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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 15.10.2008
Aktenzeichen: 6 W 73/08
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Cottbus vom 3. April 2008 dahingehend abgeändert, das der Kläger der Beklagten über die in dem vorgenannten Beschluss festgesetzten Kosten hinaus weitere 751,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.2.2008 zu erstatten hat.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 751,13 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger nahm die Beklagte aus übergeleitetem Recht auf Rückgewähr einer Schenkung in Anspruch. Das Landgericht ordnete zunächst das schriftliche Vorverfahren an und bestimmte dann mit Verfügung vom 25.9.2007 Termin zur Güteverhandlung für den 6.12.2007. Zusammen mit der Terminierung gab das Landgericht an beide Parteien umfassende Hinweise.

Am 28.11.2007 telefonierten die Prozessbevollmächtigten der Parteien miteinander. Dabei ging es um die Frage, ob die Beklagte im Falle einer Klagerücknahme auf eine Kostenerstattung verzichten würde. Der genaue Inhalt des Gesprächs ist streitig.

Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2007 nahm die Klägerin die Klage zurück. Der Verhandlungstermin wurde daraufhin aufgehoben.

Mit Beschluss vom 11.2.2008 wurden dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit weiterem Beschluss vom 26.2.2008 setzte das Landgericht den Streitwert auf 10.556 € fest.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 7.1.2008 hat die Beklagte die Festsetzung der ihr entstandenen Kosten beantragt. Dabei hat sie eine 1,3-Verfahrensgebühr zu 683,80 € sowie eine 1,2-Terminsgebühr zu 631,20 € angegeben. Insgesamt hat sie Kosten in Höhe von brutto 1.588,65 € geltend gemacht.

Die Beklagte hat behauptet, dass die Prozessbevollmächtigten der Parteien nach dem richterlichen Hinweis mehrfach über den Abschluss eines Vergleichs telefoniert hätten.

Der Kläger hat eingewendet, dass über den Abschluss eines Vergleichs der rechtshängig gemachten Ansprüche nicht telefoniert worden sei. Vielmehr habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 28.11.2007 bei dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten lediglich angefragt, ob Bereitschaft bestehe, im Falle einer Klagerücknahme keinen Kostenantrag zu stellen. Diese Anfrage sei negativ beschieden worden.

Mit Beschluss vom 3. April 2008 hat das Landgericht Cottbus 837,52 € nebst Zinsen an erstattungsfähigen Kosten zugunsten der Beklagten festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Terminsgebühr nicht erstattungsfähig sei. Das vom Kläger eingeräumte Telefonat sei nicht ausreichend für das Entstehen einer Terminsgebühr nach dem Wert der Hauptforderung.

Der Beschluss ist der Beklagten am 24.4.2008 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 29.4.2008 - bei Gericht einen Tag später eingegangen - hat die Beklagte gegen den Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Beklagte macht geltend, es sei lebensfremd anzunehmen, dass bei dem Gespräch nur über die Frage des Kostenantrags gesprochen worden sei. Selbstverständlich sei auch über den Inhalt des Hinweisbeschlusses gesprochen worden. Die Beklagte habe vor dem Hintergrund des Hinweisbeschlusses keinen Anlass gehabt, auf die Kostenerstattung zu verzichten; genau darüber sei auch gesprochen worden. Der Inhalt des Telefonats werde anwaltlich versichert.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beklagte trägt ergänzend vor, dass die Frage nach einem Kostenerstattungsverzicht bereits ein Vergleichsvorschlag sein dürfte. Eine solche Anfrage sei auch ohne Wertung der Hauptsache nicht denkbar.

Der Kläger wendet weiterhin ein, über die Hauptsache sei nicht gesprochen worden. Es sei lediglich angefragt worden, ob Bereitschaft bestehe, im Falle einer Klagerücknahme keinen Kostenantrag zu stellen. Die Beklagtenvertreterin habe dies mit der Rechtsschutzversicherung der Beklagten klären wollen. Auf telefonische Nachfrage vom 5.12.2007 sei die Anfrage dann negativ beschieden worden.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Der Beklagten steht die zur Festsetzung beantragte Terminsgebühr aufgrund des Telefonats vom 28.11.2005 zu.

