisen Erfolg.

Die Antragstellerin kann die Dokumentenpauschale für Ablichtungen aus der Gerichtsakte erster Instanz insoweit geltend machen, als die Fertigung von Fotokopien zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen ihrer Partei erforderlich war (§ 27 Abs. 1 Ziff. 1 BRAGO).

Auch soweit ein beigeordneter Rechtsanwalt im Rahmen der Prozesskostenhilfe die Vergütung dieser Auslagen aus der Staatskasse begehrt, ist die Frage der Notwendigkeit der Ablichtungen in erster Linie nach dem Interesse der Partei an guter anwaltlicher Vertretung zu entscheiden, fiskalische Interessen sind nicht vorrangig ausschlaggebend (Gerold/Schmidt/von Eicken/Ma-dert, BRAGO, 15. Aufl., § 27 Rn. 20).

Welche Teile der Gerichtsakten zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache notwendig sind, obliegt dem pflichtgemäßen Ermessen des Anwaltes. Zwar ist es dem Anwalt nicht ohne weiteres zuzumuten, jede Seite bei Auswahl der abzulichtenden Blätter zu lesen. Zeigt sich jedoch auf den ersten Blick die Irrelevanz des Schriftstückes für die sachgemäße Bearbeitung, z.B. gerichtsinterne Verfügungen, Empfangsbekenntnisse, doppelt übersandte Schriftsätze, Fristverlängerungsanträge, etc., so hat die Ablichtung zu unterbleiben, bzw. hierfür anfallende Kosten sind nicht erstattungsfähig. Gleiches gilt für Unterlagen, die die Partei des Anwaltes selbst in Händen hält.

Im vorliegenden Falle kann, wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, die Notwendigkeit der Fertigung von 404 Seiten Ablichtungen aus den Gerichtsakten erster Instanz nicht angenommen werden. Die Akten enthalten eine Mehrzahl von doppelt eingereichten Schriftsätzen (vorab per Fax übersandte Schriftsätze), diverse Zustellungsurkunden und Empfangsbekenntnisse, gerichtsinterne Verfügungen, deren Ablichtung für die Handakten des Rechtsanwaltes nicht erforderlich ist.

Es kann lediglich die Notwendigkeit der Fertigung von Fotokopien anerkannt werden für die Klageschrift nebst Anlagen (55 Seiten), das Versäumnisurteil vom 9.4.2001 (1 Blatt) sowie die Schriftsätze vom 17.1.2001 (2 Blatt), vom 3.8.2001 (21 Blatt), vom 10.9.2001 (34 Blatt), die Protokollabschrift vom 19.9.2001 (1 Blatt) sowie den Schriftsatz vom 2.10.2001 (7 Blatt). Es ist insgesamt die Notwendigkeit der Ablichtung für 121 Seiten aus den Gerichtsakten erster Instanz zu bejahen.

Inwiefern für eine sachgemäße Bearbeitung der Sache in der zweiten Instanz durch die Antragstellerin die Ablichtung der mit Schriftsatz vom 5.10.2001 eingereichten Mietverträge der Beklagten mit dritten Personen (insgesamt 207 Blatt) erforderlich gewesen sein sollen, ist nicht ersichtlich.

Die Antragstellerin durfte die Aufwendungen für 121 Blatt Ablichtungen selbst tätigen und war nicht gehalten, diese unter Umständen kostengünstig von ihrer "bedürftigen" Partei tätigen zu lassen. Eine Übersendung der Gerichtsakten an die Partei zwecks Erstellung von Fotokopien durch diese selbst hätte, wie die Antragstellerin vorträgt, in der Tat kaum zu einer Kostenersparnis geführt, im Hinblick auf das für die Übersendung der umfangreichen Gerichtsakten erforderliche Porto.

Die der Antragstellerin zustehende Dokumentenpauschale berechnet sich wie folgt:

50 Seiten x 0,50 € zuzüglich 71 Seiten x 0,15 € = 35,68 € (netto).

Zuzusprechen sind daher 706,21 € und 35,68 € zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer, also gesamt 860,80 € .

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 5 BRAGO.

Ende der Entscheidung

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