Voraussetzung für die Auslösung einer Terminsgebühr ist eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung, an der beide Seiten mitgewirkt haben. Eine solche Besprechung setzt als mündlicher Austausch von Erklärungen die Bereitschaft der Gegenseite voraus, überhaupt in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten. Verweigert der Gegner von vornherein entweder ein sachbezogenes Gespräch oder eine gütliche Einigung, kommt eine Besprechung schon im Ansatz nicht zustande (BGH v. 20.11.2006, NJW-RR 2007, 286). Auch genügt ein einseitiges Aufdrängen oder Einreden seitens einer Partei grundsätzlich nicht für eine Besprechung (OLG Brandenburg v. 12.2.2008, 6 W 153/07, zitiert nach juris). Im Unterschied dazu ist von einer Besprechung auszugehen, wenn sich der Gegner auf das Gespräch einlässt, indem er die ihm unterbreiteten Vorschläge zur Kenntnis nimmt und deren Prüfung zusagt (BGH v. 20.11.2006 aaO) bzw. wenn sich der Gesprächspartner an einer außergerichtlichen Erledigung des Rechtsstreits interessiert zeigt (BGH v. 27.2.2007, NJW 2007, 2858). Da der Gebührentatbestand nicht an den Erfolg einer gütlichen Einigung anknüpft, sind an die mündliche Reaktion des Gegners keine über Kenntnisnahme und Prüfung des Vorschlags hinausgehenden Anforderungen zu stellen (BGH v. 20.11.2006 aaO).

Hier ergibt sich bereits aus dem - von der Beklagten insoweit nicht in Abrede gestellten und damit unstreitigen - Klägervortrag im Schriftsatz vom 6. Juni 2008, dass bei dem Telefonat vom 28.11.2007 die Klägerseite jedenfalls anfragte, ob im Falle einer Klagerücknahme die Beklagte keinen Kostenantrag stellen würde, und dass die Beklagtenvertreterin daraufhin erklärt habe, dies mit der Rechtsschutzversicherung klären zu wollen. Bereits dieser unstreitige Gesprächsinhalt stellt eine für das Entstehen der Terminsgebühr ausreichende Besprechung dar, da sie auf die Erledigung des gesamten Rechtsstreits gerichtet war. Die Anfrage konnte aus Sicht des Empfängerhorizonts nicht so verstanden werden, dass der Kläger ohnehin vorgehabt hätte, die Klage zurückzunehmen und man nun nur noch über die Kosten hätte verhandeln wollen. Vielmehr wird durch die Anfrage nach einem Kostenverzicht zum Ausdruck gebracht, dass man in diesem Fall bereit wäre, die Klage zurückzunehmen. Der Vorschlag beinhaltet also eine Beendigung des Rechtsstreits durch beiderseitiges Nachgeben, wobei sich das Nachgeben auf Beklagtenseite auf den Kostenverzicht beschränkt hätte (vgl. auch OLG Hamm MDR 1981, 63). Der gesamte Vergleichsinhalt hätte sich jedoch nicht auf die Kostenfrage beschränkt, sondern hätte die Hauptsache in Form der Klagerücknahme mit umfasst.

Damit aber fand eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung statt. Denn hierfür war es - wie oben dargestellt - ausreichend, dass der Vorschlag des Klägervertreters zur Erledigung des Rechtsstreits (hier: Klagerücknahme gegen Kostenerstattungsverzicht) von der Beklagtenseite zur Kenntnis genommen und eine Prüfung zugesagt wurde. Dass die Prüfung negativ ausfiel und kein Kostenverzicht erklärt wurde, spielt für das Entstehen der Gebühr ebenso wenig eine Rolle wie der Umstand, dass der Kläger anschließend die Klage dennoch - trotz nicht erklärtem Kostenverzicht der Gegenseite - zurückgenommen hat.

Ob darüber hinaus in dem Gespräch - wie es die Beklagtenvertreterin unter anwaltlicher Versicherung vorgetragen hat - zudem explizit über die Hauptsache, insbesondere über den landgerichtlichen Hinweisbeschluss gesprochen wurde, spielt vor diesem Hintergrund keine Rolle.

Anhaltspunkte dafür, dass die Besprechung zwischen den Parteivertretern nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente und die Gebühr deshalb nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zu erstatten wäre, sind weder ersichtlich noch vorgetragen (vgl. dazu BGH v. 11.6.2008, AGS 2008, 408 und BGH v. 14.12.2006, NJW-RR 2007, 787).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Die Frage, wann ein Telefonat als eine für eine Terminsgebühr ausreichende Besprechung anzusehen ist, ist bereits höchstrichterlich ausreichend geklärt.

Ende der Entscheidung

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